Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht Lehrstuhl für Öffentliches Recht

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Transkript:

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht Lehrstuhl für Öffentliches Recht Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, LL.M. Die Maut 1 - Lösungsskizze Der Antrag der Bundestagsabgeordneten hat Erfolg, wenn er zulässig und soweit er begründet ist. A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit des BVerfG (+), das Bundesverfassungsgericht ist nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG für abstrakte Normenkontrollen zuständig. II. Antragsberechtigung (+), die 161 Abgeordneten stellen mehr als ¼ der Mitglieder des Bundestages dar, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, 76 Abs. 1 BVerfGG. III. Antragsgegenstand (+), das PMautG ist ein formelles Bundesgesetz und damit vom (weiten) Gesetzesbegriff der abstrakten Normenkontrolle, Art 93 Abs. 1 Nr. 2 GG; 76 Abs. 1 BVerfGG, erfasst. IV. Antragsbefugnis (+), die Abgeordneten haben nicht nur Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des PMautG sondern sind von der Verfassungswidrigkeit überzeugt, sodass sogar die strengeren Voraussetzungen des 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG gegeben sind. 1 Sachverhalt und Lösungsskizze sind angelehnt an die Fallbearbeitung von Schulz in JuS 2013, 910 ff.

Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, Kiel 2 V. Form und Frist (+), schriftlich und begründet nach 23 Abs. 1 BVerfGG. Eine Frist ist nicht zu beachten. VI. Zwischenergebnis Der Antrag der Abgeordneten der P-Partei ist zulässig. B. Begründetheit Der Antrag der Bundestagsabgeordneten ist begründet, soweit das PMautG formell und/oder materiell verfassungswidrig ist. I. Formelle Verfassungsmäßigkeit 1. Gesetzgebungskompetenz a) Einschlägiger Kompetenztitel (+), Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Das PMautG betrifft die Erhebung von Gebühren für die Nutzung öffentlicher Straßen. b) Erforderlichkeitsklausel, Art. 72 Abs. 2 GG aa) Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse (-), keine Bedrohung des bundesstaatlichen Sozialgefüges durch angespannte Haushaltslage. bb) Wahrung der Rechtseinheit Die Nutzung länderübergreifender Bundesautobahnen ist für den (ausländischen) Verkehr von großer Bedeutung. Durch uneinheitliche Regelungen wäre die Gewährleistung eines reibungslosen Fernverkehrs gefährdet. Rechtssicherheit (Wo und in welcher Höhe fallen die Gebühren an?). Andernfalls würde langfristig Rechtszersplitterung drohen. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich.

Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, Kiel 3 c) Kompetenzschranke Hinweis: Es ist auch sehr gut vertretbar, das sog. Durchgriffsverbot als materielle Schranke zu verstehen und dementsprechend im Rahmen der materiellen Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Erläuterung: Die Vorschrift untersagt es dem Bund aus Gründen der Finanzhoheit der Kommunen, Aufgaben direkt auf die Gemeinden und Gemeindeverbände zu übertragen. Dies hat durch den Landesgesetzgeber zu geschehen, mit der Folge, dass dort das sog. Konnexitätsprinzip (Art. 57 Abs. 2 LVerf SH) zum Tragen kommt, welches den Gemeinden im Falle einer Aufgabenübertragung durch das Land einen finanziellen Ausgleich zuspricht. (P) Steht Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG einer Bundeskompetenz entgegen? Anwendbar nur im Bereich der Bundesauftragsverwaltung. Nach Art. 90 Abs. 2 GG ist für den Bereich der Bundesstraßen und -autobahnen eine Verwaltung im Auftrag des Bundes angeordnet. Kreise sind Zusammenschlüsse mehrerer Gemeinden (vgl. 1 KrO SH) und damit vom Begriff des Gemeindeverbandes in Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG erfasst. Die nach 6 PMautG vorgesehene Einbindung der Kreise in die Überwachung stellt eine Aufgabenübertragung auf einen Gemeindeverband dar. Dies ist nach Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG unzulässig. Es besteht keine Bundeskompetenz für 6 PMautG 2. Gesetzgebungsverfahren a) Gesetzesinitiative (P) Zulässigkeit einer sog. verkappten Regierungsvorlage? Die Gesetzesinitiative ging ursprünglich von der Bundesregierung aus. o Gesetzesvorlage hätte nach Art. 76 Abs. 2 GG dem Bundesrat zugeleitet werden müssen, was nicht geschehen ist. o Die Bundesregierung hat dies umgangen, indem sie die Gesetzesvorlage durch die R-Fraktion bzw. deren Mitglieder einbringen ließ.

Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, Kiel 4 Teilweise 2 wird vertreten, dass ein derart rechtsmissbräuchliches Verhalten die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes mit sich bringe. o Die Vorschiften der Art. 76 Abs. 2 und 3 GG seien analog anzuwenden, um das Recht des Bundesrats zur Stellungnahme zu wahren. Die herrschende Meinung 3 spricht sich gegen eine analoge Anwendung der Art. 76 Abs. 2 und 3 GG aus. o Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bewusst gegen ein Stellungnahmeverfahren entschieden, wenn die Gesetzesvorlage aus der Mitte des Bundestages komme, da dies dem demokratischen Legitimationsvorsprung des Bundestages entspreche. In dem Procedere sei eine zulässige Inanspruchnahme des Initiativrechts für Bundestagsabgeordnete nach Art. 76 Abs. 1 GG zu sehen. Außerdem bleibe Art. 43 Abs. 2 GG unberührt. Mithin liegt eine rechtmäßige Gesetzesinitiative vor. b) Hauptverfahren aa) Drei Beratungen (P) Führt der Verzicht auf die dritte Beratung zur Verfassungswidrigkeit des PMautG? Nach 78 Abs. 1 S. 1 GOBT finden grundsätzlich drei Beratungen (sog. Lesungen) statt. Eine zulässige Abweichung von den Vorgaben der GOBT liegt nach 126 GOBT vor, wenn dies von 2/3 der anwesenden Abgeordneten beschlossen wurde und kein Verstoß gegen Vorschriften des Grundgesetzes gegeben ist. o Es verzichteten jedoch nur 257 der 497 Abgeordneten auf eine dritte Beratung, sodass die nach 126 GOBT erforderliche Mehrheit nicht gegeben war. o Allerdings führt ein Verstoß gegen Vorschriften der GOBT nicht unmittelbar zur Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes. Die GOBT stellt grundsätzlich nur Binnenrecht des Bundestages dar. Solange gleichzeitig keine Bestimmungen des Grundgesetzes verletzt wurden, hat ein Verstoß gegen die GOBT keine Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. Das Grundgesetz 2 Masing in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 76 Rn. 100. 3 Kersten, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 76 Rn. 113; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 76 Rn. 105 ff.

Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, Kiel 5 selbst enthält keine Angaben zu den Beratungen des Bundestages und durch den Verzicht auf eine dritte Beratung wurden auch keine anderen Vorgaben von Verfassungsrang verletzt. bb) Beschlussfähigkeit (+), mit 497 Abgeordneten waren mehr als die Hälfte der Mitglieder des Bundestages anwesend, vgl. 45 Abs. 1 GOBT. cc) Erforderliche Mehrheit (P) Lag die erforderliche Mehrheit des Parlaments vor? Nach Art. 42 Abs. 2 GG ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen für das Gesetz stimmt. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen wäre erreicht, wenn 249 der 497 Abgeordneten für das Gesetz gestimmt hätten. Es haben allerdings nur 246 Abgeordnete für das Gesetz gestimmt. o Es ist jedoch zu beachten, dass den 7 Enthaltungen kein Erklärungswert innewohnt. Würde man sie bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigen, würden sie faktisch wie eine Stimme gegen den Gesetzesentwurf wirken. o Es entspricht daher allgemeiner Ansicht 4 und Parlamentspraxis, dass eine einfache Mehrheit i.s.v. Art. 42 Abs. 2 GG nur mehr Ja - als Nein -Stimmen erfordert. Es stimmten 246 Abgeordnete für das Gesetz und 244 Abgeordnete gegen das Gesetz. Die erforderliche Mehrheit liegt mithin vor. dd) Beteiligung des Bundesrates (+), der Bundesrat wurde ordnungsgemäß beteiligt. c) Abschlussverfahren (+), das PMautG wurde rechtmäßig ausgefertigt und verkündet. 4 Schliesky, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 42 Rn. 62; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 42 Rn. 84 m.w.n.

Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, Kiel 6 3. Zwischenergebnis Das PMautG ist mangels Bundesgesetzgebungskompetenz formell verfassungswidrig. II. Materielle Verfassungsmäßigkeit (P) Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG? Nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen durch Gesetz dazu ermächtigt werden, eine Rechtsverordnung zu erlassen. Neben der Möglichkeit, Rechtsetzungsbefugnisse durch Gesetz auf die Exekutive zu übertragen ist die Regelung auch Ausdruck des in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Bundesstaatsprinzips. o Es untersagt eine Vermischung von Bundes- und Länderkompetenzen und damit auch die gesamthänderische Rechtssetzungsermächtigung von Bundesund Landesorganen. Die Regelung in 9 PMautG verstößt daher gegen das föderative Delegationsverbot und ist materiell verfassungswidrig. C. Ergebnis Der Antrag ist zulässig und begründet.