RECHENSCHWÄCHE / DYSKALKULIE: Definitionen und Ursachenfragen
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- Edmund Lenz
- vor 6 Jahren
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1 ECHESCHWÄCHE / DYSKALKULE: Definitionen und Ursachenfragen 1 Dyskalkulie-Definitionen "Kannst du mir sagen, Sokrates, ob die echenschwäche geheilt werden kann? Oder ob sie nicht geheilt, sondern durch Übung eliminiert werden kann? Oder ob sie weder durch Übung noch durch Heilung eliminiert wird, sondern von atur den Menschen einwohnt ( ) und wieder verschwindet?" (Meyer 1993, 21; Hervorhebungen im Original). Verschiedene Definitionen - Erfindung - Krankheit - eilleistungsstörung /Diskrepanzannahme - Lehrstörung - Umfassendes Verständnis mathematischer Lehr- und Lernstörungen 1.1 Ältere Zugänge Dyskalkulie als Krankheit Organischer Defekt, Heilungserwartung Dyskalkulie als Erfindung Zuerst kam die Legasthenie (...) mit Dyskalkulie haben wir dann auch schon relativ früh angefangen. ch schrieb auf die Behandlungsanträge an die Behörden «Dyskalkulie, analog der Legasthenie» (...) Als ich dann zwei Jahre auf diesem Dienst war, war die Psychomotorik neu. Der damalige Schulpräsident sagte mir, na chdem ich ihm den Hinweis darauf machte: 'Mach doch nächste Woche mal einen Vortrag dazu' und die Psychomotorik war eingeführt..... Für einen Vortrag habe ich das so aufgearbeitet: Logopädie und Psychomotorik rechne ich zu den so genannten Basistherapien. Darauf baut die echentherapie und die Legasthenietherapie auf. Wenn die Basis nicht auf den Stand kommt, könne es Legasthenie oder Dyskalkulie geben (nterviewzitat aus Bühler-iederberger 1991, 80; Zeichensetzung im Original) Dyskalkulie als eilleistungsstörung / Diskrepanzannahme echenstörung nach der CD-10 (WHO) Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von echenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine ntelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender echenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, rigonometrie, Geometrie oder Differential- und ntegralrechnung benötigt werden. (CD10, F81.2) n der neuen Version der CD-10 werden neben den isolierten echenstörungen auch kombinierte Lernstörungen beschrieben: Schülerinnen und Schüler, welche im Bereich Lesen, echtschreiben und Mathematik Schwierigkeiten aufweisen. 1
2 Ursachen nach CD-10 Als Ursache werden Verzögerungen/ Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen kognitiv - neuropsychologischer Funktionen angenommen, Schwächen in der Eigenwahrnehmung, in der visuellen und au ditiven Gliederung oder im Speicher- und Erinnerungsvermögen. Diagnostik zur CD 10 n der psychologischen Diagnostik werden in der egel folgendes Verfahren zur Diagnostik vorgeschlagen (Jacobs; Petermann 2005, 72): - standardisierter echentest - Q est - Standardisierte ests zur Lese-/echtschreibleistung: solierte echenstörung: Q > 70, Unterdurchschnittliche Mathematikleistung (oft 1.5 bis 2 Standardabweichungen unter dem Mittelwert, Diskrepanz Q -echenleistungen > 1.5 Standardabweichungen; Diskrepanz echenleistung Lesen/echtschreiben. Kombinierte Lernstörung: Kriterien wie vorher, jedoch sind die Leistungen in Mathematik und Lesen/echtschreibung unterdurchschnittlich. echenschwäche: Kriterien wie bei der isolierten echenstörung, jedoch ist die Diskrepanz zwischen Q und echenleistung kleiner als 1.5 Standardabweichungen Kritik an der Diskrepanzdefinition und Diskrepanzdiagnostik Problematik der Diskrepanz Q-Mathematikleistung. Kombinierte Lernstörungen (LS und echenschwäche) kom men häufiger vor als lange angenommen wurde. Unterrichtliche Aspekte werden ausgeklammert. Definition führt zu unterschiedlichen Fördermassnahmen für Kinder mit durchschnittlichem bzw. unterdurchschnittlichem Q. Definition ist defizitorientiert und gibt k eine Förderhinweise. 1.2 eure Zugänge - auf allen ntelligenzniveaus - Lehr- und Lernstörung - multikausale Sichtweise Mathematische Lehrstörungen "... there is no single cognitive defect that causes failure in learning mathematics. here are probably different learning disabilities in the sense that various cognitive processes may be implicated in learning difficulties with respect to different aspects of school mathematics" (Ginsburg 1997, 29). Lernschwierigkeiten und somit auch Schwierigkeiten im Mathematikunterricht sind in erster Linie Kommunikationsdysfunktionen im nteraktionsfeld Schule (Werner 1999, 473). 2
3 Geringes Anspruchsniveau und kleinschrittiges Vorgehen in sonderpädagogischen Schulbüchern und Lehrplänen. Mathematikunterricht und Förderung: Häufig Auswendiglernen von (nicht verstandenen) Algorithmen. Schulbuch durcharbeiten anstatt Mathematik verstehen Umfassendes Verständnis mathematischer Lehr- und Lernstörungen Alternativer Ansatz: Es geht nicht darum Gruppen von Schülerinne n und Schülern zu definieren, sondern zu untersuchen, welche Schwierigkeiten diese beim Mathematikerwerb haben. Lernstörungen in Mathematik sind demnach gestörte nteraktionen. Sie entwickeln sich aus jahrelangen komplexen Wechselwirkungen zwischen all diesen Komponenten (Sachstruktur, Vermittlungsstruktur, Anneignungsstruktur), aber ohne direkte Kausalität. (Werner 1999, 473) Die aktuellen Forschungsansätze sehen in lernschwachen Schülern keine Gruppe, die sich in ihrem Lernverhalten qualitativ von ihren Klassenkameraden unterscheidet. Allerdings ist an ihnen in pointierter Weise zu beobachten, welche kognitiven Fähigkeiten der Mathematikunterricht fordert, bzw. welche Defizite zu Störungen im mathematische Begriffserwerb führen und welche methodisch -didaktischen Fallstricke möglich sind, auch wenn ihnen die meisten Schüler nicht zum Opfer fallen. (Lorenz; adatz 1993, 29) Komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, vielfältige Wechselwirkungen: - Mathematikunterricht (Sachstruktur/ Lehr- und Lernverständnis/ Aufbau von Vorstellungen) - ndividuelle Voraussetzungen - Gesellschaftliche und schulstrukturelle Ebene Siehe auch Abb. 8, S. 141 in: Moser Opitz, E. (2007): echenschwäche/ Dyskalkulie Soziale Faktoren Schicht Muttersprache Unterrichtssprache Elterliche Unterstützung Geschlechterstereo -type K D ndividuelle Faktoren kognitiver Entwicklungsstand des Kindes neuropsychologische Voraussetzungen subjektive Bedeutsamkeit des Faches Selbstwertgefühl K D Pädagogisch-didaktische Kompetenzen Unterrichtsklima Lehr-/Lernverständnis der LP Sachkompetenz der LP -Wagner 2018 pädagogische Kompetenz echenschwäche als Versagen im Mathematikunterricht U E C H nhaltliche Faktoren elevanz des Basisstoffes Aufbau von Vorstellungen Aufgabenqualität - notwendiges Vorwissen - benötigte Fertigkeiten - notwendiges Faktenwissen U E C H Patricia Oehri 3
4 1.3 Fazit Die echenschwäche gibt es nicht: Es gibt keine einheitliche Definition von echenschwäche. Das Phänomen echenschwäche ist äusserst komplex à Wechselwirkungen. Der Unterricht nimmt neben dem ndividuum eine wesentliche Stellung ein. Für den Umgang mit Lernschwierigkeiten in Mathematik wird ein Modell verwendet, welches den ganzen Kontext des Lehr- und Lernprozesses betrachtet (und den mathematischen nhalt in die Diagnostik einbezieht). Aber die beste (und richtige!) Erklärung dafür, warum ein Kind schwach im echnen ist, lautet: Weil es noch nicht besser zu rechnen gelernt hat! Und dass Kinder, wie groß auch immer ihre Probleme zunächst sind, bei geeigneter Förderung besser rechnen lernen können: Das erfahren wir in unserer Arbeit seit 17 Jahren ag für ag. Aus: Gaidoschik, M. 2012, -wir-in-zukunft-ohne-schwache-arbeiten/,
5 Beschreibung von Schülerinnen und Schülern mit mathematischen Lernschwierigkeiten 1 Leistungsrückstand und besondere Merkmale Je nach Definition wird festgestellt, dass 4-7% der Kinder eines Jahrgangs schwerwiegende Probleme beim Mathematiklernen haben. Die Schwierigkeiten werden meist in der Grundschule bemerkt, äussern sich aber auch deutlich auf der Sekundarstufe. Zentraler Prädiktor für das Entstehen von echenschwäche: vorschulische numerische Vorkenntnisse (Krajewski 2008) Beschreibung von SuS mit mathematischen Lernschwierigkeiten: Sie bleiben 2 bis 4 Jahre unter den erwarteten Mathematikleistungen zurück. Sie benötigen für die Erarbeitung des Lernstoffs von einem Schuljahr zwei oder mehr Jahre. Am Ende der Schulzeit beherrschen sie den Schulstoff de r ersten 5 bis 6 Schuljahre, d.h. Aufgaben des Stoffes der Sekundarstufe werden kaum beherrscht. Am Ende der Schulzeit sind sie nur beschränkt fähig, mit den persönlichen finanziellen Angelegenheiten zurechtzukommen. Sie machen über Jahre hinweg kaum Forts chritte. Sie lernen mathematische Verfahren rezepthaft auswendig und haben Schwierigkeiten beim Problemlösen, insbesondere bei mehrstufigen Aufgaben. Sie haben Schwierigkeiten beim Zählen. Sie gewöhnen sich seltsame Fehlermuster an und verwenden häufiger Fingerzählstrategien. Sie haben Schwierigkeiten, Operationen zu verstehen, Operationen zu automatisieren bzw. esultate abzurufen. hnen fehlt oftmals die Einsicht ins dezimale Stellenwertsystem Die Personengruppe, die besondere Unterstützung beim Mathemat iklernen braucht, hat spezifische und zentrale Aspekte der Grundschulmathematik nicht verstanden. 5
6 2 Entwicklungsdynamik - Klassischer Verlauf von Schülerinnen und Schüler mit mathematischen Lernschwierigkeiten nach Schmassmann (2006) Kindergarten ur eine Zählstrategie: alles zählen Keine Flexibilität in der Zahlwortreihe 1. Klasse Erste Schwierigkeiten, zählen an den Fingern und keine anderen Strategien, keine Zahlenraumvorstellung 2. Klasse Bessere Leistungen 1x1 auswendig Zählendes echnen ist verfestigt 3./4. Klasse System bricht zusammen, 1000er aum gelingt nicht, keine Grössenvorstellungen, Keine Strategien vorhanden 6
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