Mauritius. österreichische ärztezeitung oktober 2007

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Transkript:

Targeted Therapies Mauritius 38

in der Onkologie Die unter dem Begriff targeted therapies zusammengefassten Substanzen richten sich gezielt gegen Moleküle wie etwa Wachstumsfaktoren oder deren Rezeptoren, die bei der Karzinogenese, beim Tumorwachstum und bei der Tumorausbreitung eine wichtige Rolle spielen ein Update. Von Christian Dittrich und Doris Steiger* Dieser Beitrag gibt einen Überblick über sogenannte targeted therapies in der Standardtherapie bei Patienten mit Malignomen unter Berücksichtigung jener Therapien, für die es seit 2005 entweder Ergebnisse von prospektiv randomisierten Studien, Zulassungen oder zumindest erdrückende Evidenz gibt, deren Einsatz für die Routine zu empfehlen. Aus systematischen, keineswegs aber aus wertenden Gründen, verzichten die Verfasser bewusst auf therapeutische Ansätze, die zwar neu, nicht jedoch als targeted in engerem Sinne zu bezeichnen sind wie beispielsweise die Klasse der Proteasom- Inhibitoren, die quasi den Prototyp pleiotroper Substanzen darstellen und griffiger vielleicht als dirty drugs bezeichnet werden könnten einzugehen. Zu den Angriffspunkten für zielgerichtete Therapeutika zählen insbesondere solche, die ein Glied in der komplexen und vernetzten Signaltransduktionskaskade von der Zelloberfläche bis zum Zellkern darstellen. Dementsprechend lassen sich targeted therapies in folgende Substanzgruppen einteilen: Monoklonale Antikörper gegen Rezeptor-Liganden (zum Beispiel Bevacizumab gegen den zirkulierenden vaskulären Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial growth factor)). Monoklonale Antikörper gegen die extrazelluläre Domäne membranständiger (Wachstumsfaktor-) Rezeptoren (zum Beispiel Trastuzumab gegen Her2/neu, Cetuximab gegen EGFR (epidermal growth factor receptor), Rituximab gegen CD20). Small molecules gegen die intra- zelluläre Tyrosinkinase-Domäne membranständiger Rezeptoren, die daher auch als TKI (Tyrosinkinaseinhibitoren) bezeichnet werden (zum Beispiel Imatinib, Erlotinib, Gefitinib, Lapatinib). Einige TKI hemmen gleichzeitig unterschiedliche Tyrosinkinasen, und werden daher als multi-targeted TKI bezeichnet (zum Beispiel Sunitinib, Dasatinib). Inhibitoren zytoplasmatischer (Serin-Threonin)-Kinasen (zum Beispiel der Raf-Kinase-Inhibitor Sorafenib oder der mtor (mammalian target of rapamycin)-inhibitor Temsirolimus. Abhängig vom Tumortyp, Erkrankungsstadium und der verwendeten Substanz werden zielgerichtete Therapeutika als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Therapieformen wie herkömmliche Chemotherapie oder Strahlentherapie eingesetzt. Aufgrund ihrer selektiven Wirkung gegen bestimmte Moleküle, die nur in der Krebszelle pathologisch verändert sind, weisen targeted therapies in der Regel ein weniger kritisches Nebenwirkungsprofil auf als konventionelle Zytostatika, da gesunde Zellen deutlich weniger geschädigt werden. Darüber hinaus eröffnet dieser sich in den letzten Jahren rasant entwickelnde Therapieansatz vielversprechende Möglichkeiten in Richtung verbesserter Individualisierung der antineoplastischen Therapie. Mammakarzinom Trastuzumab (Herceptin ) Eine Amplifikation/Überexpression des humanen epidermalen Wachstumsfaktors Her2/neu (cerbb2) findet sich bei etwa 20 bis 30 Prozent aller Mammakarzinome und ist mit einem aggressiveren und prognostisch ungünstigeren Krankheitsverlauf assoziiert. Gleichzeitig dient Her2/neu als selektives Target für die zielgerichtete Therapie mit Trastuzumab, einem humanisierten monoklonalen Antikörper, der durch Blockade von Her2/neu dessen wachstumsfördernde Wirkung inhibiert. Trastuzumab hat in den letzten Jahren wesentlich dazu beigetragen, die Therapieergebnisse bei Patientinnen mit Her2-positivem, metastasiertem Mammakarzinom zu verbessern. Im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie kann durch den zusätzlichen Einsatz von Trastuzumab bereits in der Erstlinientheraphie : 39

: ein signifikant höheres Ansprechen, längeres progressionsfreies Überleben und längeres Gesamtüberleben erreicht werden. Trastuzumab ist seit Mai 2006 auch für die adjuvante Therapie des Her2-positiven Mammakarzinoms zugelassen und wird in dieser Indikation routinemäßig für ein Jahr verabreicht. Vier große randomisierte Phase III-Studien mit insgesamt mehr als 14.000 Patientinnen (siehe Tab 1) konnten den Nutzen von Trastuzumab in der adjuvanten Situation nachweisen. Die Ergebnisse zeigten übereinstimmend, dass Trastuzumab das krankheitsfreie Überleben sowie das Gesamtüberleben statistisch signifikant und klinisch relevant verlängert, wenn es adjuvant zu Operation und Chemotherapie sowie gegebenenfalls Strahlentherapie eingesetzt wird. Immer häufiger wird beim Mammakarzinom im Frühstadium primär eine systemische präoperative Therapie eingesetzt, um den Tumor zu verkleinern und damit die Chancen auf eine brusterhaltende Operation zu erhöhen. Das Potenzial von Trastuzumab präoperativ ist in mehreren Studien mit ebenfalls eindrucksvoll positiven Resultaten untersucht worden: so zum Beispiel in einer randomisierten Untersuchung von Buzdar et al, in der durch zusätzliche Gabe von Trastuzumab zu Anthrazyklin-Taxan-haltiger Chemotherapie eine deutlich höhere Rate an pathologisch kompletten Remissionen erreicht wurde als ohne Antikörper (65 vs 26 Prozent). Das Erreichen einer pathologisch kompletten Remission durch präoperative systemische Therapie gilt als wichtiger Surrogatmarker für langfristiges krankheitsfreies Überleben. Für diese Behandlungssituation liegt jedoch noch keine Registrierung vor. Lapatinib (Tykerb ) Mit der Entwicklung von Lapatinib konnte ein weiterer Fortschritt für die Therapie des Mammakarzinoms erreicht werden. Lapatinib, ein Vertreter der sogenannten small molecules oder Tyrosinkinaseinhibitoren, blockiert in Erweiterung zu Trastuzumab zwei Rezeptoren der Her-Familie, den HER2- und den EGF-Rezeptor (epidermal growth factor receptor), und zwar über Bindung an deren intrazelluläre ATP- Bindungsstellen. Wegen dieser dualen Tyrosinkinase-Hemmung könnte die Substanz eine noch höhere Effektivität als das HER2-selektive Trastuzumab entfalten beziehungsweise können mittels Lapatinib Resistenzmechanismen gegenüber Trastuzumab umgangen werden. In einer im Dezember 2006 von Geyer et al. publizierten Phase III-Studie wurde die Wirksamkeit dieser neuen Substanz an mehr als 300 intensiv unter anderem mit Trastuzumab vorbehandelten Patientinnen mit HER2- positivem, lokal fortgeschrittenem metastasiertem Brustkrebs (Stadium IIIB-IV) untersucht. Verglichen wurde die alleinige Chemotherapie mit Capecitabin versus Capecitabin in Kom- : Übersicht über die wichtigsten randomisierten Phase III-Studien zum Einsatz von Herceptin in der adjuvanten Therapie des Her2-positiven Mammakarzinoms Studie Design Medianes Follow-up Ergebnisse (*) Ref. NSABP B-31 und AC P+T 3a DFS (nach 4a): Romond et al., NEJM Intergroup N9831 vs 86% vs73% (HR 0,49) 2005, Update ASCO (kombinierte Analyse) AC P OS (nach 4a): 2007 93 vs 89% (HR 0,63) HERA CHT +/- RT + T 2a DFS (nach 2a): Smith et al., vs 87 vs 81% (HR 0,64) Lancet 2007 CHT +/- RT OS (nach 3a): 92 vs 90% (HR 0,66) BCIRG 006 AC D + T 3a DFS (nach 4a): Slamon et al., vs 83 vs 82 vs 77% SABCS DCT (HR 0,61 bzw. HR 0,67) 12/2006 vs OS (nach 4a): AC D 92 vs 91 vs 86% (HR 0,59 bzw. 0,66) FinHer V + FEC + T >3a DFS (nach 3a) Joensuu et al., vs 89 vs 78% (HR 0,42) N Engl J M 2007 V + FEC OS (nach 3 a) n.s. (*): p= signifikant AC= Doxorubicin, Cyclophosphamid; P= Paclitaxel, D= Docetaxel; T= Trastuzumab; DCT= Docetaxel, Cis-Carbo-Platin, Trastuzumab; V= Vinorelbin; FEC=Fluorouracil, Epirubicin, Cyclophosphamid;DFS= disease-free-survival; OS= Overall survival; HR= hazard ratio; n.s.= nicht significant. Tab.1 40/41

: bination mit Lapatinib, wobei sich ein hoch signifikanter Vorteil zugunsten der Kombination mit Lapatinib ergab. Die mediane Zeit bis zur Progression war bei der Erstauswertung unter Lapatinib/Capecitabin fast doppelt so lang wie unter Capecitabin-Monotherapie (36,9 vs 19,7 Wochen) und beim ASCO 2007 Up-date immerhin noch 27 vs. 19 Wochen (HR 0,57; P=0,00013). Zudem zeigte Lapatinib, das als kleines Molekül gut die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, Aktivität gegenüber Hirnmetastasen, die mit bisherigen Substanzen kaum zu beeinflussen waren. So entwickelten unter der Kombinationstherapie weniger Patientinnen Hirnmetastasen als unter Capecitabin alleine (2 vs 11%, p=0,04). Mit der noch für 2007 erwarteten europäischen Zulassung von Lapatinib wird bald eine Therapiemöglichkeit für Patientinnen, die gegen Trastuzumab resistent sind und/oder geworden sind und speziell auch solche mit Hirnmetastasen zur Verfügung stehen. Bevacizumab (Avastin ) Der Angiogenese-Hemmer Bevacizumab, ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen VEGF (vascular endothelial growth factor), der erstmals beim metastasierten Kolorektalkarzinom eingeführt wurde, ist mittlerweile auch zur Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms zugelassen. In einer Studie, die den Nutzen des Antikörpers in der first-line Therapie bei Her2 negativem metastasiertem Mammakarzinom untersuchte, führte die Kombination Paclitaxel plus Bevacizumab zu einer signifikanten Verbesserung des Ansprechens (36 vs 16 Prozent) und zu einer Verdoppelung des progressionsfreien Überlebens (13,3 vs 6,7 Monate, p<0,0001)-verglichen mit Paclitaxel- Monotherapie. (Miller et al., 2005). Kolorektalkarzinom Für die Behandlung des metastasierten Kolorektalkarzinoms sind bis dato zwei Substanzen aus der Klasse der zielgerichteten Therapeutika zugelassen: Cetuximab und Bevacizumab. Cetuximab (Erbitux ) Cetuximab, ein chimärer (Mensch/ Maus) monoklonaler Antikörper gegen EGFR, ist in Kombination mit Irinotecan verabreicht für die Folgetherapie des EGFR-exprimierenden metastasierten Kolorektalkarzinoms nach Versagen von Irinotecan-haltiger Chemotherapie zugelassen. Mittlerweile konnte die Effektivität von Cetuximab in unterschiedlichen Therapiesituationen, das heißt nicht nur in der Zweit/Drittlinientherapie, sondern auch in der Erstlinientherapie in randomisierten Studien nachgewiesen werden sei es in Kombination mit Irinotecan- oder Oxaliplatin-haltiger Chemotherapie oder auch als Monotherapie nach Chemotherapieversagen. Als Beispiel sei die sogenannte CRYS- TAL-Studie zum Einsatz von Cetuximab in der Erstlinientherapie angeführt: Die ersten Ergebnisse wurden beim diesjährigen amerikanischen Krebskongress (ASCO 2007) präsentiert. Durch Hinzufügen von Cetuximab zur Chemotherapie, wobei ein Irinotecan-haltiges Standardregime eingesetzt wurde, konnte das relative Risiko der Tumorprogression um 15 Prozent reduziert werden. Besonders deutlich zeigte sich die Verbesserung des progressionsfreien Überlebens in der Subgruppe mit ausschließlicher Lebermetastasierung (11,4 vs 9,2 Monate). Für die Zweitlinientherapie konnte Sobrero et al. (AACR 2007) in der sogenannten EPIC-Studie mit der Kombination von Irinotecan und Cetuximab nach Oxaliplatin-haltiger Erstlinientherapie gegenüber alleiniger Gabe von Irinotecan eine signifikant längere progressionsfreie Zeit von 4 vs 2,6 Monaten erreichen. Das entspricht einer Verminderung des relativen Risikos einer Krankheitsprogredienz von 31 Prozent. In der Drittlinientherapie fanden Jonker et al. (2007) ein signifikant verlängertes Überleben (6,1 vs 4,6 Monate) für Cetuximab-Monotherapie gegenüber best supportive care. Bevacizumab (Avastin ) Die Registrierung von Bevacizumab bei diesem Tumor erfolgte mit einer prospektiv randomisierten Studie, in der die Kombination von Irinotecan-hältiger Chemotherapie und Bevacizumab versus alleinige Chemotherapie in der first-line Therapie verglichen wurde (Hurwitz et al., 2004). Die Ergebnisse fielen in allen Endpunkten signifikant zugunsten der zusätzlichen Gabe des Antikörpers aus: für das mediane Überleben (20,3 vs 15,6 Monate; wobei das relative Risiko, zu versterben, um 35 Prozent abgesenkt werden konnte), für das progressionsfreie Intervall, für das Ansprechen und für die mediane Dauer des Ansprechens. Die Überlegenheit der zusätzlichen Gabe von Bevacizumab konnte auch für die Kombination mit Oxaliplatin-hältiger Chemotherapie demonstriert werden. So wurde in einer randomisierten Phase III-Studie der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) durch Hinzufügen des Antikörpers zur Standardchemotherapie (FOLFOX4-Schema) in der Zweitlinientherapie eine signifikante Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens (12,9 vs 10,8 Monate) sowie des progressionsfreien Überlebens (7,2 vs 4,8 Monate) erreicht (Giantonio et al., 2005). Somit liegen mittlerweile im Wesentlichen ausreichend Daten für den Routineeinsatz von Erbitux sowie Avastin in allen Therapielinien des metastasierten Kolorektalkarzinoms, das heißt von der Erstlinien- bis zur sogenannten Salvage- Therapie und nach fast allen möglichen Vortherapien vor für Erbitux jedoch mit der vorläufigen Einschränkung, dass diese Datenlage nur für EGFR- : 42/43

: positive Tumoren abgesichert beziehungsweise getestet wurde. Pankreaskarzinom Erlotinib (Tarceva ) Moore et al. haben 2005 in einem prospektiv randomisierten Vergleich zwischen Monochemotherapie mit Gemcitabin gegenüber der Kombination Gemcitabin und Erlotinib eine signifikante Überlegenheit für die zusätzliche Gabe von Erlotinib beschrieben. Der Unterschied im Überleben war signifikant und senkte das relative Risiko, zu versterben, um 19 Prozent ab. Die entsprechenden Ein-Jahresüberlebensraten lagen bei 17 Prozent vs 25 Prozent. Auch das progressionsfreie Überleben war zugunsten der zusätzlichen Gabe von Erlotinib signifikant (p=0,003) verlängert beziehungsweise das relative Risiko der Krankheitsprogredienz um 24 Prozent vermindert. Seither gibt es bei dieser Tumorentität keine Neuigkeiten in Bezug auf targeted therapies, die zu einer Veränderung des klinischen Vorgehens geführt haben. Die Kombination von Gemcitabin und Erlotinib war die erste, für die ein Überlebensvorteil gegenüber Gemcitabin-Monotherapie für das fortgeschrittene und/oder metastasierte Pankreaskarzinom nachgewiesen werden konnte. Auch war es der Modellfall, dass erstmals die Kombination eines gegen EGFR gerichteten Tyrosinkinaseinhibitors in Kombination mit Chemotherapie zu einem Überlebenszeitvorteil geführt hat. Hepatozelluläres Karzinom Sorafenib (Nexavar ) Das lokal fortgeschrittene, für lokale Therapieverfahren nicht mehr geeignete, sowie das metastasierte Leberzellkarzinom galten bisher mangels wirkungsvoller systemischer antineoplastischer Behandlungsmöglichkeiten als nicht behandelbar. Mit dem Multi-Kinase-Inhibitor Sorafenib steht nun seit kurzem erstmals eine Substanz zur Verfügung, für die eine Verlängerung des Überlebens im Vergleich zu alleiniger supportiver Therapie gezeigt werden konnte. Die eindrucksvollen Ergebnisse einer randomisierten Studie mit mehr als 600 Patienten (SHARP-Studie) wurden beim amerikanischen Krebskongress ASCO 2007 von Llovet präsentiert. Eingeschlossen waren Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung und ausreichender Leberfunktion (Child-Stadium A). Das mediane Überleben war unter Sorafenib verglichen mit Placebo mit 10,7 vs 7,9 Monaten deutlich und statistisch signifikant (p=0,00058) länger. Das relative Risiko, zu versterben, war um 31 Prozent abgesenkt. Auch die Dauer bis zur radiographisch objektiv erfassbaren Progression wurde mittels Sorafenib signifikant von 2,8 auf 5,5 Monate (p=0,000007) verlängert. Das relative Risiko der Krankheitsprogredienz wurde dabei um 42 Prozent abgesenkt. Damit ist Sorafenib zur Standardtherapie des nicht operablen beziehungsweise metastasierten hepatozellulären Karzinoms geworden. Nicht-kleinzelliges Bronchuskarzinom (non small cell lung cancer; NSCLC) Erlotinib (Tarceva ) Erlotinib ist derzeit für die secondund third-line Therapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (Stadium IIIB/IV) zugelassen. Grundlage dafür war eine kanadische Studie (BR.21; (Shepherd et al., 2005)), in der Erlotinib gegenüber Placebo bei Patienten, die mit ein bis zwei Chemotherapien vorbehandelt waren, verglichen wurde. Neben einer Verlängerung des medianen Überlebens von 6,7 vs 4,7 Monate, der Ein-Jahres-Überlebensrate von 30 vs 22 Prozent (p=0,001, HR 0.72) und einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (9,7 vs 8,0 Wochen, p<0.0001, HR 0.64) konnten zusätzlich tumorbedingte Symptome wie Husten, Dyspnoe und Schmerzen mittels Erlotinib signifikant reduziert werden. Prädiktive Faktoren für eine bessere Effektivität von Erlotinib sind eine negative Raucheranamnese, das Vorliegen eines Adenokarzinoms, weibliches Geschlecht und asiatische Herkunft. Für die bei uns vorherrschende Population kaukasischer Provenienz kommt Erlotinib derzeit ab Drittlinientherapie beziehungsweise bei speziell vorliegender Konstellation, wie etwa dem Vorliegen von Kontraindikationen für bestimmte Chemotherapien bereits in der Second line-therapie des metastasierten nichtkleinzelligen Bronchuskarzinoms zum Einsatz. Bevacizumab (Avastin ) Die Evidenz für den Benefit einer antiangiogenen Therapie konnte in einer Phase III-Studie, in der Chemotherapie (Carboplatin/Paclitaxel) mit oder ohne Bevacizumab beim fortgeschrittenen/ metastasierten NSCLC (Stadium IIIB/ IV) verglichen wurde, erbracht werden (Sandler et al., 2006). Sowohl die Ansprechrate (27 vs 10 Prozent, p=0,0001), die Zeit bis zur Progression (6,4 vs 4,5 Monate, p<0.0001) als auch das Überleben (12,5 vs 10,2 Monate, p=0,0075) fielen im Antikörper-haltigen Arm signifikant besser aus. Der zusätzliche Nutzen des Antikörpers in der ähnlich aufgebauten randomisierten AVAIL-Studie, welche von Manegold am ASCO 2007 erstmals präsentiert wurde, war zwar statistisch signifikant, jedoch bescheiden. Im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie bestehend aus Cisplatin und Gemcitabin konnte durch Hinzufügen des Antikörpers eine relative Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) um 25 Prozent (p=0,002) erreicht werden. Der absolute Unterschied des PFS betrug le- 44

diglich 0,6 Monate (6,7 Monate mit vs 6,1 Monate ohne Antikörper). In der Praxis ist der Einsatz von Bevacizumab in der (First line-)therapie der Patienten mit NSCLC zur Zeit noch nicht etabliert. Positive Ergebnisse weiterer bestätigender Phase III-Studien sind dazu notwendig. Besonders deshalb, weil zahlenmäßig große Subgruppen an Patienten wie solche mit Plattenepithelkarzinomen, Hämoptysen, Hirnmetastasen und über 70-Jährige wegen der zu erwartenden zu ausgeprägten Toxizität von vornherein ausgeschlossen werden müssen. Nierenzellkarzinom Das fortgeschrittene/metastasierte Nierenzellkarzinom ist durch ungünstige Prognose, das heißt Überleben bei nicht radikaler Primärtumor-Resektion von im Median einem Jahr und fehlender Beeinflussbarkeit durch konventionelle Chemotherapie gekennzeichnet. Bis 2006 galten Zytokine (Interferon-alpha und/oder Interleukin-2) trotz unbefriedigender antitumoraler Wirkung als Therapiestandard beziehungsweise sind es für eine kleine Untergruppe, die u.a. durch ausschließlich klarzellige Histologie und Carbonanhydrase (CA) IX-Positivität charakterisiert ist, bis heute geblieben. Seit dem Vorjahr wurden durch die Einführung neuer zielgerichteter Substanzen die Möglichkeiten der systemischen Behandlung dieses Tumortyps deutlich erweitert: Sunitinib (Sutent ) Dieser multi-targeted Tyrosinkinaseinhibitor hemmt u.a. die Tyrosinkinaseaktivität des VEGFR, PDGFR, und KIT (siehe GIST). Er wirkt damit sowohl antiproliferativ als auch antiangiogen. Nach Zulassung als second-line Therapie im Juli 2006 ist Sunitinib nun seit Anfang dieses Jahres bereits in der Erstlinientherapie des metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinoms zugelassen, und hat damit die bisher übliche Zytokintherapie weitestgehend verdrängt. Die dafür entscheidende Studie von Motzer et al. (2007) verglich randomisiert Sunitinib vs Interferonalpha. Die Ergebnisse fielen signifikant zugunsten von Sunitinib aus mit einer Ansprechrate von 44 vs 11 Prozent und einem medianen progressionsfreien Überleben von 11 vs 4 Monaten, einer relativen Risikominderung des Fortschreitens der Erkrankung von 51 Prozent entsprechend (HR=0,49, ASCO 2007). Unabhängig von der Risikogruppe profitierten alle Patienten deutlich von der Therapie mit dem Tyrosinkinasehemmer. Damit ist die Substanz zum neuen First line-standardtherapeutikum geworden. Sorafenib (Nexavar ) Dabei handelt es sich um einen weiteren multi-targeted Signaltransduktionsinhibitor mit der Hemmung von VEGFR, PDGFR und der zytoplasmatischen Raf-Kinase. Die TAR- GET-Schlüsselstudie von Escudier et al., (2007), eine Phase III-Studie mit mehr als 900 Zytokin-vorbehandelten Patienten, konnte einen signifikanten Vorteil von Sorafenib gegenüber Placebo in der Zweitlinientherapie nachweisen. So wurde mit Sorafenib bei 84 Prozent der Patienten eine Tumorkontrolle (das heißt eine partielle Remission (PR) und eine Tumorstabilisierung (SD) im Vergleich zu 55 Prozent unter Placebo erreicht. Außerdem war nicht nur das progressionsfreie Überleben (5,5 vs 2,8 Monate), sondern nach Herausnahme der Crossover-Daten auch das Gesamtüberleben (17,8 vs 14,3 Monate, p=0,0287; HR 0,78) signifikant verlängert. Sorafenib ist in Europa deshalb derzeit für die Second line-therapie des fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinoms zugelassen. Temsirolimus (Torisel ) Temsirolimus, ein Abkömmling des Rapamycins, hemmt die Proteinkinaseaktivität von mtor (mammalian target of rapamycin). mtor spielt eine wichtige Rolle bei der Proliferationsregelung neoplastischer Zellen. Blockiertes mtor führt u.a. zu einem Zellteilungsstopp in der G1-Phase und zu einer Störung der Proteinsynthese. In einer dreiarmigen Phase III-Studie wurde Temsirolimus bei Patienten mit Nierenzellkarzinom im fortgeschrittenen Stadium und ungünstiger Prognose nach den sogenannten Motzer-Kriterien als Erstlinientherapie eingesetzt. Verglichen wurde Interferon-alpha vs Temsirolimus vs die Kombination der beiden (Hudes et al., 2006). Patienten mit Temsirolimus-Monotherapie lebten mit einem Median von 10,9 Monaten signifikant länger als die unter Interferon-alpha mit nur 7,3 Monaten (p=0,0069, HR 0,73). Die Kombination der beiden Substanzen führte interessanterweise nicht zu Überlebensverlängerung im Vergleich zur Zytokin-Monotherapie. Temsirolimus war mit den erstmals am ASCO 2006 durch Hudes präsentierten Ergebnissen das erste der neuen Medikamente, das eine (49prozentige) Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber der bisherigen Standardtherapie zeigen konnte sowie eine Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens um 1,8 Monate, das heißt um 95 Prozent. Dennoch hat die Substanz bis heute noch nicht die europäische Zulassung erreicht. Bevacizumab (Avastin ) Vor kurzem wurden die ersten Resultate einer Phase III Studie (AVOREN, n=649) zum Einsatz von Bevacizumab bekannt, die durchaus vielversprechend sind (Escudier et al., 2007): Durch Zugabe von Bevacizumab zum bisherigen Standard Interferon wurde das progressionsfreie Überleben von median 5,4 Monate auf 10,2 Monate angehoben (p<0,0001, HR=0,63). Auch die Tumoransprechrate konnte auf für diesen Tumortyp beachtliche 31 vs 13 Prozent (p<0,0001) gesteigert werden. Außer- : 45

: dem ist in dieser Studie ein Trend zu verbessertem Gesamtüberleben erkennbar (p=0,067). Damit hat die Entität des Nierenzellkarzinoms wie kaum eine andere eine wesentliche Veränderung im Sinne von Verbesserung und Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten durch targeted therapies erfahren. Für die First line-therapie der fortgeschrittenen Erkrankung konnte sich Sunitinib gut etablieren; Temsirolimus ist vorläufig nur in den USA zugelassen. Für die Second line-therapie sind die Daten von Sorafenib überzeugend. Für den Einsatz von Bevacizumab sind die Daten noch relativ zu unreif, um sie für die Routine zu empfehlen. Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) Gastrointestinale Stromatumoren sind Weichteilsarkome, die vom mesenchymalen Gewebe des Gastrointestinaltrakts ausgehen. Obligates diagnostisches Kriterium für GIST ist der immunhistochemische Nachweis der Expression von c-kit (CD 117). C-Kit, eine Rezeptor- Tyrosinkinase, wird in 90 Prozent aller GIST-Fälle durch ein Gen, das für die Pathogenese entscheidende Gain-offunction Mutationen aufweist, die zu einer konstitutiven Aktivierung der Tyrosinkinase führen, kodiert. Imatinib (Glivec ) Beim inoperablen (lokal fortgeschrittenen/metastasierten) GIST stellt Imatinib seit einigen Jahren die Therapie der Wahl dar. Imatinib hemmt die Tyrosinkinaseaktivität von c-kit, plateled derived growth factor receptor (PDGFR) sowie BCR/ABL (siehe CML). Während unter konventioneller Chemotherapie die Ansprechraten bei lediglich fünf Prozent liegen, können mittels Imatinib beeindruckende Response-Raten von etwa 65 Prozent erreicht werden (van Oosterom et al., 2001; Demetri et al., 2002). Dies führte 2002 zu einer Fast-track - Zulassung von Glivec auf Basis einer randomisierten Phase II-Studie. Eine erste Studie, die den Wert der adjuvanten Therapie bei GIST nach radikaler Tumorresektion gegenüber Placebo geprüft hat, erreichte das Studienziel: Rückfallfreies Überleben nach einem Jahr adjuvanter Imatinib 400mg/d-Applikation in 97 Prozent war den 83 Prozent im Placebo-Arm statistisch signifikant überlegen (p<0,001; HR 0,33; DeMatteo et al., 2007). An der Einreichung um Zulassung von Glivec für die adjuvante Therapiesituation durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA wird bereits gearbeitet. Des Weiteren sind Studien zur Optimierung der Dauer der adjuvanten Therapieapplikation sowie zur Risikoprofil-abhängigen Differentialindikation im Gang. Sunitinib (Sutent ) Sunitinib kommt mittlerweile zur Behandlung von GIST nach Imatinib- Versagen zum Einsatz. Die Zulassung erfolgte auf Basis einer Phase III-Studie, in der Sunitinib bei Patienten mit Imatinib-Resistenz oder -Unverträglichkeit vs Placebo getestet wurde (Demetri et al., 2006). Eine Tumorkontrolle (Tumorverkleinerung und Tumorstabilisierung) wurde in 24 Prozent der Fälle erreicht; die Zeit bis zur Progression lag unter Sunitinib bei 27 vs 6 Wochen mit Placebo. Tumoren des Kopf-Hals-Bereiches Cetuximab (Erbitux ) Durch zusätzliche Gabe des EGFR- Antikörpers Cetuximab zu hochdosierter Strahlentherapie konnte in einer Phase III-Studie von Bonner et al (2006) das Überleben von Patienten mit lokoregional fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereiches signifikant, das heißt von 29,3 auf 49 Monate (p=0,03; HR 0,74) und die mediane Dauer der lokoregionalen Kontrolle von 14,9 auf 24,4 Monate (p=0,005; HR 0,68) angehoben werden. Außerdem führte in einer Subgruppenanalyse bei Larynx- und Hypopharynx- Karzinomen die Gabe von Cetuximab zusätzlich zur Bestrahlung zu einer gesteigerten Rate an Organerhaltung des Larynx. Insgesamt hat Cetuximab zu überlegenen Ergebnissen in Kombination mit Strahlentherapie im lokal fortgeschrittenen, primär inoperablen Stadium geführt und stellt für Patienten, denen keine primäre Platin-hältige Chemotherapie zumutbar ist, einen neuen Therapiestandard dar. Zum Einsatz von Cetuximab im rezidivierten und/oder metastasierten Stadium liegen ebenfalls positive Ergebnisse von Phase III-Studien vor. Besonders erfreulich sind die am ASCO-Kongress 2007 präsentierten Überlebensdaten der sogenannten EXTREME-Studie. Verglichen wurde alleinige Chemotherapie bestehend aus Cisplatin/5-FU mit derselben Chemotherapie plus Cetuximab. Im Cetuximab-hältigen Arm wurde eine signifikante Verlängerung des medianen Überlebens um 2,7 Monate erreicht (10,1 vs 7,4 Monate) mit einer relativen Reduktion des Mortalitätsrisikos um 20 Prozent. Damit konnte von Vermorken et al. zum ersten Mal seit 25 Jahren ein Überlebensvorteil im Vergleich zu Platin-haltiger Chemotherapie in der schwer zu therapierenden Patientengruppe mit rezidivierten/metastasierten Kopf-Hals-Tumoren gezeigt werden. Für die rezidivierte/metastasierte Erkrankungssituation sollte Cetuximab daher ab nun zum Standard der Erstlinientherapie in Kombination mit Platinhaltiger Chemotherapie gehören. Non Hodgkin-Lymphome Rituximab (Mabthera ) Die Einführung von Rituximab vor zehn Jahren stellte einen entscheidenden Fortschritt bei der Behandlung : 46/47

: von CD20-positiven B-Zell-Non- Hodgkin-Lymphomen dar. Dieser monoklonale Antikörper richtet sich spezifisch gegen das Molekül CD20 an der Oberfläche von B-Lymphozyten und B-Zell-Lymphomzellen. Für Rituximab besteht eine Indikation bei den meisten Formen von aggressiven und indolenten B-Zell Non Hodgkin-Lymphomen, sowohl für den kombinierten Einsatz in der Primärtherapie als auch in der Rezidivtherapie. In zahlreichen Phase III-Studien konnte nämlich im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie deutliche und signifikante Verbesserung der Ansprechraten, Verlängerung der Zeit bis zum Therapieversagen, des progressionsfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens durch die zusätzliche Gabe von Rituximab nachgewiesen werden. Beispielhaft seien die in einer randomisierten Untersuchung von Coiffier et al (2002, 2004) erreichten Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten bei über 60jährigen Patienten mit aggressivem, diffusem, großzelligem B-Zell Lymphom angeführt. Diese lagen bei 58 Prozent für die Kombination Rituximab plus Chemotherapie (R-CHOP) und bei 45 Prozent für die alleinige Chemotherapie (CHOP). Für die jüngere Patientenkategorie bis 60 Jahre wurde zugunsten von Rituximab und Chemotherapie eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 95 Prozent gegenüber 86 Prozent ohne Rituximab beobachtet (sogenannte MinT Studie von Pfreundschuh et al., 2005). Ähnlich eindrucksvolle Daten existieren für das indolente Lymphom. Insgesamt liegen derzeit Ergebnisse von vier randomisierten Studien zur Erstlinientherapie des follikulären Lymphoms vor, welche einen absoluten Überlebensvorteil von 6 bis 13 Prozent für die Chemo-Immun-Therapie nachweisen. Unabhängig vom Alter profitieren alle Risikogruppen von der zusätzlichen Gabe von Rituximab. Darüber hinaus ist auch die Indikation für Rituximab als Erhaltungstherapie des follikulären Lymphoms mittlerweile klar etabliert. Durch die Erhaltungstherapie werden nicht nur das progressionsfreie Überleben (PFS), sondern auch das Gesamtüberleben signifikant verlängert. So betrug beispielsweise in der randomisierten Studie von Van Oers et al (2006) das PFS in der Observanzgruppe nur 15 Monate, im Rituximab-Erhaltungsarm dagegen 52 Monate. Besonders erfreulich war der signifikante Vorteil für die Erhaltungstherapie im Hinblick auf das Gesamtüberleben mit einer Drei-Jahres-Überlebensrate von 85 Prozent, verglichen mit 77 Prozent in der Observanzgruppe (relative Reduktion des Mortalitätsrisikos um 48 Prozent). Chronisch myeloische Leukämie (CML) Bei der überwiegenden Mehrzahl an Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) ist als Krankheitsursache das sogenannte Philadelphia Chromosom, hervorgerufen durch die Translokation t (9;22) beziehungsweise das von diesem kodierte BCR-ABL-Fusionsprotein nachweisbar, mit der Folge einer abnormen konstitutiven Aktivierung der ABL-Tyrosinkinase und somit ungehemmter Proliferation. Imatinib (Glivec ) Mit der Einführung von Imatinib in die Erstlinientherapie der CML im Jahr 2001 konnten die Überlebensraten bei dieser Leukämieform deutlich verbessert werden. Der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib hemmt relativ selektiv - neben c-kit (siehe GIST) und PDGFR - die Tyrosinkinase BCR-ABL (beziehungsweise ABL), womit ein wesentlicher Proliferationsreiz entfällt. Die Fünf-Jahres-Auswertung einer großen randomisierten Studie (IRIS) mit mehr als 1.100 unvorbehandelten Patienten zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass mittels Imatinib eine bisher noch nie dagewesene Gesamtüberlebensrate von 89 Prozent nach 60 Monaten medianem Followup erzielt werden kann (Druker et al., 2006). Dasatinib (Sprycel ), Nilotinib (Tasigna ) Mittlerweile sind mit Dasatinib und Nilotinib weitere Inhibitoren der ABL- Kinase entwickelt worden, die bei Imatinib-Resistenz und/oder Imatinib-Unverträglichkeit zum Einsatz kommen, wobei für Nilotinib vorläufig nur in der Schweiz eine Zulassung vorliegt. Beide Substanzen zeigen Aktivität gegenüber der Mehrzahl der mutanten Imatinibresistenten Isoformen von BCR-ABL. Keine Verankerung mit der Konsequenz der Indikation von targeted therapies hat es bisher für die im folgenden angeführten Tumorentitäten gegeben: Prostata-, Harnblasen-, Gallenblasen-, Ovarial-, Endometriumund Zervix-Karzinom, primäre Hirntumoren, Melanom sowie auch nicht für (Weichteil)Sarkome, abgesehen von GIST. 9 Literatur bei den Verfassern *) Univ. Prof. Dr. Christian Dittrich; Dr. Doris Steiger; beide: Sozialmedizinisches Zentrum Süd/Kaiser Franz Joseph-Spital, 3. Medizinische Abteilung Zentrum für Onkologie und Hämatologie, Kundratstraße 3, 1100 Wien; Tel: 01/60 191/23 01; E-Mail: christian.dittrich@wienkav.at Herausgeber: 3. Medizinische Abteilung Zentrum für Onkologie und Hämatologie Kaiser Franz Josef-Spital Wien Lecture Board: Univ. Prof. Dr. Klaus Geissler, 5. Medizinischen Abteilung mit Onkologie/ Krankenhaus Hietzing Wien Univ. Prof. Dr. Wolfgang Hinterberger, Sozialmedizinisches Zentrum Ost/ Donauspital Wien Univ. Prof. Dr. Wolfgang Hilbe, Klinische Abteilung für Allgemeine Innere Medizin/ Medizinische Universität Innsbruck 48