Effizienz-und Effektivitätsverbesserungen durch selektive Verträge Sondergutachten 2012: Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung Symposium des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen Berlin, 18. September 2012 Prof. Dr. med. Stefan G. Spitzer Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie / Sportmedizin / Ärztl. Qualitätsmanagement Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e. V. 1
Zum Begriff Integrierte Versorgung DGIV: Integrierte Versorgung als Versorgungsform und als Versorgungsprinzip Integrierte Versorgung als gesetzliche Form der Selektivversorgung 140a Abs.1S.1SGBV: Abweichend von den übrigen Regelungen dieses Kapitels können die Krankenkassen Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung mit den in 140b Abs. 1 genannten Vertragspartnern abschließen. Integrierte Versorgung als Versorgungsprinzip in der Selektiv- und Regelversorgung Das Prinzip der Integrierten Versorgung besteht in der ständigen Verbesserung der sektorenübergreifenden und interdisziplinär-fachübergreifenden Kooperation der Leistungserbringer mit dem Ziel einer optimierten medizinischen Versorgung und Pflege. Das Prinzip ist auch durch Einbeziehung nichtmedizinischer Leistungserbringer zu verwirklichen, wenn dadurch die Effizienz der Versorgung verbessert und der medizinische Standard qualitätsgesichert gewährleistet wird 2
Analytische Unterscheidung des Begriffs Sektorenübergreifende Versorgung Sektorenübergreifende Versorgung (Ziff. 236., S. 192) gesamtes Geschehen an der Schnittstelle zwischen ambulant und stationär Follow Up-Verfahren Behandlungen, die in einem Sektor erbracht, deren Qualität jedoch im anderen Sektor gemessen wird sektorengleiche Verfahren gleiche Behandlungen, die bei verschiedenen Patienten in beiden Sektoren gleichermaßen erbracht werden können sektorenüberschreitende Verfahren Verfahren, bei denen die Behandlungen eines Patienten in zwei Sektoren erbracht werden 3
Zu wenig Vertragsfreiheit, zu viel staatliche Regulierung in der Selektivversorgung? Die Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit der freien Wirtschaft kann in der GKV nicht erreicht werden; deshalb ist Wettbewerb im Gesundheitswesen immer regulierter Wettbewerb der besonderen Art. Insbesondere die Bindung an die Beitragssatzstabilität erscheint für innovative Versorgungsformen und ihre wettbewerbliche Ausrichtung hinderlich. Es ist machbar und sinnvoll, die Möglichkeiten der Krankenkassen im Vertragswettbewerb weiter zu vergrößern, da die Instrumente der Selektivversorgung sonst nicht wie erhofft angenommen und verwirklicht werden. SVR stellt ein Misstrauen in die Vertragsfreiheit sowie in die Effizienz- und Effektivitätsverbesserungen, die sich durch selektive Verträge und den mit ihnen einhergehenden Wettbewerb erreichen lassen fest, aber: Misstrauen in die Vertragsfreiheit trifft auch auf eine Skepsis gegenüber der Vertragsfreiheit. Einerseits bieten die derzeitigen Rahmenbedingungen noch nicht ausreichende Möglichkeiten, sich durch Selektivverträge von den Kollektivverträgen positiv abzusetzen, andererseits werden die bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Vertragsgestaltung noch nicht wie erhofft ausgeschöpft. Verbesserte Vertragsfreiheit und geringere staatliche Regulierung in der Selektivversorgung müssen dann auch auf mehr Vertragsbereitschaft bei den Krankenkassen und Leistungsträgern treffen; das gilt bereits für die indikationsbezogene, noch mehr aber für die angestrebte populationsbezogene Integrierte Versorgung. 4
CARDIO-Integral Vertrag zur Integrierten Versorgung kardiovaskulär erkrankter Patienten 65.539 Patienten Versicherte der AOK PLUS mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen 1.229 Hausärzte erster Ansprechpartner Größter I.V.-Vertrag in dieser Indikation deutschlandweit 95 Fachärzte - Prüfen der Teilnahmevoraussetzungen - Einschreibung Anmelden des Patienten zur Mit- und Weiterbehandlung Überweisung/Einweisung mit Befundübermittlung 5 Invasiv tätige Leistungserbringer (Krankenhäuser/ Praxiskliniken) Durchführung invasivkardiovaskulärer Eingriffe Vertragsparteien (zzgl. angeschlossene Leistungserbringer): 5
Evaluation 2011 I.V.-Projekt CARDIO-Integral (AOK PLUS) Evaluator: Gesundheitsökonomisches Zentrum der Technischen Universität Dresden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung insbesondere auf Basis der - ambulanten Kosten - stationären Kosten - Arzneimittelkosten Methodik - Bildung einer Vergleichsgruppe mittels Matching 1:3 - Betrachtung von 5.436 Versicherten Zufriedenheitsbefragung von - Versicherten - Hausärzten - Fachärzten 6
Evaluation CARDIO-Integral Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 2/2 Evaluation CARDIO-Integral Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bezogen auf die Gesamtkosten mit Programmkosten größte Einsparungen im stationären Sektor bei invasiven Eingriffen und bei der Behandlung von Herzinfarkten Kostendifferenz CI - KG in EUR 600 500 400 300 200 100 0-100 -200 Kumulierte Kostendifferenz zwischen CARDIO-Integral- und Kontroll-Gruppe Prognose Prognose Einschreibung 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr 6. Jahr Je CARDIO-Integral-Teilnehmer ergeben sich höhere Kosten nach Einschreibung von ca. 420 EUR. Durch jährliche Einsparungen von rund 96 EUR je Teilnehmer amortisieren sich die zusätzlichen Kosten für Diagnostik im Rahmen der Einschreibung nach ca. 4,5 Jahren. 7
Bereinigung der ambulanten ärztlichen Vergütung Nur 2,2% der I.V.-Verträge 2011 sind Gegenstand einer Budgetbereinigung! Derzeitige Verfahren zur Budgetbereinigung und nachfolgender Honorarverteilung machen sich negativ auf die Bereitschaft zum Abschluss von Selektivverträgen bemerkbar. SVR-Sondergutachten 2012: Bestehende Verfahren zur Honorarverteilung sind teilweise nicht wettbewerbsneutral gestaltet; auch bei Kollektivvertragsärzten sollte eine Fallzahlkürzung vorgesehen werden, wenn ein Patient in den Selektivvertrag wechselt. Alle Fragen der Honorarverteilung, die Selektivverträge und Bereinigung betreffen, sollten der Zustimmung der Krankenkassen bedürfen. als zusätzliche Option zum bestehenden Verfahren schlägt der SVR eine interne Bereinigung zwischen den Vertragspartnern der Selektivverträge vor; dieser Vorschlag ist diskutabel, aber in seiner Umsetzung in der Praxis problematisch (z. B. Problempotenziale bei Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abrechnung der Ärzte oder Rechnungsprüfungs- und Zahlungsmodalitäten der KVen). SVR spricht auch die Erforderlichkeit der Anpassung der Erlösbudgets von Krankenhäusern an, wenn in der Selektivversorgung ursprünglich stationäre Leistungen nunmehr ambulant erbracht werden. 8
Hauptsächlicher Verbesserungsbedarf an der Sektorengrenze zwischen ambulant und stationär Kein sektorenübergreifender einheitlicher Ordnungsrahmen an der Schnittstelle ambulantstationär. Derzeit keine Chancengleichheit im Wettbewerb der Leistungserbringer. Das betrifft nicht nur das Erfordernis der Vergütungsangleichung über ein pauschaliertes Vergütungssystem, sondern insbesondere auch Fragen der Investitionsförderung, der Qualitäts- und Qualifizierungsanforderungen, des Leistungserbringerrechts u.a. Bestehende Beschränkungen für Trägerschaften und Rechtsformen von Leistungserbringern sollten überdacht und weiter liberalisiert werden. SVR: Vor allem große integriert tätige Einheiten von Leistungserbringern sind in der Lage, die spezifischen personellen, strukturellen und organisatorischen Ressourcen zu bündeln und so das vorhandene Rationalisierungspotential auszuschöpfen. 9
Tendenz zur engeren Verknüpfung ambulanter und stationärer Leistungen in der Regelversorgung Beispiel Kooperation Krankenhaus - niedergelassene Ärzte ( Honorararztkooperation ); hier wichtige Klarstellungen durch GKV-VStG und PsychEntgG Interesse an einer belegärztlichen Zusammenarbeit besteht unverändert; Vergütungsbestimmungen sind aber derzeit für Krankenhaus und Belegarzt nicht wirtschaftlich. Wann wird der Gesetzgeber für die belegärztliche Versorgung wieder versorgungsrelevantere Rahmenbedingungen schaffen? SVR-Sondergutachten 2012 (S. 298): Vorschlag, Krankenhaus mit (angeschlossenem) MVZ als integrierten ambulant-stationär-tätigen Leistungserbringer zuzulassen, der für die gemeinsame Behandlung von Patienten sektorenübergreifende, ggf. populationsbezogene Pauschalvergütungen abrechnen kann Krankenhaus-Vertragsarzt-Verbund als Leistungserbringer der neuesten Generation? 10
Das Versorgungsprinzip ambulant vor stationär Ergibt sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß 12 Abs. 1 SGB V; ist die Notwendigkeit einer Behandlung gegeben, gilt in der Regel im Verhältnis der beiden Versorgungsformen zueinander: so viel stationär wie nötig, so viel ambulant wie möglich. Grundsatz ist im Gesetz fixiert, u. a. in 39Abs.1,40Abs.1und2,73Abs.4SGBV. Unter diesem Prinzip ist nicht zu verstehen: so viel Krankenhaus oder stationäre Reha-, Vorsorgeoder Pflegeeinrichtung wie nötig, so viel vertragsärztlicher Leistungserbringer oder ambulante Reha-, Vorsorge- oder Pflegeeinrichtung wie möglich ; Prinzip beschreibt den Vorrang der wirtschaftlicheren Versorgungsform, nicht eine Rangfolge unter Leistungserbringern. Zur konsequenten Umsetzung des Prinzips sind die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Fragen 1. Welche Leistungen können qualitätsgesichert ambulant erbracht werden? 2. Wann müssen sie als stationsersetzende Maßnahmen ambulant erbracht werden? und deren Umsetzung in der Versorgungswirklichkeit erforderlich. 11
Einbeziehung nicht medizinischer Leistungserbringer bei der Verwirklichung des Prinzips der Integrierten Versorgung Zur konsequenten Ausschöpfung vorhandener Rationalisierungspotenziale ist die stärkere Einbeziehung nicht medizinischer Leistungserbringer aus allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft in den Versorgungsprozess erforderlich. Insbesondere die Unternehmen der Pharma- und Medizinprodukteindustrie sind wichtige Partner bei der Verwirklichung des Prinzips der Integrierten Versorgung, da sie durch ihre Innovations- und Wirtschaftskraft zur Effizienzsteigerung der Versorgung beitragen können. Das nach sozialrechtlichen Prinzipien ausgestaltete System der Gesetzlichen Krankenversicherung sollte in seiner wettbewerblichen Ausrichtung nicht dem für die freie Wirtschaft geltenden Recht unterworfen werden. Das gilt für die Anwendung sowohl des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffes auf Krankenkassen als auch des Vergaberechtes auf die Selektivversorgung. Diesbezügliche Grundsätze sollten im erforderlichen Umfang differenziert in den bestehenden sozialrechtlichen Rechtsrahmen eingearbeitet werden. 12
IT-Vernetzung als Voraussetzung einer innovativen Versorgung Anforderungen, u. a.: Vertragsdaten Arzneimittelmanagement Teilnehmerverwaltung Heil-/Hilfsmittelmanagement AU-Management Überweisungs- und Einweisungsmanagement Indikationsspezifische Dokumentation, Qualitätssicherung und Indikationen Behandlungs-/Versorgungspfade und Leitlinien Weitere Leistungserbringergruppen, Leistungssektoren und -bereiche Ziele, u. a.: Entbürokratisierung Erschließung von Wirtschaftlichkeits-und Qualitätspotentialen Regresssicherheit Standardisierte Schnittstellen zu vorhanden PIS + KIS Wer ist der Normengeber und was sind die Normen? 13
Kommentierte Empfehlungen des Rates (I) Eine sektorenübergreifende Orientierung sollte eine notwendige Bedingung der integrierten Versorgungsformen darstellen. Auf die interdisziplinär-fachübergreifende Orientierung sollte als alternative notwendige Bedingung nicht verzichtet werden. Mit der zunehmenden Verwirklichung des Prinzips ambulant vor stationär wird auch diese Kooperationsform in integrierten Versorgungsformen zunehmen. Die strukturierten Behandlungsprogramme nach 137 f) bis g) SGB V sind als Elemente in die integrierten Versorgungsformen einzubeziehen. SVR erkennt bzgl. der DMP derzeit noch keine repräsentativen und validen Belege für ihre Effizienz und keine überzeugenden Gründe für ihre schon zuvor problematische rechtliche Sonderstellung. Die Einbeziehung der DMP in die Integrierte Versorgung gem. 140 a ff. SGB V würde nicht nur zu einer Gleichbehandlung der verschiedenen Indikationsbereiche und Verbesserung der selektivvertraglichen Wettbewerbschancen der Programme führen, sondern auch die Chance bieten, bei diesen Programmen dem selektiven Vertragswettbewerb größere Chancen einzuräumen. Die DGIV sieht im Fall der Zusammenführung auch Chancen für die Verbesserung der Finanzierungsgrundlagen der Integrierten Versorgung. 14
Kommentierte Empfehlungen des Rates (II) Eine Unterstellung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung unter die selektive Vertragsgestaltung würde zum einen unerwünschten Leistungsausweitungen vorbeugen und zum anderen diesem Bereich insofern Modellcharakter verleihen, als die selektive Vertragsgestaltung dann hier nicht parallel zu Kollektivverträgen, sondern als alleiniger Allokationsmechanismus fungiert. Dem SVR ist in seiner Einschätzung zuzustimmen, dass die ambulante spezialfachärztliche Versorgung zwar über einen einheitlichen Ordnungsrahmen gleiche Zugangs- und Wettbewerbsbedingungen gewährleistet, sich allerdings (derzeit) auf ein (zu) schmales Leistungsspektrum beschränkt. Eine Unterstellung unter den selektiven Vertragswettbewerb in einer u.a. um die ambulanten Operationen erweiterten Form ist nur sinnvoll, wenn auch hier das Problem der Budgetbereinigung gelöst wird und zwar sowohl bezüglich der Gesamtvergütung der Niedergelassenen als auch der substituierten stationären Leistungen im DRG- Krankenhauserlösbudget,(SVR-Gutachten S. 275). Allerdings: Worin bestehen die Anreize für Krankenhäuser zum freien Kontrahieren im selektivvertraglichen Wettbewerb bei stationsersetzenden Maßnahmen? 15
Kommentierte Empfehlungen des Rates (III) Für ein bestimmtes Spektrum ausgewählter Krankenhausleistungen sollte für die Vertragspartner die Option zu selektiven Verträgen mit speziellen Preis- und Qualitätsvereinbarungen bestehen. Mehr Vertragsfreiheit bedeutet auch: mehr Möglichkeit zur individuellen Vertragsgestaltung, auch durch zweiseitige Verträge zwischen Krankenkasse und (integriertem) Leistungserbringer, die als innovative Versorgungsformen mit anderen Selektivvertragsformen integrativ verknüpft werden können. Die Honorierungssystematik von stationären Kurzzeitfällen und vergleichbaren ambulanten Behandlungen ist anzugleichen, um einen Anreiz zur Auslastung und zum Erhalt stationärer Überkapazitäten zu beseitigen. (SVR-Gutachten, S. 302) Ist die Substitution stationärer Kurzzeitfälle durch vergleichbare ambulante Behandlungen durch Honorarangleichung lösbar? 16
Kommentierte Empfehlungen des Rates (IV) Um innovative Versorgungsformen zu fördern, ist u.a. eine Priorisierung von populationsbezogenen (indiktationsübergreifenden) Versorgungskonzepten erforderlich. Es sollten nur Versorgungskonzepte priorisiert werden, denen zeitnah Chancen auf eine relevante Umsetzung eingeräumt werden können. Insbesondere in der Integrierten Versorgung werden derzeit in ganz überwiegender Zahl indikationsbezogene Konzepte verwirklicht. Aus Sicht der DGIV führt derzeit der Weg über die verstärkte Förderung dieser Projekte hin zur populationsbezogenen Versorgung. Um innovative Versorgungskonzepte zukünftig gezielt zu fördern, ist u.a. eine verpflichtende Evaluation erforderlich. Ohne eine verpflichtende Evaluation der Regel- und Selektivversorgung ist Wettbewerb im Gesundheitswesen kaum machbar. Das gilt sowohl für den auf Qualitätskriterien ausgerichteten Leistungsvergleich, als auch für den Preiswettbewerb der Krankenkassen. Eine wettbewerblich ausgerichtete medizinische Versorgung und Pflege kann nur auf der Grundlage einer unabhängigen wissenschaftlichen Auswertung der Versorgungsergebnisse nach einheitlichen Vorgaben erfolgen. 17
Kommentierte Empfehlungen des Rates (V) Innovative Versorgungsprojekte sollten als finanziellen Anreiz unter Sicherungsverzicht zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus einem Kapitalfonds erhalten, die sie erst nach 5 Jahren zurückzahlen müssen, wobei nachgewiesene Verbesserungen der gesundheitlichen Outcomes einen teilweisen Rückzahlungsverzicht mit einer Finanzierung aus dem Gesundheitsfonds begründen können. Dieser Vorschlag kann als eine Variante für den dringend benötigten Anschub selektiver Versorgungsprojekte diskutiert werden. Daneben sind auch Modelle über eine zweckgebundene Anschubfinanzierung möglicherweise unter teilweiser Beteiligung der Kassen aus entstandenen Überschüssen vorstellbar. Um innovative Versorgungskonzepte zukünftig gezielt zu fördern, ist es erforderlich, Projekte zu priorisieren, die den bisher vernachlässigten Bereich der Pflegeleistungen einbeziehen. Zur Verwirklichung des Prinzips der Integrierten Versorgung müssen Leistungen der Pflege und andere Versorgungsleistungen z. B. der Hospizversorgung Bestandteil ganzheitlicher integrativer Versorgungskonzepte sein. Auch hier bietet die Integrierte Versorgung als Versorgungsform der Selektivversorgung ein großes Potenzial für zukünftige populationsbezogene Versorgungskonzepte unter Einbeziehung der beteiligten Versicherungsträger. 18
Monitoring-IV 2. Erhebungsrunde 2012 Befragung von 145 GKV + 6 BKK Landesverbänden Stichtag der Antwort: 31.12.2011 Zukünftige Bedeutung der besonderen Versorgungsformen wird hoch eingeschätzt 19
Schlussfolgerungen Die im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär bestehenden Gruppeninteressen müssen in Übereinstimmung mit dem gesamtgesellschaftlichen Interesse an der Aufdeckung und Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsreserven stehen. Sollte es sich nicht im erwarteten Maße als machbar erweisen, diese Übereinstimmung herzustellen und im weiteren Reformprozess zu gewährleisten, ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber Fehlentwicklungen durch rechtsgestaltende Einflussnahme entgegenwirkt. Dennoch sollte die selektivvertragliche Versorgung auf der Grundlage des freien Kontrahierens weiterentwickelt werden. Die Feststellung des SVR im Sondergutachten 2012, dass die Selektivversorgung derzeit durch (zu) eingeschränkte Vertragsfreiheit infolge von Überregulierung gekennzeichnet ist, sollte zeitnah zu entsprechenden Reaktionen des Gesetzgebers führen. Viele Erkenntnisse und Vorschläge des Sachverständigenrates sollten dabei der weiteren Rechtsentwicklung zugrunde gelegt werden. Insbesondere die integrativen Versorgungsformen der Selektivversorgung müssen eine rasche inhaltliche Weiterentwicklung in ihren gesetzlichen Rahmenbedingungen erfahren. 20
Vielen Dank! 21