In der Praxis werden wir häufig mit relativ komplexen Funktionen konfrontiert. y
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- Dieter Steinmann
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1 Approximationen In der Praxis werden wir häufig mit relativ komplexen Funktionen konfrontiert. y y = f (x) x Um das Arbeiten mit einer komplizierten Funktion zu vermeiden, können wir versuchen, diese Funktion f (x) durch eine einfachere Funktion p(x) zu approximieren Differentialrechnung Seite 65
2 Konstante Approximation Die einfachste Möglichkeit wäre es, die Funktion f (x) an der Stelle x 0 durch die Konstante p(x) = f (x 0 ) anzunähern, womit f (x) f (x 0 ) = p(x) y p(x) = f (x 0 ) x 0 y = f (x) x Nach Konstruktion würde dann p(x) zwar an der Stelle x 0 mit der Ausgangsfunktion f (x) übereinstimmen. Doch die Verläufe der beiden Funktionen f (x) und p(x) würden sich selbst in einer kleinen Umgebung um x 0 herum erheblich voneinander unterscheiden Differentialrechnung Seite 66
3 Lineare Approximation Wie bereits gesehen, können wir die Funktion f (x) in Punkt x 0 mit Hilfe der Tangentengleichung linearisieren. Man spricht dabei von einer linearen Approximation y y = p(x) x 0 y = f (x) x Die lineare Approximation von f (x) um Punkt x 0 ist: f (x) f (x 0 ) + f (x 0 )(x x 0 ) = p(x) (f : D R ; x 0 D ; f differenzierbar in x 0 ) Differentialrechnung Seite 67
4 Lineare Approximation - Beispiel Gesucht: Bestimme die lineare Approximation an f (x) = 3 x um x = 1 Lösung: Wir haben f (x) = 3 x = x 1/3 somit ist Da f (1) = 1 erhalten wir f (x) = 1 3 x 2/3 f (1) = x f (1) + f (1)(x 1) = (x 1) 3 (für x in der Nähe von 1) Differentialrechnung Seite 68
5 Lineare Approximation Die lineare Approximation kann gelegentlich Ergebnisse von unzureichender Genauigkeit liefern, z.b. für x = x 1 y y = p(x) x 0 x 1 y = f (x) x Wir wollen nun einen Schritt weiter gehen und versuchen, die Funktion f (x) um die Stelle x 0 noch besser zu approximieren, indem wir ein quadratisches Polynom zur Approximation heranziehen Differentialrechnung Seite 69
6 Quadratische Approximation Unser Ziel ist es, die Funktion f (x) in der Nähe von x = x 0 ein quadratisches Polynom durch zu approximieren. f (x) A + B(x x 0 ) + C(x x 0 ) 2 = p(x) (f : D R ; x 0 D ; f zweimal differenzierbar in x 0 ) Es sind drei Koeffizienten A, B und C zu bestimmen. Somit können wir drei Bedingungen an das Polynom stellen: 1. p(x 0 ) = f (x 0 ) 2. p (x 0 ) = f (x 0 ), wobei p (x) = B + 2C(x x 0 ) 3. p (x 0 ) = f (x 0 ), wobei p (x) = 2C Differentialrechnung Seite 70
7 Quadratische Approximation Nach Einsetzen von x = x 0 in unsere Ausdrücke für p(x), p (x) und p (x) folgt, dass A = f (x 0 ), B = f (x 0 ) und C = 1 f (x 2 0 ) Die quadratische Approximation von f (x) um Punkt x 0 ist somit: f (x) f (x 0 ) + f (x 0 )(x x 0 ) f (x 0 )(x x 0 ) 2 = p(x) y = p(x) y x 0 y = f (x) x Differentialrechnung Seite 71
8 Approximationen höherer Ordnung Für Funktionen mit Ableitungen dritter und höherer Ordnung können wir noch bessere Approximationen in der Nähe eines Punktes finden, indem wir Polynome höheren Grades benutzen. Unser Ziel ist es, die Funktion f (x) in der Nähe von x = x 0 durch ein Polynom n-ten Grades zu approximieren: f (x) A 0 +A 1 (x x 0 )+A 2 (x x 0 ) 2 +A 3 (x x 0 ) A n(x x 0 ) n = p(x) Das Polynom p(x) hat n + 1 Koeffiziente, daher können wir n + 1 Bedingungen an dieses Polynom stellen: 1. p(x 0 ) = f (x 0 ) 2. p (x 0 ) = f (x 0 ) n+1. p (n) (x 0 ) = f (n) (x 0 ) Differentialrechnung Seite 72
9 Approximation 3. Ordnung Für n = 3 folgt nach dem Einsetzen von x = x 0 p(x), p (x), p (x) und p (x): in die Ausdrücke für p(x 0 ) = A 0 p (x 0 ) = 1 A 1 = 1!A 1 p (x 0 ) = 2 1 A 2 = 2!A 2 p (x 0 ) = A 3 = 3!A 3 Dies impliziert als Approximation 3. Ordnung von f (x) um x 0 : f (x) f (x 0 )+ 1 1! f (x 0 )(x x 0 )+ 1 2! f (x 0 )(x x 0 ) ! f (x 0 )(x x 0 ) 3 = p(x) Differentialrechnung Seite 73
10 Approximation 3. Ordnung - Beispiel Gesucht: Bestimme die Approximation dritten Grades für f (x) = 1 + x um x = 0 Lösung: Die Ableitungen sind gegeben durch: f (x) = 1 2 (1 + x) 1/2, f (x) = 1 4 (1 + x) 3/2, f (x) = 3 (1 + x) 5/2 8 Für x = 0 ergib sich somit f (0) = 1, f (0) = 1/2, f (0) = 1/4 und f (0) = 3/8 Somit erhalten wir x 1 + 1! 2 x + 1 2! ( 1 ) 4 x ! 8 x3 = x 1 8 x x Differentialrechnung Seite 74
11 Das Taylor-Polynom Der allgemeine Fall folgt demselben Muster und wir erhalten die Approximation für f (x) um den Punkt x 0 durch ein Polynom n-ten Grades: Taylor-Approximation für f (x) um x = x 0 : f (x) f (x 0 )+ 1 1! f (x 0 )(x x 0 )+ 1 2! f (x 0 )(x x 0 ) n! f (n) (x 0 )(x x 0 ) n = T n(x) Das Polynom auf der rechten Seite heisst Taylor-Polynom n-ter Ordnung für f (x) um x = x Differentialrechnung Seite 75
12 Das Taylor-Polynom - Beispiel Gesucht: Approximiere f (x) = e x Lösung: Wir wissen um x = 0 mit T 1 (x), T 2 (x), T 3 (x) und T 4 (x) f (x) = f (x) = f (x) =... = e x Für x = 0 ergib sich somit f (0) = f (0) = f (0) = f (0) =... = 1 T 1 (x) = ! x = 1 + x, T 2(x) = 1 + x x2 T 3 (x) = 1 + x x x3, T 4 (x) = 1 + x x x x4 Allgemein gilt: e x 1 + x 1! + x2 xn ! n! = Tn(x) Differentialrechnung Seite 76
13 Das Taylor-Polynom - Beispiel y f (x) = e x T 1 (x) = 1 + x T 2 (x) = 1 + x x2 1 T 4 (x) T 3 (x) 1 x Differentialrechnung Seite 77
14 Fehlerabschätzung Abgesehen von x = x 0 sind die Funktion f (x) und das Taylor-Polynom T n(x) gewöhnlich verschieden. Wir wollen nun wissen, welchen Fehler wir machen, wenn wir statt des wahren Funktionswertes f (x) das Taylor-Polynom T n(x) berechnen. Der Fehler R n+1 (x) der Approximation ist gegeben durch: R n+1 (x) := f (x) T n(x) f (x) = T n(x) + R n+1 (x) Der Fehler ist somit sowohl von x als auch von n abhängig und wird auch als Restglied bezeichnet Differentialrechnung Seite 78
15 Fehlerabschätzung Wir können das Restglied auch explizit darstellen (der Beweis erfolgt mit Hilfe des Mittelwertsatzes) Die Lagrange sche Form des Restgliedes ist: R n+1 (x) = für c zwischen x und x 0 1 (n + 1)! f (n+1) (c)(x x 0 ) n+1 (f : D R ; x, x 0 D ; f n+1 mal differenzierbar in x 0 ) Die Stelle c an der f (n+1) berechnet wird, ist nicht fest, da sie im Allgemeinen sowohl von x als auch von n abhängt Differentialrechnung Seite 79
16 Taylor-Formel Mit Hilfe der Lagrange sche Restgliedformel und der polynomialen Approximation um x = 0 erhalten wir die Taylor-Formel: f (x) = f (0) + 1 1! f (0)x n! f (n) (0)x n + 1 (n + 1)! f (n+1) (c)x n+1 Es fällt auf, dass das Restglied den vorangehenden Termen in der Summe ähnelt. Der einzige Unterschied ist, dass f (n+1) an der Stelle c berechnet wird, wobei c eine nicht näher spezifizierte Zahl zwischen 0 und x ist, während in allen anderen Termen die Ableitung an der Stelle 0 berechnet wird Differentialrechnung Seite 80
17 Taylor-Formel - Beispiel Gesucht: Finde die Taylor-Formel für f (x) = e x für n = 3 und x = 0.1 sagen?. Was lässt sich über das Restglied Lösung: Wir wissen f (x) = f (x) = f (x) =... = e x Somit gibt es eine Zahl c zwischen 0 und x, so dass e x = 1 + x 1! + x2 xn ! n! + xn+1 (n + 1)! ec Für n = 3 und x = 0.1 erhalten wir für ein c im Intervall (0, 0.1) e 0.1 = (0.1)4 24 ec Differentialrechnung Seite 81
18 Taylor-Formel - Beispiel Lösung (Fortsetzung): Für c < 0.1 haben wir e c < e 0.1 e < 1.2 Somit ist das Restglied R 4 (0.1) = (0.1) ec < 1.2 = Fazit: Der Fehler, der entsteht, wenn man das Restglied weglässt, ist daher kleiner als Differentialrechnung Seite 82
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