Professor Dr. Peter Krebs

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UNIVERSITÄT SIEGEN Theorie und Praxis für Karrieren von morgen Professor Dr. Peter Krebs Skizze I: Der Vertragsschluss nach den 145 ff. BGB Der Vertrag ist ein Rechtsgeschäft, das aus inhaltlich übereinstimmenden, mit Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen von mindestens zwei Personen besteht. Dabei wird die zeitlich früher abgegebene Willenserklärung Antrag ( 145 BGB) bzw. Angebot oder Offerte genannt und die später darauf folgende Willenserklärung Annahme ( 146 ff. BGB). I. Das Angebot Das Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die einem anderen ein Vertragsschluss so angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch von dessen Einverständnis abhängt. 1. Tatbestand einer Willenserklärung Unter einer Willenserklärung versteht man die Äußerung eines Willens, der auf die Herbeiführung einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. 2. Inhaltliche Bestimmtheit des Antrags Gegenstand und Inhalt des Vertrags müssen in einem Antrag so bestimmt oder so bestimmbar enthalten sein, dass die Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann. Der Antrag muss also die wesentlichen Punkte des intendierten Vertrages (die sog. essentialia negotii) enthalten. 3. Wirksamwerden gegenüber Abwesenden ( 130 I BGB) a. Abgabe der Willenserklärung Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist abgegeben, wenn sie mit dem Willen des Erklärenden aus dessen Machtbereich gelangt und in Richtung auf den Empfänger in Bewegung gesetzt wird. b. Zugang nach 130 I 1 BGB Zugang setzt keine tatsächliche Kenntnisnahme voraus! Der Zugang einer Willenserklärung liegt vor, wenn die Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. c. Kein Widerruf Der Widerruf ist nur vor oder gleichzeitig mit Zugang der Willenserklärung wirksam ( 130 I 2 BGB).

- 2 - II. Die Annahme Die Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die der Antragsempfänger dem Antragenden sein Einverständnis mit dem angebotenen Vertragsschluss zu verstehen gibt. 1. Tatbestand einer Willenserklärung 2. Inhalt der Annahme Inhaltlich muss sich die Annahme auf den Antrag beziehen und mit ihm bezüglich des bezweckten Rechtserfolgs übereinstimmen. Eine wörtliche Übereinstimmung ist nicht erforderlich; insbesondere genügt i.d.r. ein schlichtes Ja, weil die Essentialen des intendierten Vertrages bereits im Angebot enthalten sein sollen. Weicht die Annahmeerklärung inhaltlich vom Angebot ab (Erweiterung, Einschränkung etc.), liegt in der Regel keine Annahme vor, sondern eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag ( 150 II BGB). 3. Wirksamwerden gegenüber Abwesenden ( 130 I BGB) a. Abgabe b. Zugang Ausnahme: 151 BGB verzichtet nur auf den Zugang der Annahmeerklärung, nicht auf die Annahmeerklärung selbst. c. Rechtzeitigkeit 147 I BGB 147 II BGB 148 BGB 149 BGB d. Kein Widerruf ( 130 I 2 BGB) III. Inhaltliche Übereinstimmung = Konsens Konsens bedeutet, dass sich zwei bereits ausgelegte Willenserklärungen bezüglich aller Punkte, die nach der Erklärung auch nur einer Person getroffen werden sollen, inhaltlich decken bzw. übereinstimmen. Skizze II: Problem : Die sog. invitatio ad offerendum Die Figur der invitatio ad offerendum ist eine Erscheinung des modernen Massenverkehrs. Man stelle sich vor, ein Kaufmann hat drei TV-Geräte auf Lager, deren Produktion ausgelaufen ist. Eines dieser Stücke hat er im Schaufenster ausgestellt. Betreten nun vier Kunden den Laden und wollen jeweils ein TV-Gerät kaufen, kann der Kauf

- 3 - mann in einem der Fälle kein TV-Gerät liefern. Würde man bereits das Ausstellen des TV-Geräts als Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages werten, würden insgesamt vier Kaufverträge geschlossen. Dem Kaufmann wäre es in dem letzten Fall aber unmöglich, seiner Leistungspflicht nachzukommen. Rechtlich gesehen läge ein Fall von Unmöglichkeit nach 275 I BGB vor; u.u. wäre der Kaufmann nach den entsprechenden Vorschriften schadensersatzpflichtig. Die Folge wäre, dass kaum ein Kaufmann etwas zum Kauf bereitstellen würde. Um Folgen dieser Art zu vermeiden, ist man sich einig, dass das Ausstellen von Waren als Aufforderung zu verstehen ist, ein Angebot zu einem Vertragsschluss abzugeben. In der Aufforderung zur Abgabe einer Willenserklärung durch den Verkäufer ist also selbst noch keine Willenserklärung zu sehen, da es insoweit an einem Rechtsbindungswillen fehlt. Skizze III: Der Konsens Ein Konsens liegt vor, wenn zwei bereits ausgelegt Willenserklärungen übereinstimmen bezüglicher aller Punkte, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden sollte. Fall 1: Normalfall 1. Die äußeren Erklärungstatbestände von beiden Willenserklärungen stimmen überein. 2. Die inneren Erklärungstatbestände von beiden Willenserklärungen stimmen überein. 3. Rechtsfolge: Vertragsschluss mit dem Inhalt der äußeren Erklärungstatbestände; Keine Anfechtung Fall 2: falsa demonstratio non nocet 1. Die äußeren Erklärungstatbestände unterscheiden sich von den inneren Erklärungstatbeständen. 2. Die inneren Erklärungstatbestände von beiden Willenserklärungen stimmen inhaltlich überein. 3. Rechtsfolge: Vertragsschluss mit dem Inhalt der inneren Erklärungstatbestände Grund: Die Parteien bekommen, was sie wirklich wollen. Ihr Wille, nicht der Buchstabe entscheidet; Keine Anfechtung Grund: Auslegung vor Anfechtung Fall 3: Fall des 119 I BGB 1. Die äußeren Erklärungstatbestände der beiden Willenserklärungen stimmen überein.

- 4-2. Die inneren Erklärungstatbestände der beiden Willenserklärungen stimmen nicht überein. 3. Rechtsfolge: Vertragsschluss mit dem Inhalt der äußeren Erklärungstatbestände; Anfechtungsmöglichkeit wegen Irrtum nach 119 I BGB Skizze IV: Die Geschäftsfähigkeit Die Geschäftsfähigkeit ist ein besonderer Fall der Handlungsfähigkeit, nämlich die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selbstständig voll wirksam vorzunehmen. Sie tritt mit der Volljährigkeit, d.h. mit Erreichen des 18. Lebensjahres ( 2 BGB) ein. Vor Erreichen der Volljährigkeit besteht entweder/oder beschränkte Geschäftsfähigkeit ( 106 BGB: Vollendung des siebten Lebensjahres) Geschäftsunfähigkeit ( 104 Nr. 1 BGB: noch keine Vollendung des siebten Lebensjahres; 104 Nr. 2 BGB: den freien Willen ausschließender Zustand) Unterfälle der Geschäftsfähigkeit sind die Ehefähigkeit und die Testierfähigkeit. Die Ehefähigkeit tritt grundsätzlich mit der Volljährigkeit ( 2 BGB) ein (vgl. 1303 I BGB: zur Eheschließung Minderjähriger vgl. 1303 II und III BGB). Die Testierfähigkeit tritt mit Vollendung des 16. Lebensjahres ein ( 2229 I BGB). Von der Geschäftsfähigkeit abzugrenzen ist insbesondere die Deliktsfähigkeit. Gemäß 828 I BGB sind Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr für einen von ihnen zugefügten Schaden nicht verantwortlich. Gemäß 828 III BGB sind Jugendliche von 7 bis 18 Jahren für Verletzungen nicht verantwortlich, wenn sie bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht haben. Einen speziellen altersbedingten Zurechnungsausschluss der 7 bis 10-jährigen für unvorsätzliche Verletzungen im Strassen-, Schienen- und Schwebebahnverkehr stellt der neue 828 II BGB auf. Mit dieser Regelung soll neueren Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie Rechnung getragen werden, nach

- 5 - denen Kinder frühestens ab Vollendung des 10. Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten (d.h. fließenden) Straßenverkehrs zu erkennen und sich den Erkenntnissen entsprechend zu verhalten. Skizze V: Die Geschäftsfähigkeit Rechtsfolgen der Geschäftsunfähigkeit Gemäß 105 I BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Das gilt ausnahmslos, also auch dann, wenn das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist oder die Interessen des Geschäftsunfähigen gewahrt wurden. Auch Willenserklärungen, die der Geschäftsunfähige als Vertreter eines anderen abgibt, sind nichtig (vgl. 165 BGB). Problem: Brötchenkauf eines 5-jährigen Kindes Rechtsfolgen der beschränkten Geschäftsfähigkeit Während in den Fällen des 105 I und II BGB der Mangel der Geschäftsfähigkeit stets zur Nichtigkeit führt, hat der Gesetzgeber im Fall der beschränkten Geschäftsfähigkeit nicht die sofortige Nichtigkeit angeordnet, sondern mit 108 I BGB dem gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit eingeräumt, das schwebend unwirksame Geschäft zu genehmigen. Damit trägt der Gesetzgeber dem Umstand der zunehmenden geistigen Reife heranwachsender Menschen Rechnung. Prüfung der Wirksamkeit einer WE bei beschränkter Geschäftsfähigkeit A. Vorliegen einer beschränkten Geschäftsfähigkeit 106, 2 BGB B. Rechtsfolge: 107 113 BGB sind anwendbar I. von vornherein wirksam Lediglich rechtlich vorteilhaft : Umkehrschluss aus 107 BGB. Vorteilhaft sind alle Geschäfte, die nicht rechtlich nachteilig sind. Nachteilig sind insbesondere: 1. die Aufgabe eines Rechts; 2. die Eingehung einer Verpflichtung Sonderfälle: 110 BGB (Taschengeld); 112 BGB (Erwerbsgeschäft); 113 BGB (Arbeitsverhältnis) Wirksame Einwilligung des gesetzlichen Vertreters 107 BGB II. im übrigen schwebend unwirksam (Ausn. Einseitige Rechtsgeschäfte, 111 BGB) Wirksamkeit rückwirkend: 1. 108 I BGB Genehmigung des gesetzlichen Vertreters bevor der Vertrag widerrufen wird (vgl. 109 BGB) 2. 108 III BGB der Minderjährige wird volljährig und genehmigt

- 6 - endgültige Unwirksamkeit: 1. 108 I BGB Genehmigung wird durch den gesetzlichen Vertreter verweigert 2. 108 II BGB Fiktion der Genehmigungsverweigerung, wenn auf Aufforderung geschwiegen wird 3. 109 BGB rechtzeitiger Widerruf des Vertragspartners Skizze VI: 107 BGB Erlangung eines lediglich rechtlichen Vorteils A. Die Willenserklärung des beschränkt Geschäftsfähigen ist wirksam, wenn er durch die Willenserklärung einen lediglich rechtlichen Vorteil erlangt (Umkehrschluss aus 107 BGB). Rechtlich vorteilhaft i.s.d. 107 BGB ist jedes Rechtsgeschäft, durch das der Minderjährige nicht unmittelbar einen rechtlichen Nachteil erleidet. Mittelbar rechtliche Nachteile sind nicht zu berücksichtigen, weil es sonst kaum zustimmungsfreie Rechtsgeschäfte geben würde. Wirtschaftliche Nachteile sind nach dem klaren Wortlaut nicht zu berücksichtigen. I. Verfügungsgeschäfte zugunsten des Minderjährigen 1. Grundsatz Wenn der beschränkt Geschäftsfähige ein Recht erwirbt, so stellt dies grundsätzlich einen rechtlichen Vorteil dar. Mittelbare rechtliche Nachteile, wie öffentliche Lasten bei Grundstücken sind nicht zu berücksichtigen. Von dem Verlust des möglichen schuldrechtlichen Anspruchs durch Erfüllung gegenüber dem Minderjährigen selbst schützt die h.m. mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung. 2. Ausnahmen Wenn der beschränkt Geschäftsfähige mit dem Eigentumserwerb persönlich verpflichtet wird, ist das Verfügungsgeschäft rechtlich nachteilhaft, so dass es der Mitwirkung der gesetzlichen Vertreter bedarf. Beispiel 1: 566 BGB Der beschränkt Geschäftsfähige erwirbt das Eigentum am Grundstück mit Wohnhaus. In dem Wohnhaus leben Mieter. Beispiel 2: 1108 BGB Der beschränkt Geschäftsfähige bekommt das Eigentum an einem Grundstück übertragen. Dieses Eigentum ist mit einer Reallast nach 1105 BGB belastet. Beispiel 3: Erwerb von Wohnungseigentum Der Erwerb eines Wohnungseigentums weist gegenüber dem Erwerb eines Grundstücks die Besonderheit auf, dass der Erwerber mit dem dinglichen Rechtserwerb zugleich in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und in die damit verknüpften vielfältigen Verpflichtungen ( 10 ff. WEG) eintritt. Ob dies bereits einen rechtlichen Nachteil darstellt, wurde in der Grundsatzentschei

- 7 - dung BGHZ 78, 28 ausdrücklich offen gelassen. Jedenfalls liegt ein rechtlicher Nachteil dann vor, wenn die vereinbarte Gemeinschaftsanordnung die kraft Gesetz bestehenden Verpflichtungen nach 10 ff. WEG nicht unerheblich verschärft. Dies gilt insbesondere, wenn über 22 II WEG hinaus eine Wiederaufbaupflicht vereinbart wurde. II. Schenkung zugunsten des beschränkt Geschäftsfähigen Eine Schenkung zugunsten des beschränkt Geschäftsfähigen ist grundsätzlich lediglich rechtlich vorteilhaft. Anders bei Schenkung unter Auflage. B. Die Willenserklärung des beschränkt Geschäftsfähigen ist auch dann wirksam, wenn sie rechtlich neutral ist. Rechtlich neutrale Geschäfte sind solche, die für den beschränkt Geschäftsfähigen weder rechtliche Vorteile noch rechtliche Nachteile mit sich bringen. Sie sind zustimmungsfrei, da der beschränkt Geschäftsfähige hier nicht schutzbedürftig ist. I. 165 BGB beschränkt geschäftsfähiger Vertreter Die rechtliche Neutralität ergibt sich daraus, dass bei Vertretungsmacht nur der Vertretene Vertragspartner wird und dass ohne Vertretungsmacht die Haftung nach 179 III 2 BGB ausgeschlossen wird. II. 317 BGB (Bestimmung der Leistung durch einen Dritten)