Begriff Verwaltungsvertrag: 54 S. 1 VwVfG: Vertrag, durch den ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Der Vertrag muss von einer Behörde abgeschlossen und dem Verwaltungsrecht zuzuordnen sein. Die Verwaltung stellt sich mit dem Bürger auf eine Stufe der Gleichordnung. Flexible Handlungsform > komplexe Sachverhalte werden in einem Kooperationsverhältnis mit dem Bürger geregelt. Bsp.: B will ein Kaufhaus bauen, kann jedoch seiner Pflicht aus Art. 47 BayBO, für Stellplätze in ausreichender Anzahl zu sorgen, nicht nachkommen. Die zuständige Behörde und B schließen einen Vertrag, in dem B sich zur Zahlung einer Ablösesumme verpflichtet, die die Behörde zur Herstellung öffentlichen Parkraums zu verwenden hat.
Arten und Abgrenzung Arten: Koordinationsrechtlich: zwischen grundsätzlich gleichgeordneten Vertragspartnern (Bsp.: Vertrag zwischen zwei Gemeinden über Unterhaltung eines an der Gemeindegrenze verlaufenden Flusses) Subordinationsrechtlich: zwischen Parteien, die sonst im Verhältnis der Über /Unterordnung stehen, vgl. 54 S. 2 VwVfG (Bsp.: Vertrag über Bewilligung und Auszahlung einer Subvention) Abgrenzung zum privatrechtlichen Vertrag: Nach objektiven Kriterien zu bestimmen, die subjektiven Vorstellungen der Parteien sind grds. nicht maßgeblich. Abgrenzung nach dem Vertragsgegenstand: Hat die übernommene Verpflichtung oder die vollzogene Verfügung öffentlich rechtlichen Charakter? Im Bereich der Leistungsverwaltung: begrenztes Wahlrecht (Bsp.: Die Stadtverwaltung kann die Benutzungsordnung für die Stadtbibliothek öffentlich rechtlich oder privatrechtlich ausgestalten)
Abgrenzung Abgrenzung zum Verwaltungsakt: Ein Verwaltungsakt wird einseitig durch die Behörde, ein Verwaltungsvertrag einvernehmlich durch Behörde und Bürger erlassen. Mitwirkungsbedürftiger VA: Der Bürger muss konstitutiv mitwirken, die Behörde wollte aber eine einseitig verbindliche Rechtsfolge treffen (z.b. Immatrikulation, Gaststättenerlaubnis). Verwaltungsvertrag: Der Bürger wird mitentscheidend in den Regelungsvorgang einbezogen, er kann auf die inhaltliche Gestaltung der Regelung Einfluss nehmen. Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen: Bsp.: B beantragt eine Gaststättenerlaubnis. Die Behörde meint, dass die Gaststätte mit einer zusätzlichen Lärmschutzvorrichtung versehen werden muss. Die Behörde kann: die Erlaubnis mit einer entsprechenden Auflage erlassen einen Vertrag mit G abschließen, in dem sie sich zum Erlass der Erlaubnis, G sich zur Herstellung der Vorrichtung verpflichtet.
Rechtmäßigkeit 1. Formelle Rechtmäßigkeit a) Zuständigkeit der vertragschließenden Behörde b) Verfahren (z.b. Zustimmung eines Dritten nach 58 I VwVfG) c) Form (Schriftform, 57 VwVfG) 2. Materielle Rechtmäßigkeit a) Wirksamer Vertragsschluss ( 62 S. 2 VwVfG ivm 145 ff. BGB) b) Kein Vertragsformverbot (entgegenstehende Rechtsvorschriften, 54 S. 1 VwVfG) c) Inhaltliche Rechtmäßigkeit des Vertrages aa) Rechtmäßigkeit der Behördenleistung bb) Rechtmäßigkeit der Bürgerleistung ( 56 VwVfG) Fehlerfolge: Nichtigkeit nach 59 II VwVfG oder nach 59 I VwVfG ivm 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot)
Rechtmäßigkeit Bsp.: C erhält von der Gemeinde eine Baugenehmigung gegen die Zahlung von 5000. Die Gemeinde verwendet das Geld für den Ausbau des Schwimmbads. Subordinationsrechtlicher Vertrag, 54 S. 2 VwVfG Inhaltskontrolle: Austauschvertrag, 56 VwVfG Vier Voraussetzungen des 56 I VwVfG: Gegenleistung für einen bestimmten Zweck vereinbart zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Angemessenheit der Gegenleistung sachlicher Zusammenhang zwischen Leistung der Behörde und des Bürgers (Kopplungsverbot) Der Vertrag zwischen C und der Gemeinde ist wegen 59 II Nr. 4 ivm 56 I 2 VwVfG nichtig. Zwischen der Geldzahlung für die Baugenehmigung und dem Ausbau des Schwimmbads besteht kein sachlicher Zusammenhang. Das Geld müsste von der Behörde für die Bebauung durch C verwendet werden, z.b. für die Erschließung des Grundstücks.
10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung Arten des Verwaltungsverfahrens Entscheidungsverfahren Allgemeines/nichtförmliches Verwaltungsverfahren (Regelfall, 10 VwVfG) Förmliches Verwaltungsverfahren ( 63 ff. VwVfG; in Spezialgesetzen, z.b. Enteignungsverfahren nach 104 ff. BauGB) Planfeststellungsverfahren ( 73 ff. VwVfG): noch stärker formalisiert, zielt auf Feststellung eines Planes, durch den ein raumbezogenes Vorhaben für zulässig erklärt wird Fortsetzungsverfahren Widerspruchsverfahren ( 68 ff. VwGO) Vollstreckungsverfahren Nicht gesetzlich geregelte Verfahren Massenverfahren: sehr viele Beteiligte, Verfahren zielt auf Erlass eines VA, wegen großer Reichweite sind aber eine Vielzahl von Personen betroffene Dritte; z.b. Genehmigung eines Kernkraftwerks, Festlegung einer Fernverkehrsstraße Mehrstufiges Verwaltungsverfahren: Genehmigungsverfahren wird wegen Komplexität in mehrere Teilabschnitte zerlegt, insb. bei Großprojekten
10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung Widerspruchsverfahren Doppelcharakter des Widerspruchsverfahrens: Verwaltungsverfahren, da von Verwaltungsbehörde durchgeführt Verwaltungsgerichtliches Verfahren, da seine Durchführung grds. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Anfechtungsklage und (teilweise) Verpflichtungsklage ist, 68 I 1 VwGO; keine Zulässigkeitsvoraussetzung bei Entbehrlichkeit, 68 I 2 VwGO ivm Art. 15 AGVwGO Zweck: Rechtsschutz des Bürgers: zusätzliche Beschwerdemöglichkeit mit geringerem Kostenrisiko als Klage vor dem Verwaltungsgericht Entlastung der Gerichte: wenn Ausgangsbehörde durch Abhilfebescheid oder Widerspruchsbehörde durch Widerspruchsbescheid stattgibt Selbstkontrolle der Verwaltung: kann ihre Entscheidung noch einmal überprüfen Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit Die Widerspruchsbehörde überprüft Recht und Zweckmäßigkeit des VA, d.h. sie untersucht (im Gegensatz zum Verwaltungsgericht) auch auf Unzweckmäßigkeit, Unwirtschaftlichkeit, sachnähere Alternativen, etc. Bei Ermessensentscheidungen prüft sie nicht nur, ob Ermessensfehler vorliegen, sondern kann das Ermessen vollständig neu ausüben.
10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung Verwaltungsvollstreckung Verwaltungsvollstreckung = zwangsweise Durchsetzung öffentlichrechtlicher Verpflichtungen des Bürgers durch die Behörde in einem verwaltungseigenen Verfahren Der Bürger kann seine Ansprüche nur mit Hilfe staatlicher Gerichte und Vollstreckungsorgane zwangsweise durchsetzen. Die Behörde kann ihre Ansprüche selbst vollstrecken; durch den Erlass eines Verwaltungsakts kann sie sich den erforderlichen Vollstreckungstitel selbst beschaffen. (Dies gilt nicht, wenn es um die Realisierung privatrechtlicher Ansprüche geht. Hier bedarf es eines gerichtlichen Verfahrens, um einen vollstreckbaren Titel zu erlangen.) Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen: Vorliegen eines Verwaltungsakts als Vollstreckungstitel Vollstreckbar sind nur befehlende VAe (nicht: feststellende und rechtsgestaltende VAe) VAe dürfen nur vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden oder sofort vollziehbar sind (d.h. wenn die Anfechtungsfristen abgelaufen sind oder wenn ein Gesetz oder die Behörde sofortige Vollziehung angeordnet hat)
10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung Verwaltungsvollstreckung Vollstreckung wegen Geldforderungen: Voraussetzungen aus 3 II, III VwVG: Leistungsbescheid Fälligkeit der Leistung Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Bescheides bzw. Fälligkeit der Leistung Soll Vorschrift: besondere Mahnung mit Zahlungsfrist von einer weiteren Woche Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen: Zwangsmittel: Ersatzvornahme ( 10 VwVG): Beauftragung eines Dritten auf Kosten des Pflichtigen Zwangsgeld ( 11 VwVG): Beugemittel, Mittel zur Erzwingung künftigen Verhaltens (keine Strafe oder Reaktion auf begangenes Unrecht) Unmittelbarer Zwang ( 12 VwVG): Einwirkung auf Personen oder Sachen, Selbstvornahme (z.b. Abschleppen eines Kfz, Auflösung einer Demonstration mit Schlagstöcken/ Wasserwerfern) Zwangsverfahren nach 13 15 VwVG: Die Anwendung des Zwangsmittels ist erst nach Androhung und Festsetzung zulässig.