Ernährung im Breitensport
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- Uwe Tiedeman
- vor 8 Jahren
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1 w w w. a c a d e m y o f s p o r t s. d e w w w. c a m p u s. a c a d e m y o f s p o r t s. d e Ernährung im Breitensport L E SEPROBE
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3 Kapitel 1 - Grundlagen der Ernährung 1.1 Kohlenhydrate Struktur und Eigenschaften Vorkommen und Verfügbarkeit Verdauung und Resorption der Kohlenhydrate 1.2 Proteine Einteilung der Aminosäuren 1.3. Fette (Lipide) 1.4 Ballaststoffe 1.5 Vitamine Einzelübersicht ausgewählter Vitamine Einsatz von Vitaminpräparaten Bedeutung der Vitamine für den Sportler 1.6 Mineralstoffe Einzelübersicht ausgewählter Mineralstoffe 1.7 Wasser Flüssigkeitsmangel Alkohol 1.8 Grundumsatz Messmethoden des Grundumsatzes Abhängigkeiten des individuellen Grundumsatz Lehrskript Seite 5 von 132
4 Lehrskript Formel zur Berechnung des täglichen persönlichen Grundumsatzes Leistungsumsatz 1.9 Ermittlung des Energiebedarfs Seite 6 von 132
5 Lernorientierung Nach Bearbeitung dieses Kapitels werden Sie: Die einzelnen Nahrungsbestandteile kennen und diese unterscheiden können; Die einzelnen Nährstoffe detailliert beschreiben können; Die Funktion des Wassers im Körper und die Flüssigkeitszufuhrempfehlung kennen und verstehen; Die Funktion sowie die Einteilung der Vitamine und Mineralstoffe überblicken; Den Grundumsatz und den Energieumsatz eines Menschen verstehen und berechnen können. Lehrskript Seite 7 von 132
6 Lehrskript In der Ernährungslehre wird zwischen Ernährung und Nahrung unterschieden. Die Ernährung dient der Energieversorgung des Organismus Bauversorgung zum Aufbau und Erhaltung der Körpersubstanz stellt die energetische und stoffliche Basis unseres Stoffwechsels dar dient der Energieumwandlung: Nahrungsenergie wird in Bewegungsenergie, in osmotische Energie (Aufrechterhaltung der Kochsalzkonzentration im Körper) und in Wärmeenergie umgewandelt. Die Ernährung ist somit die Summe aller Vorgänge, die dem lebenden Organismus von außen die zur Aufrechterhaltung der Lebensvorgänge erforderlichen Substanzen zuführen. Die Nahrung (Nahrungsmittel) ist Energiequelle beinhaltet Baustoffe, die für unseren Körper essenziell (lebensnotwendig) sind ersetzt Substanzen, die täglich ausgeschieden werden ersetzt Energieverluste, die aus Wärmeentwicklung entstehen Als Nahrungsmittel werden somit alle zum Aufbau und zum Erhalt von Körpersubstanz und zur Energiegewinnung nötigen Nahrungsbestandteile bezeichnet. Eine systematische Gliederung der Bestandteile unserer Ernährung zeigt folgende Abbildung. Abbildung 1 - Unterteilung der Lebensmittel (vgl. Geiss & Hamm, 1990, bearbeitet durch die Autoren) Seite 8 von 132
7 Die Nährstoffe teilen sich in zwei weitere Gruppen: in die Betriebsstoffe in die Baustoffe Lehrskript Betriebsstoffe sind Kohlenhydrate und Fette, die im Betriebsstoffwechsel abgebaut werden und Energie liefern. Die Baustoffe (Proteine = Eiweiß, Wasser, Mineralstoffe) werden im Baustoffwechsel abgebaut und fördern den Aufbau von z. B. Haaren, Haut, Knochen und Muskeln. Wirkstoffe: Vitamine Mineralien Spurenelemente 1.1 Kohlenhydrate (KH) Kohlenhydrate sind ein zentraler Bestandteil der menschlichen Nahrung. Sie sorgen für schnelle Energie. Der Energiegehalt von 1 Gramm Kohlenhydrat beträgt rund 17,2 Kilojoule (KJ) oder 4,1 kcal und ist somit unsere wichtigste Energiequelle. Bei einem Engpass können Kohlenhydrate zur Versorgung des Muskelgewebes durch Eiweiße oder Fette ersetzt werden, allerdings sind Gehirn und Nervensystem auf eine geringe Kohlenhydratzufuhr angewiesen. Eine Mindestaufnahme von g Kohlenhydraten ist daher erforderlich Struktur und Eigenschaften Kohlenhydrate sind der quantitativ bedeutendste Bestandteil in der menschlichen Nahrung. Im Zuge der Photosynthese gebildet, dienen sie im Pflanzenreich als Reserve-, Bau- und Stützsubstanzen. Der Begriff Kohlenhydrate resultiert aus der ursprünglichen Annahme, dass alle Verbindungen dieser Substanzklasse Hydrate des Kohlenstoffs sind, die der allgemeinen Summenformel C6(H20)6 entsprechen. Aus heutiger Sicht ist diese eng gefasste Definition jedoch unzureichend, da zahlreiche Verbindungen existieren, die diese Summenformel nicht aufweisen, ihrem chemischen Charakter nach aber unzweifelhaft zu den Kohlenhydraten zu zählen sind. Nach ihrer Molekülgröße (Polymerisationsgrad) werden die Kohlenhydrate in Mono-, Di-, Oligo-, Poly- und technische Saccharide unterteilt (siehe folgende Tabelle). Seite 9 von 132
8 Lehrskript Kohlen- Hydrat- Kettenglieder Kohlenhydrate Vorkommen 1 Monosaccharide (Einfachzucker) D-Glucose (Traubenzucker) z. B. Früchte, Honig D-Fructose (Fruchtzucker) D-Galactose (Schleimzucker) 2 Disaccharide (Zweifachzucker) Saccharose (Rohrzucker) Laktose (Milchzucker) Maltose (Malzzucker) 3 30 Oligosaccharide (Mehrfachzucker) Raffinose Stachyose > 30 Polysaccharide (komplexe Kohlenhydrate) Amylose Amylopektin Glykogen (tierische Stärke) Inulin Technische Saccharide Dextrin Invertzucker Glucosesirup Isomerisierter Glucosesirup Tabelle 1 - Einteilung der Kohlenhydrate (vgl. Quelle: Schlieper 2000) z. B. Früchte, Honig z. B. Komponente von Laktose, wird bei der Verdauung freigesetzt z. B. Zuckerrüben, Zuckerrohr, Früchte, Ahornzucker z. B. Milch und Milchprodukte z. B. Keime, entsteht bei der Stärkeverdauung (Malzbier) z. B. Melasse (honigartiger dunkelbrauner Zuckersirup) z. B. Leguminosen (Hülsenfrüchtler) z. B. Stärke, Getreide, Kartoffeln z. B. Stärke, Getreide, Kartoffeln, Dickungsmittel z. B. Leber, Muskel z. B. Artischocken, Topinambur, Schwarzwurzeln Lebensmittelzusatzstoff Lebensmittelzusatzstoff Lebensmittelzusatzstoff Lebensmittelzusatzstoff Seite 10 von 132
9 Lehrskript Monosaccharide Unter Monosacchariden versteht man die kleinsten Bausteine der Kohlenhydrate. Hinsichtlich der menschlichen Ernährung spielen insbesondere die Monosaccharide Glucose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker) und Galaktose (Schleimzucker) eine Rolle. Als Monosaccharide kommen Glucose und Fruktose in Honig und süßen Früchten vor. Allerdings findet sich die Galaktose kaum isoliert; sie ist insbesondere als Bestandteil der Laktose (Milchzucker) vorzufinden. Die Glucose ist das am häufigsten vorkommende Kohlenhydrat in der Natur. Es stellt mengenmäßig den wichtigsten Energielieferanten für den Menschen dar. Allerdings ist die Aufnahme an freier Glucose gering. Sie entsteht erst durch Spaltung anderer komplexer Kohlenhydrate im Verdauungstrakt, insbesondere aus dem Polysaccharid Stärke. Im menschlichen Organismus findet sich die Glucose in allen Zellen und im Blut. Der Gehalt an Glucose im Blut - der Blutzuckerspiegel - liegt bei einer gesunden Person normalerweise zwischen 80 und 120 Milligramm/dl Blut. Um die Glucose aus dem Blut in die Zellen aufzunehmen und für ihren Abbau zur Energiegewinnung ist das Hormon Insulin aus der Bauchspeicheldrüse notwendig. Disaccharide Die Saccharose (Haushalts- oder Industriezucker), Laktose und Maltose (Malzzucker) zählen zu den wichtigsten Dissacchariden. Diese bestehen aus je zwei Monosacchariden. So besteht Laktose aus Glucose und Galaktose, Saccharose aus Glucose und Fruktose sowie Maltose aus zwei Glucosemolekülen. Laktose kommt ausschließlich in Milch und Milchprodukten vor. Für ein Neugeborenes ist sie in den ersten Monaten das wichtigste Kohlenhydrat. Desweiteren kann Laktose dazu beitragen, eine optimale Darmflora aufrechtzuerhalten, weil sie von sogenannten Bifidus-Bakterien im Dickdarm in organische Säuren umgewandelt wird und durch diesen Prozess ein günstiges Darmmilieu erzeugt. Es kommt dadurch entweder zur Eliminierung von Krankheits- und Fäulnisbakterien oder zur Hemmung ihres Wachstums. Es gibt allerdings Menschen, welche auf Laktose mit Durchfällen reagieren. Man spricht in diesem Fall auch von Laktose-Intoleranz. Bei einer solchen fehlt im Verdauungstrakt das Enzym Laktase, welches für die Spaltung von Laktose in die Monosaccharide Glucose und Galactose verantwortlich ist, die daraufhin ins Blut aufgenommen werden können. Durch diesen Vorgang gelangen größere Mengen der Monosaccharide in den Dickdarm und können in diesem zu Darmstörungen führen, Seite 11 von 132
10 Lehrskript die durch den Verzicht auf Lebensmittel, die Laktose enthalten, völlig verschwinden. Man bezeichnet alle Mono- und Disaccharide auch als isolierte Zucker. Charakteristisch hierfür ist der süße Geschmack, wobei die Süßkraft der einzelnen Zucker variiert. Glucose, Maltose und Laktose haben verglichen mit Saccharose eine niedrigere, Fruktose hingegen eine höhere Süßkraft. Oligosaccharide Oligosaccharide entstehen durch Verknüpfung von 3 bis 30 Monosaccharideinheiten, allerdings besteht die Mehrzahl der bekannten Oligosaccharide aus weniger als 10 Monomeren In der Praxis wird die Unterscheidung zwischen Oligo- und Polysacchariden aber willkürlich getroffen. Polysaccharide Polysaccharide werden auch als komplexe Kohlenhydrate bezeichnet. Die Polysaccharide sind Verbindungen, die sich aus zahlreichen Monosacchariden zusammensetzen. Je nach Art und Zusammensetzung dieser Monosaccharide sind sie für den Menschen verdaulich oder unverdaulich. Stärke, das Speicherkohlenhydrat der Pflanzen sowie Glykogen, das tiereische Speicherkohlenhydrat sind die bedeutsamsten verdaulichen Polysaccharide. Beide bestehen aus zahlreichen Molekülen des Monosaccharids Glucose. Stärke und Glykogen unterscheiden sich darin, dass die Glucoseketten des Glykogens stärker verzweigt sind als die der Stärke. Stärke ist das bedeutsamste Nahrungskohlenhydrat des Menschen. Entsprechend sollte diese mengenmäßig den größten Anteil an der täglichen Kohlenhydrat- und Energiezufuhr ausmachen. Die Hauptvorkommen der Stärke sind Kartoffeln und Getreide. In rohem Zustand kann Kartoffelstärke nicht bzw. sehr schlecht vom menschlichen Körper verwertet werden. Die Stärke wird hingegen aus Getreide, Haferflocken und Bananen vollständig ausgenutzt. Entscheidend für den Grad der Ausnutzung ist die Größe der Stärkekörner (= Speicherform von Stärke in den Pflanzen), die wir mit der Nahrung aufnehmen. Ein besonders geeignetes Polysaccharid für Diabetiker ist das Inulin, welches aus mehreren Fruktosebausteinen besteht. Inulin kommt in Topinambur, einer Gemüseknolle, die der Kartoffel ähnlich ist und auch entsprechend zubereitet wird, vor. Unverdauliche Polysaccharide wie beispielsweise Zellulose, Hemizellulose und Pektin gehören den Ballaststoffen an (vgl. Seite 12 von 132
11 1.1.2 Vorkommen und Verfügbarkeit Lehrskript Kohlenhydrate werden fast ausschließlich mit pflanzlichen Nahrungsmitteln aufgenommen. Zu den wichtigsten Quellen zählen Getreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Sehr hohe Mengen finden sich in Süßwaren und Honig. Hauptkohlenhydratkomponente der Nahrung sind normalerweise Polysaccharide, insbesondere Stärke. Die Verfügbarkeit der Nahrungskohlenhydrate wird stark von ihrer Struktur und der enzymatischen Ausstattung des Menschen bestimmt. Während Glucose und Galactose rasch und nahezu vollständig aus dem Darmlumen resorbiert werden, erfolgt die Aufnahme von Fructose und Zuckeralkoholen (Zuckerersatzstoff) nur unvollständig. Bereits bei einer Zufuhr von g Fructose absorbiert ein Großteil der gesunden Bevölkerung nur ca. 37 %. Die Verdaulichkeit von Stärkeprodukten ist abhängig von deren physikochemischen Eigenschaften. In gekochtem Zustand ist Stärke leicht verdaulich, während ihre native Form nur unzureichend gespalten und aufgenommen wird. Vor allem im natürlichen Lebensmittelverband ist die Absorption auch im erhitzten Zustand unvollständig (physiologische Stärkemalabsorption). Grund hierfür sind verschiedene Nahrungsbestandteile wie Ballaststoffe und Proteine, die die Digestion (Aufschluss der Nahrung im Verdauungstrakt) und Absorption beeinträchtigen Verdauung und Resorption der Kohlenhydrate Kohlenhydrate können nur in Form von Monosacchariden resorbiert werden. Daher ist es erforderlich, die in der Nahrung dominierenden komplexen Kohlenhydrate zunächst in Ihre Grundbausteine zu zerkleinern. Die Kohlenhydratverdauung beginnt bereits im Mund, in welchem die Nahrung durch den Kauvorgang mechanisch zerkleinert und mit dem Speichel vermischt wird. Der Speichel enthält als einziges kohlenhydratspaltendes Enzym Ptyalin/α-Amylase. Das Enzym kann allerdings nur dann wirksam werden, wenn durch intensives Kauen (hoher Kaudruck und lange Kaudauer) ausreichende Mengen alkalischen Speichels gebildet werden, den das Ptyalin zur Aktivierung benötigt. Im Magensaft sind keine Enzyme des Kohlenhydratabbaus vorhanden. Da aber die Absenkung des ph-wertes im Magen erst allmählich erfolgt, kann die Kohlenhydratspaltung durch die Speichelamylase im Inneren des Chymus (Speisebrei) zunächst fortgesetzt werden. Der Hauptort der Kohlenhydratverdauung ist der Dünndarm. Die sich nun im Dünndarm befindenden Disaccharid-Bruchstücke aus dem Seite 13 von 132
12 Lehrskript Stärkeabbau (Maltose und Isomaltose) sowie die Disaccharide der Nahrung (Saccharose, Maltose, Laktose) werden an der Darmschleimhaut in die entsprechenden Monosaccharide zerlegt. Diese Aufgabe erfüllen bestimmte Enzyme, die in der Bürstensaummembran der Dünndarmmucosa (Dünndarmschleimhaut) lokalisiert sind. Durch die Verankerung der Enzyme in den Mucosazellen sind die enzymatische Spaltung und die Absorption der Monosaccharide eng nebeneinander verbunden. Im Anschluss an die Absorption verlassen die Monosaccharide die Epithelzelle und erreichen über das Blut die Leber. Die Transportkapazität für Fructose sowie Zuckeraustauschstoffe (siehe Kapitel Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe) ist relativ gering. Daher kommt es bei höherer Zufuhr dieser Substanzen häufig zu Durchfällen Zufuhrempfehlungen für Kohlenhydrate Im engeren Sinne stellen Kohlenhydrate keine essenziellen Nahrungsbestandteile dar, da sie vom Organismus aus anderen Verbindungen gebildet werden können. Dennoch sollte ein bestimmtes Quantum (ca. 25 Energieprozent) nicht unterschritten werden, um einem Abbau von körpereigenem Protein entgegenzuwirken und eine Stoffwechselentgleisung zu verhindern. Um die Fettzufuhr auf einem niedrigen Niveau zu halten, ist es allerdings erforderlich, einen wesentlich höheren Anteil des Energiebedarfs in Form von Kohlenhydraten zuzuführen. So empfiehlt die DGE gegenwärtig eine Kohlenhydratzufuhr von > 50 Energieprozent. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass eine etwas niedrigere Kohlenhydratzufuhr in Verbindung mit einer moderaten Erhöhung des Fettanteils, insbesondere der einfach ungesättigten Fettsäuren (z. B. Olivenöl), zu einer Verbesserung verschiedener Stoffwechselparameter führen kann, was insbesondere für die Ernährungstherapie von Diabetikern genutzt werden sollte. Da eine extrem hohe Kohlenhydratzufuhr bei sehr geringer Fettaufnahme zu einer Verminderung des präventiv wirkenden HDL-Cholesterin und einer Erhöhung der Triglyceridwerte (Blutfettwert) im Blut führt, werden relativ große Spannweiten für eine angemessene Aufnahme an Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen für Erwachsene angegeben. Sie liegen bei: Energieprozent für Kohlenhydrate Energieprozent für Fette Energieprozent für Protein. Unter präventiv-medizinischen Gesichtspunkten sollte die Kohlenhydratzufuhr vorwiegend über Vollkornprodukte, Obst, Seite 14 von 132
13 Lehrskript Gemüse und Hülsenfrüchte erfolgen, während eine Reduktion der Aufnahme raffinierter Kohlenhydrate (z. B. Zucker und Weißmehlerzeugnisse) ratsam ist. Kohlenhydrate aus ballaststoffreichen, gering verarbeiteten Lebensmitteln zeigen im Allgemeinen ein günstigeres Blutzuckerverhalten, resultierend aus ihrem niedrigen glykämischen Index (GI). Bei diesen Lebensmitteln verläuft die Blutzuckerkurve weniger steil, drastische Blutzuckerschwankungen bleiben aus (siehe Abbildung 2). Blutzuckerspiegel Zeit Abbildung 2 - Blutzuckerspiegel (vgl , bearbeitet durch die Autoren) Haushaltszucker Weißmehl Weißbrot Weizenvollkorn Getreideflocken Auch die Insulinsekretion wird bei niedriger Blutzuckerkurve weniger stark stimuliert. Da nicht nur die Art der Kohlenhydrate, sondern auch die verzehrte Menge für das Blutzuckerverhalten entscheidend ist, wurde die Kenngröße der glykämischen Last entwickelt. Die glykämische Last (GL) ist wie folgt definiert: Ernährungsformen, die sich durch einen hohen GI bzw. glykämische Last auszeichnen, werden inzwischen als Risikofaktoren für atherosklerotische Erkrankungen sowie für Diabetes mellitus Typ 2 angesehen. Dagegen schützt eine Nahrung mit niedrigem GI bzw. glykämischer Last vermutlich vor diesen Erkrankungen. Neben diesem günstigen Einfluss auf den Glucose- und Lipidstoffwechsel dienen Vollkornprodukte, Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte als wertvolle Lieferanten von Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen. Lebensmittel mit einem hohen Anteil raffinierter Kohlenhydrate, insbesondere Saccharose, enthalten hingegen nur Seite 15 von 132
14 Lehrskript geringe Mengen dieser Substanzen. Trotz dieser Tatsache fehlen - abgesehen von der Entstehung von Zahnkaries bislang wissenschaftliche Belege, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch erhöhten Zuckerkonsum nachweisen. Aus diesem Grund hat die amerikanische Gesundheitsbehörde (Food and Drug Administration=FDA) Zucker den GRAS-Status (generally recognized as safe = Unbedenklichkeitsstatus) erteilt. Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, ist erst dann mit einer Beeinträchtigung der Mikronährstoffversorgung - insbesondere bei Eisen, Zink und Vitamin D - zu rechnen, wenn mehr als 24 % der Gesamtkalorien aus dem Zuckerverzehr stammen. Völlig unbewiesen und überzogen sind Aussagen verschiedener Alternativmediziner, wonach bereits ein geringer bis mäßiger Zuckerverzehr mit erheblichen Gesundheitsstörungen einhergehen soll Glykogenstoffwechsel Je nach Stoffwechsellage wird Glucose entweder zwecks Energiegewinnung bis zu Wasser und Kohlendioxid (CO2) verstoffwechselt (Glykolyse), oder zur Energiespeicherung in Glykogen (Kurzzeitenenergiespeicher in Leber und Muskulatur). Nur in der Leber und der Muskulatur besteht die Möglichkeit, bei Glucoseüberschuss Reserven als Glykogen anzulegen. Eine Speicherung der reinen Glucose wäre aufgrund ihrer Eigenschaften und ihrer Löslichkeit nicht sinnvoll. Das Glykogenmolekül weist eine charakteristische baumartige Verzweigung auf. Diese stark verzweigte Struktur ermöglicht im Bedarfsfall eine schnelle Freisetzung von Glukoseresten. Insgesamt kann der menschliche Organismus etwa 450 g Glykogen speichern, davon ca. 100 bis 150 g in der Leber. Diese Menge sichert im Hungerzustand die Glucoseversorgung für ungefähr 24 Stunden. Da das Leber- Glykogen primär der Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels dient, variiert sein Gehalt je nach Stoffwechsellage. Im Hunger oder bei kohlenhydratfreier Ernährung kann der Glykogengehalt der Leber auf 0,1 % (1-1,5 g) absinken, wird aber anschließend, auch bei andauerndem Kohlenhydratmangel, durch die Glukoneogenese auf diesem Niveau gehalten. Muskel-Glykogen wird hauptsächlich zur schnellen Energiegewinnung in der Muskulatur herangezogen. Im Gegensatz zur Leber kann das im Muskel lokalisierte Glykogen nicht direkt zur Aufrechthaltung des Blutglucosespiegels herangezogen werden, da der Muskulatur das dazu notwendige Enzym fehlt. Seite 16 von 132
15 Beispiel Lehrskript Ausdauerbelastungen werden durch den Vorrat an Glykogen im Muskel determiniert. Geht der Glykogenvorrat im Muskel während der Belastung zur Neige, hat dies ein Leistungsabfall zur Folge. Der Körper stellt auf die Versorgung mit Traubenzucker(Glucose) (stammt aus dem Leberglykogen) um und greift auf Glykogenreserven anderer Muskeln zurück. Erschöpfen sich auch diese Energielieferanten, können typische Unterzuckerungssymptome, wie z. B. Schwindel, auftreten. Durch gezieltes Training können die Glykogenvorräte im Muskel erhöht werden, was die Ausdauerleistung im anaeroben Bereich steigern kann. Gut trainierte Sportler können bis zu 50 % mehr Glykogen speichern als Untrainierte Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe Süßstoffe sind synthetische Verbindungen, die einen süßen Geschmack aber keinen oder im Verhältnis zu ihrer Süßkraft ( fach höher als Haushaltzucker) zu vernachlässigenden Nährwert besitzen. Diese Verbindungen stoßen auf großes Interesse. Im Gegensatz zu normalem Zucker enthalten Süßstoffe keine Kohlenhydrate und haben somit keine Wirkung auf den Blutzuckerspiegel Süßstoffe zählen zu den Zusatzstoffen, daher müssen Obergrenzen für ihren Verzehr angegeben werden (siehe Tabelle 2). Diese Obergrenzen (ADI = acceptable daily intake/akzeptable tägliche Aufnahmemenge) stellen die Menge je Kg Körpergewicht dar, die täglich mit der Nahrung ein ganzes Leben lang ohne Risiko aufgenommen werden kann. Zusätzlich kommt ein Sicherheitsfaktor von 100 dazu. Die meisten Süßstoffprodukte enthalten nicht einen einzelnen Süßstoff, sondern eine Mischung, so dass die Obergrenzen nie überschritten werden. Seit Dezember 2011 ist der Süßstoff der Stevia Pflanze (Steviolglycoside = E 960) als Süßstoff in der EU zugelassen. Stevia- Produkte können eine bis zu 450-fache Süßkraft von Zucker haben und sind für Diabetiker geeignet. Nachteilig ist jedoch der für Stevia charakteristische bittere Nachgeschmack. Eine Übersicht über die verschiedenen Süßstoffe und deren Einnahme-Obergrenzen bietet die folgende Tabelle. Seite 17 von 132
16 Lehrskript Süßstoff Saccharin Sucralose Cyclamat Aspartam Acesulfam K Thaumatin Neohesperidin Stevia (Steviol) Seite 18 von 132 Obergrenze pro Kg Körpergewicht Bis 5 mg 15 mg 7 mg Bis 40 mg Bis 150 mg 4 mg Tabelle 2 - WHO-Empfehlung für die Dosierung von Süßstoffen (Quelle: Schmeisl 2009) Die ADI Werte sind nur Empfehlungen und unterliegen keiner gesetzlichen Kennzeichnungspflicht. Der große Nachteil der ADI Werte ist, dass sie an Tierversuchen ermittelt wurden und somit nicht immer hundertprozentig auf den Menschen übertragen werden können. Zuckeraustauschstoffe Zuckeraustauschstoffe werden aus pflanzlichen Grundstoffen hergestellt, z.b. aus Obst. Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören: Fructose o Hat nur eine minimale Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel o Zum Abnehmen ist Fructose ungeeignet, da sie pro g 4 kcal liefert o Beim Verzehr größerer Mengen > 25 g können Blähungen und Durchfälle auftreten o Leicht erhöhte Süßkraft gegenüber dem Haushaltszucker Zuckeralkohole (Sorbit, Xylit, Mannit, Isomalt, Laktit, Maltit) o Haben nur eine minimale Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel o 1 g Zuckeralkohole liefern 2,4 kcal o Beim Verzehr von g auf einmal können ebenfalls Blähungen und Durchfälle auftreten o Die Süßkraft von Sorbit, Mannit und Isomalt ist um die Hälfte geringer als die des Haushaltszuckers o Xylit, Laktit und Maltit haben eine ebenso große Süßkraft wie Haushaltszucker Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe gaukeln dem Körper das Ankommen von süß vor, die Mechanismen für die Verwertung werden in Gang gesetzt. Das Ausbleiben von süß hat dann
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