Theorie digitaler Systeme Vorlesung 15: Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann
Einführung Entwurfsmethoden für IIR-Filtern sind für Zeitbereich und Bildbereich bekannt Finite-Impulse-Response (FIR) Filter erfordern andere Entwicklungsmethoden - Abtasten der idealen Impulsantwort über einen begrenzten Zeitraum - Approximation eines idealen Frequenzgangs über Fourier-Reihen Approximation der idealen Filtercharakteristik führt zu Gibbschen Effekt Kompensation über Fensterung Programmable FIR Filter Chip Ben Calhoun December 23 Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 2
durch Abtasten der Impulsantwort Entwurfsmethoden für IIR-Filtern sind für Zeitbereich und Bildbereich bekannt Frequenzgänge und Impulsantworten idealer Filter sind Ausgangspunkt für den impulsinvarianten Entwurf von FIR-Filtern, Entwurf wird am Beispiel eines Tiefpass-Filters hergeleitet, Verfahren kann auf die anderen Filtertypen übertragen werden Frequenzgang des zeitkontinuierlichen idealen Tiefpasses mit einer Grenzfrequenz G ist definiert über seinen Amplituden- und Phasengang A TP 1 für = für G G Impulsantwort des zeitkontinuierlichen idealen Tiefpass-Filters ergibt sich aus den Rechenregeln zur Fourier-Transformation und den angegebenen Korrespondenzen zu gt = ( G ( ) ) ( t t ) sin t t TP j t e = Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 3
Signale Amplitudengang A TP () durch Abtasten der Impulsantwort Amplitudengang und Impulsantwort des idealen zeitkontinuierlichen Tiefpass-Filters für eine Grenzfrequenz G = 1 rad/s Damit das Filter als zeitdiskretes FIR-Filter mit linearer Phase realisiert werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Impulsantwort g[k] muss kausal sein Impulsantwort muss endlich sein Impulsantwort muss eine Symmetrie aufweisen Bedingungen werden über das Ausschneiden der achsensymmetrischen Impulsantwort g(t - t ) mit einer Fensterfunktion erreicht, die bei t = beginnt und bei T = 2t endet ( G ( ) ) ( t t ) sin t t g t = t t 2 t ( ) w 1-2 -1 1 2 Normierte Kreisfrequenz / krad/s 1.5 1.5 -.5 Impulsantwort g(t). T A w(t) 4 8 12 Zeit t / ms Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 4
Signale durch Abtasten der Impulsantwort Bei gerader Filterordnung N müssen N + 1 Abtastwerte in das Intervall von t 2t gelegt werden t N = T 2 A Für das Beispiel mit G = 1 rad/s ergibt sich bei einer Filterordnung N = 8 die Zeit t = 4T A = 4 ms Abtastwerte der Impulsantwort berechnen sich für k = 8 aus den Werten g( k T ) g k ( ) A A A ( ) sin G k TA 4 TA sin G k 4 = A = k T 4 T T k 4.4.3.2.1 -.1 Impulsantwort g(t). T A g[k]. T A 4 8 12 Zeit t / ms Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 5
Phase ( ) durch Abtasten der Impulsantwort Impulsantwort führt zu der Übertragungsfunktion N G z = g k z k= k System ist stabil, Frequenzgang errechnet sich zu Betrag A( ) / A 1.5 1.5 Amplitudengang Ordnung N = 9 N = 8 N jk -3-2 -1 1 2 3 k= Kreisfrequenz / krad/s ( ) = G g k e Differenzengleichung ergibt sich wie bei den Filterentwürfen zuvor aus der Rücktransformation der Übertragungsgleichung G(z) in den Zeitbereich 3 2 1 Phasengang Ordnung N = 9 N = 8-1 -2-3 -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 6
Phase ( ) durch Abtasten der Impulsantwort Filterentwurf für ungerade Filterordnung weitgehend identisch, vgl. Skript 1.5 Amplitudengang Ordnung N = 9 N = 8 Steilheit des Filter steigt mit steigender Ordnung, Beispiel Ordnung N = 9 und N = 8 Phasengang wird ebenfalls mit wachsender Ordnung steiler Gruppenlaufzeit T G steigt mit wachsender Filterordnung linear an T = t = N T 2 G A Amplitudengang zeigt Gibbsches Phänomen an Sprungstellen Betrag A( ) / A 1.5-3 -2-1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s 3 2 1-1 -2 Phasengang Ordnung N = 9 N = 8-3 -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 7
Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Berechnung der gefensterten Impulsantwort g w [k] erfolgt über Abtastung der Impulsantwort g(t) und Multiplikation mit einer Fensterfunktion w[k] w = g k g k w k Multiplikation im Zeitbereich entspricht der Faltung im Frequenzbereich, Faltung des Spektrums G() mit dem Spektrum der Fensterfunktion W() verändert den Frequenzgang 1 Gw ( ) = G( ) W ( ) d 2 Konstantes und unendlich langes Fenster w[k] ergäbe als Spektrum W() eine periodische Impulsfolge ( - k2), Faltung eines Spektrums mit einem Impuls an der Stelle = verändert das Spektrum nicht, so dass ein Filter mit einer unendlich langen Impulsantwort g w [k] zu dem eigentlich gewünschten Frequenzgang G() führen würde Mit dieser Forderung ist allerdings bei der Implementierung ein unendlich hoher Rechenaufwand verbunden Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 8
Betrag des Spektrum W() Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Zielsetzung: Fensterung, die bei einer endlichen Länge der Fensterfunktion w[k] ein möglichst schmales Spektrum besitzt, das der Impulsfunktion möglichst nahe kommt Hauptmaximum (Main-Lobe) Nebenmaxima (Side-Lobe) Fensterfunktion soll eine geringe Breite S des Hauptmaximums aufweisen Zielwert für die relative Amplitude des Nebenmaximums ist eine geringe Höhe Relative Amplitude des Nebenmaximums a A SL REL = 2 log A ML Untersuchungen zu Fensterfunktionen zeigen, dass ein ideales Fenster nicht existiert, es muss eine Kompromiss zwischen endlicher Breite und relative Amplitude des Nebenmaximums eingegangen werden S Normierte Kreisfrequenz Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 9
Betrag W REC () / db Signal w REC [k] Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Rechteckfenster Fensterfunktion im Zeitbereich Fensterfunktion N N wrec k = k + k 1 2 + 2 Frequenzgang des Fensters W REC N sin 2 = sin 2 1-2 -1 1 2 Folgenindex k Amplitudengang 2 Hauptmaximum des Rechteckfensters hat eine Breite von S = 2 /N Relative Amplitude des Nebenmaximums beträgt a REL = - 13 db -2-4 -6-8 - -/2 /2 Normierte Kreisfrequenz Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 1
Betrag W HAM () / db Signal w HAM [k] Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Hamming-Fenster Fensterfunktion im Zeitbereich für k = -N/2 N/2 Fensterfunktion 2 k wham k =.54 +.46 cos N Frequenzgang des Fensters siehe Skript Hauptmaximum des Hamming-Fensters hat eine Breite von S = 4 /N Relative Amplitude des Nebenmaximums beträgt mit a REL = - 42 db und ist deutlich größer als bei dem Rechteck-Fenster 1-2 -1 1 2 Folgenindex k Amplitudengang 2-2 -4-6 -8 - -/2 /2 Normierte Kreisfrequenz Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 11
Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Fenstervergleich Fenster- Funktion Breite des Hauptmaximums Relative Amplitude der Nebenmaxima Rechteck S = 2 / N - 13 db Dreieck S = 4 / N - 25 db Hann S = 4 / N - 32 db Hamming S = 4 / N - 42 db Rechteckfenster hat das schmalste Hauptmaximum, Hamming-Fenster stellt guten Kompromiss von Breite des Hauptmaximums und relativer Amplitude des Nebenmaximums dar Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 12
Fensterfunktionen zur Verbesserung der Filtercharakteristik Fenstervergleich Iterative Optimierungsverfahren mit Rechnerunterstützung optimieren die Ordnung und Grenzfrequenzen von Filtern Remez-Entwurf Bekanntester Algorithmus ist der Remez-Algorithmus von Parks-McClellan, Algorithmus minimiert die maximale Abweichung zwischen dem Amplitudengang des Filters und der Vorgabe als Toleranzschema Resultierende FIR-Filter weisen gleichmäßige Rippel im Durchlass- und im Sperrbereich auf, Filter werden deshalb Equiripple FIR-Filter genannt Alternative Entwurfsverfahren Andere Optimierungsverfahren minimieren die mittlere quadratische Abweichung zwischen dem Amplitudengang des Filters und der Vorgabe Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 13
Beispiel: Entwurf eines Tiefpass-Filters mit Hamming-Fenster Tiefpass-Filters mit einer Grenzfrequenz von G = 1 rad/s und einer Abtastzeit von T A = 1 ms.4 Rechteck Hamming Ordnung des Filters wird auf N = 12 festgelegt, damit ergibt sich eine Gruppenlaufzeit T G = t = 6 ms Berechnung der Impulsantwort ohne Fensterung gk ( ) A A A ( ) sin G k TA 6 TA sin G k 6 = = k T 6 T T k 6 Impulsantwort g[k]. T A.3.2.1 Multiplikation mit dem Hamming-Fenster ( G ) ( ) sin k 6 2 k 6 gw k =.54 +.46 cos TA k 6 N -.1 2 4 6 8 1 12 Index k Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 14
Phasengang / rad Beispiel: Entwurf eines Tiefpass-Filters mit Hamming-Fenster Aus der Impulsantwort kann direkt die Übertragungsfunktion abgelesen werden W 12 w G z = g k z k= k ( G ) System ist stabil, Frequenzgang ergibt sich zu ( ) 12 sin k 6 2 k 6 =.54 +.46 cos z k= TA k 6 N W 12 ( ) = w G g k e k= ( ) jk ( ) 12 sin k 6 2 k 6 = + k= G jk.54.46 cos e TA k 6 N k Amplitudengang A( )/A 1.5 1.5 Rechteck Hamming -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s 3 2 1-1 -2-3 -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 15
Beispiel: Entwurf eines Tiefpass-Filters mit Hamming-Fenster Phasengang / rad Durch den Einsatz des Hamming-Fensters wird die Welligkeit deutlich kleiner als bei dem Rechteckfenster Effekt sowohl im Durchlass, als auch im Sperrbereich des Filters Filter mit Rechteckfenster weist eine deutlich steileren Übergang zwischen Durchlass- und Sperrbereich auf Phasengänge unterscheiden sich, sind aber beide linear Gruppelaufzeit ist mit T G = 6 ms für beide Entwürfe identisch Amplitudengang A( )/A 1.5 1.5 Rechteck Hamming -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s 3 2 1-1 -2-3 -3-2 -1 1 2 3 Kreisfrequenz / krad/s Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 16
Vergleich von IIR- und FIR-Filtern Eigenschaft IIR-Filter FIR-Filter Entwurfsverfahren Geschlossenes Entwurfsverfahren Approximationsverfahren Einfluss auf den Filterentwurf wenig Freiheitsgrade Optimierungskriterien definierbar, z.b. Remez-Entwurf Effizienz Hoher Effizienz bei Filtern ohne Phasenvorgaben Grundsätzlich schlechtere Effizienz, Steigerung der Effizienz durch Dezimation und Interpolation möglich Lineare Phase Nur in kleinen Frequenzintervallen annähernd lineare Phase Filter mit linearer Phase realisierbar Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 17
Übungsaufgabe: Entwurf eines FIR-Filters In dieser Aufgabe werden FIR-Tiefpass-Filter der Ordnung N = 2 entwickelt, die eine stationäre Verstärkung a() = db und eine Grenzfrequenz G = /2 aufweisen. Berechnen Sie die Übertragungsfunktion G 1 (z) eines FIR-Tiefpass-Filters mit Rechteckfenster der Ordnung N = 2, der Grenzfrequenz G = /2 und der stationären Verstärkung a() = db. Wie ändert sich die Übertragungsfunktion des FIR-Tiefpass-Filters, wenn ein Hamming-Fenster eingesetzt wird? Beachten Sie, dass auch dieses Filter die stationären Verstärkung a() = db aufweisen soll. Berechnen Sie für beide Fälle die Pole und Nullstellen. Interpretieren Sie die Auswirkung der unterschiedlichen Pol- und Nullstellenlage auf den Amplitudengang der jeweiligen Filter. Berechnen Sie den Amplitudengang des Filters mit Hamming-Fenster und skizzieren Sie den Verlauf. Welchen Amplitudengang A( G ) weist der Filter an der Grenzfrequenz G = /2 auf? Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 18
Impulsantwort g TP [k] Übungsaufgabe: Tiefpass-Hochpass-Transformation bei FIR-Filtern Abbildung zeigt die Impulsantwort g(k) eines FIR- Filters Bestimmen Sie die Differenzengleichung des FIR- Filters aus der Impulsantwort g(k) Mit Hilfe der Tiefpass-Hochpass-Transformation kann aus einem Tiefpass ein äquivalenter Hochpass ermittelt werden. Hierfür müssen die Koeffizienten des Tiefpassfilters g = ( b b b b b ) TP 1 2 3 4 transformiert werden g = b b 1 b b b HP 1 2 3 4 Bestimmen Sie die Differenzengleichung des äquivalenten Hochpasses.6.4.2 1 2 3 4 Index k Fakultät für Elektro- und Informationstechnik, Manfred Strohrmann 19