Die nicht-alkoholische Fettleber: Ursachen, Komplikationen und Diagnose

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Transkript:

FETTLEBERERKRANKUNGEN 7 Die nicht-alkoholische Fettleber: Ursachen, Komplikationen und Diagnose Katharina Willuweit, Ali Canbay Einleitung Die nicht-alkoholische Lebererkrankung (NAFLD) ist besonders in den industriell entwickelten Staaten ein zunehmendes und ernst zu nehmendes Krankheitsbild bei Erwachsenen und Kindern. Der Begriff NAFLD umfasst ein Spektrum von Erscheinungsformen der Leberbeteiligung von der einfachen Akkumulation von Fetten in der Leber (simple Steatosis oder nicht-alkoholische Leberverfettung NAFL) bis zur potentiell progressiven Form der nicht-alkoholischen Steatosis (NASH) mit Zellballonierung, inflammatorischer Reaktion und mitunter der Entstehung einer Leberfibrose- oder Zirrhose. In der Gruppe der über 65-jährigen ist die NASH die häufigste nicht-maligne Indikation zur Lebertransplantation [1]. Adipositas ist ein Hauptrisikofaktor der NAFLD. Durch zunehmenden Wohlstand und den westlichen Lebensstil ist die NAFLD mit ihren Komplikation nicht nur zu einem medizinischen, sondern auch zu einem gesundheitsökonomischen Problem geworden. Viele Gesundheitsorganisationen berichten über die Verdopplung der Anzahl an Menschen mit Übergewicht seit 1982. Über 1,9 Billionen Menschen waren 2014 weltweit übergewichtig und darunter 600 Millionen adipös [2 4]. decade3d Fotolia Die klinische Relevanz des Übergewichts leitet sich von dem Zusammenhang mit den einhergehenden metabolischen Komplikationen ab. Diese definieren das metabolische Syndrom und sind wiederum mit der Entwicklung von weiteren Komorbiditäten, wie Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen und auch der NAFLD verbunden. Die NAFLD wird als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms angesehen [5 7]. Zahlreiche Therapiestrategien der NAFLD bieten bisher keine effektive Option. Zunehmend wird der Fokus auf die Pathomechanismen gelegt, die an der Entstehung und Progress der Erkrankung beteiligt sind, um so in Zukunft wirksame therapeutische Optionen zu entwerfen. Bei vielen Lebererkrankungen spielt die hepatozelluläre Apoptose eine Rolle bei der Leberzellschädigung. Multipe Mediatoren, welche im Rahmen von Lebererkrankungen entstehen, können den Zelltod initiieren und zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren führen. Überschießende inflammatorische Reaktionen und eine erhöhte Apoptoserate sind Faktoren die zur Fibroseprogession, zur Zirrhoseentstehung und somit auch langfristig zur Entstehung des hepatozellulären Karzinoms (HCC) beitragen können [8]. 02/2016 xtra

8 FETTLEBERERKRANKUNGEN Insulinresistenz/ Diabetes Genpolymorphismen Metabolisches Syndrom Fettleber Mikrobiom NAFLD- Definition und Ursachen Die NAFLD ist definiert als Steatose welche mehr als 5 % der Hepatozyten betrifft in Abwesenheit von Alkoholkonsum oder anderen Lebererkrankungen. Histologisch zeigen sich einfache Fettdepositionen in den Hepatozyten bei der simplen Steatose oder NAFL, die NASH hingegen ist charakterisiert durch eine inflammatorische Reaktionen und Schaden an hepatischen Zellen, welche zur Progression und Fibrose, Zirrhose, sowie zum HCC führen kann [9]. Das Risiko für die Entstehung eines HCCs ist auch schon bei der einfachen Steatosis mit geringgradiger Fibrose erhöht, selbst wenn noch keine Leberzirrhose vorliegt [10]. Es sind multiple Faktoren welcher die NAFLD zu Grunde liegt (siehe Abb.1). Die NAFLD wird als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms angesehen. Ein höherer BMI, mangelnde Bewegung, das Vorliegen von Diabetes mellitus sind mit der NAFLD assoziiert [11]. Ansammlung gesättigter und ungesättigter Fettsäuren in der Leber führen zur Lipidakkumulation und tragen zur Entwicklung der Insulinresistenz bei [12]. Neben der allgemeinen Überernährung nehmen insbesondere Kohlenhydrate eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der NAFLD ein. Ergebnisse verschiedener Studien deuten darauf Herz/Gefäße NASH Alkohol/Ernährung Abb. 1: Graphische Darstellung der multiplen Faktoren der NAFLD Zirrhose/HCC hin, dass eine kohlenhydratreiche Ernährung und insbesondere Fructose an der Entwicklung der NASH beteiligt sind. In großen Multizenterstudien hat sich der Typ 2 Diabetes und Adipositas als unabhängige Risikofaktoren für die NAFLD herausgestellt. Diabetes ist weiterhin ein Prädiktor für das Vorliegen einer Leberfibrose [13, 14]. Durch Veränderung im Mikrobiom, welche zu vermehrter Resorption von Kalorien aus dem Stuhl und Überwiegen des Phylum Firmicutes im Verhältnis zu niedrigeren Bacteriodetes führen, stehen im potentiellen Zusammenhang mit dem Vorliegen der NAFLD [15]. Ebenfalls können genetische Faktoren, wie PNPLA3 zur Entstehung einer Lebererkrankung beitragen. Eine genetische Variante auf dem PNPLA3 (patatin-like phospholipase domain containing 3)-Gen an Position 148, hat sich in verschiedenen Studien als unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung einer NASH und auch Zirrhose und HCC bestätigt [16]. Die Ursachen der NAFLD sind vielseitig, und Kofaktoren wie Alkohol, Medikamente und beispielsweise das gleichzeitige Vorliegen einer Virushepatitis können zusätzlich zur Krankheitsentstehung beitragen. Differentialdiagnostisch muss auch an seltene Ursachen gedacht werden wie z.b. Sprue, Lysosomale saure Lipase Mangel (LAL-D) und M. Gaucher ( Tab. 1). Klinische Erscheinung und Diagnose Selbst wenn bereits eine fortgeschrittene Lebererkrankung oder ein ausgeprägtes metabolisches Risikoprofil vorliegt, sind die Transaminasen(GOT; GPT) nicht selten im Normbereich [17]. Auf der anderen Seite kann sich eine Erhöhung der Leberwerte zeigen, ohne dass eine Symptomatik besteht. Zur Diagnose tragen, auch die Anamnese des Patienten und die klinische Untersuchung bei. Die NAFLD kann symptomlos, mit unspezifischen Symptomen, wie Abgeschlagenheit und Druckgefühl im rechten Oberbauch einhergehen. Weiterhin lässt sich sonographisch eine Steatosis hepatis erkennen. Sonographische Zeichen der Leberverfettung sind der Impendanzsprung zwischen der echoreichen homogen verdichteten Leber und der Niere, sowie der schallkopffernen Schallabschwächung. Bei etwa einem Drittel aller Patienten besteht ultraschallmorphologisch eine Steatose [18]. Eine erweiterte Diagnostik kann mittels transienter Elastrographie (Fibroscan bzw. Steatoscan) erfolgen. Die höchste Sensitivität und Spezifität bezüglich der Diagnostik der NAFLD und ihrer Untergruppen NAFL und NASH hat jedoch weiterhin die Leberbiopsie. Hier kann unter anderem der Grad der Verfettung und eine eventuell bestehende Begleitentzündung diagnostiziert werden. Durch eine Biopsie der Leber kann allerdings nur etwa 1:50 000 des Lebergewebes erfasst werden [19]. Zudem stellen sich häufig technische Limitation dar, da bei bestehender Adipositas der Patienten auch Komplikationsrate steigt. Trotzdem bleibt die Leberbiospie einziges Diagnostikum und Goldstandard um zwischen der sim- xtra 02/2016

FETTLEBERERKRANKUNGEN 9 plem Steatose und NASH zu unterscheiden und ein Staging vorzunehmen und die Schwere der Lebererkrankung einzuschätzen. Komplikationen Schreitet die Lebererkrankung fort kann sie im Endstadium einer Leberzirrhose münden und birgt damit ein erhöhtes Risiko der Entstehung eines HCCs. In der Gruppe der über 65-jährigen ist die NASH die häufigste nicht-maligne Indikation zur Lebertransplantation [1]. Aber auch entrahepatische Komplikationen gehen mit der NAFLD einher. Inzwischen ist das metabolische Syndrom ein gebräuchlicher Begriff und ein hoher Cholesterinspiegel, hoher Blutdruck, oder Fettleibigkeit erhöhen das Risiko der drohenden kardiovaskulären Komplikationen. Die NAFLD ist die Manifestation des metabolischen Syndroms an der Leber und steht somit in direkter Verbindung zu diesem. Die Leber ist von entscheidender Bedeutung für den Glukose- und Fettsäuremetabolismus. An der hepatischen Glucose Verwertung sind Signalwege und Enzyme beteiligt welche zur Insulinsensivität beitragen. Insulinresistenz und Lipolyse hingegen führt zur Steatose der Leber [20, 21]. Weitere Faktoren sind Adipokine wie Adiponektin. Niedrige Adiponektinwerte stehen im Zusammenhang mit Übergewicht, Insulinresistenz und Schwere der NAFLD [22, 23]. Das Vorliegen einer NAFLD erhöht das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse. Die durch die Leberverfettung entstehende Erhöhung von VLDL-Partikeln führt zu vermehrter Ansammlung von LDL und Triglyzeriden, sowie zu Verminderung von HDL Fetten im Blut. Diese Disbalance begünstigt die Entstehung und Progress der Atherosklerose [24, 25]. Eine aktuelle Untersuchung unserer Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass der Stenosediameter beim Myokardinfarkt von den Leberwerten, abhängig ist [26]. Weitere Studien konnten zeigen, dass Patientin mit NAFLD häufiger Karotisarterienplaques und eine diastolische Dysfunktion aufwiesen, als Patienten ohne Lebererkrankung [27, 28]. Die NAFLD und kardiovaskuläre Erkrankungen weisen teilweise gemeinsame Risikofaktoren auf, jedoch entsteht zunehmend ein Bewusstsein, dass insbesondere die NASH ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse ist. Neue Diagnostik und NASH-Prävention Aufgrund der hohen Prävalenz von mehr als 30 % der Bevölkerung und der technischen Limitation und höheren Komplikationsrate der transkutanen Leberbiopsie insbesondere bei adipösen Patientin, sind nichtinvasive Marker zur Beurteilung der Krankheitsaktivität und -progression dringend erforderlich. Risikofaktoren Adipositas Diabetes mellitus Typ 2 Hyperlipidämie Metabolisches Syndrom Nicht-invasive Scores Neue nicht-invasive Scores basieren auf den klassischen Laborparametern wir GOT/GPT in Kombination mit weiteren metabolischen Parametern wie BMI oder Vorliegen eines Diabetes mellitus (NAFLD fibrosis score [29] und BARD score [30] Weiterhin kommt dem Apoptosemarker Zytokeratin-18 (CK 18) eine Rolle zu, welches während der hepatischen Schädigung von den Zellen sezerniert wird und im Serum nachweisbar ist. Der hepatische Zelltod geht mit einer erhöhten Apoptoserate einher und wird durch eine Erhöhung von CK18- Fragmenten reflektiert, welche ins Blut freigesetzt werden. Sowohl die gesamte Menge der CK-18 Fragmente (M65) als auch von Caspasegespaltene Fragmente (M30) können mittels ELISA im Serum bestimmt werden. Durch die Kombination verschiedener Biomarker erhöht sich die Sensitivität und Spezifität besonders im Bereich der geringen Fibrose, daher wurden in den letzten Jahren zunehmend multiparametrische Scores wie der FibroTest und der ELF-Score entwickelt. Beim ELF-Score (Enhanced Liver Fibrosis Test) liegt nach etwa einer Stunde ein Ergebnis vor, anhand dessen sowohl der Schweregrad als auch das Risiko des weiteren Fortschreitens einer Leberfibrose eingeschätzt werden kann. Analysiert werden drei Biomarker im Serum, welche an der Fibroseentstehung beteiligt sind: Hyaluronsäure, Procollagen III N-Terminal Propep- Sekundäre Ursachen PCOS Sprue/ CED (Zöliakie/ M. Crohn, Colitis Ulcerosa) Schlaf-Apnoe-Syndrom Parenterale Ernährung/ prolongiertes Fasten Hypothyreose Steroidtherapie HCV Medikamente und andere Noxen Primär biliäre Cholangitis Chemotherapie Hämochromatose HIV M. Wilson Schwangerschaft LAL-D (Defizienz der lysosomalen sauren Lipase) M. Gaucher Tab. 1: Auflistung der Risikofaktoren sowie der sekundären Ursachen der NAFLD 02/2016 xtra

10 FETTLEBERERKRANKUNGEN tid(piiinp) und der Gewebsinhibitor der Metallproteinase-1 (TIMP-1). Der Algorithmus errechnet einen ELF-score, welcher den Grad der Fibrose angibt [31]. Die bisherige therapeutische Strategie ist die Reduktion der Risikofaktoren, welche zur Progression der Lebererkrankung beitragen. Veränderungen des Lebensstils nehmen eine weitere Schlüsselrolle in der Therapie der NAFLD und des metabolischen Syndroms ein. Bezüglich des empfohlenen Gewichtsverlustes existieren keine ausreichenden Empfehlungen der Geschwindigkeit [32]. Gewichtsreduktion Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sind empfohlen, jedoch für viele Patienten sind die Erfolge nicht von Dauer, berücksichtigt man, dass die Mehrzahl das verlorene Gewicht mit der Zeit wieder erlangt [33]. Ein Gewichtsverlust bei Patienten mit NAFLD und NASH Patienten führt zu einer Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils und bei einem Verlust von > 7% des Gewichts ließ sich ein Rückgang der histologischen Merkmale verzeichnen [34]. Veränderung in der Lebensweise, Ernährungsempfehlung und Anraten von Sport und körperlicher Betätigung sind Eingriffe in das Leben des Patienten. Es ist komplex Patienten zu motivieren und Änderung an den ungesunden Lebensgewohnheiten vorzunehmen. Verhaltenstherapeutische Ansätze setzen auf Entwicklung von Verhaltensund Handlungsstrategien, die den Patienten helfen sollen, die eigenen Ziele zu erreichen [35]. In den letzten Jahren hat sich die westliche Ernährung verändert und enthält zunehmend Energieträger wie Mehl, Cerealien, zugesetzte Zucker und Fett. Maissirup und Fruktose sind Süßungsmittel in Nahrungsmitteln und vor allem sogenannter Softdrinks, deren zunehmender Konsum zweifelsfrei an der steigenden Prävalenz der NAFLD beteiligt ist [36]. Fruktose fördert die Akkumulation von Lipiden in der Leber und im Plasma unter anderem durch Steigerung der Lipogenese [37]. Im Rahmen der Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren und Minderung der Insulinresistenz ist die sogenannte mediterrane Diät vielseitig untersucht worden, jedoch gibt es bisher kaum spezifische Studien, welche sich mit den Auswirkungen auf die NAFLD beschäftigen. Die positiven Effekte der mediterranen Diät werden dem hohen Anteil an Antioxidantien zugeschrieben, sowie mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus beispielsweise Fisch. Studien konnten einen positiven Effekt der mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf die Verfettung der Leber auswirken nachweisen [38]. Zwei bis drei Tassen Kaffee pro Tag können dagegen das Risiko einer Progression der NAFLD senken [39]. Auch die bariatrische Chirurgie kann für ausgewählte Patienten eine Option sein. Für adipöse Patienten ließ sich zeigen, dass sich nach einer chirurgisch-bariatrischen Operation die Leberzellverfettung und bestehende Fibrose zurückbilden kann [40]. Im Fokus der medikamentösen Therapie der NAFLD stand die Behandlung der Insulinresistenz. Glitazone erhöhen die Aufnahme der Adipozyten von freien Fettsäuren, was die Ansammlung in anderen Organen, wie Leber und Muskeln vermindert [41]. Für das Glucagon-like Peptid-1 (GLP-1)-Analog Liraglutid konnte in Tiermodellen und klinischen Studien gezeigt werden, dass die Leberenzyme gesenkt und die hepatische Steatose gebessert werden konnte [42]. Weiterhin ist die Verwendung von Statinen in NAFLD Patienten nicht nur mit einem positiven Effekt auf die Blutfette verbunden, sondern kann auch die Leberfunktion verbessern und das HCC-Risiko senken [43]. Fazit Insgesamt ist die Therapie der Fettleber unzureichend. Anpassung des Lebensstils mit ausgewogener Diät und körperliche Bewegung stehen an erster Stelle. Die NAFLD ist eine multifaktorielle Erkrankung, welche eine medikamentöse Therapie sehr schwierig macht. Für den ambulanten Bereich bleibt die Aufklärung des Patienten über die Schwere der Erkrankung und Unterstützung bei der ebenso herausfordernden Therapie der NAFLD und ihrer Begleiterscheinungen wie Diabetes mellitus und Adipositas. Weiterhin sind regelmäßige Kontrolluntersuchung, laborchemisch und sonographisch, eine Möglichkeit den Krankheitsprozess zu überwachen und eine Zirrhose, oder sogar ein HCC zu erkennen. Literatur: 1. Kemmer N, Neff GW, Franco E, Osman-Mohammed H, Leone J, Parkinson E et al. Nonalcoholic fatty liver disease epidemic and its implications for liver transplantation. Transplantation 2013;96(10):860 862. 2. Ogden CL, Carroll MD, Flegal KM. Prevalence of obesity in the United States. Jama 2014;312(2):189 190. 3. Kang HT, Shim JY, Lee HR, Park BJ, Linton JA, Lee YJ. 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