Prof. Dr. Ansgar Staudinger Sommersemester 2014
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- Susanne Brinkerhoff
- vor 8 Jahren
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1 Prof. Dr. Ansgar Staudinger Sommersemester 2014 Lösungshinweise zur Klausur vom Fall 1: Unterlassungsanspruch des K I. Anspruch aus 12 S. 2 BGB 1. Anspruch wegen Verletzung des eigenen Namensrechts des K K trägt nicht denselben Namen wie J, daher scheidet die Geltendmachung eines eigenen Namensrechts aus. 2. Anspruch wegen Verletzung des fremden Namensrechts des J Herrschende Meinung: Ein Toter ist nicht mehr Rechtssubjekt und kann somit nicht mehr Träger eines Namensrechts sein. Das Namensrecht des J ist mit dessen Tod erloschen. Neuere Ansicht: Die Grundsätze zum APR sind auf den Schutz des bürgerlichen Namens zu übertragen. Danach kann der Unterlassungsanspruch des K gegen A bestehen, wenn A massiv in den Wertgehalt des Namens eingegriffen hat. Die Intensität des postmortalen Namensschutzes nimmt mit zunehmendem Abstand vom Tod ab. Hier ist das Lebensbild des J in der Gesellschaft noch wach, sodass er noch dem postmortalen Namensschutz unterliegt. Allerdings besteht der Schutzzweck des Namensrechts darin, den Namen in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung des Berechtigten zu schützen. Während das Persönlichkeitsrecht den Eigenwert der Person, auf den als personales Substrat zugegriffen wird, schützt, steht beim Namensrecht der Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung des Berechtigten im Vordergrund.
2 Hier wird nicht der Eindruck erweckt, J stehe selbst für die Aussage ein bzw. er verberge sich hinter der Werbung. Nach beiden Ansichten liegt kein Eingriff in das Namensrecht des J vor. 3. Ergebnis: K hat keinen Anspruch aus 12 S. 2 BGB. II. Anspruch aus 823 I, analog 12, 1004 I 2 BGB i.v.m. Art. 1 I GG 1. Beeinträchtigtes Rechtsgut i.s.d. 823 I BGB a) Postmortales Persönlichkeitsrecht des J Das postmortale Persönlichkeitsrecht des J als absolutes Rechtsgut i.s.d. 823 I BGB ist von den Werbeaussagen betroffen. Nach der Rechtsprechung und h.l. ist der nächste Angehörige berechtigt, den rechtsträgerlos gewordenen Anspruch des Verstorbenen geltend zu machen, weil er wahrnehmungsbefugt ist. Die überwiegende Ansicht bejaht darüber hinaus eine Vererblichkeit derjenigen Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts, welche die in der neueren Rechtsprechung anerkannten Vermögenswerte schützen, gem BGB. b) Aktivlegitimation des K Hier sind lediglich die ideellen, nicht die kommerziellen, Interessen des postmortalen Persönlichkeitsrechts Streitgegenstand, sodass nicht S als Erbin aktivlegitimiert ist. Vielmehr steht die Wahrnehmungsbefugnis K zu. c) Schutzdauer Es werden verschiedene Zeitgrenzen für den Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts vor der kommerziellen Ausbeutung diskutiert. Der BGH wendet 22 S. 3 KUG analog an (10 Jahre nach dem Tod), während in der Literatur teils andere Fristen befürwortet werden, bspw. 64, 94 Abs. 3 UrhG analog (70 bzw. 50 Jahre), darüber hinaus die ehemalige Regelverjährungsfrist von 30 Jahren.
3 Da das postmortale Persönlichkeitsrecht im Gegensatz zum APR nicht aus Art. 2 I i.v.m. Art. 1 I GG, sondern ausschließlich aus Art. 1 I GG hergeleitet wird, verbietet sich jedoch unter Berücksichtigung des überragenden Stellenwerts der Menschenwürde eine Anwendung starrer Zeitgrenzen. Vielmehr muss die Schutzdauer im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses bestimmt werden. Je mehr die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst und das Interesse an der Bewahrung seiner Identität sinkt, desto mehr schwindet auch das Schutzbedürfnis. Vorliegend ist das Andenken an das Wirken, die Persönlichkeit und die politischgesellschaftliche Bedeutung des J auch 21 Jahre nach seinem Tod noch wach, ansonsten hätte A keinen Anlass gehabt, mit J zu werben. Der temporale Schutzbereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts ist mithin eröffnet. 2. Rechtswidrige Verletzungshandlung des A A hat J in entstellender Weise eine hypothetische Wahlentscheidung unterstellt, die diametral zu dessen Wirken steht. Fraglich ist jedoch, wie der Umstand zu werten ist, dass A die Äußerung während des politischen Wahlkampfs getätigt hat. Möglicherweise könnte er sich auf Art. 5 I GG berufen, da es sich um eine Meinungsäußerung, nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Rechtsprechung: Nach Ansicht der Rechtsprechung ist immer dann, wenn eine Maßnahme in den postmortalen Persönlichkeitsschutz eingreift, auch deren Rechtswidrigkeit gegeben eine Güterabwägung könne den Schutz nicht relativieren. Allerdings sei bei Angriffen auf den kraft der Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruch die Menschenwürde nur bei deren grober Entstellung betroffen, sodass allein dann ein Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht vorliege. Bei der Bewertung sei u.a. zu berücksichtigen, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung handele und der Wahrheitsbeweis ge- oder misslinge oder ob eine subjektiv-wertende Stellungnahme vorliege. Es sei somit eine Abwägung auf Tatbestandsebene zwischen der Menschenwürde und der politischen Meinungsfreiheit durchzuführen. Andere Ansicht:
4 Nach anderer Ansicht soll zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung, wie bei jedem Rahmenrecht eine Güterabwägung erfolgen. Vorliegend ist der Streit unerheblich, weil durch den Bearbeitervermerkt feststeht, dass die Äußerungen des A über J nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Damit liegt nach beiden Ansichten eine rechtswidrige Verletzungshandlung vor. 3. Passivlegitimation des A A ist als Handlungsstörer entsprechend 1004 I 2, 12 S. 2 BGB der richtige Anspruchsgegner. 4. Wiederholungsgefahr A hat sich hinreichend dazu bekannt, die Werbung mit J zu wiederholen, sodass eine Wiederholungsgefahr entsprechend 1004 I 2, 12 S. 2 BGB besteht. 5. Rechtswidrigkeit und Duldungspflicht entsprechend 1004 II BGB Zur Rechtswidrigkeit siehe oben unter Verjährung Die von A erhobene Einrede der Verjährung gem. 214 BGB greift nicht durch, da der Unterlassungsanspruch mit der Zuwiderhandlung im Jahr 2011 entstanden ist, sodass die Maximalfrist des 199 BGB nicht verstrichen ist unabhängig davon, ob man in analoger Anwendung es 199 II, V BGB eine Maximalfrist von 30 Jahren für einschlägig hält oder aber eine Frist von 10 Jahren gem. 199 IV, V BGB anwendet. 7. Ergebnis: K steht ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der zukünftigen Werbung gem I 2, 12 S. 2 BGB analog i.v.m. 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 I 1 GG zu.
5 Fall 2: I. Anspruch aus 823 I BGB 1. Elterliche Sorge als sonstiges absolutes Recht Das Recht zur elterlichen Sorge gem BGB ist ein sonstiges Recht i.s.d. 823 I BGB, da es absolut wirkt (vgl. den Herausgabeanspruch aus 1632 I, II BGB). Als alleiniger Inhaber des elterlichen Sorgerechts ist A auch aktivlegitimiert. Ursprünglich waren A und E als miteinander verheiratete Eltern der W gemeinsam sorgeberechtigt (vgl I, 1626a BGB). Durch den Tod der E wurde A gem I BGB alleiniger Sorgeberechtigter. Aus 1687b BGB erschließt sich, dass durch die Heirat mit F letztere keine Sorgerechte erlangt hat, da dem Stiefelternteil nach dieser Vorschrift lediglich beschränkte Sorgebefugnisse eingeräumt werden. 2. Verletzungshandlung und haftungsbegründende Kausalität Durch die Verbringung der W an einen neuen Aufenthaltsort hat F das dem A zustehende Sorgerecht, welches das Aufenthaltsbestimmungsrecht umfasst ( 1631 I BGB), unmittelbar verletzt. Die haftungsbegründende Kausaliltät zwischen der Verletzungshandlung (Aufenthaltsortsänderung) und der Rechtsgutsverletzung (Sorgerechtseingriff) ist gegeben. 3. Rechtswidrigkeit und Verschulden F handelte rechtswidrig und schuldhaft. Auf die Frage, ob der Verschuldensmaßstab nach 1359, 277 BGB abgesenkt war, kommt es wegen des Vorsatzes der F nicht an. 4. Schaden und haftungsausfüllende Kausalität Die Detektivkosten sind als Aufwendungen, die dazu dienen, die rechtswidrige Lage zu beseitigen und die Situation herzustellen, welche ohne den Eingriff vorgelegen hätte, auch ersatzfähig gem. 249 ff. BGB. Dies gilt für Aufwendungen, die dem Geschädigten aus von
6 sich aus unternommenen Schritten zur Störungsbeseitigung entstehen, wenn sie aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten zum Zeitpunkt der Aufwendung, erforderlich erscheinen und angemessen und zumutbar sind (Adäquanz-Prüfung aus ex ante- Sicht). Angesichts der personalen Natur des Sorgerechts ist diesbezüglich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Hier waren die Kosten laut Sachverhalt angemessen und erforderlich, weil andere Wege zur Aufenthaltsermittlung nicht zur Verfügung standen. Ein Mitverschulden des A gem. 254 BGB ist nicht ersichtlich. 5. Ergebnis: A hat gegen F einen Anspruch auf Zahlung von 4000 Euro aus 823 I BGB i.v.m. dem elterlichen Sorgerecht. II. Sonstige Anspruchsgrundlagen 1. Ein Anspruch aus 823 BGB i.v.m. dem elterlichen Umgangsrecht aus 1684 BGB kann bejaht werden, da es sich beim Umgangsrecht nach überwiegender Ansicht um ein absolutes Recht i.s.d. 823 I BGB handelt. 2. Zweifelhaft erscheint ein Anspruch aus 1632 I BGB auf Mitteilung der Adresse als ein Weniger zur Herausgabe des Kindes (a maiore ad minus) und aufgrund der Verletzung dieses Anspruchs, Ersatz der Detektivkosten aus 280 I i.v.m I BGB. Bei guter Argumentation sind die Ansprüche aber vertretbar. Ein Anspruch auf Duldung der Abholung und Mitteilung des verheimlichten Aufenthaltsortes lässt sich aus 1632 I BGB herleiten. Der BGH (NJW 2013, 2108 ff) bejaht die Möglichkeit eines Anspruchs aus 280 I BGB, sofern eine Auskunftspflicht besteht. Diese Pflicht ist mit 1632 I BGB zu bejahen. Der Anspruchsteller müsste allerdings die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schadensentstehung hinreichend darlegen (BGH, NJW 2013, 2108, 2111, Rn. 37).
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