Drittes Kapitel: Verfassungsgerichtsbarkeit

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1 Drittes Kapitel: Verfassungsgerichtsbarkeit 17 Allgemeine Bedeutung Im Kapitel Verfassungsgerichtsbarkeit geht es ausschließlich um das BVerfG und die verschiedenen bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren (Klagen), soweit sie prüfungsrelevant sind. 896 Extrem prüfungsrelevant ist die Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG; hier sollte bei der Vorbereitung auf Prüfungsarbeiten ein Schwerpunkt gesetzt werden. Grundgesetzliche Regelungen über das BVerfG finden sich vor allem in Art. 93 u. 94 GG, aber auch in anderen Vorschriften wie z.b. Art. 100 GG. Einfachgesetzliche Regelungen enthält das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG). Das BVerfG ist nicht nur ein Bundesgericht, sondern auch ein Verfassungsorgan des Bundes (vgl. 1 I BVerfGG). Die primäre Aufgabe des BVerfG besteht darin, zu prüfen und zu entscheiden, ob staatliches Handeln mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Daneben wird das BVerfG auch noch in einigen anderen gesetzlich geregelten Fällen tätig, die aber nicht so sehr im Vordergrund stehen. Das BVerfG ist jedenfalls keine Superrevisionsinstanz, die überprüft, ob die anderen Gerichte richtig entschieden haben, also z.b. das BGB richtig angewendet haben. Außerdem wird das BVerfG nicht von Amts wegen (von sich aus) tätig. Es entscheidet nur, wenn es von einem Antragsteller in zulässiger Art und Weise angerufen wird. In den meisten Bundesländern existieren Landesverfassungsgerichte, die z.t. auch die Bezeichnung Staatsgerichtshof führen. Ein Landesverfassungsgericht prüft nur, ob die Staatsgewalten seines Landes die Landesverfassung beachten. Handeln von Staatsorganen des Bundes kann nicht kontrolliert werden; außerdem scheidet das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab - von Ausnahmen abgesehen - aus. Dagegen kontrolliert das BVerfG Staatsorgane sowohl der Länder als auch des Bundes. Prüfungsmaßstab ist aber prinzipiell nur das Grundgesetz, nicht auch das Landesverfassungsrecht. Das BVerfG besteht aus zwei Senaten (Spruchkörpern) mit je acht Richtern ( 2 BVerfGG). Jeder Senat repräsentiert das BVerfG und entscheidet als BVerfG. Will ein Senat in einer Entscheidung von der Rechtsauffassung des anderen Senates abweichen und kommt es im Ergebnis auf die entsprechende Rechtsfrage an, entscheidet das Plenum (alle 16 Richter) über diese Rechtsfrage ( 16 BVerfGG)

2 236 Staatsrecht 902 Gem. 15a I BVerfGG bildet jeder Senat mehrere Kammern (in der Regel drei). Diese aus jeweils drei Richtern bestehenden Kammern prüfen gem. 81a BVerfGG die Zulässigkeit von konkreten Normenkontrollen (= Richtervorlagen) nach Art. 100 I GG gem. 93 a-d BVerfGG die Annahme von Verfassungsbeschwerden nach Art. 93 I Nr. 4a GG. 903 Was gilt bei sog. Pattentscheidungen in den Senaten (4 : 4 - Entscheidungen)? Hier bestimmt 15 IV 3 BVerfGG, dass ein Rechtsverstoß nicht festgestellt werden darf (die Rechtmäßigkeit des angegriffenen staatlichen Verhaltens wird fingiert). 18 Die Verfahrensarten im einzelnen Literatur: Wolfgang Löwer, Zuständigkeiten und Verfahren des Bundesverfassungsgerichts, HStR III, 3. Aufl. 2005, Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die prüfungsrelevanten Verfahrensarten. Wie bei allen anderen gerichtlichen Verfahren und Klagen muss auch bei den bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren (man kann auch Klagen sagen) zwischen der Zulässigkeit und der Begründetheit unterschieden werden. In Prüfungsarbeiten muss genau auf die Fragestellung geachtet werden. Häufig ist nur nach der Zulässigkeit bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsbehelfe gefragt. Eine Begründetheitsprüfung darf dann nicht mehr vorgenommen werden. Ist auch eine Begründetheitsprüfung verlangt (wenn die Fallfrage z.b. lautet: Prüfen Sie die Erfolgsaussichten eines bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsbehelfs ), muss nach der Zulässigkeit in der Regel geprüft werden, ob die angegriffene staatliche Handlung gegen das Grundgesetz bzw. gegen bestimmte Vorschriften des Grundgesetzes verstößt. Art. 93 I GG nennt die meisten prüfungsrelevanten Verfahrensarten. Art. 93 I Nr. 5 GG verweist auf weitere grundgesetzlich geregelte Verfahren; zu nennen ist hier vor allem Art. 100 I GG. Außerdem können dem BVerfG gem. Art. 93 III GG auch noch weitere Fälle durch einfache Bundesgesetze zugewiesen werden. Prüfungsrelevant sind diese derzeit bestehenden Sonderzuweisungen 1 jedoch nicht. Im BVerfGG sind die einzelnen Verfahren in 13 BVerfGG genannt. 1 Z.B. 105 BVerfGG; 33 II PartG; 50 III VwGO; 36 II PUAG i.v.m. 13 Nr. 11a BVerfGG.

3 Organstreitverfahren 237 I. Organstreitverfahren, Art. 93 I Nr. 1 GG, 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG Literatur: Ehlers, Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG, Jura 2003, 315; Fink, Verfassungsrechtliche und verfassungsprozessrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Kosovo-Einsatz der Bundeswehr, JZ 1999, Allgemeines Beim Organstreitverfahren streiten oberste Bundesorgane, Teile dieser Bundesorgane oder andere Beteiligte, die den obersten Bundesorganen gleichgestellt sind, um grundgesetzliche Rechte und Pflichten. 907 Anwendungsbeispiele: Der Bundestag klagt gegen die Bundesregierung, weil sie einen Auslandseinsatz der Bundeswehr ohne Beteiligung des Bundestages beschlossen hat. Der Bundesrat klagt gegen den Bundespräsidenten, weil er ein Gesetz, das der Bundesrat für zustimmungspflichtig hält, ohne Zustimmung des Bundesrates ausgefertigt und verkündet hat. Ein Bundestagsabgeordneter klagt gegen den Bundestagspräsidenten, weil dieser ihn von der laufenden Bundestagssitzung ausgeschlossen hat. Verschiedene Bundestagsabgeordnete klagen gegen den Bundestag, weil er ein Gesetz beschlossen hat, das die Abgeordneten zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte zwingt. Zulässigkeit eines Antrages 1. Parteifähigkeit (Antragsteller und Antragsgegner) Gem. 63 BVerfGG können Antragsteller nur sein: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung sowie Teile dieser Organe, wenn ihnen im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages oder des Bundesrates eigene Rechte eingeräumt sind. 908 Solche Organteile sind z.b.: Fraktionen (Teile des Bundestages); sie sind in der GOBT mit eigenen Rechten ausgestattet (z.b. 25 f., 35, 78 ff. GOBT). Bundeskanzler (Teil der Bundesregierung), z.t. wird er auch zutreffend als oberstes Bundesorgan qualifiziert; Rechte aus Art. 65 GG. Bundesminister (Teile der Bundesregierung); Rechte aus Art. 65 S. 2 GG. Bundestagspräsident (Teil des Bundestages), z.t. wird er auch als oberstes Bundesorgan bezeichnet; Rechte aus Art. 40 II GG. Die einzelnen Bundestagsabgeordneten (Teile des Bundestages); Rechte aus Art. 38 I 2 GG (dazu näher Rn. 198, 951); insoweit auch BVerfGE 62, 1 (31): Der einzelne Abgeordnete ist parteifähig im Sinne von 63 BVerfGG ; ebenso BVerfG NVwZ 2007, 918; dass einzelne Abgeordnete nach der unzutreffenden Rechtsprechung des BVerfG die Rechte des Bundestages nicht im Wege der Prozessstandschaft geltend machen können, ist eine ganz andere Frage, dazu Rn. 919.

4 238 Staatsrecht Beachte: Art. 93 I Nr. 1 GG ist weiter gefasst als 63 BVerfGG. Nach Art. 93 I Nr. 1 GG sind auch solche Beteiligte parteifähig, die nicht unter 63 BVerfGG fallen: Zum einen nennt Art. 93 I Nr. 1 GG keine bestimmten Bundesorgane, sondern hält den Kreis offen; zum anderen beschränkt Art. 93 I Nr. 1 GG die Parteifähigkeit im übrigen nicht auf Teile der Bundesorgane, sondern dehnt sie auf sonstige Beteiligte aus, denen das Grundgesetz oder eine Geschäftsordnung eines obersten Bundesorganes eigene Rechte einräumt. Fällt ein Antragsteller oder Antragsgegner unter Art. 93 I Nr. 1 GG, nicht aber unter 63 BVerfGG, geht Art. 93 I Nr. 1 GG vor. Er ist Verfassungsrecht, 63 BVerfGG dagegen nur einfaches Gesetzesrecht 2. Prüfungsrelevant ist dies vor allem für politische Parteien. Auch wenn sie im Bundestag vertreten sind, wie es häufig heißt, fallen sie nicht unter 63 BVerfGG. Sie sind nämlich keine Teile des Bundestages. Dies sind nur die einzelnen Abgeordneten. Zwischen ihnen und der Partei, der sie angehören, muss aber getrennt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sind politische Parteien aber andere Beteiligte i.s.v. Art. 93 I Nr. 1 GG, wenn es um ihre spezifischen verfassungsrechtlichen Positionen und Rechte aus Art. 21 GG geht. Diese Rechte können sie im Organstreitverfahren geltend machen. Darauf, ob die Partei im Bundestag vertreten ist oder nicht, kommt es nicht an. Beispiele: Bezeichnet der Bundeskanzler eine Partei als verfassungsfeindlich, soll es um deren spezifischen Status aus Art. 21 GG gehen. Ein Bundesorganstreit - und nicht etwa eine Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG - ist statthaft (einschlägig), vgl. BVerfGE 57, 1 (4). Eine Partei wird bei der Vergabe einer Stadthalle nicht berücksichtigt, oder ihr wird keine Sendezeit zur Ausstrahlung von Werbespots eingeräumt. Hier soll es nicht um den spezifischen verfassungsrechtlichen Status der Partei gehen, sondern nur um ihren allgemeinen Gleichbehandlungsanspruch. Ein Organstreitverfahren ist unzulässig (BVerfGE 7, 99/104; 14, 121/130). Zulässig ist vielmehr - nach Rechtswegerschöpfung - eine Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 I Nr. 4a GG (BVerfGE 47, 198/223; 69, 257/265 f.) Die Abgrenzungsfrage bei politischen Parteien - Organstreit nach Art. 93 I Nr. 1 GG oder Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG - ist in manchen Fällen schwierig und umstritten. In den beiden zuletzt genannten Beispielsfällen (Stadthallenfall, Sendezeitenfall) ist ein Organstreit übrigens auch deshalb unzulässig, weil es keinen zulässigen Antragsgegner gibt: Eine Stadt und ein Rundfunkveranstalter sind keine obersten Bundesorgane und keine anderen Beteiligten i.s.v. Art. 93 I Nr. 1 GG. Die anderen Beteiligten i. S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG müssen den obersten Bundesorganen oder ihren Teilen zumindest partiell gleichstehen. Das ist insbesondere bei Bürgern nicht der Fall. Sie können sich zwar auf Grundrechte berufen, sie leiten ihre Rechtsstellung als solche aber nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz 2 Das BVerfG hat es bislang offen gelassen, ob 63 BVerfGG verfassungskonform auszulegen ist oder sogar teilweise verfassungswidrig ist.

5 Organstreitverfahren 239 ab. Auch die obersten Bundesgerichte und erst Recht die unterinstanzlichen Fachgerichte sind keine obersten Bundesorgane und auch keine Beteiligten i.s.v. Art. 93 I Nr. 1 GG 3. Denn sie verfügen über keine spezifischen verfassungsrechtlichen Kompetenzen gegenüber anderen obersten Bundesorganen oder Organteilen Angriffsgegenstand Angriffs- (oder Antrags-)Gegenstand muss eine (konkrete und rechtserhebliche 5 ) Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners sein. Dies kann auch der Beschluss eines Gesetzes durch den Bundestag sein Antragsbefugnis Der Antragsteller muss gem. 64 I BVerfGG geltend machen, durch die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen grundgesetzlichen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. Beachte: Es muss sich um grundgesetzliche Rechte handeln. Anders als bei der Parteifähigkeit genügen nur in den Geschäftsordnungen genannte Rechte nicht. Denn Prüfungsmaßstab des BVerfG ist ausschließlich das Grundgesetz. Allerdings wird eine Handlung, die gegen eine Geschäftsordnung verstößt, nicht selten zugleich auch das Grundgesetz verletzen. Die Möglichkeit der Grundgesetzverletzung muss in Prüfungsarbeiten vom Fallbearbeiter dargelegt werden. Ob das Grundgesetz tatsächlich verletzt ist, darf erst bei der Begründetheit geprüft werden. Die Möglichkeit einer Verletzung von grundgesetzlichen Rechten des Antragstellers scheidet von vornherein aus, wenn das angegriffene Verhalten des Antragsgegners rechtlich nicht erheblich ist. So verhält es sich z.b., wenn der Bundestagspräsident einen Abgeordneten wegen eines unparlamentarischen Ausdrucks rügt oder ermahnt (anders bei einem Ordnungsruf gem. 36 S. 2 GOBT). Ruft der gerügte Abgeordnete das BVerfG an, ist er nicht antragsbefugt 7. Ist der Antragsteller ein Organteil, kann er nicht nur eigene grundgesetzliche Rechte geltend machen. Er kann auch - wie 64 I BVerfGG ausdrücklich sagt - Rechte des Organs, dem er angehört, geltend machen:... oder das Organ, dem er angehört,... in seinen... Rechten... verletzt... ist. Man nennt dies Prozesstandschaft Beispiele für Prozesstandschaft: Eine Fraktion macht geltend, der Bundestag (nicht die Fraktion selbst) sei dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Bundesregierung einen Auslandseinsatz der Bundeswehr ohne Beteiligung des Bundestages beschlossen habe (BVerfGE 90, 286/336). 3 Vgl. BVerfGE 108, 251 (267); a.a. dezidiert Hummel, NVwZ 2008, 39 ff. 4 Die Benennung und Aufgabenzuweisung in Art. 92, 95 GG sowie die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 GG ändern hieran nichts. 5 Die Rechtserheblichkeit kann auch unten bei der Antragsbefugnis geprüft werden. 6 BVerfG NVwZ 2007, BVerfGE 60, 374 (380 ff.).

6 240 Staatsrecht Eine Fraktion macht geltend, der Bundespräsident habe dadurch Rechte des Bundestages verletzt, dass er einen mit absoluter Mehrheit gewählten Kanzlerkandidaten nicht zum Bundeskanzler ernannt habe. Das Organteil kann auch Rechte des Organes, dem es angehört, gegen dessen Willen geltend machen. Beispiel: Die Bundesregierung ordnet die Entsendung von Bundeswehrsoldaten in das Ausland ohne vorherige Beschlussfassung des Bundestages an. Die F-Fraktion beantragt, der Bundestag möge über die Entsendung Beschluss fassen. Der Bundestag lehnt dies mehrheitlich mit der Begründung ab, die Entsendung bedürfe keiner parlamentarischen Zustimmung. Die F-Fraktion kann gleichwohl im Bundesorganstreitverfahren geltend machen, die Bundesregierung habe das grundgesetzliche Recht des Bundestages auf vorherige konstitutive Zustimmung zum Auslandseinsatz der Bundeswehr verletzt (BVerfG NJW 2008, 2018 Rn. 47 f.). Dagegen kann im Wege der Prozesstandschaft nicht geltend gemacht werden, ein Mehrheitsbeschluss des Organs, dem der Prozesstandschafter angehöre, verletze Rechte eben dieses Organs. Beispiel: Ein Antrag einer Fraktion ist unzulässig, wenn sie geltend macht, der Bundestag habe ein Gesetz beschlossen, das verfassungsrechtliche Kompetenzen des Bundestages verletze Abgeordnete können nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung nur eigene Rechte (vor allem aus Art. 38 I 2 GG 8 ) geltend machen, nicht dagegen auch Rechte des Bundestages, dem sie angehören und dessen Teile sie sind. Begründung des BVerfG: Nur die nach der Geschäftsordnung ständig vorhandenen Gliederungen des Bundestages, wie z.b. die Fraktionen seien dazu berufen, Rechte des Bundestages geltend zu machen. Der einzelne Abgeordnete sei keine solche Gliederung des Bundestages 9. Diese Rechtsprechung ist unzutreffend 10. Dass die Abgeordneten Teile des Bundestages sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass die in 63 BVerfGG genannten Organteile Gliederungen im Sinne eines kollegialen Organteils sind (wie vom BVerfG gefordert), verlangt weder 63 BVerfGG noch 64 I BVerfGG Form und Frist Hinsichtlich der Form sind die 23 I, 64 II BVerfGG zu beachten. Gem. 64 III BVerfGG gilt eine Sechsmonats-Frist. 8 Dazu oben Rn. 196 ff. 9 BVerfGE 117, 359 (367 f.); 90, 286 (343 f.); ebenso Umbach, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, 63, 64 Rn Ebenso Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn. 94; Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, 7 Rn. 12 mit Fn. 58; Rinken, AK-GG, Art. 93 Rn. 12b; Brüning/Suerbaum, Examensfälle zum Öffentlichen Recht, 2005, S. 260 f.; kritisch auch Ehlers, Jura 2003, Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn. 94; Rinken, AK-GG, Art. 93 Rn. 12b; a.a. Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 333.

7 Abstrakte Normenkontrolle 241 Ausführungen zu Form und Frist sind nur erforderlich, wenn der Sachverhalt entsprechende Angaben enthält. Ansonsten ist die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften (stillschweigend) zu unterstellen. 5. Rechtsschutzbedürfnis Das Rechtsschutzbedürfnis ist weder im Grundgesetz noch im BVerfGG geregelt. Es handelt sich um einen allgemeinen (ungeschriebenen) Grundsatz, der in allen gerichtlichen Verfahren gilt. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger oder Antragsteller jetzt nichts mehr nützt oder wenn es einen einfacheren Weg gibt (oder gegeben hätte), das angestrebte Ziel zu erreichen. Sind die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, ist in aller Regel auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis sind nur erforderlich, wenn der Sachverhalt entsprechende Angaben enthält. Beispiel: Ein Bundestagsabgeordneter wird vom Bundestagspräsidenten von der laufenden Sitzung ausgeschlossen. Nach Beendigung der Sitzung hat der Sitzungsausschluss keine Rechtswirkungen mehr. Dennoch hat der Abgeordnete grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis an der bundesverfassungsgerichtlichen Feststellung, dass der Sitzungsausschluss rechtswidrig war. Zum einen besteht ein Rehabilitationsinteresse, zum anderen besteht nicht selten Wiederholungsgefahr. Begründetheit eines Antrages Der Antrag ist begründet, wenn das angegriffene Verhalten des Antragsgegners den Antragsteller (oder im Falle der Prozessstandschaft das Organ, dessen Teil der Antragsteller ist) tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt II. Abstrakte Normenkontrolle, Art. 93 I Nr. 2 GG, 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG Literatur: v. Mutius, Die abstrakte Normenkontrolle vor dem BVerfG, Jura 1987, 534; Mückl, Die abstrakte Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 I Nr. 2, 2a, 13 Nr. 6, 6a, 76 ff. BVerfGG, Jura 2005, 463. Allgemeines Bei der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG prüft das BVerfG, ob Bundesgesetze mit dem Grundgesetz und ob Landesgesetze mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar sind. 924 Anwendungsbeispiele: Die Bundesregierung ist der Auffassung, das Bundesland X habe für ein bestimmtes Landesgesetz keine Gesetzgebungskompetenz besessen. Das Gesetz verstoße daher gegen Art. 30, 70 GG. Die Bundesregierung ist der Auffassung, ein bestimmtes Landesgesetz verstoße gegen eine Bundesrechtsverordnung.

8 242 Staatsrecht Die Regierung des Bundeslandes A ist der Auffassung, ein Gesetz des Bundeslandes B verstoße gegen Art. 12 GG Zulässigkeit eines Antrages 1. Antragsteller Antragsteller können gem. Art. 93 I Nr. 2 GG, 76 I BVerfGG nur sein: Die Bundesregierung, eine Landesregierung, ein Drittel der Mitglieder des Bundestages. Einen Antragsgegner gibt es nicht. 2. Antragsgegenstand (Kontrollgegenstand) Antragsgegenstand (die vom BVerfG zu überprüfende Rechtsnorm) kann sein: Bundesrecht jeder Rangstufe, d.h. Vorschriften des Grundgesetzes (in der Regel verfassungsändernde Gesetze) Formelle Bundesgesetze Rechtsverordnungen und Satzungen des Bundes Geschäftsordnungen der Verfassungsorgane (z.b. GOBT) Landesrecht jeder Rangstufe, d.h. Vorschriften der Landesverfassungen, formelle Landesgesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen der Länder, Geschäftsordnungen der Landesverfassungsorgane Klarstellungsinteresse Der Antragsteller muss nicht - auch nicht möglicherweise - in eigenen Rechten beeinträchtigt sein. Es genügt nach Art. 93 I Nr. 2 GG, wenn ernstzunehmende Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel über die Rechtmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Rechtsnorm bestehen. Das BVerfG verlangt ein besonderes objektives Interesse an der Klarstellung der Geltung der zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Norm 12. Es kann auch beantragt werden, das BVerfG möge die Gültigkeit (Rechtmäßigkeit) eines bestimmten Gesetzes feststellen ( 76 I Nr. 2 BVerfGG) 13. Beachte: 76 I BVerfGG ist strenger (enger) als Art. 93 I Nr. 2 GG. Nach 76 I Nr. 1 BVerfGG ist der Antrag nur zulässig, wenn der Antragsteller das angegriffene Gesetz für nichtig hält; nach Art. 93 I Nr. 2 GG genügen dagegen bloße Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel. Ob 76 I BVerfGG teilnichtig oder 12 BVerfGE 106, 244 (250). 13 Dazu und zu den im Vergleich zu Art. 93 I Nr. 2 GG strengeren Voraussetzungen des 76 I Nr. 2 BVerfGG BVerfGE 106, 244 (250 f.); einer Nichtanwendung i.s.v. 76 I Nr. 2 BVerfGG kann auch eine restriktive Auslegung und Anwendung der Norm durch die Behörden und Gerichte gleichstehen, BVerfGE 119, 247 (258 f.).

9 Abstrakte Normenkontrolle 243 zumindest verfassungskonform auszulegen ist 14, kann in Prüfungsarbeiten zumeist offenbleiben: Behauptet der Antragsteller die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und ruft er deshalb das BVerfG an, ist selbstverständlich davon auszugehen, dass er das Gesetz damit auch für nichtig hält. Ist Bundesrecht Kontrollgegenstand, muss die Unvereinbarkeit (bzw. Vereinbarkeit) mit dem Grundgesetz geltend gemacht werden. Ist Landesrecht Kontrollgegenstand, muss die Unvereinbarkeit (bzw. Vereinbarkeit) mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht (formelle Bundesgesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen des Bundes) geltend gemacht werden. 4. Form und Frist Hinsichtlich der Form ist 23 I BVerfGG zu beachten. Es gelten keine Fristen. Begründetheit eines Antrages Wird eine Rechtsnorm des Bundes angegriffen, ist der Antrag begründet, wenn die Rechtsnorm gegen das Grundgesetz verstößt. Wird eine Rechtsnorm eines Landes angegriffen, ist der Antrag auch dann begründet, wenn die Rechtsnorm gegen sonstiges Bundesrecht verstößt III. Abstrakte Normenkontrolle, Art. 93 I Nr. 2a GG, 13 Nr. 6a, 76 II ff. BVerfGG Art. 93 I Nr. 2a GG wurde 1994 in das Grundgesetz eingefügt. Der Anwendungsbereich dieses Sonderfalles einer abstrakten Normenkontrolle 15 ist sehr schmal: Antrags- bzw. Kontrollgegenstand können nur (einfache 16 ) formelle Bundesgesetze sein. Außerdem prüft das BVerfG nur, ob das in Rede stehende Bundesgesetz mit Art. 72 II GG übereinstimmt (ob also ein Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung besteht). Antragsteller können nur sein: Bundesrat, Landesregierungen, Volksvertretungen der Länder (Landtage). Beachte: Ein Verstoß gegen Art. 72 II GG kann auch mit einem Antrag nach Art. 93 I Nr. 2 GG geltend gemacht werden. Von dieser Möglichkeit können ggf. die nicht in Art. 93 I Nr. 2a GG genannte Bundesregierung oder ein Drittel der Bundestagsmitglieder Gebrauch machen Dazu Graßhof, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, 76 Rn. 23 m.w.nw.; BVerfGE 96, 133 (137); 106, 244 (250 f.). 15 Rozek, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu, 76 Rn Gesetze, die das Grundgesetz ändern, scheiden aus.

10 244 Staatsrecht IV. Normensurrogation, Art. 93 II GG, 13 Nr. 6 b, 97 BVerfGG 933 Art. 93 II GG wurde im Zuge der Föderalismusreform in das Grundgesetz eingefügt. Unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen kann das BVerfG eine Entscheidung treffen, die ein Bundesgesetz nach Art. 72 IV, 125a II 2 GG ersetzt. Eine solche bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung ist kein Gesetz, sondern ersetzt ein solches Gesetz und räumt den Ländern damit Gestaltungsrechte ein. Es handelt sich um keinen Fall eines Bund-Länder-Streits 17, sondern um eine völlig neuartige Verfahrensart 18. Treffend ist die Bezeichnung Normensurrogationsverfahren 19. Dieses Verfahren dürfte weder in der Praxis noch in Prüfungen relevant werden. V. Bund-Länder-Streit, Art. 93 I Nr. 3, 13 Nr. 7, 68 ff. BVerfGG Literatur: Kunig, Bund und Länder im Streit vor dem Bundesverfassungsgericht, Jura 1995, 262. Allgemeines Beim Bund-Länder-Streit geht es um verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen dem Bund und einem Land (bzw. mehreren Ländern). Über nichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten im Bund-Länder-Verhältnis entscheidet nach 50 I Nr. 1 VwGO das BVerwG. Streitigkeiten zwischen einzelnen Ländern fallen nicht unter Art. 93 I Nr. 3 GG 20. Einschlägig ist Art. 93 I Nr. 4, 2. Var. GG. Anwendungsbeispiele: Der Rat der Stadt S im Bundesland X beschließt, die Bürger der Stadt zu befragen, ob sie mit der bisherigen Arbeit der Bundesregierung zufrieden sind (Werteskala 1-6). Die Bundesregierung hält dieses Vorhaben für grundgesetzwidrig und verlangt von der Landesregierung, die Umfrage zu verhindern. Die Landesregierung lehnt dies ab. Der Bund - vertreten durch die Bundesregierung - ruft gegen das Land X - vertreten durch die Landesregierung - das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an. Der Bundesumweltminister weist den Umweltminister des Landes X an, die Betriebsgenehmigung für ein im Land X gelegenes Atomkraftwerk zu widerrufen. Der Umweltminister des Landes X kommt dieser Weisung nicht nach. Der Bund ruft gegen das Land X das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an. 17 So aber BT-Drs. 16/814, S. 13; dagegen zu Recht v. Coelln, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu, 97 Rn Zur Kritik Rn v. Coelln, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu, 97 Rn Ganz h.m., BVerfGE 12, 308 (310); Lechner/Zuck, BVerfGG, 5. Aufl. 2006, 68 Rn. 2; Schorkopf, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, 68, 69 Rn. 1; Stern, BK, Art. 93 Rn. 336; a.a. Degenhart, Rn. 757 (auch Streitigkeiten zwischen Ländern).

11 Bund-Länder-Streit 245 Das Land X erlässt ein formelles Gesetz. Die Bundesregierung meint, X habe keine Gesetzgebungskompetenz besessen, und ruft das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an; möglich ist auch eine abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG. Zulässigkeit eines Antrages 1. Parteifähigkeit (Antragsteller und Antragsgegner) Der Wortlaut von 68 BVerfGG ist nicht eindeutig. Nach ihm könnten sowohl der Bund als auch die Bundesregierung bzw. ein Land oder eine Landesregierung Partei sein. Richtiger Auffassung nach sind nicht die jeweiligen Regierungen Partei. Partei (Kläger und Beklagter) sind vielmehr: 936 Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung Ein Land, vertreten durch die Landesregierung Antragsgegenstand (Angriffsgegenstand) Gem. 69, 64 I BVerfGG muss es um eine (konkrete und rechtserhebliche 22 ) Maßnahme oder Unterlassung der Gegenpartei (Bund bzw. Land) gehen. 69, 64 I BVerfGG verschärfen (in zulässiger Weise) die in Art. 93 I Nr. 3 GG genannten Anforderungen. Nach Art. 93 I Nr. 3 GG genügen nämlich Meinungsverschiedenheiten im Bund-Länder-Verhältnis. Beachte: Es muss sich nicht zwingend um eine Maßnahme im Zusammenhang mit der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder oder mit der Ausübung der Bundesaufsicht handeln. Dies ist nur ein möglicher Anwendungsfall des Bund- Länder-Streits, wie aus der Formulierung insbesondere in Art. 93 I Nr. 3 GG folgt. 3. Antragsbefugnis Der Antragsteller muss gem. 69, 64 I BVerfGG geltend machen (Möglichkeitstheorie), durch das Verhalten des Antragsgegners in seinen grundgesetzlichen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. In Prüfungsarbeiten muss diese Möglichkeit vom Fallbearbeiter dargelegt werden. Beachte: Es muss auf grundgesetzliche Bestimmungen oder verfassungsrechtliche Grundsätze (z.b. Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens 23 ), die speziell das Bund-Länder-Verhältnis betreffen, abgestellt werden (dazu gehören auch die Art. 30, 70 ff. GG) Ausdrücklich BVerfGE 8, 122 (129); ebenso Stern, BK, Art. 93 Rn. 332; a.a. Degenhart, Rn. 758: Regierungen als Parteien, die für den Bund bzw. das Land als Prozesstandschafter auftreten. 22 Die Rechtserheblichkeit kann wie im Organstreitverfahren wieder bei der Antragsbefugnis geprüft werden. 23 Dazu näher oben Rn. 15 f.

12 246 Staatsrecht Vorverfahren Geht es um Streitigkeiten bei der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder (was gem. Art. 83 GG der Normalfall ist) und um Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Bereich (Bundesaufsicht), muss gem. Art. 84 IV GG zunächst der Bundesrat angerufen werden. Erst dann ist ein Antrag nach Art. 93 I Nr. 3 GG zulässig. Für andere Bund-Länder-Streitigkeiten ist ein solches Vorverfahren nicht vorgesehen. 5. Form und Frist Form: 23 I, 69, 64 II BVerfGG Frist: 69, 64 III BVerfGG oder 70 BVerfGG Begründetheit eines Antrages Der Antrag ist begründet, wenn das angegriffene Verhalten des Antragsgegners den Antragsteller tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt. VI. Andere Streitigkeiten gem. Art. 93 I Nr. 4 GG, 13 Nr. 8, 71 f. BVerfGG Art. 93 I Nr. 4, 1. Var. GG nennt ein weiteres Bund-Länder-Streitverfahren. Art. 93 I Nr. 4, 2. Var. GG betrifft verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesländern (über nichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten entscheidet gem. 50 I Nr. 1VwGO das BVerwG). Art. 93 I Nr. 4, 3. Var. GG betrifft den Landesorganstreit (wenn Verfassungsorgane eines Bundeslandes um Rechte und Pflichten streiten). Vor allem wegen der Subsidiaritätsbestimmung des Art. 93 I Nr. 4 GG ( soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist ) ist die praktische Bedeutung (auch in Prüfungsarbeiten) dieser Verfahrensarten sehr gering. VII. Verfassungsbeschwerde, Art. 93 I Nr. 4a GG, 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG Literatur: Bethge/Detterbeck, Bundesverfassungsgerichtlicher oder fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen Arbeitnehmerkammern? (Übungsfall), JuS 1993, 43; Erichsen, Die Verfassungsbeschwerde, Jura 1991, 585, 638, Jura 1992, 142; Gersdorf, Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, Jura 1994, 398; Kleine-Cosack, Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde, 2001; Warmke, Die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, JA 1990, 106, 129 (gelbe Seiten); Weber, Beschwerdebefugnis und Rechtswegerschöpfung bei der Rechtssatzverfassungsbeschwerde - BVerfGE 86, 382, in: JuS 1995, 114.

13 Verfassungsbeschwerde 247 Allgemeines Mit der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG kann sich der Bürger (oder juristische Personen des Privatrechts) gegen Grundrechtsverletzungen des Staates wehren. 945 Anwendungsbeispiele: Das Bundesland X erlässt ein formelles Gesetz, das die Erhebung von Studiengebühren vorschreibt. Student S erhebt Verfassungsbeschwerde gegen dieses Gesetz. Die zuständige Behörde erlässt gegen Student S einen Studiengebührenbescheid (= Verwaltungsakt, VA) aufgrund des obigen Gesetzes. S erhebt Verfassungsbeschwerde gegen diesen Gebührenbescheid. Student S erhebt gegen den Studiengebührenbescheid Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten nach 42 I VwGO. Die Klage wird in allen Instanzen abgewiesen. S erhebt gegen die klageabweisenden Urteile Verfassungsbeschwerde. Ein Landesgesetzgeber räumt den verfassten Studentenschaften an den Landeshochschulen ein allgemeinpolitisches Mandat ein. Student S, der (Zwangs-)Mitglied einer verfassten Studentenschaft ist, erhebt gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde (dazu BVerfG NVwZ 1999, 867 f.; NVwZ 1998, 1286 f.). Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde 1. Beschwerdefähigkeit (Parteifähigkeit) Beschwerdefähig ist nach Art. 93 I Nr. 4a GG jedermann. Jedermann i.s.v. Art. 93 I Nr. 4a GG sind die Grundrechtsberechtigten. Grundrechtsberechtigt sind alle natürlichen Personen. Ein Sonderproblem ist die Frage der Grundrechtsberechtigung juristischer Personen und Personenvereinigungen 24. Hier ist Ausgangspunkt Art. 19 III GG. Danach sind inländische juristische Personen - hierzu gehören auch die nicht vollrechtsfähigen Gebilde wie z.b. ein nichteingetragener Verein, die offene Handelsgesellschaft (OHG) 25, die Kommanditgesellschaft (KG) 26 oder die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 27 - grundrechtsberechtigt, soweit die Grundrechte auf sie anwendbar sind. Danach gilt folgendes: Inländische juristische Personen des Privatrechts sind generell grundrechtsfähig, weil hinter ihnen natürliche Personen stehen. Eine juristische Person ist inländisch, wenn der tatsächliche Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in Deutschland liegt; der formelle Geschäftssitz ist nicht maßgeblich Dazu bereits oben Rn. 442 ff. 25 BVerfGE 4, 7 (12). 26 BVerfGE 4, 7 (12). 27 BVerfG NJW 2002, 3533.

14 248 Staatsrecht Ausländische juristische Personen des Privatrechts können sich nur auf die Justizgrundrechte nach Art. 101 I 2, 103 I GG berufen, nicht auch auf die anderen Grundrechte Juristische Personen des öffentlichen Rechts - insbesondere der Bund, die Länder, Gemeinden, aber auch z.b. Ärztekammern, Handwerkskammern u.s.w. - sind prinzipiell nicht grundrechtsfähig und damit prinzipiell nicht beschwerdeberechtigt. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind gerade an die Grundrechte gebunden. Es widerspräche deshalb dem Wesen der Grundrechte, wenn sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf sie berufen könnten. Von dem Grundsatz der Grundrechtsunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts gibt es Ausnahmen: Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten können sich auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 I 2 GG berufen, auf andere Grundrechte nur, wenn diese ein Verhalten schützen, das die Ausübung der Rundfunkfreiheit unterstützt 28. Staatliche Universitäten können sich auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 III 1 GG berufen, auf andere Grundrechte nur, wenn diese ein Verhalten schützen, das die Ausübung der Wissenschaftsfreiheit unterstützt 29. Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (insb. katholische und evangelische Kirche in Deutschland) können sich prinzipiell auf alle Grundrechte berufen. Der Staat und die juristischen Personen des öffentlichen Rechts können sich auf die Justizgrundrechte nach Art. 101 I 2, 103 I GG berufen. 951 Auch Organe des Staates und Organteile - z.b. Fraktionen - sind grundrechtsunfähig. Bei Abgeordneten ist zu unterscheiden: Geht es um ihre Eigenschaft und Rechtsstellung als Organteil (Teil des Bundestages), sind sie grundrechtsunfähig. Sie können sich statt dessen auf Art. 38 I 2 GG (kein Grundrecht!) berufen und die hieraus folgenden Rechte 30 im Organstreitverfahren nach Art. 93 I Nr. 1 GG geltend machen 31. Agiert ein Abgeordneter dagegen nicht in seiner spezifisch verfassungsrechtlichen Eigenschaft, z.b. als Parteimitglied und Wahlkämpfer auf einer Wahlkampfveranstaltung, kann er sich auf Grundrechte berufen, etwa auf die Meinungsfrei- 28 BVerfGE 107, 299 (310). 29 Übertragung der rundfunkrechtlichen Grundsätze von BVerfGE 107, 299 (310). 30 Dazu oben Rn. 196 ff. 31 Zuletzt BVerfG NVwZ 2007, 918; völlig verfehlt BVerfGE 108, 251 (266 f.); ablehnend auch Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu, 90 Rn. 38, 84, 100; kritisch auch Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2006, Rn (vgl. auch Rn. 347); dazu auch oben Rn. 198.

15 Verfassungsbeschwerde 249 heit nach Art. 5 I 1 GG, und eine Grundrechtsverletzung mit der Verfassungsbeschwerde rügen. Auch bei politischen Parteien ist zu unterscheiden 32. Machen sie ihren spezifischen verfassungsrechtlichen Status nach Art. 21 GG geltend, sind sie insoweit grundrechtsunfähige andere Beteiligte i.s.v. Art. 93 I Nr. 1 GG. Geht es dagegen nur um ihre Eigenschaft und Rechte als bürgerlich-rechtliche Vereinigung, sind sie grundrechtsberechtigt und jedermann i.s.v. Art. 93 I Nr. 4a GG. Ausländer können sich zwar nicht auf die Deutschengrundrechte (z.b. Art. 8, 11, 12 GG) berufen 33. Im Hinblick auf die anderen Grundrechte, vor allem Art. 2 I GG, sind sie aber selbstverständlich jedermann i.s.v. Art. 93 I Nr. 4a GG. Aufbau- und Prüfungsproblem: Ist schon bei der Beschwerdefähigkeit zu prüfen, ob sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein Ausländer auf bestimmte Grundrechte, die als verletzt gerügt werden, überhaupt berufen können und ob die Grundrechte, auf die sie sich generell berufen können, im konkreten Fall tatsächlich einschlägig sind? Oder kann man z.b. im Falle einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt argumentieren, diese sei jedenfalls im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG grundrechtsberechtigt; ob dieses Grundrecht im vorliegenden Fall tatsächlich einschlägig sei, sei eine andere, erst später zu beantwortende Frage? Eine zwingende Aufbau- und Prüfungsregel gibt es nicht 34. Sinnvoll erscheint folgende Unterscheidung: Bei inländischen juristischen Personen des Privatrechts und Ausländern genügt der Hinweis auf die generelle Grundrechtsberechtigung (abstrakte Betrachtungsweise). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei Organen und Organteilen juristischer Personen des öffentlichen Rechts (insbes. bei Abgeordneten) und bei politischen Parteien sollte schon bei der Beschwerdefähigkeit geprüft werden, ob im konkreten Fall eine Grundrechtsberechtigung besteht (konkrete Betrachtungsweise). Einen Beschwerdegegner (Gegenpartei) gibt es bei der Verfassungsbeschwerde nicht. Dennoch wird häufig von der Parteifähigkeit des Beschwerdeführers gesprochen. 2. Prozessfähigkeit Prozessfähigkeit ist die (rechtliche) Fähigkeit, selbst oder durch einen Bevollmächtigten (z.b. Rechtsanwalt) prozessuale Handlungen (z.b. Beschwerdeerhebung, Stellung von Anträgen) vorzunehmen. Prozessfähig sind jedenfalls die nach BGB Geschäftsfähigen ( 104 ff. BGB). Bei Volljährigen ist grundsätz Dann näher oben Rn. 124 ff. 33 Zu diesem Problemkreis oben Rn. 458 ff. 34 Dazu auch Detterbeck, JA 1990, 99 (gelbe Seiten).

16 250 Staatsrecht 958 lich von der Geschäftsfähigkeit und damit auch von der Prozessfähigkeit auszugehen. Prozessfähig im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde sind aber auch Minderjährige, wenn sie hinsichtlich des konkreten Falles hinreichend einsichtsfähig sind (man spricht auch von Grundrechtsmündigkeit). Beispiel: Bei einem 17-jährigen Schüler, der sich unter Berufung auf Art. 12 I GG gegen die Verweisung von der Schule (Rauswurf) wehrt, ist von hinreichender Einsichtsfähigkeit hinsichtlich dieses Falles auszugehen Prozessunfähige müssen sich vertreten lassen, z.b. Kleinkinder durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter, Vereine durch ihren Vorstand. Beachte: Enthält der Sachverhalt keine besonderen Hinweise - anders, wenn es sich z.b. ausdrücklich um einen minderjährigen Beschwerdeführer handelt -, ist vom Normalfall der Prozessfähigkeit auszugehen. 3. Beschwerdegegenstand Mit der Verfassungsbeschwerde kann jeder Akt der öffentlichen Gewalt angegriffen werden. Zu der in Art. 93 I Nr. 4a GG genannten öffentlichen Gewalt gehören alle drei Staatsgewalten 35 : Legislative, Exekutive und Judikative. D.h., jedes Verhalten dieser drei Gewalten kann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, insbesondere: Formelle Gesetze (= Handeln der Legislative) Verwaltungsakte, Rechtsverordnungen, Satzungen (= Handeln der Exekutive) Urteile und sonstige gerichtliche Entscheidungen (= Handeln der Judikative) Auch ein Unterlassen der öffentlichen Gewalt - z.b. ein Untätigbleiben des Gesetzgebers (Nichterlass eines Antirauchergesetzes) - kann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Dies bestätigt auch 95 I 1 BVerfGG, in dem es ausdrücklich Unterlassung heißt. Nach wohl h.m. kann nur ein öffentlich-rechtliches Verhalten angegriffen werden. Nimmt der Staat eine privatrechtliche Handlung vor 36 - z.b. Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Kaufvertrages -, scheidet danach eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Handlung aus. Der Bürger kann allerdings die Zivilgerichte anrufen und gegen die klageabweisenden Urteile, die unstreitig Akte der öffentlichen Gewalt sind, Verfassungsbeschwerde erheben. Tauglicher Beschwerdegegenstand sind grundsätzlich nur Akte deutscher öffentlicher Gewalt. Akte einer ausländischen Gewalt scheiden schon deshalb aus, weil sie nicht an die deutschen Grundrechte gebunden sind. 35 Dies ist ein bemerkenswerter Unterschied zu Art. 19 IV 1 GG: Dort ist auch von der öffentlichen Gewalt die Rede. Öffentliche Gewalt i.s.v. Art. 19 IV 1 GG ist nach Auffassung des BVerfG aber nur die Exekutive; dazu Rn Dazu näher Rn ff.

17 Verfassungsbeschwerde 251 Umstritten ist, ob Rechtsakte der EG z.b. Verordnungen oder Richtlinien zulässiger Beschwerdegegenstand sind. EG-Rechtsakte sind jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht. Über mögliche Grenzen der unmittelbaren Anwendbarkeit und Wirkung von EG- Rechtsakten (vgl. Art. 23 I 3 GG) kann das BVerfG deshalb entscheiden. Das BVerfG jedenfalls hat in seiner Maastricht-Entscheidung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, unter bestimmten Voraussetzungen auch EG-Rechtsakte zu kontrollieren 37. Allerdings kann das BVerfG nicht über die Gültigkeit 38, sondern nur über die Anwendbarkeit von EG-Rechtsakten in Deutschland entscheiden. 4. Beschwerdebefugnis Nach dem Wortlaut von Art. 93 I Nr. 4a GG setzt die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde (nur) die Behauptung einer Verletzung in eigenen Grundrechten oder in den genannten grundrechtsgleichen Rechten voraus. Die bloße Behauptung genügt aber unstreitig nicht. Die behauptete Grundrechtsverletzung muss vielmehr möglich sein (Möglichkeitsformel). Die Prüfung der Beschwerdebefugnis lässt sich folgendermaßen gliedern: a) Möglichkeit der Grundrechtsverletzung In Prüfungsarbeiten muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung vom Fallbearbeiter dargetan und (kurz) begründet werden. Wichtig: Es darf auf keinen Fall geprüft werden, ob tatsächlich eine Grundrechtsverletzung vorliegt. Dies ist eine Frage der Begründetheit. Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung kann bejaht werden, wenn ein thematisch einschlägiges Grundrecht existiert, in das der Staat möglicherweise verfassungswidrig eingegriffen hat. Hier kann auf das Ausmaß der Belastung für den Beschwerdeführer abgestellt werden (Möglichkeit der Unverhältnismäßigkeit), aber auch auf andere Gesichtspunkte. Vor allem bei Gesetzen, um die es in Prüfungsarbeiten in der Regel geht, kann ggf. folgendermaßen argumentiert werden: Ist die formelle Verfassungswidrigkeit des Gesetzes nicht ausgeschlossen (wenn etwa ein Verstoß gegen Art. 30, 70 ff. GG in Betracht kommt), ist damit auch eine Verletzung derjenigen Grundrechte, in die das Gesetz eingreift, möglich (Elfes-Konstruktion des BVerfG 39 ). Die Einbeziehung von EG-Recht ist dagegen grundsätzlich ausgeschlossen. D.h., der Beschwerdeführer kann nicht mit Erfolg geltend machen, ein Gesetz sei mit EG-Recht unvereinbar und dürfe nicht angewendet werden (Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts 40 ), deshalb BVerfGE 89, 155 (174 f., 188); bestätigt von BVerfG-K NJW 2006, 2908 f.; NJW 2001, 2705; diese Rspr. ablehnend z.b. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn Zu diesem Problemfeld näher unten Rn ff. 38 BVerfGE 118, 79 (95). 39 Dazu näher oben Rn. 479, 499 ff. 40 Dazu Rn ff.

18 252 Staatsrecht 968 verstoße das Gesetz auch gegen dasjenige Grundrecht, in das es eingreife 41. Prüfungsmaßstab des BVerfG auch mittelbar ist nämlich nur das Verfassungsrecht, nicht auch das EG-Recht. Eine Besonderheit gilt bei Urteilsverfassungsbeschwerden (Verfassungsbeschwerden, die sich gegen gerichtliche Entscheidungen richten). Sie kann damit begründet werden, das Gericht habe ein verfassungswidriges Gesetz angewendet, deshalb sei auch das Urteil verfassungswidrig und verletze damit Grundrechte des Beschwerdeführers; in Betracht kommt zumindest ein Verstoß gegen Art. 2 I GG. Bei dieser Konstellation besteht die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung, wenn das vom Gericht angewendete Gesetz möglicherweise verfassungswidrig ist. In der Praxis behauptet der Beschwerdeführer häufig, das Gericht habe ein Gesetz falsch angewendet. Das Urteil verstoße gegen das einfache Gesetzesrecht. Jedes falsche gerichtliche Urteil verletzt aber die unterlegene Prozesspartei zumindest in ihrem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG. Legt der Beschwerdeführer deshalb dar, dass das ihm ungünstige Urteil falsch sei mit dem einfachen Gesetzesrecht, z.b. dem BGB, nicht vereinbar sei, und ist diese Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen, müsste seine Urteilsverfassungsbeschwerde zulässig (und ggf. auch begründet) sein. Die Anwendung und Auslegung des einfachen Gesetzesrechts ist aber Aufgabe der Fachgerichte und nicht des BVerfG. Das BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz. Im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde prüft es nur, ob der angegriffene Akt der öffentlichen Gewalt gegen das Grundgesetz verstoßen hat, nicht dagegen, ob er gegen einfaches Gesetzesrecht verstoßen hat. Da aber jeder Verstoß gegen einfaches Gesetzesrecht einen Grundrechtsverstoß impliziert (Art. 2 I GG), wäre eine Urteilsverfassungsbeschwerde gegen falsche gerichtliche Entscheidungen nach Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs ( 90 II 1 BVerfGG) ohne weiteres zulässig. Um dieser Gefahr der Inanspruchnahme als Superrevisionsinstanz entgegenzusteuern, verlangt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, dass die angegriffene gerichtliche Entscheidung gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt 42. Da die Verfassungsbeschwerde dem Grundrechtsschutz dient, muss es um spezifische Grundrechtsverstöße gehen. Ein Verstoß gegen spezifisches Verfassungsrecht ist anzunehmen, wenn das Gericht ein einschlägiges Grundrecht völlig übersehen hat oder das einschlägige Grundrecht zwar gesehen, aber seine Bedeutung oder Tragweite (Schutzbe- 41 BVerfGE 115, 276 (299 f.); 110, 141 (154 f.); 82, 159 (191); Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn. 366; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 915 ff. auch zu den Ausnahmen; a.a. Frenz, DÖV 1995, 418; Giegerich, in: Grabenwarter u.a., Allgemeinheit der Grundrechte und Vielfalt der Gesellschaft, 1994, S. 116 ff.; sympathisierend Lerche, Festschrift Schmitt Glaeser, 2003, S BVerfGE 18, 85 (92 f.); 42, 143 (148); 75, 302 (313 f.); 89, 1 (14); 95, 96 (128); dazu übersichtlich Fleury, Verfassungsprozessrecht, 7. Aufl. 2008, Rn. 303 ff.; Pieroth/Schlink, Rn ff.; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 178 ff.

19 Verfassungsbeschwerde 253 reich) grundlegend verkannt hat, und die Entscheidung hierauf beruht was auch dann der Fall ist, wenn die fachgerichtliche Entscheidung zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Grundrechte des Beschwerdeführers geführt hat 43 oder wenn das Gericht vollkommen unhaltbar und damit willkürlich falsch entschieden hat 44. Je stärker die angegriffene gerichtliche Entscheidung den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten beeinträchtigt, desto eher kann ein Verstoß gegen spezifisches Verfassungsrecht angenommen werden 45. Nichts anderes gilt auch für Verfassungsbeschwerden gegen Maßnahmen der Exekutive, jedenfalls wenn gegen sie fachgerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht. Auf das Erfordernis der Verletzung spezifischen Verfassungsrechts ist nicht erst bei der Begründetheit, sondern bereits bei der Zulässigkeit einer Urteilsverfassungsbeschwerde einzugehen 46. Hier muss im Rahmen der Beschwerdebefugnis die Möglichkeit der Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nach Maßgabe der oben genannten Kriterien dargelegt werden. Beachte: Wird geltend gemacht, eine gerichtliche und/oder behördliche Entscheidung sei deshalb grundrechtswidrig, weil sie auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe, gilt das Kriterium der Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht nicht 47. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wird vom BVerfG uneingeschränkt geprüft. b) Betroffenheit Das BVerfG verlangt in ständiger Rechtsprechung, dass der Beschwerdeführer durch den Beschwerdegegenstand selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist Dieses Erfordernis ist vor allem dann zu prüfen, wenn ein formelles Gesetz, eine Rechtsverordnung oder eine Satzung angegriffen wird. Nur dann ist das Merkmal der Betroffenheit problematisch; hierauf beziehen sich deshalb die folgenden Ausführungen. 43 BVerfGE 111, 336 (373, 380 f.); 97, 12 (27); 85, 248 (258). 44 BVerfGE 62, 338 (343); 83, 82 (84); 87, 273 (278 f.). 45 BVerfGE 61, 1 (6); 42, 143 (149). 46 Lechner/Zuck, BVerfGG, 5. Aufl. 2006, 90 Rn. 101 a.e., 102; Fleury, Verfassungsprozessrecht, 7. Aufl. 2008, Rn. 303 ff.; Reimer, JA 2006, 865; a.a. Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 185a; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 653; Reimer, JA 2006, BVerfGK 4, 317 (321) leitet diese Zulässigkeitsvoraussetzung aus 90 II 1 BVerfGG ab.

20 254 Staatsrecht 970 aa) Selbst Selbst betroffen sind alle Adressaten des Gesetzes und alle Personen, die in den gesetzlich geregelten Normbereich fallen. Selbst betroffen sind aber auch Nichtadressaten, wenn sich das Gesetz auf ihre Rechte auswirkt. Beispiel: In einem Gesetz ist die Vergabe von Subventionen an bestimmte Wirtschaftsunternehmen vorgesehen. Dieses Gesetz wirkt sich auf die Rechtsstellung (Art. 12, 14, 3 I, 2 I GG) der nichtsubventionierten Konkurrenten aus. Sie sind deshalb selbst betroffen Durch das Merkmal der Selbstbetroffenheit soll vor allem die Popularbeschwerde ausgeschlossen werden. Das Merkmal der Selbstbetroffenheit ist in Prüfungsarbeiten in aller Regel unproblematisch. Es sollte dann sehr kurz behandelt werden. bb) Gegenwärtig Auch das Merkmal der gegenwärtigen Betroffenheit ist in der Regel unproblematisch. Es soll vor allem vorbeugende Verfassungsbeschwerden gegen erst noch zu erlassende Rechtsakte ausschließen. Der Beschwerdeführer ist durch ein Gesetz gegenwärtig betroffen, wenn es sich (schon oder noch) jetzt auf seine Rechte auswirkt. Ein noch nicht verkündetes Gesetz existiert rechtlich noch nicht. Für formelle Bundesgesetze folgt dies aus Art. 82 I 1 GG. Erst mit der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt ist es rechtlich existent. Entsprechendes gilt aber auch für andere Rechtsvorschriften. Auch ihre Existenz beginnt erst mit der Verkündung. Allerdings sind die Formen der Verkündung z.b. von Rechtsverordnungen und Satzungen z.t. anders geregelt als diejenigen der Verkündung formeller Gesetze 49. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist nur ein Indiz für die gegenwärtige Betroffenheit der Normadressaten. Beachte: Gesetze können auch Monate oder gar Jahre nach ihrer Verkündung in Kraft treten, wenn dies in ihnen bestimmt ist (vgl. Art. 82 II GG). Auch noch nicht in Kraft getretene (aber schon verkündete) Gesetze können die Normadressaten gegenwärtig beschweren. Dies ist der Fall, wenn bereits jetzt klar abzusehen ist, dass und wie der Beschwerdeführer vom Gesetz betroffen sein wird 50. Umgekehrt können bestimmte Normadressaten auch durch ein schon in Kraft getretenes Gesetz noch nicht gegenwärtig betroffen sein. Beispiele: Ein am verkündetes Landesgesetz verbietet der Landesrundfunkanstalt die Ausstrahlung von Werbefernsehen. Das Gesetz tritt erst am in Kraft. Die Landesrundfunkanstalt ist durch das Gesetz bereits am gegenwärtig betrofen. Das Gesetz zwingt sie nämlich schon mit seiner Verkündung zu Dispositionen hinsichtlich der Programmplanung und der Verhandlungen mit der werbetreibenden Wirtschaft: Der Abschluss von Werbeverträgen muss langfristig geplant werden (so BVerfGE 87, 181/195 in einem ganz ähnlichen Fall). 49 Zur Verkündung von Bundesrechtsverordnungen Art. 82 I 2 GG. 50 BVerfGE 87, 181 (195); NVwZ 2007, 325.

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