BESONDERES VERWALTUNGSRECHT II (KOMMUNALRECHT, BAURECHT)

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Transkript:

BESONDERES VERWALTUNGSRECHT II (KOMMUNALRECHT, BAURECHT) PD Dr. Andreas Funke Sommersemester 2011 Institut für Staatsrecht, Verfassungslehre und Rechtsphilosophie Email: Funke@jurs.uni-heidelberg.de

2 A. Überblick: Die beiden Grundfälle Baurechtsbehörde öffentlich-rechtliche Beziehung Stellung des Nachbarn? Bauherr Baugenehmigung (Fall 1) privatrechtliche Beziehung Nachbar (Dritter) (1) Nachbar wendet sich gegen eine Baugenehmigung, die dem Bauherrn erteilt wird (2) Nachbar begehrt von der Behörde, daß sie gegen den Bauherrn einschreitet

3 B. Grundfall 1 (Drittschutz gegen Baugenehmigung) Beispiel: E ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus und einer Doppelgarage bebauten Grundstücks, außerdem sind zwei Stellplätze vorhanden. Das Grundstück liegt ebenso wie das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück von Nachbar N im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans. Darin ist der fragliche Bereich als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. N erhält eine Baugenehmigung für die Errichtung von fünf Garagen. Dagegen wendet sich E unter Berufung auf 12 BauNVO. Ein Garagenbedarf bestehe nicht. Erfolgsaussichten der Klage?

4 B. Grundfall 1 (Drittschutz gegen Baugenehmigung) I. Klageart Anfechtungsklage Baugenehmigung als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung Wirksamkeit gegenüber Drittem abhängig von Bekanntgabe ( 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG)

5 B. Grundfall 1 (Drittschutz gegen Baugenehmigung) II. Klagebefugnis, 42 Abs. 2 VwGO 1. Grundrechte, insbesondere Art. 14 Abs. 1 u. 2 GG? Rspr: nein è Regelungen zur Konfliktbewältigung zwischen Bauherr und Nachbarn sind durch einfaches Gesetz geregelt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2)

6 B. Grundfall 1 (Drittschutz gegen Baugenehmigung) II. Klagebefugnis, 42 Abs. 2 VwGO 2. Einfaches Recht: drittschützende Vorschriften Gewährt die möglicherweise verletzte Norm des objektiven Rechts dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht? Beispiele: Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung (Gebietserhaltungsanspruch) Gebot der Rücksichtnahme, 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (je nach Einzelfall) 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, soweit Verletzung des Rücksichtnahmegebots, das im Merkmal einfügen enthalten ist 5 LBO (Abstandflächen)

7 B. Grundfall 1 (Drittschutz gegen Baugenehmigung) III. Begründetheit der Klage Anfechtungsklage begründet, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig und der Nachbar dadurch (!) in seinen Rechten verletzt ist, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Beachte: Verletzt die Baugenehmigung Normen, die den Nachbarn nicht schützen, ist die Klage unbegründet.

8 C. Grundfall 2 (Anspruch auf Einschreiten) Beispiel: A hat ohne die erforderliche Baugenehmigung ein Wohnhaus errichtet. Das Grundstück liegt im unbeplanten Innenbereich des Stadtkreises X. Auf dem unmittelbar benachbarten Grundstück betreibt B seit Jahren einen Schweinemastbetrieb. Erfolgsaussichten einer Klage des B, mit der ein Anspruch auf Einschreiten geltend gemacht wird?

9 C. Grundfall 2 (Anspruch auf Einschreiten) I. Klageart und Klagebefugnis Klageart: Verpflichtungsklage Klagebefugnis: gegeben, wenn der Nachbar möglicherweise in einer drittschützenden Vorschrift des einfachen Rechts verletzt ist

10 C. Grundfall 2 (Anspruch auf Einschreiten) II. Begründetheit der Klage Klage begründet, wenn Nachbar einen Anspruch auf Einschreiten hat (1) Befugnis zum Einschreiten: Tatbestand der 64, 65 LBO (2) Pflicht zum Einschreiten? nur bei Reduktion des Ermessens auf Null jedenfalls bei schwerer Gefahr für ein wichtiges Rechtsgut des Nachbarn oder bei erheblichem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschrift gegeben (i. E. str.)

11 C. Grundfall 2 (Anspruch auf Einschreiten) II. Begründetheit der Klage (3) Anspruch auf Einschreiten? dann, wenn Ermessensreduktion auf Null und wenn die Reduktion gerade wegen der Interessen des Nachbarn erfolgt wenn keine Ermessensreduktion, aber Interessen des Nachbarn fehlerhaft nicht beachtet: Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung