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- Ursula Dunkle
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1 Nachhaltiges Wachstum durch Lebenslanges Lernen Parlamentarischer Abend am 31. Mai 2006 Deutsche Parlamentarische Gesellschaft, Berlin Wuppertaler Kreis e.v. Bundesverband betriebliche Weiterbildung Widdersdorfer Straße Köln Sperrfrist: 31. Mai 2006, Uhr
2 Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunftsfähigkeit, das gilt insbesondere für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland. Im Zeitalter der Globalisierung und der weltweiten Konkurrenz ist die fachliche Qualifizierung mehr denn je Voraussetzung und Gewähr für nachhaltiges Wachstum und für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Hier sind aus Sicht des Wuppertaler Kreises Unternehmer ebenso gefragt wie Mitarbeiter, ihren Beitrag zu lebenslangem Lernen zu leisten. Zur Situation der Weiterbildung Die aktuelle Situation der Weiterbildung in Deutschland ist dadurch gekennzeichnet, dass es entgegen der von Politik und Sozialpartnern immer wieder betonten Relevanz von Weiterbildung tatsächlich keine Wachstumsbeiträge aus Humankapital gibt, ein Rückgang der Studentenzahlen in den technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen zu verzeichnen ist, insgesamt ein deutlicher Abbau der öffentlich geförderten Weiterbildung in den letzten fünf Jahren stattgefunden hat und Investitionen in Weiterbildung weiterhin betrieblichen Sparmaßnahmen zum Opfer fallen. Der OECD-Report konstatiert für Deutschland in Bezug auf Bildung im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern erhebliche Mängel und Versäumnisse im primären Bildungsbereich: Im internationalen Vergleich ist Weiterbildung in Deutschland zu wenig an Zukunftszielen und zu stark am Tagesgeschäft orientiert, ist die Beteiligung an der Weiterbildung zu gering und wird weder von Unternehmen noch Mitarbeitern in angemessener Weise als selbstverständliche Verpflichtung erkannt. Zwar bescheinigt eine aktuelle Studie des DIW Deutschland in der Aus- und Weiterbildung hinsichtlich des Innovationsfaktors ein glänzendes Ergebnis, doch die PISA-Studie hat auf das qualitative Problem unseres Bildungssystems aufmerksam gemacht. Fazit: Es ist noch viel zu tun. Für die Lösung der quantitativen Probleme in der Bildung spielen plurale Strukturen eine wesentliche Rolle. Die Potenziale Arbeitsloser lassen sich ebenso nur durch Bildung ausschöpfen wie die jährlich als nicht ausbildungsfähig eingestuften Jugendlichen nur durch Bildungsmaßnahmen wieder zu integrieren sind. Das gilt in gleicher Weise für die besonderen Problemgruppen ältere Arbeitnehmer, Migranten und Erwerbspersonen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, deren Wiedereingliederung nur durch integrative Kurse ermöglicht wird. Es muss mehr in Bildung investiert Die Eigenverantwortung von Unternehmen und Beschäftigten muss gestärkt Koalitionsvertrag Der Koalitionsvertrag sieht für den Bereich Bildung und Ausbildung u. a. die Schaffung von mehr Durchlässigkeit zwischen den Bildungswegen vor: Aus- und Weiterbildung sollen umfassend und systematisch miteinander verzahnt. Mittelfristiges Ziel der Bundesregierung ist die Etablierung der Weiterbildung als 4. Säule des Bildungssystems, mit bundeseinheitlichen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus soll die Qualitätssicherung von Weiterbildungsangeboten ausgeweitet. Die von der Bundesregierung angestrebten Ziele sind vom Grundsatz sinnvoll und notwendig. Der Wuppertaler Kreis macht jedoch nachdrücklich darauf aufmerksam, dass Qualität durch Überregulierung und auch durch Qualität ist nicht durch Überregulierung zu erreichen Kein Weiterbildungsgesetz! 1
3 ein Weiterbildungsgesetz nicht zu erreichen ist. Um den Prozess hochwertiger Weiterbildung unterstützen zu können, bedarf es vielmehr eines funktionsfähigen Weiterbildungsmarktes und eines kundenorientierten Qualitätsmanagements wie das der international standardisierten Systeme nach DIN EN ISO Branchentarifverträge bei den Bildungsanbietern, wie sie von den Gewerkschaften gefordert, lehnt der Wuppertaler Kreis als wenig hilfreiches Instrument der Qualitätssicherung und -schaffung ausdrücklich ab, da diese die wünschenswerten Ziele Marktnähe, Flexibilität und Differenzierung nicht unterstützen und der individuellen Kultur der Anbieter der Weiterbildungsbranche sowie der Tatsache, dass es sich bei Weiterbildung um ein durchaus zyklisches Geschäft handelt, nicht gerecht können. Darüber hinaus sind viele Trainer Selbstständige, die von einer tarifvertraglichen Regelung ohnehin unberührt blieben. Im Bereich der geförderten Weiterbildung konstatiert der Wuppertaler Kreis eine erfreuliche Entwicklung hinsichtlich der Umsetzung der AZWV und der Aufnahme der Arbeit durch die Arbeitsagenturen, wobei Verbesserungsmöglichkeiten in der Feinabstimmung durchaus noch wünschenswert sind. In diesem Zusammenhang weist der Wuppertaler Kreis noch einmal nachdrücklich darauf hin, dass die Weiterbildungspolitik der Bundesagentur für Arbeit in den vergangenen fünf Jahren insgesamt zu einem deutlichen Rückgang der Teilnehmer in der beruflichen Aus- und Weiterbildung geführt hat. Als problematisch zu werten ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht nur die negative Entwicklung des Gesamtbudgets für arbeitsmarktpolitische Ermessensleistungen also Eingliederungsleistungen, sondern auch die raschen Veränderungen in der Verfahrensweise der Förderpolitik. Neben neuen Zulassungsverfahren für Bildungsträger und -programme ist insbesondere die uneinheitliche und wenig transparente Handhabung von Qualitätskriterien im Rahmen von Ausschreibungsverfahren zu nennen, mit dem Ergebnis, dass trotz des zugesagten Vorrangs von Qualität vor Kosten bei der Vergabe von Weiterbildungsprogrammen eine wirksame Differenzierung letztlich doch nur über die Kosten stattfindet. Was die über Bildungsgutscheine geförderte Weiterbildung betrifft, so sind trotz steigender Kosten und zusätzlicher Anforderungen (AZWV) die in der Durchschnittskostentabelle der Bundesagentur für Arbeit angegebenen Stundensätze seit 2001 in ihrer Höhe unverändert geblieben. Diese bedürfen dringend einer Anpassung an die tatsächlichen Marktpreise. Der Wuppertaler Kreis schlägt darüber hinaus vor, potenziellen Teilnehmern von Weiterbildungsmaßnahmen die Möglichkeit einzuräumen, die erhaltenen Gutscheine freiwillig aufzustokken, um bei Bedarf auf dem freien Markt eine Weiterbildungsmaßnahme höherer Qualität wählen zu können. Seit drei Jahren untersucht die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfond geförderte Abteilung Weiterbildungstests der Stiftung Warentest Angebote der beruflichen Weiterbildung, die privaten Verbrauchern offen stehen. Plänen, diese Aktivitäten ab dem Jahr 2008 im Rahmen einer Stiftung Bildungstest auszu- Branchentarifverträge sind kein hilfreiches Instrument zur Qualitätssicherung Stundensätze für geförderte Weiterbildung bedürfen der Anpassung an Marktpreise Bildungstest/Qualitätsgedanke 2
4 gliedern und zu etablieren, steht der Wuppertaler Kreis ausdrücklich kritisch gegenüber: Es darf auch unter dem Gesichtspunkt des damit verbundenen Bürokratieaufbaus bezweifelt, dass diese Tests ein adäquates Mittel sind, um zwischen guter und schlechter Weiterbildung zu unterscheiden. Vielmehr ist die Erfolgskontrolle letztlich der Transfer der in der Weiterbildung vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten in den Arbeitsalltag des Teilnehmers. Darüber hinaus begrenzt der grundlegende Trend in der Organisation beruflicher Weiterbildung weg von lehrgangsorientierten hin zu arbeitsplatznahen Formen die Aussagekraft von vergleichenden Bildungstests zusätzlich. Und für die Unternehmen ist die Personalentwicklung Bestandteil ihres normalen Beschaffungsprozesses, sie brauchen keinen Verbraucherschutz. Bildungstests der komplexen Funktion von Weiterbildung nicht gerecht und ersetzen auch nicht das Instrument der Zertifizierung. Sie sind kein Instrument zur Qualitätssicherung sondern nur geeignet und sinnvoll für den Verbraucherschutz und sollten sich darauf beschränken. Bildungstests dienen dem Verbraucherschutz nicht der Qualitätskontrolle Demografie Angesichts der seit Jahren geringen Geburtenraten ist ein Mangel an qualifiziertem Nachwuchs bereits absehbar. Bis 2050 wird sich der Anteil der unter 20-Jährigen von derzeit 21 % auf 16 % verringern; der Anteil der 60-Jährigen und älteren Menschen wird sich dagegen von 22 % auf 37 % spürbar erhöhen. Für die Arbeitsprozesse in den Unternehmen ergeben sich dadurch in Verbindung mit der zunehmenden Komplexität der technischen Entwicklungen, der Interdisziplinarität der Aufgabenstellungen und der Zunahme der Änderungsgeschwindigkeit des verfügbaren Wissens neue Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund müssen aus Sicht des Wuppertaler Kreises insbesondere die Potenziale Älterer gefördert, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit auch einer künftig stärker alternden Belegschaft sicherzustellen. Dieses Problem trifft in besonderem Ausmaß mittelständische Betriebe, die in der Konkurrenz mit großen Unternehmen um qualifizierte Fachkräfte bald leer ausgehen. Deren Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit wird nur durch konsequente Qualifizierungsanstrengungen zu erhalten sein. Der Wuppertaler Kreis appelliert daher an Unternehmen, im Gehalt der Mitarbeiter Anteile für Weiterbildung vorzusehen. Ebenso stehen Arbeitnehmer in der Pflicht, die Selbstverantwortung als Arbeitskraftunternehmer zu übernehmen und durch lebenslanges Lernen für ihre Employability Sorge zu tragen. Potenziale Älterer müssen gefördert Europäischer Qualifikationsrahmen (EQF) und Leistungspunktesystem (ECVET) Der Wuppertaler Kreis unterstützt die Einführung eines Europäischen Qualifikationsrahmens (EQF), der auf die europaweite Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen, von beruflichen Qualifikationen und von Kompetenzen zielt. Der EQF sollte nicht als Regulierungsinstrument, sondern als Übersetzungshilfe zwischen den nationalen Qualifikationsrahmen einzelner Länder genutzt, um Unternehmen und Beschäftigten, Das duale System der Berufsausbildung muss europaweit verankert 3
5 die in Europa mobil sein wollen, zu erlauben Kompetenzprofile vergleichbarer zu machen. Die Ausgestaltung eines solchen Qualifikationsrahmens bietet zugleich eine Chance, das duale System der Berufsausbildung in Deutschland im europäischen Kontext angemessen zu verankern. Es sollte also auf Berufsabschlüsse und Bildung ebenso ausgerichtet sein wie auf Kompetenzen und berufliche Handlungsfähigkeiten, die sich an den Anforderungen der Unternehmer und der Arbeitswelt orientieren. Nur so kann der europaweite Mobilitätsgedanke Wirklichkeit und Durchlässigkeit zwischen Systemen allgemeiner und beruflicher Bildung erzielt, d. h. mit einem in der Berufsbildung erworbenen Abschluss sowohl berufliche als auch akademische Weiterqualifikation zugänglich. Die zuständigen Ministerien und Politiker sind hier gefordert, mit der Unterstützung der Wirtschaft und ihrer Verbände dafür Sorge zu tragen, dass diese Aufwertung gelingt. Die Bewertung von Qualifikationen und Kompetenzen mithilfe eines Bildungskreditsystems, hat so zu erfolgen, dass diese outcomeorientiert, unabhängig von den Bildungs- bzw. Qualifizierungswegen erfolgt, d.h., dass für vergleichbare Kompetenzen auf vergleichbaren Levels entsprechende Bildungscredits vergeben und zum anderen die Anrechenbarkeit von im Ausland erworbenen Kompetenzen gefördert wird. In diesem Zusammenhang sollten entsprechende Erfahrungen und das Know-how der wirtschaftsnahen Weiterbildungsinstitutionen mit ihren auf die Erfordernisse der Unternehmen abgestimmten Angebote unbedingt Berücksichtigung finden. Der Wuppertaler Kreis bietet ausdrücklich seine Erfahrungen für Gespräche und Diskussionen zu diesem Thema an. Berufliche Qualifikation und allgemeine Bildung sind gleich zu bewerten Finanzierung lebenslangen Lernens Nachhaltige berufliche Weiterbildung sichert Arbeitsplätze und Einkommen und schafft Aufstiegsmöglichkeiten für die Beschäftigten. Sie ist gleichzeitig die Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und den Erhalt und die Erhöhung der Attraktivität des Standortes Deutschland, sowohl für Beschäftigte als auch für Unternehmer. Die wachsende Bedeutung von Weiterbildung erfordert zeitgemäße Instrumente zu deren Finanzierung. Betrieb und Mitarbeiter sollten den Aufwand für den Ausbau des vorhandenen Qualifikationsniveaus fair teilen. Ein sinnvoller Weg aus Sicht des Wuppertaler Kreises ist beispielsweise die Umwidmung von Arbeitszeitkonten und angesparten Arbeitsstunden in Qualifizierungszeiten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten die möglichen Nutzungsvarianten von langfristigen Arbeitszeitkonten im Vorfeld einvernehmlich festlegen. Auch die Idee, vom Arbeitgeber gezahlte, aus dem Arbeitsplatz zu erwirtschaftende vermögenswirksame Leistungen zum Bildungssparen zu verwenden, ist ein denkbares Modell. Dem Staat bietet dies außerdem die Möglichkeit, den nötigen Anreiz für diese Form des Sparens zu schaffen, indem die individuelle Vorsorge für Weiterbildung mit einer Prämie unterstützt wird. Vorstellbar wäre darüber hinaus, das Meister-BAföG zu einem Weiterbildungs- BAföG zu modifizieren. Kredite für Weiterbildungsteilnehmer könnten sich beispielsweise an dem von der KFW-Bankengruppe entwickelten Studienkreditprogramm orientieren. Bildungssparen muss als Finanzierungsinstrument etabliert Möglichkeit für Weiterbildungskredite schaffen! 4
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