Zwischenprüfung Aufgabe. Staatsrecht, Allgemeines Verwaltungsrecht einschließlich Verwaltungsverfahrensrecht und Allgemeines Beamtenrecht
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- Gerd Schulz
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1 Freistaat Bayern Wiederholung der Zwischenprüfung 2015 in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit fachlichem Schwerpunkt Staatsfinanz Aufgabe Staatsrecht, Allgemeines Verwaltungsrecht einschließlich Verwaltungsverfahrensrecht und Allgemeines Beamtenrecht Lösungshinweis
2 2 Aufgabe A Zu Teil 1 a) Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG Bei den vorgenannten vier Rechtsgrundlagen handelt es sich um die in den Lehrinhalten Fach Öffentliches Recht, Teilgebiet Staatsrecht genannten. Alternative Rechtsgrundlagen (z.b. Art. 20 Abs. 2, S. 2, Art. 79 Abs. 3 GG) können gleichermaßen berücksichtigt werden. Da in der Aufgabenstellung ausdrücklich nur nach vier Rechtsgrundlagen gefragt ist, sollte die Darstellung von mehr als vier Rechtsgrundlagen nicht ergänzend bei der Bewertung berücksichtigt werden. b) aa) Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Die Gewaltenteilung ist ein konstitutives Element des Rechtsstaates. Es soll so vor allem eine gegenseitige Kontrolle der Gewalten und damit eine Mäßigung der Staatsgewalt insgesamt gewährleistet werden. bb) richterliche Unabhängigkeit, Art. 97 GG. Art. 97 GG bestimmt eine Unabhängigkeit der Richter, um zu gewährleisten, dass Entscheidungen nicht beeinflusst werden können bzw. nachteilige Konsequenzen an bestimmte Entscheidungen nicht geknüpft werden können. cc) Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG. Art. 19 Abs. 4 GG wird auch als Verfahrensgrundrecht bezeichnet, das durch die Vorgabe gewisser Verfahrenselemente (formales Rechtsstaatsprinzip) die Umsetzung des materiellen Rechtsstaatsprinzips gewährleistet bzw. absichert. Inhaltlich geht es in Art. 19 Abs. 4 GG in erster Linie um die möglichst umfassende Gewährleistung eines Rechtsschutzes durch unabhängige Gerichte bei Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt (s. z.b. auch die Generalklausel des 40 Abs. 1 VwGO). dd) Bestimmtheit und Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Gegenstand dieser Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ist die Gewährleistung der Voraussehbarkeit und Messbarkeit (und damit Bestimmtheit) staatlichen Handelns (z.b. Willkürverbot, Art. 103 Abs. 2 GG). Daraus ergeben sich auch Anforderungen an die Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen. U.a. dadurch bedingt ist, dass eine Rückwirkung gesetzlicher Regelungen nur ausnahmsweise bei Vorliegen konkreter Voraussetzungen möglich ist. Bei den vorgenannten vier Ausprägungen handelt es sich um die in den Lehrinhalten Fach Öffentliches Recht, Teilgebiet Staatsrecht genannten. Alternative Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips (z.b. Gewährleistung persönlicher Grundrechte, allgemeiner Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel), die inhaltlich zutreffend dargestellt werden, können gleichermaßen berücksichtigt werden. Da in der Aufgabenstellung ausdrücklich nur nach der Darlegung von vier Ausprägungen gefragt ist, sollte die Darstellung von mehr als vier Ausprägungen nicht ergänzend bei der Bewertung berücksichtigt werden. Zu Teil 2 a) Die Bundesrepublik Deutschland ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaft). Ein Handeln ist nur durch Organe möglich. Organe sind organisatorisch verfestigte Einheiten bzw. Einrichtungen, die Rechte und Pflichten insbesondere auch mit Wirkung nach außen (z.b. gegenüber anderen juristischen Personen oder natürlichen Personen) für die Bundesrepublik Deutschland wahrnehmen (können). b) aa) Organe der gesetzgebenden Gewalt der BRD: zb Bundestag, Bundesrat, Gemeinsamer Ausschuss (Art. 53 a GG) bb) Organe der exekutiven Gewalt der BRD: zb Bundesregierung, einzelne Bundesminister, Bundespräsident
3 3 cc) Organe der rechtsprechenden Gewalt der BRD: zb Bundesverfassungsgericht, oberste Gerichte bzw. sonstige Gerichte des Bundes Mehr als jeweils zwei Organe sollten nicht positiv bewertet werden. Es ist jedoch möglich, dass die Nennung von mehr als zwei Organen bei einzelnen Gewalten die fehlende Nennung bei anderen einzelnen Gewalten ausgleicht. Aufgabe B Die Ernennung ist materiell-rechtlich rechtmäßig erfolgt, wenn die zuständige Behörde gehandelt hat (lt. BHW gegeben) die persönlichen Voraussetzungen vorliegen: Staatsangehörigkeit, 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BeamtStG Laut Sachverhalt gegeben. Verfassungstreue, 7 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG Laut Sachverhalt gegeben. Vorbildung und Qualifikation (s. auch 7 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG) o Erforderliche Vorbildung nach Art. 4 Abs. 1, 7 LlbG: A ist ein Regelbewerber. Die für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene nach Art. 4, 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LlbG erforderliche Vorbildung der Hochschulreife laut Sachverhalt ist gegeben. o Mit erfolgreichem Abschluss des dreijährigen Vorbereitungsdienstes für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene, fachlicher Schwerpunkt Staatsfinanz hat A zudem auch die für die Berufung in das Beamtenverhältnis (auf Probe) vorliegend erforderliche Qualifikation nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Art. 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 LlbG erworben. Altersgrenze, Art. 23 BayBG: Fraglich ist, ob A auch die Voraussetzungen des Art. 23 BayBG erfüllt. o Nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 BayBG darf in das Beamtenverhältnis nicht berufen werden, wer bereits das 45. Lebensjahr vollendet hat. o Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 S. 1 BayBG im Fall von A: A ist am geboren. Es ist hier zunächst zu bestimmen, wann A das 45. Lebensjahr vollendet. Mangels spezieller Regelungen für die Fristberechnung im BayBG finden hier die allgemeinen Bestimmungen des BGB ( 187, 188 BGB) Anwendung. Nach 187 Abs. 2 S. 2 BGB wird bei der Berechnung des Lebensalters der Tag der Geburt mitgerechnet. Maßgeblicher Fristbeginn ist damit hier der Fristende ist nach 188 Abs. 2 BGB hier der Mit Ablauf des hat A daher das 45. Lebensjahr vollendet. Fraglich ist jedoch, auf welchen Ernennungsakt hinsichtlich der Prüfung des Art. 23 BayBG abzustellen ist: auf die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zu Beginn des Vorbereitungsdienstes (= ) oder auf den der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe (= ) In ersterem Fall wäre das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet und damit eine Ernennung rechtmäßig möglich; in letzterem Fall wäre das 45. Lebensjahr bereits vollendet und daher nach
4 4 Art. 23 Abs. 1 S.1 BayBG eine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe an sich nicht mehr möglich. Im vorliegenden Fall geht das Beamtenverhältnis auf Widerruf ohne Unterbrechung in das Beamtenverhältnis auf Probe über. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf wird in das Beamtenverhältnis auf Probe umgewandelt (s. auch 8 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG). In diesem Fall ist die Einhaltung der Altersgrenze bei Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht erneut zu prüfen. Ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 S. 1 BayBG liegt daher nicht vor. Sollte ein Bearbeiter zu einem anderen Ergebnis kommen, sollte dies nur dann als gleichwertig anerkannt werden, wenn eine schlüssige Begründung erfolgt. die sachlichen Voraussetzungen vorliegen (lt. BHW gegeben). Ergebnis: Die Ernennung des A ist materiell-rechtlich rechtmäßig. Aufgabe C Zu Aufgabe 1 Einschlägigkeit des BayVwVfG: o Die Entscheidung über die nach Art. 31 Abs. 2 BayBesG gestellten Anträge in Form eines Verwaltungsaktes erfolgt im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahrens, das auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist (Art. 9 BayVwVfG), und zudem durch eine Behörde des Freistaats Bayern im Sinne des Art. 1 BayVwVfG. o Das BayVwVfG, und hier insbesondere die Vorschriften des Zweiten Teils, Abschnitt 1 des BayVwVfG sind damit vorliegend einschlägig. Abweichende, besondere Verfahrensregelungen in beamtenrechtlichen Regelungen bestehen vorliegend nicht. Vorliegend könnte problematisch sein, dass der Bruder des C, Herr D gehandelt hat. Nach Art. 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayVwVfG darf ein Angehöriger eines Beteiligten des Verwaltungsverfahrens in diesem nicht für die Behörde tätig werden. o Der Beteiligtenbegriff bestimmt sich nach Art. 13 BayVwVfG, der Begriff des Verwaltungsverfahrens nach Art. 9 BayVwVfG. Danach handelt es sich vorliegend um zwei völlig getrennte Verwaltungsverfahren. B und C sind jeweils als Antragssteller Beteiligte in dem jeweils von ihnen durch die Antragsstellung eingeleiteten Verwaltungsverfahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG). B ist kein Beteiligter nach Art. 13 BayVwVfG in dem Verwaltungsverfahren des C und umgekehrt. o D ist als Bruder nach Art. 20 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 BayVwVfG Angehöriger des C, nicht aber des B. D durfte daher ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayVwVfG in dem Verwaltungsverfahren des B entscheiden, nicht aber in dem Verwaltungsverfahren des C.
5 5 Mögliche Rechtsfolgen des Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG: o Nichtigkeit nach Art. 44 BayVwVfG? Ein Verstoß gegen Art. 20 BayVwVfG stellt keinen absoluten Nichtigkeitsgrund nach Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG dar. Art. 44 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG verweist vielmehr darauf, dass ein Verwaltungsakt nicht schon allein deswegen nichtig sei. Art. 44 Abs. 3 BayVwVfG sperrt jedoch nicht die Anwendung des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG. Anhaltspunkte für eine offenkundige ( dem Verwaltungsakt auf die Stirn geschriebene ) Fehlerhaftigkeit im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG sind jedoch nicht gegeben. Zwischenergebnis: Keine Nichtigkeit nach Art. 44 BayVwVfG o Ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG begründet jedoch (mindestens) eine formelle Fehlerhaftigkeit des gegenüber C erlassenen Verwaltungsaktes. Die Befangenheit wird unwiderlegbar vermutet. Ein Verweis darauf, dass tatsächlich neutral und unvoreingenommen gehandelt wurde hier materiellrechtliche zutreffende Entscheidungen getroffen wurden ist unmaßgeblich. o Möglichkeit der Heilung? Nach Art. 45 BayVwVfG kommt vorliegend eine Heilung nach Abschluss des Verfahrens nicht in Betracht. Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG findet hier keine Anwendung. o Unbeachtlichkeit des Fehlers nach Art. 46 BayVwVfG? Nach Art. 46 BayVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes dann nicht verlangt werden, wenn etwa die Verletzung einer Verfahrensvorschrift, wie vorliegend des Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat. Dies ist regelmäßig in Fällen der rechtlichen Alternativlosigkeit der Fall. Vorliegend war die Entscheidung gemäß BHW materiell rechtmäßig und aufgrund der internen Dienstanweisung (und damit Reduzierung eines bestehenden Beurteilungs-, Ermessensspielraums) rechtlich alternativlos. Der Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG bei Erlass des Verwaltungsaktes gegenüber C ist damit unbeachtlich. Zu Aufgabe 2 Ein Rechtsbehelf in Form eines Widerspruchs ( 54 BeamtStG, 68 VwGO, Art. 15 Abs. 1 Nr. 5 AGVwGO) oder unmittelbar Klage ( 40 VwGO, unabhängig von der konkreten Klageart bzw. statthaften Klage) kann nur dann zulässig erhoben werden, wenn eine Widerspruchsbefugnis bzw. Klagebefugnis ( 42 VwGO unmittelbar oder analog) besteht, d.h. die Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten gegeben ist. Auch wenn die Entscheidung gegenüber B für diesen im Unterschied zu der gegenüber C getroffenen Entscheidung nicht positiv ausgefallen ist, ist nicht ersichtlich, inwieweit die gegenüber C getroffene Entscheidung B in eigenen Rechten beeinträchtigen können sollte. B kann daher zulässigerweise lediglich die Überprüfung der ihm gegenüber getroffenen Entscheidung mittels Rechtsbehelf veranlassen, nicht aber eine Überprüfung der C gegenüber getroffenen Entscheidung. **** Alle Rechte vorbehalten. Jeglicher, auch auszugsweiser Abdruck ohne Einwilligung des Landesamtes für Finanzen ist untersagt. ****
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