Auf der Suche nach der nächsten Generation
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- Kristina Voss
- vor 8 Jahren
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1 Seite 1 Ausgangssituation Die demographische Zeitenwende ist bereits angebrochen. Sinkende Geburtenraten und eine steigende Lebenserwartung führen zu gravierenden Veränderungen innerhalb der Gesellschaft und im Arbeitsleben. Bedingt durch diesen Wandel gibt es seit einiger Zeit einen eindeutigen Trend: Die Jungen werden weniger Die Menschen werden älter War das Verhältnis zwischen Jung und Alt im Jahr 1990 noch 2,6:1, so wird sich das Verhältnis bis zum Jahr 2020 mit 1,3:1 halbieren. Diese Realität wird die Unternehmen früher oder später ereilen. Ein Unternehmen muss sich bereits heute personalpolitisch auf den unausweichlichen altersstrukturellen Wandel der Belegschaft einstellen und unter anderem folgende Fragen beantworten: Wie kann ein demographisch bedingter Mangel an Fach- und Führungskräften verhindert werden? Ist der derzeitige sporadisch vorhandene Personalmangel bereits ein Vorgeschmack auf einen in Zukunft leer geräumten Arbeitsmarkt? Lassen sich die wirtschaftlichen Herausforderungen der Globalisierung mit älteren Beschäftigten bewältigen? Wie steht es um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, wenn kaum noch junge frisch ausgebildete Köpfe mit neuen Ideen nachrücken? Wie will man damit fertig werden, wenn sich in Kürze die Babyboomer -Jahrgänge kollektiv in Rente verabschieden und ihre Kompetenzen und ihr Erfahrungswissen mitnehmen? Aufgrund der gemachten Aussagen und Fragen besteht unter dem Gesichtspunkt von zwei Komponenten, d.h., eine quantitativen und einer qualitativen Komponente, ein Bedarf für eine Neujustierung der unternehmerischen Personalpolitik. Die quantitative Komponente Die Bevölkerungsentwicklung unterliegt drei Einflussfaktoren: Zahl der Geburten Lebenserwartung Zuwanderungsrate Betrachtet man die Zahl der Geburten, so bekommen laut Aussagen von destatis in Deutschland die Frauen im Alter zwischen 15 bis 50 Jahren im Durchschnitt 1,36 Kinder. Als Folge sinkt die Zahl der Kinder pro Generation um ein Drittel, so dass die Zahl der
2 Seite 2 potentiellen Erwerbspersonen bis zum Jahr 2020 um 1,8 Millionen abnehmen wird. Auch die Kultusministerkonferenz prognostiziert bis zum Jahr 2020 einen Rückgang der Gesamtzahl der Schüler um mindestens 17 Prozent. Betrachtet man die Lebenserwartung, so wird diese weiter steigen. Geschlechterspezifisch betrachtet heißt dies, dass die Frauen bis zum Jahr 2015 durchschnittlich 81,7 Jahre alt werden, die Männer 76,2 Jahre. Da das Renteneintrittsalter kürzlich auf 67 Jahre angehoben worden ist, wird sich die betriebliche Verweilzeit der Beschäftigten erhöhen, den Fachkräftebedarf aber nur um zwei Jahre verzögern. Betrachtet man die Zuwanderungsrate, so beträgt diese im Moment ca Personen pro Jahr. Eine Erhöhung einer Zuwanderung ließe sich mittelfristig nur politisch über eine Gesetzesänderung und mit Hilfe von konsequenten Integrationsmaßnahmen erreichen. Sie ist, nicht zuletzt wegen der Ungewissheit über den Ausbildungsstand der Zuwandernden, deshalb vorerst für die Unternehmen nur bedingt relevant. Zusammenfassend sehen für die nahe Zukunft die Prognosen wie folgt aus: Der Altersscheitelpunkt erhöht sich stetig; gegenwärtig ist die Hälfte der Bevölkerung über 40 Jahre alt wird der Scheitelpunkt bei 50 Jahren liegen. Es ist eine massive Zunahme der über 50jährigen Erwerbstätigen ab 2010 zu erwarten, die ihren Höhepunkt um 2020 erreichen wird und erst danach wieder zurückgeht. Es wird künftig einen zunächst leichten Rückgang des Nachwuchses der 15-19jährigen geben, der sich dann ab 2035 stark beschleunigt. Schon ab 2010 wird es einen deutlichen Rückgang des Mittelalters geben, das gegenwärtig die Kernbelegschaft in den Unternehmen bildet. In den Betrieben steigt das durchschnittliche Alter der Belegschaften an. Erstmals gibt es 2015 unter den Erwerbspersonen mehr über 50jährige als unter 30jährige. Resultierend aus den geschilderten Umständen empfiehlt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) den Unternehmen einige personalpolitische Maßnahmen: Die Attraktivität der Arbeit im eigenen Unternehmen entwickeln und herausstellen; nur wer künftig auf dem Markt als attraktives Unternehmen wahrgenommen wird, hat eine Chance, die besten Talente anzulocken und zu halten. Die betriebliche und bereichsspezifische Altersstruktur zu analysieren, um unausgewogene Altersverteilungen und daraus resultierende Problemfelder identifizieren zu können. Ausgewogene betriebliche und bereichsspezifische Personal- und Altersstrukturen zu etablieren, um Einstellungs- und Verrentungswellen zu vermeiden Angepasste und erweitere Rekrutierungs- und Personalentwicklungsstrategien zur Ausschöpfung der Arbeitsmarktreserven für andere Zielgruppen zu entwickeln, z.b. Arbeitslose oder Personen mit anderen Berufsabschlüssen.
3 Seite 3 Die qualitative Komponente Der demographische Wandel wird unausweichlich dazu führen, dass es künftig mehr ältere und weniger jüngere Erwerbstätige geben wird. Dass es ohne die Älteren in Zukunft nicht geht, ist angesichts der demographischen Entwicklung unbestritten. Damit es mit den Älteren in die Zukunft geht, müssen allerdings in den Betrieben dazu die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden. Die Fachleute sind einhellig der Meinung, dass sich die Unternehmen um bestehende Aufgabenbereiche verstärkt kümmern und mit neuen Themenfeldern auseinandersetzen müssen. Das wird insbesondere folgende Handlungsfelder betreffen: Qualifikation, Weiterbildung und lebenslanges Lernen Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung Personalführung Gesundheit Betrachtet man das Handlungsfeld von Qualifikation, Weiterbildung und lebenslanges Lernen, so muss hier die Kompetenzentwicklung zukünftig eine neue Wertigkeit erhalten, um die Innovationsfähigkeit sicherzustellen. Angesichts des technologischen Fortschritts, (z.b. Modernisierung von Produktionsverfahren, arbeitsteiligen Fertigungsprozessen, schnelllebigen Zyklen von Informations- und Kommunikationstechnologien, Dynamisierung der Produktentwicklung, schnelles Umsetzen von Forschungsergebnissen in die Praxis, Änderung der Organisationsentwicklung oder Einführung virtueller Arbeitsplätze) ist eine permanente Personalentwicklung vonnöten. Nur so lassen sich die erforderlichen Handlungskompetenzen bekommen und ausbauen. Neben den benötigten disziplinären und interdisziplinären Fachkompetenzen, Sozial- und Methodenkompetenz gewinnen jetzt neu zu erwerbende Kompetenzen ebenfalls einen hohen Stellenwert. Genannt seien hier beispielsweise Entscheidungskompetenz, Dienstleistungskompetenz sowie Kulturkompetenz. Bezüglich der Personalentwicklung von Älteren bedarf es eines Eingehens auf die altersspezifischen Umfeldbedingungen, die da z.b. wären: Lerngruppen aus altershomogenen Teilnehmern, erfahrungsbasierte, methodisch-didaktische Unterweisung, Gelegenheiten zum Erfahrungsaustausch. Betrachtet man das Handlungsfeld von Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung, so sind hier zukünftig nicht nur die Arbeitsplätze, sondern auch die Arbeit altersgerecht zu gestalten. Denn mit dem Alterungsprozess gehen physische und psychische Veränderungen einher, die eine entsprechende Anpassung in Abstimmung mit den Älteren erfordern. Dies betrifft insbesondere die nachlassenden Regenerationszeiten und eine Vermeidung der Wahrnehmung (Einschränkung der Sinne). Hier gilt es einen Belastungsmix zu finden, der die körperlichen und psychischen Leistungspotentiale angemessen fordert und auch fördert. Betrachtet man das Handlungsfeld der Personalführung, insbesondere von Älteren, so ist hier das Verhalten von Führungskräften ganz wesentlich. Ein hochsignifikanter Faktor für eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit und motivation älterer Arbeitnehmer ist ein glaubwürdiges Führungsverhalten. Nur wer ein positives Betriebsklima pflegt und durch eine
4 Seite 4 angepasste Führung überzeugt und die Potentiale jedes Einzelnen fördert, schafft leistungsfördernde Arbeitsbedingungen und sichert sich hiermit nicht nur die Wertschätzung der älteren Arbeitnehmer. Als wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur muss zukünftig in den Mittelpunkt rücken eine realistische und vorurteilsfreie Einschätzung des Leistungsvermögens Älterer, Rücksicht auf die individuelle Arbeitsplanung und Anerkennung der Leistung Älterer (aber auch die Thematisierung von Leistungsdefiziten) sowie eine Förderung eines integrativen Dialogs und Erfahrungsaustauschs zwischen Älteren und Jüngeren. Eine gute Unternehmenskultur orientiert sich an einem ausgeglichenen Miteinander der Generationen. Betrachtet man das Handlungsfeld der Gesundheit, so sollte eine optimale Arbeitsfähigkeit für alle Altersgruppen berücksichtigt werden. Hier erscheint eine verhaltens- und verhältnispräventive Gesundheitsförderung angebracht. Damit lassen sich die Folgen von physischen und psychischen Fehlbelastungen minimieren. Dazu zählen z.b. Maßnahmen zur ergonomischen Optimierung von Arbeitsplatz und -umgebung, Mitarbeitergespräche sowie Hinweise auf entsprechende Vorsorgeprogramme. Zusammenfassend ist zu sagen, dass eine vorausschauende Personalpolitik bereits heute das Mittelalter im Auge hat, die morgen den Großteil der älteren Mitarbeiter stellen werden. Auch für die qualitative Komponente hält das Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) Ratschläge bereit: Altersgemischte Teams (auch Tandems) einführen, um rechtzeitig die Übertragung von Erfahrungen und Wissen künftig ausscheidender Mitarbeiter auf ihre Nachfolger zu gewährleisten. Vorurteile über die Leistungsunfähigkeit Älterer abbauen und auch in Innovationsprojekten die Erfahrung Älterer zur Vermeidung von Sackgassen nutzen. Den älter werdenden Mitarbeitern eine Entwicklungsperspektive geben und damit die mittlerweile fest gefügte Erwartung auf vorzeitige Verrentung aufbrechen, z.b. durch die Entwicklung einer altersgerechten, lebensphasenorientierten Laufbahngestaltung und flexibler Übergänge in die Nacherwerbsphase. Etablierung von altersgemischten Teams zur Gewährleistung von Wissens- und Erfahrungstransfer und zur Nutzung der komplementären Stärken von Jüngeren und Älteren. Den Status von Fachlaufbahnen neben hierarchischen Karrieren aufwerten; Förderung der Veränderungs- und Lernfähigkeit durch Wechsel zwischen Aufgaben und Positionen. Lebensbegleitende Kompetenzentwicklung fördern; insbesondere Aktivierung der älteren Mitarbeiter durch Weiterbildung und Tätigkeitswechsel. Tätigkeiten, die nur begrenzte Zeit ausgeübt werden können, vermeiden; längerfristige einseitige Belastungen der Mitarbeiter verhindern und für Belastungswechsel sorgen.
5 Seite 5 FAZIT Als Ausgangslage für eine ergebnisorientierte, zukunftsweisende Unternehmenspolitik sollten auch weiterhin die drei Thesen gelten: (1) Die wirtschaftliche Basis eines Unternehmens ist seine Fähigkeit, kundengerechte Produkte und Dienstleistungen für die Märkte zu entwickeln und anzubieten. (2) Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ist seine strategische Innovations- und Personalpolitik entscheidend. (3) Eine strategisch ausgerichtete Personalpolitik eines Unternehmens berücksichtigt die quantitativen und qualitativen Komponenten des Bildungs- und Arbeitsmarktes. Unter dem Blickwinkel des demographischen Wandels, diese Ausgangsthesen reibungslos umzusetzen, stellt die Unternehmenspolitik vor eine große Herausforderung. Sie bedeutet für die Unternehmen allerdings auch eine große Chance, mit den kommenden Veränderungen eine Win-Win-Situation entstehen zu lassen, die es bislang so nicht gegeben hat. Eine an den Qualifikationsbedürfnissen der Beschäftigten orientierte Arbeitsorganisation, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie eine öffentlichkeitswirksame Außendarstellung müssen als Wettbewerbsfaktoren keine Gegensätze mehr sein, sondern sie sind als Bausteine einer neuen Unternehmenskultur zu verstehen. Nur so ist ein Unternehmen in der Lage, für die anstehenden Aufgaben die Ressourcen seiner Mitarbeiter zu mobilisieren und seine Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Bezugsquellen: Statistisches Bundesamt ( Kultusministerkonferenz ( inqa Initiative der Arbeit ( Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation ( BMBF-Transferprojekte zum demografischen Wandel (
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