Der internationale Einsatz von Führungskräften - eine stresstheoretische Perspektive

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Transkript:

Wirtschaft Hella Ennen Der internationale Einsatz von Führungskräften - eine stresstheoretische Perspektive Masterarbeit

Fachgebiet ABWL, insbesondere Personalwirtschaft und Organisation Masterarbeit WiSe 2003/2004 Der internationale Einsatz von Führungskräften- eine stresstheoretische Perspektive Hella Ennen Internationales Management 11. Semester Abgabe 23.01.2004

TABELLENVERZEICHNIS III ABBILDUNGSVERZEICHNIS IV 1 EINLEITUNG 1 1.1 Problemstellung 1 1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit 3 2 AUSLANDSENTSENDUNG VON FÜHRUNGSKRÄFTEN _ 6 2.1 Entsendung aus Sicht des Unternehmens 6 2.1.1 Entsendungsziele 6 2.1.2 Entsendungsstrategien 8 2.2 Entsendung aus Sicht des Mitarbeiters 11 2.2.1 Entsendungsmotive 11 2.2.2 Phänomen Auslandsmüdigkeit 12 2.3 Formen der Auslandsentsendung 14 2.4 Der Entsendungsprozess 16 2.4.1 Auswahl 17 2.4.2 Vorbereitung 18 2.4.3 Entsendungsphase 20 2.4.4 Reintegration 22 2.5 Zusammenfassung 24 3 DIE FÜHRUNGSKRAFT IM SPANNUNGSFELD DER KULTUREN (LÄNDERBEISPIEL JAPAN) 26 3.1 Der Kulturbegriff 26 3.1.1 Eingrenzung des Kulturbegriffs 26 3.1.2 Schichten von Kulturen 29 3.2 Kulturdimensionen nach Hofstede 31 3.2.1 Machtdistanz 32 3.2.2 Individualismus versus Kollektivismus 32 3.2.3 Unsicherheitsvermeidung 34 3.2.4 Maskulinität versus Femininität 34 3.2.5 Kurzfristige versus langfristige Orientierung 35 3.3 Zentrale Problemfelder der Auslandsentsendung 36 3.3.1 Berufliche Problembereiche 36 3.3.2 Problembereiche der Entsendung 39 3.3.3 Zeitliche Entwicklung der Problemklassen 42 3.4 Problembewältigung 43 3.4.1 Bewältigungsformen 44 3.4.2 Bewältigungserfolg 46 3.5 Zusammenfassung 47 I

4 STRESSTHEORETISCHE PERSPEKTIVE DER AUSLANDSENTSENDUNG 49 4.1 Anpassungsgeschehen 49 4.1.1 Anpassungsprozess 49 4.1.2 Verhaltensstrategien 53 4.1.3 Entsendung als Stresssituation 57 4.2 Transaktionales Stressmodell nach Lazarus 60 4.2.1 Primäre Bewertung 62 4.2.2 Sekundäre Bewertung 63 4.2.3 Neubewertung 64 4.3 Bewältigungsressourcen 64 4.3.1 Personenbezogene Bewältigungsressourcen 65 4.3.2 Situationsbezogene Bewältigungsressourcen 67 4.4 Kriterien des Entsendungserfolges 68 4.4.1 Persönlichkeitsbezogene Kriterien 70 4.4.2 Familienbezogene Faktoren 70 4.4.3 Unternehmensbezogene Faktoren 71 4.4.4 Gastlandbezogene Faktoren 71 4.4.5 Schlussfolgerungen 72 4.5 Zusammenfassung 76 5 MAßNAHMEN ZUR ERHÖHUNG DES ENTSENDUNGSERFOLGES 78 5.1 Auswahl 78 5.1.1 Internationale Handlungskompetenz 78 5.1.2 Auswahlkriterien 82 5.1.3 Interkulturelles Assessment Center 87 5.2 Vorbereitung 90 5.2.1 Ziele interkultureller Trainings 91 5.2.2 Trainingsmethoden 95 5.2.3 Kultur-Assimilator-Training 99 5.3 Betreuung 100 5.3.1 Fachliche Betreuung 101 5.3.2 Administrative Betreuung 101 5.3.3 Psychologische Betreuung 102 5.4 Reintegration 102 5.4.1 Reintegrations-Kulturschock 103 5.4.2 Maßnahmen zur Reintegration 104 5.5 Zusammenfassung 106 6 FAZIT UND AUSBLICK 108 SUMMARY 111 LITERATURVERZEICHNIS 116 ANHANG V II

Tabellenverzeichnis Tab.1: Häufigkeitsverteilung der Zielsetzung deutscher Unternehmen bei einer Auslandsentsendung von Mitarbeitern 7 Tab.2: Vor- und Nachteile internationaler personalpolitischer Grundhaltungen 10 Tab.3: Entsendungsmotive von Auslandsentsandten deutscher Unternehmen 12 Tab.4: Kostenübernahme durch das Unternehmen 19 Tab.5: Kontakt zum Stammhaus 21 Tab.6: Ausgewählte Länder auf den Wertedimensionen nach Hofstede 31 Tab.7: Häufigkeit wichtiger Problemklassen nach Entsendungsland 40 Tab.8: Probleme entsandter Manager 42 Tab.9: Häufigkeit und Erfolg von Bewältigungsformen 45 Tab.10: Profil interkultureller Kompetenz 82 Tab.11: Auswahlkriterien bei AE 83 Tab.12: In der Praxis eingesetzte Auswahlverfahren und ihre durchschnittliche Validität 88 Tab.13: Ein Prozessmodell der Reintegration 104 Tab.14: Beispiele für Wiedereingliederungsmaßnahmen im beruflichen und privaten Umfeld zu verschiedenen Zeitpunkten des Rückkehrprozesses 105 III

Abbildungsverzeichnis Abb.1: Modell der Versetzungsbereitschaft... 13 Abb.2: Die vier Phasen eines Auslandseinsatzes im Gesamtzusammenhang... 17 Abb.3: Das Zwiebeldiagramm: Manifestationen von Kultur auf verschiedenen Ebenen... 29 Abb.4: Modell der interkulturellen Anpassung nach Grove/Torbiörn... 51 Abb.5: Modell der Loyalität... 55 Abb.6: Der Person-Rollenkonflikt eines Expatriate... 58 Abb.7: Stressmodell in Anlehnung an Lazarus... 62 Abb.8: Erfolgsfaktoren des Auslandseinsatzes... 69 Abb.9: Stressbewertung des Expatriates und Einflussmöglichkeiten des Unternehmens... 73 Abb.10: Zusammensetzung internationaler Handlungskompetenz... 79 Abb.11: Anforderungsmerkmale und Übungen im Interkulturellen Assessment Center... 90 Abb.12: Vorbereitungsmaßnahmen für den Auslandseinsatz... 91 Abb.13: Komponenten interkultureller Kompetenz... 93 Abb.14: Klassifikation interkultureller Trainingsformen... 95 IV

1 Einleitung 1.1 Problemstellung In den letzten Jahrzehnten hat die Verflechtung der Weltwirtschaft ständig zugenommen. Der aus dem internationalen Wettbewerb resultierende Konkurrenzdruck und die erforderliche Nähe zu ausländischen Kunden haben dazu geführt, dass Unternehmen auch auf ausländischen Märkten präsent sein müssen. Dies führt zu einer ständig wachsenden Zahl von Kooperationen mit ausländischen Partnern, Fusionen und Übernahmen. Die Wahrnehmung von Zukunftschancen ist somit unweigerlich mit der Internationalisierung des Unternehmens verbunden. 1 Im Rahmen dieser Entwicklung gewinnt die Auslandsentsendung von Mitarbeitern zunehmend an Bedeutung. Unter dem Begriff Entsendung ist der zeitlich befristete Einsatz von Mitarbeitern bei einer Repräsentanz, Niederlassung oder Tochtergesellschaft im Ausland 2 zu verstehen. Es liegen zwar keine genauen Daten über die Anzahl der von deutschen Unternehmen entsandten Mitarbeiter vor, geschätzt wird jedoch, dass derzeit ca. 80.000 deutsche Mitarbeiter allein im europäischen Ausland mit einem befristeten Arbeitsvertrag tätig sind. 3 Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Auslandsentsendung von Führungskräften zu, da diese eine zentrale Aufgabe bei der Steuerung der grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten wahrnehmen und in den Auslandsgesellschaften kostenintensive Schlüsselpositionen einnehmen. 4 Auslandseinsätze stellen jedoch hohe Anforderungen an die so genannten Expatriates (Entsandte), da sie unter veränderten wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen handeln müssen. Auslandsentsandte stehen außerdem unter dem Druck, sowohl die Interessen des Gesamtunternehmens, die der Auslandsgesellschaft als auch die anderer Interessenvertreter (z.b. 1 Vgl. Schrempp (2002), S.V. 2 Blom/Meier (2002), S.163. 3 Vgl. Kühlmann (1995), S.1. 4 Stahl (1998), S.1. 1

Geschäftspartner, Kunden) zu berücksichtigen, berufliche Verpflichtungen sowie private Anpassungsprobleme zu bewältigen, soziale Kontakte aufzubauen, die Familie zu unterstützen sowie im Stammhaus nicht in Vergessenheit zu geraten, um nach der Rückkehr eine adäquate Anschlussposition zu finden. 5 Expatriates kommt einerseits eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung internationaler Unternehmenstätigkeit zu. Anderseits bilden diese Entsendungen auch kostenintensive Maßnahmen des Unternehmens. Einschließlich der Zuwendungen an die Familie kostet ein Auslandsaufenthalt das Unternehmen laut G. Hofstede zwischen 100.000 und 200.000 US Dollar jährlich zusätzlich zum Gehalt des Mitarbeiters. 6 Diese Entsendungen ziehen jedoch oftmals nicht den gewünschten Erfolg nach sich. Die Schätzung der Quoten vorzeitig abgebrochener Auslandsaufenthalte liegt zwischen 10 und 40 Prozent. 7 Deutlich höher ist die Anzahl der Mitarbeiter, die ihren Aufenthalt zwar nicht abbrechen, sich aber im Gastland weder wohl fühlen noch die erwartete berufliche Leistung erbringen und oftmals das Unternehmen nach ihrer Rückkehr verlassen. 8 Durch Leistungsdefizite oder Fehlverhalten von entsandten Führungskräften entstehen dem Unternehmen enorme Schäden, wie z. B. Imageschäden, entgangene Geschäfte oder personalpolitische Folgeschäden. Die Kosten solcher Schäden sind nur schwer zu berechnen, es wird jedoch geschätzt, dass die finanziellen Folgen von Fehlbesetzungen im Ausland ca. das Drei- bis Vierfache des Jahresgehaltes eines Mitarbeiters betragen. 9 Das Scheitern eines Auslandseinsatzes ist nicht ausschließlich auf Leistungsdefizite des Mitarbeiters zurückzuführen, die Gründe sind vielmehr in einer mangelhaften Entsendungsgestaltung des Unternehmens zu suchen. Die Lösungsansätze zur verbesserten Gestaltung von Auslandsentsendungen in der Literatur sind oftmals lückenhaft, denn es bestehen kaum Erkenntnisse über die konkreten Problemfelder eines Entsandten, mögliche Bewältigungsformen, in 5 Vgl. Stahl (1998), S.1. 6 Vgl. Hofstede (1997), S.314. 7 Vgl. Stahl (1998), S.2. 8 Vgl. Black/Gregersen (1999), S.1. 9 Vgl. Stahl (1998), S.2. 2

Anspruch genommene Unterstützungsmaßnahmen und Faktoren, die den Entsendungserfolg positiv beeinflussen. 10 Dementsprechend selten sind Versuche, Konzepte der Stressbewältigungsforschung für die Analyse des Anpassungsprozesses zu nutzen. 11 1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit Die Auswirkungen von interkultureller Zusammenarbeit werden in der Literatur aus verschiedenen Perspektiven mit unterschiedlichen Zielsetzungen erforscht. Insgesamt kann zwischen den folgenden drei Forschungsrichtungen unterschieden werden: 12 Erforschung von interkulturellen Verhandlungen (z.b. kulturtypische Argumentationsstile) Kulturvergleichende Managementforschung (z.b. Kulturdimensionen nach Hofstede) Expatriate-Forschung (z.b. Anpassungsgeschehen, Kulturschock) Basierend auf theoretischen Kenntnissen der kulturvergleichenden Management-Forschung soll in dieser Arbeit das kulturelle Spannungsfeld eines Entsandten aufgezeigt und die daraus für ihn resultierenden Problemfelder sowie Handlungsstrategien zur Bewältigung und deren Bewältigungserfolg auf Basis empirischer Untersuchungen zum Länderbeispiel Japan analysiert werden. Dieses Länderbeispiel wurde gewählt, da Japan einerseits eine hohe kulturelle Distanz zu Deutschland aufweist und anderseits Deutschlands wichtigster Wirtschafts- und Handelspartner in Asien darstellt. 13 Um Lösungsansätze für die analysierten Probleme zu finden, soll dann eine stresstheoretische Perspektive für Entsendungsgestaltung gewählt werden. Dazu sollen zunächst die Ähnlichkeiten zwischen dem Anpassungsgeschehen und Konzepten der Stressbewältigung aufgezeigt werden. Aufbauend auf dem transaktionalen Stressmodell von R. S. 10 Vgl. Stahl (1998), S.3. 11 Vgl. Kühlmann (1995), S.17. 12 Vgl. Warthun (1997), S.39ff. 13 Vgl. Deutsche Botschaft Tokyo, http://www.germanembassy-japan.org/de/wirtschaft 3

Lazarus sollen die Bewertungsvorgänge einer Situation verdeutlicht und mögliche Bewältigungsressourcen analysiert werden, die dann mit den kritischen Faktoren der Entsendungsgestaltung verbunden werden. Aus diesen Ergebnissen sollen Handlungsempfehlungen für das Unternehmen zur Erhöhung des Entsendungserfolges abgeleitet werden. Diese Arbeit verbindet somit Erkenntnisse aus der kulturvergleichenden Managementforschung und der Expatriate-Forschung. Kapitel zwei der Arbeit gibt einen allgemeinen theoretischen Überblick über die Auslandsentsendung von Mitarbeitern. Vorgestellt werden die Entsendungsziele von Unternehmen und die Entsendungsmotive des Mitarbeiters. Außerdem werden die unterschiedlichen Entsendungsformen, die sich nach Aufenthaltsdauer und vertraglichen Grundlagen unterscheiden, und der eigentliche Entsendungsprozess vorgestellt, der sich in vier Phasen unterteilen lässt. Im nächsten Kapitel wird das kulturelle Spannungsfeld, dem der Entsandte ausgesetzt ist, anhand des Länderbeispiels Japan thematisiert. In diesem Kapitel wird der Versuch gemacht, den Kulturbegriff transparenter zu gestalten und zu definieren sowie die kulturellen Unterschiede anhand der fünf Kulturdimensionen von Hofstede zu erläutern. Weiterhin werden die durch die kulturelle Überschneidungssituation zu begründenden Problembereiche einer Entsendung dargestellt und Aspekte deren Bewältigung aufgezeigt. In Kapitel vier wird der Auslandsentsendung eine stresstheoretische Perspektive zugrunde gelegt, um so Einflussmöglichkeiten zur besseren Bewältigung der aufgezeigten Probleme einer Entsendung zu analysieren. Nachdem die wichtigsten Inhalte des Anpassungsgeschehens erläutert und der Zusammenhang zu stresstheoretischen Erklärungsansätzen hergestellt wurde, wird das transaktionale Stressmodell von Lazarus vorgestellt. Darauf aufbauend werden mögliche Bewältigungsressourcen zur Förderung der Anpassung vorgestellt und Kriterien des Anpassungserfolges entwickelt. Abschließend erfolgt die Übertragung des Stressmodells auf die 4

Entsendungsgestaltung, um so mögliche Eingriffsmöglichkeiten für das Unternehmen zu analysieren. Im letzten Kapitel werden die aus dem vorherigen Kapitel gewonnenen Ergebnisse in Handlungsempfehlungen für das Unternehmen zur Erhöhung des Entsendungserfolges umgesetzt. Die empfohlenen Maßnahmen umfassen den vollständigen Entsendungsprozess und geben Verbesserungsvorschläge zur Auswahl, Vorbereitung, Betreuung und Reintegration des Entsandten. Den Abschluss dieser Arbeit bilden ein Fazit und Ausblick, in dem die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst und weiterer Forschungsbedarf sowie Handlungsbedarf für die Unternehmen aufgezeigt werden 5

2 Auslandsentsendung von Führungskräften Dieses Kapitel gibt einen allgemeinen Überblick über die Entsendungsgestaltung deutscher Führungskräften. Kapitel 2.1 betrachtet die Entsendungsgestaltung aus Sicht des Unternehmens. Dem gegenüberzustellen ist die Sichtweise des Mitarbeiters in Kapitel 2.2. Im nächsten Kapitel werden die unterschiedlichen Entsendungsformen vorgestellt. Abschließend wird der Entsendungsprozess erläutert und die Defizite in der Entsendungsgestaltung deutscher Unternehmen herausgearbeitet. 2.1 Entsendung aus Sicht des Unternehmens Unternehmen verfolgen mit einer Entsendung ihrer Mitarbeiter ins Ausland unterschiedliche Ziele. Diese Ziele sowie die verschiedenen Besetzungsstrategien zur ihrer Umsetzung werden nachstehend erläutert. 2.1.1 Entsendungsziele In einer Studie von E. Wirth wurden 63 Personalverantwortliche international tätiger deutscher Unternehmen nach den wichtigsten Entsendungszielen in ihrem Unternehmen befragt. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem der Transfer von technischem und wirtschaftlichem Know-how, die Förderung des Kommunikationsflusses, die Entwicklung eines Reservoirs auslandserfahrener Mitarbeiter sowie die Durchsetzung einer einheitlichen Unternehmenspolitik- und Kultur zu den vordergründigen Zielen einer Auslandsentsendung zählen. 14 Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die genannten Entsendungsziele und ihre Relevanz: 14 Vgl. Wirth (1992), S.125f. 6