DIE KRISE DER EUROPÄISCHEN WÄHRUNGSUNION Stichworte und Materialien
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- Nelly Fried
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1 Prof. Dr. Peter Spahn Universität Hohenheim DIE KRISE DER EUROPÄISCHEN WÄHRUNGSUNION Stichworte und Materialien Das stärkste Argument für den Euro... "Die Geschichte des Geldwesens ist nicht eine Geschichte der Entwicklung hin zu immer besserem Geld. Sie ist vor allem eine wechselvolle Geschichte der mißbräuchlichen Nutzung des Rechts, Geld zu schaffen." "Entscheidend ist, daß in der Währungsunion der einzelne Staat seine Schulden mit Geld bezahlen muß, das er nicht selbst herstellen kann." Olaf Sievert (1993): Ein ordnungspolitisches Plädoyer für die Europäische Währungsunion Bad Liebenzell 3. Juli wird zum Systemproblem: Schuldner können nicht abwerten Schulden, Defizite, Zinsen, Inflation und Wachstum Scheitern der Hoffnungen auf währungspolitisch erzwungene Budgetdisziplin Wenn Griechenland nicht in der EWU wäre wäre seine Auslandsverschuldung niedriger: Ein Wechselkurs hilft gegen Entstehung von Überschuldung: Kreditgeber vermuten höhere Risiken => geringere Verschuldungsmöglichkeit... könnte es seine Währung abwerten; das verbessert die Exportchancen => höheres Sozialprodukt => mehr Steuereinnahmen... könnte es so seine Schulden leichter zurückzahlen, wenn sie in eigener Währung aufgenommen waren Aber: höhere Schuldenlast bei Verschuldung in Auslandswährung Schuldenquote Schuldenstand D d = = Sozialprodukt PY Budgetdefizitquote Staatsausgaben Steuern Budgetdefizit b = = Sozialprodukt Sozialprodukt Schuldendynamik Δ D = Budgetdefizit + Zinsendienst = BD + z D ( ) ( ) Δ d = b + z d Inflation + Wachstum d Δ d = b+ zd = p+ y d, 3 =, 5, 6 3
2 Staatsschulden in Relation zum BIP (EWU-Norm 6 %) Entlastung durch sinkende nominale Kapitalmarktzinsen JAP USA JAP USA Reale Kapitalmarktzinsen (= nominal - Inflation) Staatliche Zinszahlungen in Relation zum BIP JAP USA JAP USA
3 Budgetsaldo in Relation zum BIP (EWU-Norm 3 %) Schock durch weltweite Finanzkrise 27 JAP USA Bankenrettung und Konjunkturprogramme erhöhen Primärdefizite => Zweifel an Tragfähigkeit öffentlicher Verschuldung Steigendes Risikobewußtsein von Anlegern und Banken nach Subprime-Krise Institutionelle Anleger gezwungen zum Verkauf riskanter Anleihen => Zinssteigerung bei Schuldenstand => Zinssteigerung bei Neuemission => weitere Zweifel an Tilgungsfähigkeit Preise für Kreditausfallversicherungen steigen, verstärkt durch Spekulation => negative Signalwirkung => Flucht in sichere Papiere Illusion des homogenen Euro-Kapitalmarktes endet 9 1 Differenzen zum Zins auf deutsche Staatsanleihen Prämien für Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen 5,, 1 8 3, 6 2, 1, 2,
4 Griechenland als schwächstes Glied der Kette Künftige Tilgungsverpflichtungen des griechischen Staates Liquiditätsproblem des griechischen Staates in 21 Smeets (21) Smeets (21) "Bilaterale" Hilfskredite von EU-Ländern in Höhe von 3 Mrd. in Widerspruch zur No-Bailout-Klausel Auflagen zur Sanierung des Staatshaushalts Rückzahlung und spätere Wiederaufnahme der Marktfinanzierung nach wenigen Jahren? 13 1 Warum mußte man Griechenland retten? Ausweitung der Krise und des Rettungspakets Um den Euro zu retten? Um seinen Wechselkurs zu verteidigen? Abwertung unproblematisch Um die Banken als Kreditgeber der Staatshaushalte zu retten? Umschuldung und Streckung der Forderungen möglich, nur partielle Abschreibung notwendig Um die Kontinuität der Staatsfinanzierung über die Geschäftsbanken zu wahren! Größere Zurückhaltung der Kreditvergabe an Nationalstaaten nach Zulassung der Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners Um Zeit zu gewinnen: Erarbeitung glaubwürdiger Sparstrategien ohne Spekulationsdruck von den Finanzmärkten Keine Beruhigung durch Griechenlandhilfe: Ansteckungseffekt auf Finanzmärkten Zusammenbruch des Interbankenmarktes droht: Unsicherheit über Belastung mit gefährdeten Staatspapieren bei kreditnehmenden Banken bewirkt Zurückhaltung kreditgebender Banken Prophylaktischer Schutzschirm der Euro-Staaten bietet Neukredite zu moderatem Zins gegen (Spar-) Auflagen, neue Euro-Schuldenagentur als Kreditvermittler Kollektiv aller nationalen Finanzminister als Garantiegeber Risiken Deutschlands im Garantiefall 15 16
5 Inflationsgefahren durch neue EZB-Politik? Koinzidenz von Staats- und Auslandsverschuldung Ankauf von Staatspapieren auf Sekundärmarkt, kein direkter Kredit an nationale Finanzminister Neutralisierung der Geldmengeneffekte durch Reduktion der Refinanzierungskredite an Banken Faktisch selektive Begünstigung der Finanzpolitik Risiko der Abschreibung angekaufter Staatspapiere => Notwendigkeit der Rekapitalisierung der EZB durch nationale Staatshaushalte Bleibender Reputationsverlust Budget- => Handelsdefizit: wegen Übernachfrage Handels- => Budgetdefizit: wegen fiskalischer Kosten importbedingter Arbeitslosigkeit Handelsdefizite erzeugen Auslandsverschuldung Kein Steuerzugriff auf ausländische Gläubiger => geringere Tilgungsfähigkeit Spekulation: geringere Tilgungsbereitschaft? => Risikoprämie Verschuldungsverflechtung in Europa Interdependenz der Finanzierungssalden Haushalte und Unternehmen Staat Investition - Ersparnis Ausgaben - Steuern Export - Import Ausland ( I S) + ( G T) + ( Ex Im) = 19 2
6 Kreislaufzusammenhang und Wirtschaftspolitik Staatliche und private Neuverschuldung (Mrd. Euro) "Klassische" (ideale) Konstellation: ausgeglichenes Budget, Handelsausgleich, Sparer finanzieren Investitionen Deutschlands Exportüberschuß beruht auf hoher privater Haushaltsersparnis oder staatlichen Haushaltsdefiziten im Ausland Jeder Sektor kann Verschuldung nur reduzieren, wenn Defizit eines anderen Sektors steigt Sparpolitik in Griechenland verlangt steigende Güternachfrage im Ausland Konflikt mit allgemeiner Sparpolitik in Europa Dynamik privater Verschuldung (I > S) bestimmend für Entwicklung in EWU Baldwin/Gros (21) Staatliche und private Neuverschuldung Private Nettoersparnis in "Nord"- und "Süd"-EWU Krämer (21) 23 Holinski u.a. (21) 2
7 Nettoauslandsverschuldung in "Nord"- und "Süd"-EWU Leistungsbilanzsalden in "Nord"- und "Süd"-EWU Holinski u.a. (21) 25 Holinski u.a. (21) 26 Leistungsbilanzsaldo in Relation zum BIP Index der Lohnstückkosten
8 Keine reale Konvergenz zwischen "Nord"- und "Süd"-EWU Anhaltende Inflationsunterschiede Holinski u.a. (21) Kumulative Fehlentwicklungen, 2-27 Föderatives Finanzsystem in der EWU? Institutionelle Unterschiede zwischen USA, BRD und EWU Währungsunion verlangt Finanztransfers zur Stabilisierung länderspezifischer Störungen: Länder mit guter Konjunktur bzw. hoher Wirtschaftskraft zahlen an schwache Länder Problem: Moral Hazard - Empfänger gewöhnen sich an Zahlungen Mangelnde Bereitschaft zur Umverteilung innerhalb Europas, scheitert u.a. an unterschiedlichen Sozialstandards (z.b. Rentenalter) Bereitschaft zur politischen Union? Baldwin/Gros (21) 31 32
9 "Große" und "kleine" Währungen Dollar / Euro Dollar / Schweizer Franken Dollar / Schwedische Krone Deutschlands Interesse am Euro Pro: EWU als großes Handels- und Absatzgebiet deutscher Exporte, gefährdet bei Wiedereinführung von flexiblen Wechselkursen (drohende DM- Aufwertung) Contra: Anhaltende deutsche Exportüberschüsse seit 195 unter diversen Währungssystemen bei häufigen Aufwertungen Zwangsläufige Mitfinanzierung überschuldeter Handelsdefizitländer bei gemeinsamer Währung Exportüberschüsse langfristig in einer Währungsunion nicht aufrechtzuerhalten Braucht man eine "große" Währung gegen Krisen? Wirtschaftswachstum in Europa 21/11 Literatur Baldwin, R. / Gros, D. (21): Completing the Eurozone Rescue - What More Needs to Be Done? Holinski, N. u.a. (21): Origins of Persistent Macroeconomic Imbalances in the Euro Area. Utrecht School of Economics, Discussion Paper Series rebo_use_ozz/1-12.pdf Krämer, H. (21): Der Konstruktionsfehler des Euro- Stabilitätspaktes. Wirtschaftsdienst, Juni, Smeets, H.-D. (21): Staatliche Schuldenkrisen Das Beispiel Griechenland. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. IWF: World Economic Outlook (21) 35 36
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