Wirtschafts- und Europastrafrecht

Transkript

1 Wirtschafts- und Europastrafrecht Sommersemester 2017 Dr. Martin Stricker

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7 Ausspähen von Daten unbarer Zahlungsmittel 241h (1) Wer Daten eines unbaren Zahlungsmittels mit dem Vorsatz ausspäht, 1. dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde oder 2. sich oder einem anderen eine Fälschung unbarer Zahlungsmittel ( 241a) zu ermöglichen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Qualifikation bei gewerbsmäßiger Begehung oder als Mitglied einer kriminellen Vereinigung. (3) (Putative) Tätige Reue durch Beseitigung der Gefahr der Verwendung.

8 Auslegungsfragen Daten eines unbaren Zahlungsmittels - Daten im StGB ( 74 Abs 2) - Daten im DSG ( 4 Z 1 DSG) - jede Darstellung einer Information - Einschränkungen? - Einschränkung auf Daten eines unbaren Zahlungsmittels ( 74 Abs 1 Z 10) - Keine Einschränkung auf elektronische Daten oder bestimmte Verwendung bzw Funktion - Sowohl optisch wahrnehmbare als auch optisch nicht wahrnehmbare Daten erfasst - Einschränkung auf Daten, die Bereicherung ermöglichen?

9 Auslegungsfragen Ausspähen - Neue Tathandlung (bisher nur Überschrift 254) - EBRV: Unter ausspähen versteht man alle Handlungen, mit denen sich jemand Kenntnis von den Daten verschafft, sei es durch Nachfrage beim Opfer, durch den Einsatz technischer Hilfsmittel oder aber auch durch das bloße Ansehen und Merken der Kreditkartendaten. - Ausspähen gleich Auskundschaften isv 123? - Ebenso das neue Schrifttum zu 241h

10 Auslegungsfragen Ausspähen - Arbeitsgruppe übereinstimmend gegen Auslegung isv 123: qualifiziertes sich Verschaffen - Problematische Vorverlagerung bei weiter Auslegung? - Charakter eines Vorbereitungsdelikt (Z 2 sogar Vorbereitung der Vorbereitung [ 241a]). - Grundsatz der Straflosigkeit nur bei besonders gefährlichen Handlungen durchbrochen (vgl 241c, 241e, 202a dstgb). - Vergleich mit 51 DSG?

11 Auslegungsfragen Ausspähen - Ansehen und Merken als Ausspähen? - Grundsätzliche Überlegungen - Praktische Überlegungen - Beweisbarkeit? - Tätige Reue? - Versuch?

12 Auslegungsfragen Ausspähen - Täuschungshandlungen (Willensbeeinträchtigung) - Hacking (vgl 118a) - Gewahrsamseingriff (Durchsuchen der Wohnung, Handtasche etc) - Besondere Mittel (Lesegeräte, spezielle Computerprogramme, versteckte Kameras)

13 Auslegungsfragen Versuch ( 15 StGB) - Umstritten bei Vorbereitungsdelikten - HA: formell selbständig strafbare Handlungen - AA: Versuch nur Strafbar, wenn materieller Unwertgehalt den Vorbereitungscharakter überwiegt. - Rechtsgut entscheidend - Hinweise ( 278a; 166) - Wenn Vobereitungscharakter überwiegt, Versuch abzulehnen - 1 Abs 1 DSG? Kein Vorbereitungsdelikt?

14 Auslegungsfragen Gewerbsmäßige Begehung 241h Abs 2? - Gewerbsmäßigkeit nach 70: [ ] wer sie in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen [ ] - Durch Ausspähen idr keine Bereicherung, daher kein Einkommen - Nur möglich, wenn Daten Tauschwert (objektiven wirtschaftlichen Wert) haben - Vorliegen objektiver Merkmale 70 Abs 1 Z 1 (Skimmer) - Problem: Nochmalige Bereicherung für Grundtatbestand notwendig - Bezugspunkt der Verwendung oder der Entlohnung nicht mit 70 vereinbar

15 Auslegungsfragen Mitglied einer kriminellen Vereinigung 241h Abs 2? - 241h nicht bei Definition der kriminelle Vereinigung ( 278 Abs 2) angeführt, 241a ff schon (EBRV 309 BlgNR 22. GP 18). - Zusammenschluss zu 241h nicht strafrechtlich erfasst - Problem auch bei 207a, 215a, 216 und 27 Abs 4 Z 2 SMG bekannt. - Lösungsansätze: - Schutzzwecküberlegungen: Qualifikation erfüllt, wenn Vereinigung auf 241h ausgerichtet - Begehung als Mitglied ein Vereinigung, die auf andere Delikte ausgelegt ist - Gesetzliche Klarstellung erforderlich!

16 Auslegungsfragen Begehung im Familienkreis 166? - 241a ff in den Deliktskatalog von 166 aufgenommen - EBRV: Dies erscheint ungeachtet des von den 241a ff StGB eigentlich geschützten Rechtsgutes lebensnah und sachgerecht. - Grundüberlegung: einheitliche prozessuale Verfolgung - Nachteil : Vermögensschädigung oder Rechtsgutsverletzung - Allgemeinrechtsgut der 241a ff - Kein Vermögensschaden durch Ausspähen, aber fremdes Vermögen als Rechtsgutsaspekt (vgl 278a)? - Vermögensgefährdung genügt (ähnlich Versuch)

17 Wirtschaftsstrafrecht Finanzstrafrecht (FinStrG) Aufbau des FinStrG - Nebenstrafrecht - Eigenständiger Allgemeiner Teil - Kein Rückgriff auf AT des StGB - Wichtigste Unterschiede: 2, 9 - Besonderer Teil: Straftatbestände 33 ff FinStrG - Verfahrensbestimmungen/Zuständigkeit

18 Wirtschaftsstrafrecht Finanzstrafrecht (FinStrG) Weitere Tatbestände - Schmuggel ( 35) - Abgabenhehlerei ( 37) - Abgabenbetrug ( 39) - Zusammentreffen strafbarer Handlungen ( 21 ff) - Selbstanzeige ( 29) - Zuständigkeitsabgrenzungen ( 53 ff )

19 Wirtschaftsstrafrecht Finanzstrafrecht (FinStrG) Besonderheiten - Begehung durch Unterlassen - Keine 2 StGB vergleichbare Regelung - Keine unechten Unterlassungsdelikte - Begehung durch Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs-, Anzeige- oder Wahrheitspflicht typischerweise durch Unterlassen echte Unterlassungsdelikte - Zulässigkeit der Subsumtionseinstellung bzw -freispruch FinStrG FinStrG - Zulässigkeit der Verfolgung eines Finanzvergehens durch die FinStrBeh bei gleichzeitiger Verfolgung einer strafbaren Handlung nach StGB durch StA und Gericht