5. Die Interaktion von Güter- und Finanzmärkten:
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- Gisela Heidrich
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1 5. Die Interaktion von Güter- und Finanzmärkten: Das IS-LM Modell Inhaltliche Übersicht Betrachtung der IS-/LM-Beziehungen aus Kapitel 3 und 4 Zusammenführung des Güter- und Finanzmarkts zu einem simultanen Gleichgewicht (IS-LM-Modell) Untersuchung der Wirkungen von Fiskal- und Geldpolitik in der kurzen Frist Betrachtung der sogenannten Liquiditätsfalle Rolle von Erwartungen in der kurzen Frist
2 Ziel Bestimmung des kurzfristigen Gleichgewichts, d.h. Güter- und Finanzmärkte sind simultan im Gleichgewicht Komparative Statik: Wirkung von - Geldpolitik - Fiskalpolitik - Exogene Änderungen der Konsum- und Investitionsgüternachfrage (Erwartungsänderungen) Weiterhin Betrachtung der kurzen Frist Im Allgemeinen herrscht kein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, d.h. die Lohnsätze sind fix (Arbeitsverträge kurzfristig nicht änderbar) Die Preissetzung der Firmen bleibt ebenfalls unverändert (da Preisänderungen Kosten verursachen) Matthias Prof. Howald, Dr. Volker Marius Osterfeld
3 5.1 Die IS-Kurve Modifikation der Investitionsgüternachfrage Bisherige Annahme über Investitionsgüternachfrage: II = II (exogen) Ab jetzt: II sei eine fallende Funktion des Zinssatzes ii: II = II ii Beispiel Investition von 1 CHF in ein Projekt mit einem einmaligen zukünftigen Cash Flow von VV in der nächsten Periode Durchführung des Investitionsprojekts, wenn gilt: - bei Fremdkapitalfinanzierung (Bondemission zu Zins ii): V > 1 + ii - bei Eigenkapitaleinsatz: VV > 1 + ii (= Rendite einer Alternativanlage) Matthias Prof. Howald, Dr. Volker Marius Osterfeld
4 Beispiel (Fortsetzung) Angenommen es gibt nn Investitionsvorhaben mit den Erträgen VV 1,, VV nn, wobei VV 1 > VV 2 > > VV nn Es werden nur diejenigen Projekte durchgeführt für die gilt: VV jj > 1 + ii, jj = 1,, nn Je höher der Zins ii, um so weniger Projekte werden durchgeführt, also desto niedriger die Investitionen Matthias Prof. Howald, Dr. Volker Marius Osterfeld
5 Hängt Investitionsgüternachfrage vom aggregierten Einkommen (YY) ab? Bei risikoneutralen Unternehmern und perfekten Kreditmärkten spielen nur zukünftige Profite eine Rolle für die Investitionsgüternachfrage. Aber: Bei guter konjunktureller Lage sind Profite der Unternehmen im Durchschnitt hoch, daher Finanzierung von Investitionen ohne Fremdkapitalfinanzierung leichter möglich Gegenwärtiger aggregierter Output YY kann Erwartungen über zukünftige Profite beeinflussen Dementsprechend kann man schreiben: II = II(ii, YY) mit II ii, YY < 0, ii, YY 0
6 Matthias Prof. Howald, Dr. Volker Marius Osterfeld Herleitung der IS-Kurve Im Gütermarkt-Gleichgewicht gilt: YY = CC YY TT + II ii, YY + GG = ZZ(YY) Annahme: Die Steigung der aggregierten Güternachfrage muss kleiner sein als Eins (formal: ZZ YY = CC YY DD kann der Output im Gütermarktgleichgewicht für einen gegebenen Zins (ii) nicht bestimmt werden (Keynesianisches Kreuz, vgl. Kapitel 3) + < 1. Andernfalls
7 Wirkung eines steigenden Zinses auf das Gütermarktgleichgewicht Steigt der Zins von i auf i, dann sinkt die Investitionsnachfrage für jedes Y Im Keynesianischen Kreuz führt dies zu Verschiebung der Nachfragekurve von ZZ auf ZZ Der Gleichgewichtsoutput fällt in Folge des Zinsanstiegs von Y auf Y Beachte: Im Anpassungsprozess sinkt die Konsumgüternachfrage (C) sowie evtl. auch die Investitionsgüternachfrage (I) aufgrund der nach Zinsanstieg sinkenden Güternachfrage und somit fallendem Output (Y): Multiplikatoreffekte Matthias Prof. Howald, Dr. Volker Marius Osterfeld
8 Graphische Herleitung der IS-Kurve Abbildung (a) zeigt das Keynesianische Kreuz: Bei Zins i kommt es zu Output Y. Steigt der Zins auf i, fällt der Output auf Y In Abbildung (b) wird der Output Y gegen den Zins i abgetragen. Dabei werden Punkte (i,y) und (i, Y ) eingetragen Zur Herleitung der IS-Kurve können wir mit Abb. (a) für jeden beliebigen Zins i den zugehörigen Output Y bestimmen und in Abb. (b) übertragen Man erhält die fallende IS-Kurve, d.h. alle Y-i-Kombinationen so dass sich der Gütermarkt im Gleichgewicht befindet
9 Verschiebung der IS-Kurve bei Erhöhung der Staatsausgaben Mit einer Zunahme der Staatsausgaben steigt ceteris paribus Nachfrage Z und damit der Gleichgewichtsoutput von Y 0 * auf Y 1 * Für jeden gegebenen Zins i steigt also der Gleichgewichtsoutput Y wenn G steigt Z Z 1 für G 1 >G 0 Z 0 für G 0 Die Grafik veranschaulicht, dass dies gleichbedeutend ist mit einer Rechtsverschiebung der IS-Kurve Wirkung einer Steueränderung: Wenn T steigt, verschiebt sich IS-Kurve nach links (warum?) Wirkung von Erwartungsänderungen: Bei höherem Konsumentenvertrauen (c 0 steigt) oder höheren Absatzerwartungen der Firmen (I 0 steigt) verschiebt sich IS-Kurve nach rechts (warum?) i* i 45 Y 0 * Y IS 0 IS 1 Y 1 * Y
10 5.2 Die LM-Kurve Wiederholung: Der Finanzmarkt Der Finanzmarkt befindet sich im Gleichgewicht, wenn sich Geldangebot und Geldnachfrage entsprechen. Auf dem Markt stellt sich dann der Gleichgewichtszins ein. Formal gilt: MM = PPPPPP(ii) Die linke Seite der Gleichung stellt das Geldangebot (gesteuert durch die Zentralbank) dar. Die rechte Seite der Gleichung gibt die Geldnachfrage in Abhängigkeit vom Preisniveau PP, Einkommen YY und Zins ii an. Für die weiteren Überlegungen bietet es sich an, dass Finanzmarkt- Gleichgewicht als eine Beziehung zwischen realer Geldnachfrage und realem Geldangebot zu betrachten. Formal kann man schreiben: MM PP = YYYY(ii)
11 Reale Geldangebot und reales Einkommen Mit dem Zusatz real verdeutlicht man, dass das Einkommen bzw. das Geldangebot nicht in Währungseinheiten (Schweizer Franken), sondern in Gütereinheiten ausgedrückt wird. Beispiel für das reale Geldangebot in einer Ein-Gut-Wirtschaft: Das Geldangebot MM wird in Geldeinheiten (z.b. CHF) gemessen Der Preiswird in Geldeinheiten pro Gütereinheit ausgedrückt (z.b. Preis pro Stück eines Gutes): PP = GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG Für die Dimension des realen Geldangebots MM/PP gilt somit: MM PP = GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG/GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG = GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG
12 Herleitung der LM-Kurve Das reale Geldangebot hängt nicht vom Zins i ab und ist daher im M/P-i-Koordinatensystem eine vertikale Gerade Die reale Geldnachfrage hängt für ein gegebenes reales Einkommen (Y) negativ von i ab (fallende Kurve) Der Finanzmarkt ist im Punkt A im Gleichgewicht Steigt das Einkommen von Y auf Y ist die Geldnachfrage für jeden Zins i höher. Das GG ist neu im Punkt A
13 Man kann also für jedes Einkommen Y den zugehörigen GG-Zins i auf dem Finanzmarkt bestimmen (Abbildung (a)). Die so bestimmten Wertepaare von Y und i kann man nun in ein i-y- Koordinatensystem übertragen und erhält die LM-Kurve (Abbildung (b)). Die LM-Kurve zeigt alle Y-i-Kombinationen an, bei denen sich der Finanzmarkt im Gleichgewicht befindet. Sie ist positiv geneigt.
14 Graphische Untersuchung der Wirkung einer realen Geldmengenerhöhung Bei einer Erhöhung der Geldmenge von (MM/PP) 0 auf (MM/PP) 1 fällt der Zins ii von ii 0 auf ii 1 Da sich für jedes Einkommen YY ein niedrigerer Zins auf dem Markt einstellt, verschiebt sich die LM-Kurve bei einer Erhöhung der realen Geldmenge nach unten i i LM-Kurve für (M/P) 0 i 0 i 0 LM-Kurve für (M/P) 1 >(M/P) 0 i 1 i 1 YL(i) (M/P) 0 (M/P) 1 Geldangebot, Geldnachfrage Y
15 5.3 Das IS-LM-Modell Im makroökonomischen Gleichgewicht der kurzen Frist müssen der Gütermarkt und der Finanzmarkt simultan im GG sein. Wir suchen also die Kombination (YY, ii) so dass gilt: IS-Beziehung YY = CC YY TT + II YY, ii + GG LM-Beziehung MM PP = YYYY(ii) Im kurzfristigen GG werden die endogenen Variablen ii und YY durch exogene Grössen GG, TT (Fiskalpolitik), MM/PP (Geldpolitik, für gegebenes Preisniveau PP) und Erwartungen (Parameter der Konsum- und Investitionsfunktion) bestimmt.
16 5.3.1 Fiskalpolitik Wirkung einer Erhöhung der Staatsnachfrage GG um ΔGG(= GG 1 GG 0 ) Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts i LM-Kurve Die LM-Kurve (MM/PP = YYYY(ii)) bleibt unverändert Produktionsniveau YY und Zins ii steigen Möglicher Anpassungsmechanismus: i 1 * i 0 * Y 0 * Y 1 * IS-Kurve für G 1 IS-Kurve für G 0 GG YY CC, II (Multiplikatoreffekte) YY MM dd (Transaktionskasse) PP BB (Nachfrage nach Wertschriften geht zurück, Kurse fallen) also ii II ( Crowding-Out privater Investitionen) YY etc., aber insgesamt: YY Y
17 Wirkung einer Erhöhung der Steuern TT um ΔTT(= TT 1 TT 0 ) Die IS-Kurve verschiebt sich nach links i LM-Kurve Die LM-Kurve bleibt unverändert Produktionsniveau Y und Zins i sinken Möglicher Anpassungsmechanismus: 1 0 Y * Y * TT CC YY CC, II (Multiplikatoreffekte) YY MM dd i 0 * i 1 * IS-Kurve für T 1 (Transaktionskasse) PP BB (da Nachfrage nach Wertschriften steigt) also ii II YY etc., aber insgesamt: YY Beachte: Analog führt Steuersenkung zu Crowding-Out privater Investitionen IS-Kurve für T 0 Y
18 5.3.2 Geldpolitik Erhöhung der Geldmenge MM (expansive Geldpolitik) o IS-Kurve bleibt unverändert o LM-Kurve verschiebt sich nach unten o Möglicher Anpassungsmechanismus: 1. Schritt: SNB senkt Repo-Zins, also erhöht MM (Geschäftsbanken fragen mehr Zentralbankgeld nach und hinterlegen mehr Wertpapiere: expansive Offenmarktoperation), die Wirtschaftssubjekte halten nun zunächst mehr Geld als sie wollen (zeitweise gilt: MM ss > MM dd ) und fragen mehr Wertschriften nach PP BB also ii (für gegebenes YY)
19 o Möglicher Anpassungsmechanismus: 2. Schritt: ii II YY MM dd (Transaktionskasse) PP BB (reduzierte Nachfrage nach Wertschriften) also ii II YY, aber insgesamt: YY 3. Schritt (Multiplikatoreffekte bedingt durch Anstieg in YY): CC, II YY MM dd PP BB ii II YY, aber insgesamt: YY 4. Schritt: wie 3. Schritt, also weiterer Anstieg in YY und ii, usw.
20 Grafische Interpretation Der Output steigt insgesamt von YY auf YYY Zinssatz fällt zunächst stark, steigt in der Folge wieder sukzessiv an, wobei Anstieg insgesamt geringer ist als anfänglicher Rückgang: iii < ii Bemerkung: Der mögliche Anpassungsmechanismus beruht auf plausibler Annahme, dass Anpassungen auf dem Finanzmarkt sich schneller vollziehen als die Anpassungen realer Grössen auf dem Gütermarkt
21 Empirische Studie: Wirkung von Geldpolitik in der kurzen Frist bei Anstieg des Leitzinses (restriktive Geldpolitik) Produktionsniveau fällt kurzfristig und steigt wieder an Preisniveau bleibt kurzfristig recht stabil (konsistent mit Annahme des Modells der kurzen Frist), fällt längerfristig Confidence interval : Wahrer Effekt liegt innerhalb des Bandes mit Wahrscheinlichkeit von 90% Source: G. Peersman and F. Smets, The Monetary Transmission Mechanism in the Euro Area: More Evidence from Var Analysis, European Central Bank, working paper No. 91, December 2001
22 Grenzen der expansiven Geldpolitik: Die Liquiditätsfalle Wenn der nominelle Zins ii gleich Null ist, gibt es keine Opportunitätskosten der Geldhaltung (Geld und Wertpapiere haben gleiche Verzinsung ). Dies ist der Fall, wenn YY niedrig und/oder MM hoch ist. Anstieg von YY LM-Kurve hat Knick i M d für Y M s i LM-Kurve M d, M s Wirkung von expansiver Geldpolitik in diesem Szenario Anstieg von MM LM-Kurve verschiebt sich Aber: keine reale Wirkung i M d i Y IS-Kurve LM 0 Y LM 1 M 0 M 1 M d, M s Y
23 Erläuterung der Liquiditätsfalle o Liegt der nominelle Gleichgewichtszins bereits bei Null, wird zusätzliche Liquidität (expansive Geldpolitik) von den Wirtschaftssubjekten gehalten, es ist keine Stimulation von Investitionen durch Zinssenkungen möglich. o Geldpolitik hat in der Liquiditätsfalle also keine Outputwirkung. o Oft genannte Beispiele für die Liquiditätsfalle: Grosse Depression der 30er Jahre Schleppende wirtschaftliche Entwicklung in Japan in den 90er Jahren nach Börsen- und Bankenkrise, trotz starker Geldmengenerhöhung
24 5.3.3 Erwartungsänderungen Wirkung optimistischer Erwartungen (von Konsumenten oder Firmen) Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts i LM-Kurve Die LM-Kurve bleibt unverändert Produktionsniveau YY und Zins ii steigen Möglicher Anpassungsmechanismus: i 1 * i 0 * Y 0 * Y 1 * IS-Kurve für optimistische Erwartungen IS-Kurve für pessimistische Erwartungen CC, II (exogen) YY CC, II (Multiplikatoreffekte, also endogene Anpassung) YY MM dd (Transaktionskasse) PP BB (Nachfrage nach Wertschriften geht zurück) also ii Investitionen II YY etc., aber insgesamt: YY Y
Das makroökonomische Grundmodell
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