Herbizidresistente Ungräser breiten sich aus
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- Adolph Flater
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1 Informationen für Ackerbau und Grünland 17 / 2010 DIENSTLEISTUNGSZENTREN LÄNDLICHER RAUM Herbizidresistente Ungräser breiten sich aus In den vergangenen Jahren wurde in der Fachpresse immer wieder darüber berichtet, dass Ungräser nicht mehr mit den vorgesehenen Aufwandmengen bestimmter Herbizide zu bekämpfen sind. Untersuchungen von Verdachtsflächen in RLP belegen, dass wir von der Problematik mittlerweile auch betroffen sind. Minderwirkungen treten auf bei Ackerfuchsschwanz und in zunehmendem Maße bei Windhalm. Wirkungsschwankungen sind normal Ungünstige Rahmenbedingungen können zu erheblichen Wirkungsschwankungen von Herbiziden führen. Auf schweren öden wird ein Teil der bodenaktiven Mittel gebunden. Ungünstige Witterungsbedingungen (Trockenheit, Kälte) bremsen die herbizide Wirkung. Davon sind auch lattherbizide betroffen, die bei ungünstiger Witterung schneller abgebaut werden, als sie wirken können. lattherbizide erfassen nur die vorhandenen Ungräser, was bei verzetteltem Auflauf zu Minderwirkungen führt. ei fortgeschrittener Entwicklung der Ungräser werden höhere Aufwandmengen erforderlich. Die Ursachen für schlechte Wirkungsgrade sind also vielschichtig. Werden trotz passender Anwendungsbedingungen mit normalen Aufwandmengen von Ungrasmitteln keine zufrieden stellenden Wirkungsgrade mehr erzielt, muss geklärt werden, ob Herbizidresistenz die Ursache ist. Was ist Resistenz? Als Resistenz bezeichnet man die Eigenschaft von Schadpflanzen, ehandlungen mit einem Herbizid zu überleben, die bei normalen Anwendungsbedingungen eine wirksame ekämpfung garantieren. Diese Eigenschaft ist erblich, d.h. die Nachkommenschaft derartiger Pflanzen ist ebenfalls resistent. Die Vererbung der Herbizidtoleranz sorgt dafür, dass die ekämpfungsprobleme im Laufe der Zeit immer größer werden. Der Nachweis, ob auf einer Fläche Resistenz vorliegt, ist sehr aufwändig. Zunächst müssen Unkrautsamen gesammelt werden. Diese werden ausgesät und später behandelt. Erst wenn die Nachkommen so reagieren, wie es zuvor auf der Fläche zu beobachten war, ist eine Resistenz nachgewiesen. Man unterscheidet zwischen zwei Formen von Resistenz. Am häufigsten ist die metabolische Resistenz. Durch Veränderungen im Stoffwechsel sind die Pflanzen dazu in der Lage, die eingesetzten Wirkstoffe um- oder abzubauen. Es sind immer höhere Aufwandmengen der betroffenen Wirkstoffe erforderlich, um eine hinreichende Wirkung zu erzielen. Daher kommt auch die ezeichnung relative Resistenz (Tabelle 1). ei der absoluten Resistenz handelt es sich dagegen um genetische Veränderungen am Wirkort bestimmter Herbizidwirkstoffe. Die eingesetzten Mittel können dann nicht mehr wirken, gleichgültig wie hoch die Aufwandmenge ist (Tabelle 1). Da der Wirkungsmechanismus eines Herbizides nicht immer am Wirkstoff zu erkennen ist, hat man sich international auf eine eindeutige Kennzeichnung anhand von Großbuchstaben geeinigt (Tabelle 2). Herbizide mit demselben uchstaben besitzen das gleiche Wirkungsprinzip. Ralon Super, Topik und Axial sind beispielsweise mit A gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung erleichtert einen abwechslungsreichen Einsatz von Herbiziden und ist in ihrer Warndienstbroschüre auf dem aktuellen Stand. Druck und Versand: DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Rüdesheimer Str ad Kreuznach Tel.: (06 71) Internet: // DLR-RNH@dlr.rlp.de
2 - 2 - Tab. 1: Resistenzmechanismen a) metabolische Resistenz b) Wirkortresistenz relative Resistenz beschleunigter Herbizidabbau in der Pflanze langsamer Resistenzaufbau abhängig von der Aufwandmenge eispiel: IPU, CTU, Ralon Super / Topik / Axial, Lexus u.a. absolute Resistenz Herbizid kann nicht mehr wirken schneller Resistenzaufbau kaum abhängig von der Aufwandmenge eispiel: Atrazin, Ralon Super / Topik / Axial u.a. Wie entsteht Resistenz? Die genetische verankerte Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Herbizide ist im Grunde genommen immer und überall vorhanden. Auf Flächen, auf denen die Schadpflanzen problemlos kontrolliert werden, ist die Anzahl entsprechender iotypen lediglich so klein, dass sie nicht auffällig werden. Durch bestimmte Maßnahmen wird diese Minderheit gefördert bzw. heraus selektiert und ungewollt vermehrt. Man spricht von dem sogenannten Selektionsdruck. Ob und wie schnell resistente Unkräuter in der Praxis zum Problem werden, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Einseitige Herbizidwahl (kein Wirkstoffwechsel) in Verbindung mit engen Fruchtfolgen führen zu einer schnellen Resistenzbildung. Nach den bisherigen Erfahrungen war unter solchen Anbaubedingungen bereits nach etwa fünf Jahren eine ausgeprägte Herbizidresistenz feststellbar (z.. gegen Atrazin in Mais oder Ralon Super in Winterweizen). In Tabelle 3 sind die wichtigsten Faktoren zusammengefasst, die den Anteil herbizidresistenter Pflanzen auf einer Fläche fördern können und zum Problem werden lassen. Die Situation in Rheinland-Pfalz In den benachbarten undesländern (Nordrhein Westfalen, Hessen, aden Württemberg, ayern) werden schon seit einigen Jahren Probleme mit resistenten Ungräsern registriert. In Rheinland- Pfalz wurde seit längerem über Wirkungsprobleme mit IPU-Mitteln in den kühlen Höhenlagen auf schweren öden berichtet, die eher den ungünstigen Anwendungsbedingungen anzulasten waren. Trotz wiederholter Untersuchungen waren erst 2006 Herbizidresistenzen eindeutig nachweisbar. In der Eifel waren ausgeprägte, in Rheinhessen beginnende metabolische Resistenz bei Ackerfuchsschwanz gegen Ralon Super (FOP) feststellbar. In den Folgejahren wurden regelmäßig von Verdachtsflächen Ackerfuchsschwanzproben untersucht. Ab 2007 wurde die Testung auf Windhalm ausgedehnt. Ackerfuchsschwanz Auf einer steigenden Anzahl von Flächen wurde schwache bis stark ausgeprägte Herbizidresistenz gegen die so genannten FOP s (A) gefunden (Tabelle 2). etroffen war vor allem Ralon Super, in einigen Fällen aber auch Topik und Axial. Es ist anzunehmen, dass es sich bisher um metabolische Resistenz handelt. eginnende Resistenz gegen IPU war ebenfalls nachweisbar, zeigte aber stets nur eine schwache Ausprägung. islang scheinen Resistenzen gegen die Wirkstoffgruppe der Sulfonylharnstoffe () bei Ackerfuchsschwanz in unserem Gebiet noch keine Rolle zu spielen. Windhalm 2008 konnte erstmals Herbizidresistenz bei Windhalm nachgewiesen werden. Dabei handelte es sich völlig unerwartet um eine so genannte multiple (mehrfache) Resistenz. Auf dem Standort im Raum Mayen erzielten IPU, FOP s und diverse Sulfonylharnstoffe (einschließlich Atlantis) keine akzeptable Windhalmwirkung mehr. Gegen IPU (C) war in einzelnen Fällen eine beginnende Resistenz feststellbar. Unter den aktuellen Windhalmproben (2009) wurden drei weitere Standorte mit ausgeprägter Sulfonylharnstoff-Resistenz () gefunden. Weil die FOP s hier nicht betroffen waren,
3 - 3 - muss noch geprüft werden, ob es sich dabei nicht teilweise um eine Wirkortresistenz (absolute Resistenz) handelt. Nach den bisherigen Untersuchungen ist die Entwicklung von Herbizidresistenzen bei Windhalm in Rheinland-Pfalz kritischer zu beurteilen, als bei Ackerfuchsschwanz. Es sind weniger die FOP s und IPU, sondern mehr die Sulfonylharnstoffe, die in der Windhalmwirkung nachlassen. Tab. 2: Wirkmechanismen und Resistenzrisiko von Ungrasherbiziden Resistenzrisiko hoch gering Getreide lattfrüchte nicht selektiv FOP, DIM, DEN (blattaktiv) Wirkmechanismus Axial (DEN) Agil S (FOP) A Ralon Super (FOP) Focus Ultra (DIM) A Topik (FOP) Fusilade Max (FOP) A Panarex (FOP) A Select 240 EC (DIM) A Targa Super (FOP) A Sulfonylharnstoffe (blattaktiv) Absolute M Cato Atlantis Attribut roadway Caliban-Mittel Ciral Concert Gropper Falkon Husar OD Lexus-Mittel Monitor Harnstoffderivate (boden- und blattaktiv, überwiegend boden) CTU-Mittel z.. Lentipur, Toluron IPU-Mittel z.. Arelon Top, Fenikan, Herbaflex odenherbizide (überwiegend) nicht selektiv Glyphosat-Mittel G acara Forte F,K oxer N Cadou SC Kerb Flo K Herold SC K Malibu K Stomp Aqua K Sumimax E C C
4 - 4 - Unkrautbekämpfung künftig in die Fruchtfolge einplanen Um Herbizidresistenzen in den Griff zu bekommen oder erst gar nicht entstehen zu lassen, müssen bestimmte Grundsätze berücksichtigt werden. Es gilt, den Selektionsdruck so niedrig wie möglich zu halten. Ackerbauliche Grundsätze: Einseitige Fruchtfolgen fördern die Entwicklung von Herbizidresistenz erheblich. Reine Getreidefruchtfolgen fördern das Auftreten und die Entwicklung von Ackerfuchsschwanz und Windhalm. Sommerungen und lattfrüchte wirken dem entgegen. Frühsaaten führen zu verstärktem Auflauf der Schadgräser, einschließlich der resistenten iotypen. Alle Formen der mechanischen odenbearbeitung einschließlich des Striegelns tragen zur Minderung des Resistenzrisikos bei. Pflugverzicht verstärkt die Konkurrenz von Schadgräsern, Wurzelunkräutern und Ausfallkulturen. ei reduzierter odenbearbeitung ist ein Standort-abhängiges Roundup - Unkrautmanagement (G) unverzichtbar (Tabelle 2). überlegter Einsatz von Herbiziden: Ziel muss es sein, künftig den Herbizideinsatz Fruchtfolge-übergreifend zu planen. Herbizide mit demselben Wirkmechanismus sollten nur einmal zum Einsatz kommen (Abb. 1). Moderne Sulfonylharnstoffe mit der sichersten und breitesten Ungraswirkung müssen dem Winterweizen vorbehalten bleiben (Atlantis, Attribut, roadway, Monitor). Dafür sprechen die eingeschränkte Kulturverträglichkeit und die Möglichkeit in Weizen Problemgräser wie Trespe und Quecke kontrollieren zu können. Wichtig: Wenn Herbizide zum Einsatz kommen, müssen Wirkungsgrade von über 95% ereicht werden! im Herbst: Sofern es die Rahmenbedingungen zulassen, sollten frühgesäte Kulturen (Wintergerste, Winterroggen, Winterraps) bereits im Herbst gegen Ungräser behandelt werden. Für diesen Anwendungstermin sind Wirkstoffe verfügbar, die im Frühjahr im Getreide nicht mehr anwendbar sind (Wechsel der Wirkmechanismen K, N, F, E, Tabelle 2). Da die Wirkung dieser Mittel ü- berwiegend über den oden entfaltet wird, sind die Standortverhältnisse zu optimieren. - feinkrümelige odenstruktur - sorgfältige Einarbeitung der Erntereste - frühzeitige ehandlung - spätestens bis zum 2-lattstadium der Ungräser IPU- und CTU-Mittel nur noch in Mischung oder als Spritzfolge mit ungefährdeten Wirkstoffen ausbringen (z.. Stomp). Auf Flächen mit hohem Ungrasdruck und geringem Ausfallgetreidebesatz werden von Kerb (K) (keine Resistenzförderung) im Winterraps sowohl Ackerfuchsschwanz, als auch Windhalm sicher erfasst. Resistenzmindernde Alternativen zu IPU oder Sulfonylharnstoffen (nähere Informationen in der Ackerbau Warndienstbroschüre): gegen Windhalm: acara Forte und Sumimax gegen Windhalm u. Ackerfuchsschwanz: oxer, Flufenacet-Kombinationen (Herold, acara Forte, Malibu) oder Stomp-Mischungen Auch die Kombination von Mitteln mit unterschiedlichen Wirkmechanismen hilft, die Entwicklung von Resistenzen zu verhindern oder zu verzögern. Das gilt für entsprechende Fertigpräparate (acara Forte, Malibu) und Tankmischungen wie Stomp + Lexus / Ralon Super. Die Industrie reagiert auf diese Forderung mit aktuellen Packs (Cadou Forte Set, Fenuron Set, Hero Twin Set, Sumimax Ciral Pack).
5 - 5 - im Frühjahr: Zur ehandlung von Ungräsern können in Sommergetreide und lattfrüchten blattaktive FOP s, DIM s oder ein Axial vorgesehen werden. Wenn resistenzgefährdete Wirkstoffe (Tabelle 2) mehrmals in der Fruchtfolge zum Einsatz kommen, sollten sie durch Mischpartner verstärkt werden, um den Selektionsdruck zu mildern. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht nur Sulfonylharnstoffe miteinander gemischt werden (z.. Attribut + Concert), sondern stets noch ein Wirkstoff mit anderem Wirkungsmechanismus hinzugefügt wird. Im Frühjahr ist die Auswahl leider sehr beschränkt. Als Mischpartner zu Sulfonylharnstoffen (z.. Flupyrsulfuron-Mittel, Husar OD u.a.) stehen nur IPU/CTU oder Axial, Ralon Super und Topik zur Verfügung. ackerbauliche Faktoren Herbizidwahl Tab. 3: Faktoren der Resistenzbildung gegen Herbizide Resistenz fördernd hemmend eng weit Fruchtfolge ohne Sommerungen mit Sommerungen Saattermin früh spät odenbearbeitung pfluglos Pflug Herbizidwirkung Ungrasbekämpfung Herbizidwahl Herbizid- Wirkungsmechanismus Herbizidstrategie regionale Probleme regelmäßig einseitig: lattherbizide odenherbizide ohne Roundup zwischen den Kulturen resistenzgefährdet in Halm- u. lattfrüchten gleich problemlos unregelmäßig abwechselnd mit: Tankmischungen Spritzfolgen gezieltes Roundup Management nicht gefährdet in Raps und Mais gezielter Einsatz alternativer Wirkstoffe Fazit: Auch in RLP muss mit zunehmender Verbreitung herbizidresistenter Ungräser gerechnet werden. Der Selektionsdruck wird durch enge Fruchtfolgen und steigenden Anteil an Sulfonylharnstoffherbiziden verstärkt. Durch gezielte ackerbauliche Maßnahmen und eine geeignete Herbizidstrategie muss gegen gesteuert werden. Die wirtschaftlichen ekämpfungsschwellen für Ungräser/Unkräuter sind nach wie vor gültig. Zur Vermeidung von Resistenzbildung ist es sinnvoll, bei Unterschreiten der Schwellenwerte für Ungräser (WD roschüre S. 6) ganz auf den Einsatz von Ungrasmitteln zu verzichten. Das mindert den Selektionsdruck erheblich. Die Nutzung von Nebenwirkungen oder Miniaufwandmengen sind dagegen wie ein Fitnesstraining für die Ungräser und fördert letztlich die Resistenzbildung. Zielsetzung ist es, auf gefährdeten Standorten Wirkungsgrade von mindestens % zu erreichen. Ein niedriger Selektionsdruck ermöglicht auch künftig die sinnvolle Anwendung von IPU-Mitteln und sichert dauerhaft die Gräserwirkung (noch) hochwirksamer Sulfonylharnstoffe. DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, herausgegeben am 30. August 2010 gez. i.a. Dr.. Augustin
6 Abb. 1: - 6 -
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