Klausurfragestellungen im Öffentlichen Recht
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- Käthe Beutel
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1 Klausurfragestellungen im Öffentlichen Recht A. Materiellrechtliche Fragestellung Frage: Ist das Gesetz, die Maßnahme oder das Unterlassen verfassungsmäßig/rechtmäßig? Aufgabe: Prüfen Sie die Verfassungsmäßigkeit/Rechtmäßigkeit des Gesetzes, der Norm, der Maßnahme oder des Handelns des X. Aufgabe: Prüfen Sie, ob X so handeln durfte oder dies verweigern durfte. Obersatz: Das Gesetz, die Maßnahme oder das Unterlassen ist verfassungsmäßig/rechtmäßig, wenn es sich auf eine taugliche Rechtsgrundlage stützen lässt und nicht an formellen oder materiellen Fehlern leidet. I. Rechtsgrundlage / Ermächtigungsgrundlage / Befugnis Benennung der den Gegner für die Maßnahme oder das Handeln ermächtigenden Vorschrift. Bei Unterlassen des Gegners Benennung der Anspruchsnorm für den Fragenden. Beachte: Die Norm muss ihrer Rechtsfolge nach passen. Es erfolgt keine vorweggenommene Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen. Bei Gesetzen ergibt sich die Befugnis zum Erlass von Gesetzen unmittelbar aus dem Status als gesetzgebende Gewalt. Die Zitierung einer besonderen Befugnisnorm ist unüblich, daher lässt man diesen Prüfungspunkt weg. Ist die Rechtsgrundlage eine Norm einfachen Rechts, ist an dieser Stelle auch die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm inzident zu prüfen, wenn im Fall entsprechende Anhaltspunkte bestehen. II. Formelle Voraussetzungen / Formelle Verfassungsmäßigkeit 1. Zuständigkeit / Kompetenz / Gesetzgebungskompetenz Zu prüfen ist, ob der Handelnde nach der einschlägigen Zuständigkeitsordnung (zum Beispiel Gesetzgebungskompetenz nach dem Grundgesetz, Verwaltungskompetenz nach dem Grundgesetz oder Zuständigkeitsregeln nach einfachem Recht) für die Maßnahme zuständig ist. Seite 1
2 2. Verfahren Zu prüfen sind die das Verfahren betreffenden Vorschriften (zum Beispiel Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens: Gesetzesinitiative, Beschluss des Bundestages, Mitwirkung des Bundesrates). 3. Form Zu prüfen sind Vorschriften, die eine bestimmte Form für die Maßnahme oder Handlung anordnen (zum Beispiel Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen, schriftlicher Erlass eines Bescheides, Antrag an eine Behörde). 4. Ergebnis Oft bietet es sich an, das vorgenannte in einem Ergebnis zusammenzufassen (zum Beispiel: Das Gesetz ist formell verfassungsmäßig. ). III. Materielle Voraussetzungen / Materielle Verfassungsmäßigkeit 1. Tatbestand und Rechtsfolge der Rechtsgrundlage Zu prüfen sind die konkreten sachlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage, soweit diese Aspekte nicht unter 2. fallen oder dort deutlicher geprüft werden können. Beachte: Bei Gesetzen ist dieser Punkt regelmäßig nicht relevant, da sie sich (nur) an der Verfassung, also an höherrangigem Recht messen lassen müssen. 2. Verstoß gegen höherrangiges Recht a) Verstoß gegen eine höherrangige Norm (zum Beispiel Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 GG) b) Verstoß gegen eine andere höherrangige Norm (zum Beispiel Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 GG) c) Verstoß gegen eine weitere höherrangige Norm (zum Beispiel Verstoß gegen Grundrechte) [...] 3. Ergebnis Das Ergebnis der materiellen Prüfung ist zu formulieren. Seite 2
3 IV. Ergebnis Es ist ein Ergebnis zu formulieren. B. Materiellrechtliche Fragestellung mit Grundrechtsaufbau Frage: Verstößt eine Norm oder eine Maßnahme gegen Grundrechte? Aufgabe: Prüfen Sie, ob in [...] eine Grundrechtsverletzung liegt. Obersatz: Die Norm oder Maßnahme könnte gegen Grundrechte verstoßen. I. Verstoß gegen ein bestimmtes Grundrecht Die Norm oder Maßnahme verstößt gegen das Grundrecht [...], wenn sie in den Schutzbereich des Grundrechts eingreift, ohne dass der Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. 1. Schutzbereich 2. Eingriff 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 4. Ergebnis II. Verstoß gegen ein anderes Grundrecht [...] III. Ergebnis Es ist ein Ergebnis zu formulieren. C. Prozessuale Fragestellung Frage: Hat die Klage, der Antrag, die Beschwerde Aussicht auf Erfolg? Kann X mit Erfolg vor Gericht klagen, sich an das Gericht wenden? Wie wird das Gericht über den Antrag des X entscheiden? Aufgabe: Prüfen Sie die Erfolgsaussichten eines Vorgehens vor Gericht. Seite 3
4 Zunächst ist die richtige Verfahrensart zu wählen: Zum Beispiel gibt es im Verfassungsprozessrecht fünf prüfungsrelevante Verfahrensarten: die abstrakte Normenkontrolle, die konkrete Normenkontrolle, das Organstreitverfahren, den Bund-Länder-Streit und die Verfassungsbeschwerde. Obersatz: Die Klage oder der Antrag hat (Aussicht auf) Erfolg, wenn sie oder er zulässig und begründet ist. I. Zulässigkeit Zu prüfen sind die Sachentscheidungsvoraussetzungen der gewählten Verfahrensart. Siehe dazu die jeweiligen AG-Fälle. Am Ende ist als Ergebnis zu formulieren, ob der Antrag, die Klage oder die Beschwerde zulässig oder unzulässig ist. II. Begründetheit Der Obersatz der Begründetheitsprüfung hängt von der gewählten Verfahrensart ab. Inhaltlich ist hier zu prüfen, ob der Kläger, der Antragsteller, der Beschwerdeführer materiell im Recht ist. Es folgt der Aufbau wie unter A. Am Ende ist das Ergebnis der Begründetheitsprüfung zu formulieren. III. Ergebnis Es ist das Ergebnis des Verfahrens zu formulieren (zum Beispiel: Der Antrag hat keine Aussicht auf Erfolg oder Die Beschwerde wird erfolgreich sein. ). Bei entsprechender Aufgabenstellung ist es erforderlich, zu formulieren, wie das Gericht entscheiden wird (zum Beispiel: Das Bundesverfassungsgericht wird die Vorschrift für nichtig erklären. oder Das Bundesverfassungsgericht wird die Unvereinbarkeit der Vorschrift mit Art.... GG feststellen. ). D. Anwaltliche Fragestellung Frage: Was kann X tun? Welche Antwort wird der Rechtsanwalt R dem X geben? Aufgabe: Beantworten Sie die Fragen des X in einem Gutachten? Die anwaltliche Prüfung erfolgt meist wie bei C., nur in umgekehrter Reihenfolge: Der Anwalt prüft zunächst, ob der Mandant materiell gesehen im Recht ist, also einen Anspruch hat oder das Handeln des Gegners rechtswidrig ist. Im Anschluss prüft er, welcher Rechtsbehelf zur Durchsetzung der Rechte des Mandanten einzulegen ist. Er prüft die Zulässigkeit aller in Betracht kommenden Verfahren. Dies wird in der Klausur häufig nur ein Verfahren sein. Seite 4
5 E. Globale Fragestellung Frage: Wie ist die Rechtslage? Hier ist eine umfassende Prüfung nach allen Seiten gefragt. Es empfiehlt sich im Schwerpunkt eine materielle Prüfung durchzuführen. Prozessuale Besonderheiten sind nur an geeigneter Stelle anzusprechen. Die Prüfung kann aber von Fall zu Fall in unterschiedliche Richtungen gehen. Seite 5
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