Physik 1 für Chemiker und Biologen 3. Vorlesung
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- Gerda Braun
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1 Physik 1 für Chemiker und Biologen 3. Vorlesung Wiederholungs-/Einstiegsfrage: Abstimmen unter pingo.upb.de Der Ironman Triathlon auf Hawaii besteht aus 4 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen. Der Deutsche Patrick Lange hat den Ironman 2018 in einer Zeit von (knapp unter) 8 Stunden gewonnen. Was war seine Durchschnittsgeschwindigkeit? A) 28 km/h B) 5 km/h C) 40 km/h Heute: D) 16 km/h - Fortsetzung: Bewegungen in 1, 2 und 3 D - Freier Fall und Flugbahnen Prof. Dr. Jan Lipfert - Kräfte und Bewegung - Newtonschen Axiome Jan.Lipfert@lmu.de Prof. Dr. Jan Lipfert 1
2 Wiederholung: Einheiten und Messfehler Das International Einheitensystem (SI) kennt sieben Grundgrößen: Meter, Kilogramm, Sekunde, Ampere, Kelvin, Mol, Candela Kontrolle der Einheiten ist eine sehr nützliche Strategie zur Überprüfung von Ergebnissen und Lösungswegen! File:US_National_Length_Meter.JPG Kopie des Urmeters (Platin-Iridium Legierung) Messungen haben immer einen Messfehler. o Mittelwert: beste Schätzung des wahren Wertes o Standardabweichung: Fehler der Einzelmessung = hxi = x = 1 N v u t 1 N 1 NX i=1 x i NX (x i x) 2 i=1 o Stichprobenfehler: Wie genau ist wahrer Mittelwert nach N Messungen bestimmt? SEM = p N Prof. Dr. Jan Lipfert 2
3 Wiederholung: Fehlerfortpflanzung Gaußsche Fehlerfortpflanzung: Für den Fall, dass eine Größe y von den Messgrößen x j abhängt und die Größen x j unkorreliert sind y = v u j j=1 x j 2 Fehlerfortpflanzung für Addition und Subtraktion: (Absolute) Fehler addieren sich quadratisch Ges = v u nx t j=1 2 x j Fehlerfortpflanzung für Multiplikation und Division: Relative Fehler addieren sich quadratisch Ges = y v u nx t j=1 x j x j Prof. Dr. Jan Lipfert 3
4 Wiederholung: Bewegungen in 1, 2 und 3D Kinematik: Fragt nach dem Wie, dem Ablauf der Bewegung, ohne nach dem Warum zu fragen. Dynamik: Fragt nach den Ursachen von Bewegung, bzw. eigentlich nach den Ursachen einer Änderung des Bewegungszustandes Kinematik: Beschreibung von Bewegung in 1, 2 und 3D Ortsangabe, über einen Ortsvektor Geschwindigkeit ist die Ableitung des Ortes nach der Zeit Beschleunigung ist die Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit (und die zweite Ableitung des Ortes nach der Zeit) Prof. Dr. Jan Lipfert 4
5 Wiederholung: Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung Ort: Mittlere Geschwindigkeit: (Momentan-) Geschwindigkeit: (Latein: velocitas Englisch: velocity ) Mittlere Beschleunigung: (Momentan-) Beschleunigung: (Latein: acceleratio Englisch: acceleration ) v 2 v 1 v a(t) = lim = lim t 2!t 1 t 2 t 1 t!0 t = d2 x = v =ẍ dt Prof. Dr. Jan Lipfert 5
6 BEISPIEL: Murphy s law und Raketenschlitten Erinnere: Gleichmäßig beschleunigte Bewegung Anwendung: Raketenschlitten Dr. Stapp beschleunigt seinen Raketenschlitten aus dem Stand mit 300 m/s 2. Wie lange dauert es, bis er 1000 km/h erreicht hat? Wie lang ist die Beschleunigungsstrecke? wiki/john_paul_stapp Prof. Dr. Jan Lipfert 6
7 Nebenbemerkung: Höhere Ableitungen des Ortes nach der Zeit Es gibt auch noch höhere Ableitungen des Ortes nach der Zeit: Geschwindigkeit (Englisch: velocity) Beschleunigung (Englisch: acceleration) ~j = d3 ~x dt 3 =... ~x Ruck (Englisch: jerk) ~s = d4 ~x dt 4 =... ~x? (Englisch: snap) ~c = d5 ~x dt 5 ~p = d6 ~x dt 6? (Englisch: crackle)? (Englisch: pop) Prof. Dr. Jan Lipfert 7
8 Sonderfall der gleichmäßig beschleunigten Bewegung: Freier Fall Für den freien Fall in Nähe der Erdoberfläche gilt: a = g = 9.81 m/s 2 Experiment: Überlagerte Bewegungen mit Kugel - senkrecht und waagerecht Welche Kugel erreicht den Boden zuerst? Abstimmen unter pingo.upb.de! A) Die seitwärts beschleunigte Kugel B) Die direkt nach unten fallende Kugel C) Beide Kugeln erreichen den Boden gleichzeitig Prof. Dr. Jan Lipfert 8
9 Freier Fall und Flugbahnen Zwei Grundideen: 1) Freier Fall (ohne Luftwiderstand) ist ein Sonderfall der konstant beschleunigten Bewegung. a = g = 9.81 m/s 2 2) Die einzelnen Komponenten (x,y,z) der Bewegung beeinflussen sich nicht Prof. Dr. Jan Lipfert 9
10 Überlagerte Bewegung in 2D Experiment: Kanonenwagen Experiment: Schiefer Wurf / Schuss mit Kugeln Unter welchen Winkel fliegt die Kugel am weitesten? Abstimmen unter pingo.upb.de! A) 30º B) 45º C) 60º Prof. Dr. Jan Lipfert 10
11 Schiefer Wurf Ballistik Experiment: Affenschussvideo ( Prof. Dr. Jan Lipfert 11
12 Kräfte und Bewegung Kinematik: Fragt nach dem Wie, dem Ablauf der Bewegung, ohne nach dem Warum zu fragen Dynamik: Fragt nach den Ursachen von Bewegung, bzw. eigentlich nach den Ursachen einer Änderung des Bewegungszustandes Bewegung Umwelt Kraft Körper (Masse) Beschleunigung Wechselwirkungen Prof. Dr. Jan Lipfert 12
13 1. Newtonsches Axiom Ein sich selbst überlassener Körper (d.h. ohne auf ihn wirkende Kraft) bewegt sich gradlinig gleichförmig - er ändert seine Geschwindigkeit nicht. (Galileisches Trägheitsprinzip) Ruhe ist nur ein Spezialfall einer gradlinig gleichförmigen Bewegung mit Geschwindigkeit v = 0. Isaac Newton ( ) Video: Human Momenta watch?v=txbomvpcx8w Experiment: Luftschiene als Inertialsystem Galileo Galilei ( ) Prof. Dr. Jan Lipfert 13
14 Aristoteles vs. Newton 1. Newtonsches Axiom: Ein Körper ändert ohne eine auf ihn wirkende Kraft seine Geschwindigkeit (Betrag und Richtung) nicht. Unsere Erfahrung bestätigt das nicht immer! Isaac Newton ( ) File:Fotothek_df_roeneg_ _003_Pferdepflug_im_Johannapark.jpg Prof. Dr. Jan Lipfert 14
15 Aristoteles vs. Newton 1. Newtonsches Axiom: Ein Körper ändert ohne eine auf ihn wirkende Kraft seine Geschwindigkeit (Betrag und Richtung) nicht. Ohne Kraft keine Bewegung! Isaac Newton ( ) Wer hat Recht? Aristoteles ( v. Chr.) Newton hat Recht! Entscheidend ist dabei, dass man alle Kräfte berücksichtigt. Das beinhaltet auch Reibungskräfte, Luftwiderstand, etc Prof. Dr. Jan Lipfert 15
16 Bewegte Bezugssysteme: Inertialsysteme In Bezugssystemen, die sich zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, wird die gleiche Beschleunigung gemessen. Inertialsysteme sind Systeme in denen das 1. Newtonsche Axiom gilt Prof. Dr. Jan Lipfert 16
17 2. Newtonsches Axiom Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. ~F = m~a ~F = m~a ~a = ~ F m m = ~ F ~a Ein paar wichtige Punkte: Einheiten: [a] = m / s 2 und [F] = kg m / s 2 = 1 N (Newton) F ist die Gesamtkraft, d.h. die Summe aller auf den Körper wirkenden Kräfte. Die Gleichungen beinhalten nur die Kräfte, die auf den Körper wirken, für den die Beschleunigung untersucht wird. Die Gleichungen gelten komponentenweise! 1. Axiom ist ein Spezialfall des 2. Axioms (für F = 0). Bestimmungsgleichung für die träge Masse m Prof. Dr. Jan Lipfert 17
18 Verschiedene Kräfte Federkraft Muskelkraft ~F = k ~x Motorkraft Gewichtskraft Prof. Dr. Jan Lipfert 18
19 Gewichtskraft Für uns in der Regel: Gravitationskraft der Erde (dazu später mehr) Zeigt immer zum Erdmittelpunkt, d.h. direkt / senkrecht nach unten Experiment: Tischtennisbälle (leicht & schwer) im freien Fall Welcher Ball kommt zuerst an? Abstimmen unter pingo.upb.de! A) Der leichte Ball B) Der schwere Ball C) Beide gleichzeitig Normalkraft: Kraft des Bodens / der Auflage auf einen Körper, der der Gewichtskraft entgegengesetzt ist Gewicht: Der Betrag der Gravitationskraft, die auf einen Körper wirkt Masse Gewicht! Prof. Dr. Jan Lipfert 19
20 2. Newtonsches Axiom - Anwendung ~F = m ~a Experiment: Luftschiene F = m a Prof. Dr. Jan Lipfert 20
21 Hooksches Gesetz Lineares, elastisches Verhalten einer Feder: F = k x Experiment: Hookesches Gesetz an Magnettafel File:Hookes-law-springs.png Viele Festkörper verhalten sich für kleine Auslenkungen (d.h. Dehnung oder Kompression) wie eine Hookesche Feder. ABER: Für große Auslenkungen treten nicht-lineare Effekte auf! Prof. Dr. Jan Lipfert 21
22 Hooksches Gesetz Lineares, elastisches Verhalten einer Feder: F = k x Robert Hooke (1678): Ut tensio, sic vis ( Wie die Auslenkung, so die Kraft ) Prof. Dr. Jan Lipfert 22
23 Kräftediagramme Experiment: Kräfteparallelogramm Prof. Dr. Jan Lipfert 23
24 3. Newtonsches Axiom Kräfte treten immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft aus (actio), so wirkt eine gleich große, aber entgegen gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A (reactio). Actio est reactio F~ AB = F~ BA WICHTIG: Es geht hier um die Kräfte, die auf zwei verschiedene Körper wirken! Experiment: Skateboards Actio=Reactio Prof. Dr. Jan Lipfert 24
25 Newtons Axiome 1. Axiom Trägheitsprinzip Ein Körper ändert ohne effektive Kraft seine Geschwindigkeit nicht. 2. Axiom Aktionsprinzip Beschleunigung ist proportional zur Kraft und umgekehrt proportional zur Masse. 3. Axiom Reaktionsprinzip Kräfte treten immer paarweise auf. Newtonsche_Gesetze Principia Mathematica (1687) Newtons Axiome sind ein Spezialfall/Grenzfall der Quantenmechanik (sehr kleine Objekte verhalten sich anders) und der speziellen Relativitätstheorie (sehr schnelle Objekte verhalten sich anders) Prof. Dr. Jan Lipfert 25
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