Heterogene Gleichgewichte - Phasengleichgewichte in Werkstoffen
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- Christa Schmitz
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1 Übungen und Vorlesung L L1+L2 Heterogene Gleichgewichte - Phasengleichgewichte in Werkstoffen L 1 +<Al> L 1 +L 2 +<Al> L 1 +L 2 +Si L2+Si 500 L 1 +<Al>+Si L2+<Al>+Si <Al>+Bi+Si L 2 +Bi+Si Bi [at% ] Al95.19Si4.81 L. Ratke Bi71.86Si28.14 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Köln-Porz Allgemeines zur Übung/Vorlesung Termin: Jeden Mittwoch Uhr Ort: Hörsaal V, Hauptgebäude Klausur: Ende des Semesters mit Wiederholungsklausur oder als Teil der Klausur Werkstoffphysik I Skript elektronisch erhältlich unter dem Stichwort Lehrveranstaltungen. An der gleichen Webseite sind auch die Klausurergebnisse einsichtig. Fragen oder Anregungen an: lorenz.ratke@dlr.de Allgemeiner Hinweis: Die im Skript und der Vorlesung verwendeten Abbildungen entstammen den angegebenen Büchern, wenn sie nicht selbst angefertigt wurden, 1
2 Literatur Jörn Hansen, Friedhelm Beiner, Heterogene Gleichgewichte, Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1974 Bruno Predel, Heterogene Gleichgewichte, Steinkopff -Verlag, Darmstadt, 1982, ISBN Bruno Predel, Michael Hoch, Monte Pool, Phase Diagrams and Heterogeneous Equilibria, Springer Verlag, 2004, ISBN: , ca. 75 Mats Hillert, Phase Equilibria, Phase Diagrams and Phase Transformations, Cambridge University Press,1998, ca 50 G. Masing, Ternary Phae Equilibria Academic Press (out of print) A.Prince, Alloy Phase Equilibria, Elsevier, Amsterdam 1966 H. Schumann, Metallographie, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1991, heute Verlag Harry Deutsch G. Gottstein, Physikalische Grundlagen der Materialkunde, Springer Verlag 1998 H. Wiegand, Eisenwerkstoffe, Verlag Chemie, Weinheim 1977 D.R.F. West, Ternary Equilibrium Diagrams, 2nd Edition, Chapman and Hall, London 1982 Werkstoffe und ihre Verwendung Bezeichnung Zusammensetzung Anwendungs Kupfer Cu Kabel Messing Cu-Zn (<40%) Armaturen, Kühler Bronze Cu-Sn (<20%) Gleitlager, Federn Aluminium Al Folien, Kondensatoren Alu-Legierungen AlSiMg,AlCuMg Gußteile,Fensterprofile Zink Zn Feuerverzinkung Zink-Legierungen Zn-Al Druckguß Lötzinn PbSn (Sb,Cu,Bi,In) Hartmetalle WC-Co, TiC-Co Bohreinsätze, Schneidplatten Nickel-Chrom Ni-Cr (20%) Heizleiter Baustähle Fe-0.2%C Moniereisen Werkzeugstähle Fe-C (-Mo-V-W-Mn-Si) Werkzeuge Rostfreie Stähle Fe-Cr-Ni (18/8, 18/10) chem. Industrie, Küche Gläser Na 2 O,PbO,SiO 2,K 2 O,CaO... chem. Industrie, Haushalt Ton Fe 2 O 3,SiO 2,Al 2 O 3 Keramiken Metall + Nichtmetalloxide Werkzeuge, chem.industrie Alle realen Werkstoffe bestehen aus mehreren Komponenten! Komponente = chemisches Element, Verbindung, Molekül 2
3 Gießen Feinguss Sandguss Dauerform Strangguss Kristallwachstum Czochralski Bridgman Zonenschmelzen Umformung Schmieden Hämmern Walzen Strangpressen Pulvermetallurgie Pressen Sintern HIPen Schmelzverdüsen Beschichten CVD, PVD, Tauchen Chemische Verfahren Sol-gel Chemie Polymererzeugung Materialien - Produktionsprozesse Materialien Gefüge = Mikrostrukturen Materialien zeigen innere Strukturen auf Größen im Bereich von Nano- bis Millimeter Körner, Korngrenzen, Dendriten, Zellen, Ausscheidungen (Nadeln, Kugeln, Würfel, Platten...) Versetzungen, Zwillinge, Stapelfehler, Kinken, Terrassen, Stufen, Phasen, Phasengrenzflächen, Anti-Phasen Grenzflächen, Eutektische Fasern, Lamellen, Steine, Spiralen, intermetallic Phasen Scher- und Verformungsbänder Subkörner, Subkorngrenzen, Magnetische, ferroelektrische Domänen, und viele andere mehr 3
4 Gefüge - bestimmende Faktoren Das Gefüge und seine Elemente werden bestimmt von Materialzusammensetzung Thermodynamik Keimbildung Kristallisations- und Umwandlungskinetik Thermophysikalische Eigenschaften Viskosität Oberflächenspannung Diffusion von Stoff und Wärme Dichte Elastische Moduln Wärme- und Stofftransport durch Diffusion und Konvektion Natürliche Konvektion Marangoni Konvektion Erzwungene Konvektion Sedimentation Fragmentation Allgemein: Produktionsbedingungen & Prozessparametern Eisen mit Lamellengrafit Aluminiumdendrit in eutektischer AlSi Matrix Gusszustand Bronzelegierung Härte Elastizität (E-Modul, Schubmodul) Verfestigung Festigkeit bei hohen und tiefen Temperaturen Ermüdungs- und Kriechfestigkeit Bruchzähigkeit Korrosionswiderstand Reibung und Verschleiß Elektrische und Wärmeleitfähigkeit Remanenz und Koerzitivkraft Schallgeschwindigkeit, Schalldämmung und viele, viele mehr... werden durch das Gefüge bestimmt und z.b. bestimmt das Gussgefüge die Weiterverarbeitbarkeit Kalt- und Warmwalzen, Strangpressen, Drahtziehen, Wärmebehandelungen, thermomechanische Behandlungen, Schmieden, Hämmern... Eigenschaften von Materialien wie 4
5 Allgemeines Ziel materialwissenschaftlicher Forschung Fundamentales mathematisches, physikalisches Verständnis der Kausalketten Prozessparameter Gefügeentwicklung Eigenschaften Herausforderung: Alle wirklichen Probleme sind multi-skalig, multi-komponentig, multi-phasig und zudem laufen die Prozesse über ein großes Temperaturintervall ab, beinhalten eine komplexe Thermodynamik, nichtlineare Kinetik und Morphologie Basis aller metallurgischen und werkstofftechnischen Prozesse sind die Phasengleichgewichte (Thermodynamik) der beteiligten Materialien (Oxide, Metalle, Karbide, Silikate, Nitride, Boride, Polymere, Salze,...) Heterogene Gleichgewichte - Phasengleichgewichte 5
6 Gleichgewicht Mechanisches Analogon Mechanisches Gleichgewicht Potentielle Energie E pot = G h E pot : G h 1 < G h 2 < G h 3 Frage: Was ist Energie in Legierungen (Werkstoffen)? Wovon hängt sie ab? E=E(x 1,x 2,x 3,...,x n ) x k = Zustandsvariable Anmerkung: Stabil = keine Zustandsänderung bei endlicher Änderung der äußeren Bedingungen Metastabil = invariant gegen endliche Änderungen der äußeren Bedingungen Instabil = infinitesimale Änderungen bewirken immer eine Zustandsänderung Enthalpie und Entropie In Legierungen wird Energie gemessen als Wärmeenergie (Enthalpie) H dh = c(t) " dt H(T) = T # T 0 c(t) " dt Spezifische Wärme c(t) = a + bt + ct 2 + d /T 2 + e / T Einheit: J/(mol K) oder J/(g K) H hat die Einheit J/mol oder J/g und als Energie des Grades der Ordnung oder der Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand realisiert wird Entropie S ds = dh T S(T) = T " T 0 c(t) T dt 6
7 Zum Begriff der Entropie Konfigurationsentropie: Unterschiedliche Anordnungen = unterschiedlicher Entropie W = Gesamtzahl aller möglichen Anordnungen S = k B ln W Außer der Konfigurationsentropie gibt es noch die Schwingungsentropie: Bei gleicher mittlerer Schwingungsenergie (Frequenz) kann in einem System aus vielen Atomen, Molekülen das Frequenzspektrum unterschiedlich sein. Freie Enthalpie Aus der Enthalpie und der Entropie wird die zur Verfügung stehende freie Enthalpie gewonnen: G = H - T S Im Gleichgewicht gilt: G=Minimal. In Legierungen, Lösungen hängen der Wärmeinhalt und die Entropie auch von der stofflichen Zusammensetzung ab. Die Mischungsentropie einer Legierung aus z.b. zwei Komponenten berechnet sich zu S misch = - R (x A ln x A + x B ln x B ) H misch = ΔH AB x A x B G misch = H misch + T R (x A ln x A + x B ln x B ) x A +x B =1 7
8 Gleichgewicht Annahme Phase α bestehe aus Atomen(Molekülen) der Sorten A,B,C... und ebenso die Phase β Die Energie um ein Mol eines Atomes der Sorte A von Phase α nach Phase β zu bringen betrage G A α und die Energie, um es von Phase β nach α zu bringen, sei G Aβ. Wenn beide Energien gleich groß sind, sind die Phasen in Gleichgewicht, denn dann gibt es keinen Energiegewinn, wenn man A Atome von α nach β bringt oder umgekehrt. Phase α!g " A!G # A =!n!n!g " C =!n Phase β!g " B =!n!g # C!n!G B #!n Einstoffsysteme Gase, reine Flüssigkeiten, reine Komponenten Zweistoffsysteme Metallische Legierungen (Eisen-Kohlenstoff) Keramiken (Mullit) Dreistoffsysteme Legierungen Keramiken Vielstoffsysteme = die technische Wirklichkeit Werkstoffsysteme Frage: Welche Phasen oder Zustände treten in den Werkstoffen auf, wenn man die Zusammensetzung, den Druck und die Temperatur ändert? 8
9 Einstoffsysteme Einstoffsysteme Beispiele für Einstoffsysteme Wasser Alkohol Schwefel Alle reinen Elemente Alle reinen Verbindungen (PE, PTFE, DNA, Proteine, Oxide..) Alle Einstoffsysteme weisen drei Zustände auf: gasförmig flüssig fest (amorph oder kristallin) Die Zustände lassen sich durch Druck (p) und Temperatur (T) einstellen 9
10 Regeln für Einstoffsysteme Magnesium 1373 K gasförmig Verdampfen T v flüssig 923 K Schmelzen T m 0 K Der Zustand von fest ==> flüssig ==> gasförmig kann durch die Temperatur eingestellt werden: Temperatur ist eine Zustandsvariable! Regeln für Einstoffsysteme Richardson-Regel: Schmelzwärme 9 * T m 10 1
11 Regeln für Einstoffsysteme Trouton-Regel: Verdampfungswärme 85 J/(mol K)* Tv (dies gilt für viele organische Flüssigkeiten). Für die Elementes des Periodensystems gilt 129 J/(mol K) 0.1 MPa = 1 bar = 1 atm log p = A-B/T liquid solid Temperature [K] Schmelzpunktänderung Einstoffsysteme Pb Cd Sn Cu Bi Druck [MPa] Clausius-Clapeyronsche Gleichung Wenn die Dichte des Festkörpers größer ist als die Tm (! s -! l )!T=!p!H m! s! l " l Dichte der Schmelze, dann steigt mit steigendem Druck die Schmelztemperatur, sonst sinkt sie (Unterschied Metalle zu Halbmetallen und Halbleitern). " S T m = Schmelztemperatur, ΔH m = Schmelzwärme, Δp=Druckdifferenz 11 1
12 Einstoffsysteme Druckabhängigkeit des Zustandes eines Stoffes log p = A-B/T Zustandsdiagramm Wasser Gibbs'sche Phasenregel Wie stabil ist der Zustand eines Stoffes, einer Legierung bei vorgegebenen Bedingungen? F = K P -S K - Anzahl der Komponenten P - Anzahl der Phasen F - Anzahl der Freiheitsgrade = Anzahl der frei wählbaren Zustandsvariablen p, T, x S - Anzahl der einschränkenden Bedingungen (z.b. P=const --> S=1) Beispiele: K=1, P=2 --> F=1 (p oder T frei) K=1, P=3 --> F=0 (Tripelpunkt) Gibbs-Regel für Metalle F = K+1-P 12 1
13 1 Druck-Temperatur-Diagramme Druck p c) b) a) fest 1 isotherme Schnitte flüssig 2 3 gasförmig 5 isobare Schnitte Freiheitsgrade der Zustandspunkte: k =1-7 Nr Zahl der Freiheitsgrade Variable p und T p und T p und T p(t), T(p) p(t), T(p) p(t), T(p) Fixpunkt Tv TmTp TD Temperatur T 4,5,6 = Zwei-Phasen-Gleichgewichte 7 = Tripelpunkt=3-Phasengleichgewicht Druck-Temperatur-Diagramme Druck p fest F=2 flüssig F=2 isobare Schnitte: Temperatur T gasförmig TD flüssig gasförmig F=2 Tv Tp Tm Temperatur T a) b) c) Schmelzkurve F=1 Verdampfungskurve F=1 Sublimationskurve F=1 13
14 Anhang zu Einstoffsystemen Übung Komponenten, Phasen, Freiheitsgrade Aufgaben a) Gegeben Sie in den folgenden Beispielen die Anzahl der vorhandenen Komponenten und Phasen an: b) Geben Sie die Zahl der Freiheitsgrade in den folgenden Beispielen an und benennen Sie sie: 1. Zinkdampf/Zink 2. Al-Schmelze/Al-Kristall 3. wässrige Salzlösung in einem Glaskolben wie im oberen rechten Teilbild aber ohne Bodensatz 4. Alkohol/Wasserdampf über Alkohol/Wasser im geschlossenen Behälter 5. Wasser am Tripelpunkt 14
15 c) Fertigen Sie isobare Schnitte des Zustandsdiagrammes von reinem Magnesium bei MPa und 0.1 MPa an. Bestimmen Sie grafisch die Überganstemperaturen und geben Sie die Existenzbereiche der auftretenden Phasen und ihren Typ an. 15
16 Lösungen Aufgabe a): Linkes Teilbild: eine Komponente in zwei unterschiedlichen Aggregatzustnden, also 1 Komponente, 2 Phasen Rechtes Teilbild: 2 Komponenten (Wasser im Wasserdampf und Salzlösung, Salz in Salzlösung und Bodensatz) 3 Phasen (Dampf, Flüssigkeit, Festkörper) Unteres Teilbild: 2 Komponenten (Alkohol, Wasser) 2 Phasen (Flüssigkeit, Dampf) Aufgabe b): Formel, die zu verwenden ist: Gibbsche Phasenregel F = K P + 2 (1) Vorgehen: Zahl der Komponenten und Phasen bestimmen, dann ausrechnen: 1. K=1, P=2 F=1-2+2=1 Druck- oder Temperatur (p oder T) 2. K=1, P=2 F=1-2+2=1 Druck- oder Temperatur (p oder T) 3. K=2, P=2 F=2-2+2=2 Druck- und Temperatur (p und T), oder (p und c) oder (T und c) 4. Alkoholdampf und Wasserdampf sind wie alle Gase vollständig mischbar, bilden also eine Phase. Alkohol und Wasser sind ebenfalls vollständig mischbar, bilden also auch eine Phase. K=2, P=2 F=2-1+2=2 Druck und Konzentration oder Temperatur und Konzentration (Alkoholgehalt) sind Variable 5. K=1, P=3 F=1-3+2=0 Der Tripelpunkt ist ein Fixpunkt 16
17 Aufgabe c): 17
18 Linien im p-t-diagramm Ziel der nachstehenden Überlegungen ist die mathematische Beschreibung der Koexistenzlininen in p-t-diagrammen, also der Grenzlinie zwischen dem Gebiet der festen und flüssigen Phase (Schmelzlinie), flüssig-gasförmigen Gebiet (Verdampfungslinie) und der Sublimationslinie. Wir definieren dazu die sogenannte freie Enthalpie G (auch Gibbs-Energie, Gibbs-Funktion) als G = H T S (2) Hierin ist H die Enthalpie, T die Temperatur und S die Entropie. Die Enthalpie entspricht im wesentlichen dem Wärmeinhalt des Materials und kann ausgedrückt werden durch die innere Energie und die am System verrichtete Arbeit H = U + pv (3) mit U der inneren Energie, p dem Druck und V dem Volumen. Wir differenzieren den Ausdruck für G und ebenso den Ausruck für die Enthalpie dg = dh T ds SdT (4) dh = du + pdv + V dp (5) Die innere Energie des Systems wird definiert durch den Ordnungszustand, die Entropie (Schwingungs- und Konfigurationsentropie) und die durch Volumenänderung geleistete Arbeit du = T ds pdv (6) Diese Beziehung ergibt sich aus dem ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Der erste Hauptsatz stellt eine Beziehung zwischen Wärmeenergie dq und Arbeit am System dw her (diese muss nicht mechanische Arbeit sein, sondern kann zum Beispiel auch elektrische, magnetische sein). du = dq + dw (7) In einem geschlossenen System können die mechanische Arbeit und die Wärmeenergie ausgedrückt werden als dw = pdv dq = T ds (8) dq = T ds ist gerade der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, der für reversible Prozesse eine Relation zwischen Wärmemenge und Entropie herstellt (für alle nichtreversiblen Prozesse ist nach dem zweiten Hauptsatz 18
19 dq > T ds). Einsetzen dieser beiden Beziehungen in Gl.(7) ergibt Gl.(6). Setzt man die Gln.(5,6) in Gl.(4) ein ergibt sich dg = V dp SdT (9) Diese Relation zeigt, dass die Gibbs Energie eines Einstoffsystems eine reine Funktion von Druck und Temperatur ist. Für die freie Enthalpie kann man zeigen, dass im Gleichgewicht ihr Wert minimal ist, d.h. wann immer die freie Enthalpie eines beliebiges System nicht minimal ist, werden solange Reaktionen im System ablaufen (wie immer diese aussehen mögen), bis dg = 0 erreicht ist. Um die oben genannten Grenzlinien mathematisch zu beschreiben, muss man wissen, wann zwei (oder mehr )Phasen im Gleichgewicht sind. Dazu benötigt man eine weitere thermodynamische Größe, das sogenannte chemische Potential oder die freie Enthalpie pro Mol. Das chemische Potential µ einer reinen Substanz (bei konstantem Druck und konstanter Temperatur) wird definiert durch die Beziehung ( ) G µ = (10) n p,t mit n als Zahl der Mole. Diese Beziehung mag für eine reine Substanz etwas albern aussehen, da für solche Substanzen die freie Enthalpie in äußerst simpler Weise von der Zahl der Mole abhängt, nämlich G = n G m (11) mit G m der molaren freien Enthalpie, aber es zeigt auch gleichzeitig, dass die freie Enthalpie eine extensive Größe ist, die mit der Systemgröße wächst. Daraus folgt banalerweise ( ) ( ) G ngm µ = = = G m (12) n n p,t Wenn man bei konstanter Temperatur den Ausdruck der Gleichung (9) integriert und berücksichtigt, dass bei einem idealen Gas gilt V = nrt/p, ergibt sich pf ( ) dp G f = G i + nrt p = G(p pf i) + nrt ln (13) p i oder nach Gl.(12) ergibt sich p i µ = µ i + RT ln p,t ( ) pf p i (14) Hier kann man den Wert von p i und damit die freie Enthalpie G i = G(p i ) sowie µ i beliebig wählen. Typischerweise definiert man die Werte bei 298K und Normaldruck (1 bar) als Standardwerte und bezieht alle Größen darauf. 19
20 Mit diesen Definitionen können wir uns jetzt dem eigentlichen Ziel nähern, nämlich die Frage klären, wann zwei Phasen im Gleichgewicht sind. Anschaulich kann man folgende Überlegung anstellen. Nehmen wir an, dass zwei Phasen nebeneinander vorliegen, wie in Abbildung 1 gezeigt 1. Beide Phasen mögen miteinander Atome bzw. Moleküle austauschen können. Ein Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn entweder beide Phasen keine Moleküle untereinander austauschen (wie immer man das messen mag) oder besser, wenn der Austausch eines Moleküls von Phase α nach β genauso viel Energie (freie Enthalpie) kostet oder auch bringt wie umgekehrt. Das bedeutet, der Austausch von Molekülen zwischen den Phasen bringt keinen Gewinn an freier Enthalpie mehr. Solange solch ein Gewinn noch möglich, ist wird ein Austausch noch stattfinden. Abbildung 1: Zwei Phasen koexistieren nebeneinander mit der Ausbildung einer Grenzfläche. Frage: wann sind diese Phasen im Gleichgewicht? Das lässt sich auch mathematisch präziser formulieren. Zwei Phasen α, β sind im Gleichgewicht, wenn die chemischen Potentiale jeder Komponente in beiden Phasen denselben Wert annehmen. Das natürlich nicht über einen beliebigen Wertebereich von Druck und Temperatur, sondern bei einem definierten Druck und einer definierten Temperatur. Für reine Substanzen heisst das G m (α) = G m (β) und ebenso dg m (α) = dg m (β). Allgemein gilt dementsprechend unter Verwendung von Gl.(9): dg α m = dg β m oder S α mdt + V α mdp = S β mdt + V β mdp (15) wobei der Index m wieder andeuten soll, dass wir Werte pro Mol verwenden (d.h. Vm α,β ist das Molvolumen der beiden Phasen). Wertet man Gl.(15) aus, 1 Die beiden Phasen müssen nicht notwendigerweise eine gemeinsame Grenzfläche haben, auch wenn dies im allgemeinen der Fall sein wird. Man kann zum Beispiel zwei Phasen unterschiedlicher Zusammensetzung nebeneinander in einem gemeinsamen Behälter stellen und sie über die Gasphase miteinander verbinden d.h. Moleküle austauschen lassen. 20
21 erhält man dp dt = Sβ m S α m V β m V α m = S m V m (16) Diese Gleichung kann verwendet werden, um die Kurven im p-t-diagramm zu berechnen. Schmelzlinie Zur Berechnung des Verlaufes der Schmelzlinie bercksichtigen wir, dass die Schmelzentropie S m mit der latenten Wärme (Schmelzwärme) L des Phasenüberganges fest-flüssig verbunden ist über L = T S m (17) so dass aus Gl.(16) wird dp dt = L (18) T V m Sei bei einem Referenzdruck p r der Schmelzpunkt T r, dann kann man Gleichung (18) integrieren von p r bis p und erhält p(t ) = p r + L V m ln T T r (19) als Funktion, die die Schmelzkurve beschreibt, sofern die latente Wärme wie auch die Volumenänderung beim Schmelze/Erstarren nicht druckabhängig sind (was bei den üblichen Drücken und Temperaturbereichen angenommen werden darf). Nähert man den Logarithmus um den Referenzpunkt ln T = ln(1 + T T r ) T r T = T T r (20) r T r ist um den Referenzpunkt herum die Schmelzlinie eine Gerade p sl (T ) = p r + L V m T T r T r (21) Die Neigung der Geraden wird dadurch bestimmt, ob V m positiv oder negativ ist. Bei fast allen Metallen ist V m > 0 und die Neigung positiv, während bei Halbleitern, Halbmetallen V m < 0 gilt, d.h. der flüssige Zustand hat die höhere Dichte (geringeres Molvolumen) als der feste. Man kann statt des molaren Volumens auch die Dichte verwenden. Das Molvolumen und die Dichte ρ sind verknüpft über das Atomgewicht A a V m = A a /ρ (22) Beispiel: Aluminium hat das Atomgewicht 27, d.h. ein Mol wiegt 27 g. Seine Dichte ist 2700 kg/m 3. Also ist das Molvolumen 10 5 m 3. Mit dieser Definition und V m = V l m V s m läßt sich Gleichung (21) umschreiben zu p sl (T ) = p r + L ρ s ρ l T T r (23) A ρ s ρ l T r 21
22 Bei Halbmetallen und Halbleitern ist die Dichte im festen Zustand kleiner als die Dichte der Schmelze und deshalb die Schmelzlinie negativ geneigt, währednd das bei Metallen umgekehrt ist. Verdampfungslinie Zur Berechnung des Verlaufes der Verdampfungslinie verwenden wir Gl.(18) und definieren aber als latente Wärme des Überganges flüssig-gasförmig H vap als die Verdampfungswärme dp dt = H vap T V m (24) Die Änderung des Molvolumens bei der Verdampfung ist im wesentlichen durch das Molvoulmen des Gases gegeben, das um Größenordnungen über dem von Schmelzen liegt. Das Molvolumen eines idealen Gases ist gegeben durch Vm gas = RT/p (allgemeines Gasgesetz). Einsetzen in Gl.(24) ergibt: dp pdt = H vap T 2 R (25) Sei bei einem Referenzdruck p d die Verdampfungstemperatur T d, dann kann man Gleichung (25) von p d bis p integrieren und erhält ( p lg (T ) = p d exp H vap R ( 1 T 1 ) ( ) = p exp H ) vap T d RT (26) als Funktion, die die Verdampfungskurve beschreibt, sofern die Verdampfungswärme selbst nicht druckabhängig ist. Hierbei wurde vereinfacht geschrieben ( p = p d exp H ) vap ). (27) RT d Sublimationslinie Für die Sublimationslinie gilt die Betrachtung der Verdampfung mit der einfachen Änderung, dass die Verdampfungsenthalpie durch die Sublimationswärme H sub ersetzt wird, also ( p sub (T ) = p s exp H sub R ( 1 T 1 ) ( ) = p exp H ) sub (28) T s RT wobei wieder vereinfacht geschrieben wurde ( p = p s exp H ) sub ). (29) RT s 22
23 Zweistoffsysteme Lösungen - Legierungen = Mischungen mehrer Komponenten z.b. Wasser und Alkohol oder Eisen und Kohlenstoff oder Natriumsilikat und Bleioxid oder Gold und Silber oder Kochsalz und Wasser oder Aluminium und Kupfer Lösung bzw. Legierungsschmelze Interstitieller Mischkristall (Fe-C, Fe-N, Metall-H) Substitutions- Mischkristall zwei Arten zwei Größen reguläre Plätze Beispiel: Cu-Ni Al-Cu Au-Cu 23
24 Effekte beim Legieren Was passiert beim Mischen mehrer Komponenten? Gefrierpunktserniedrigung Die Lösung erwärmt sich (Wärmetönung) Ausfällen des gelösten Stoffes ist möglich, wenn Konzentration zu hoch oder Temperatur erniedrigt wird Je höher die Temperatur, desto mehr kann in der Regel gelöst werden Druck p p(t) fest p(t) flüssig gasfömig reiner Stoff Lösung (verdünnt) Temperatur Tm A Raoultsche Geraden Tm B TL T m Temperatur T A=1 Gehalt an B B=1 Die Erniedrigung des Schmelzpunktes in der Lösung ist direkt proportional der Konzentration c B gelösten Stoffes: T=T m -T L ~ p ~ c B (Raoultsches Gesetz) Gehaltsmessung in Legierungen Angaben der Zusammensetzung: Massegehalt oder Molenbruch / Atombruch Angabe der Konzentration der Komponenten in Gewichtsprozent oder Atomprozent Massegehalt einer Komponente A : w A = = m A m Masse der Komponente A in Gramm Gesamtmasse der Legierung in Gramm Molenbruch einer Komponente A : x A = = n A n Anzahl aller A Atome Anzahl aller Atome der Legierung Gewichtsprozente = w A *100 in % Atomprozente = x A *100 in % 24
25 Umrechnung Gew.% - At.% Gewichtsprozent in Atomprozent Atomprozent in Gewichtsprozent a A, a B = Atomgewichte aus dem Periodensystem (g/mol) ρ A,ρ B = Dichte der Komponenten Gewichtsprozent in Volumenprozent Atomprozent in Volumenprozent Herleitung der Formeln siehe Anhang Umrechnung Gew.% - At.% 25
26 Aufgabe: Umrechnung At% <=> Gew.% Gegeben sei eine Legierung aus Indium (In) und Antimon (Sb) mit 25 Gew.% Sb. Geben sie den Gehalt von Antimon in At.%. an. Gegeben sei eine Legierung aus Aluminium (Al) und Magnesium (Mg) mit 10 Gew.% Mg. Geben sie den Gehalt von Magnesium in At.%. An Gegeben sei eine Legierung aus Eisen (Fe) und 0,5 Gew.% Stickstoff (N). Geben sie den Gehalt von Stickstoff in At.%. an. Gegeben sei eine Legierung aus Eisen (Fe), Wolfram (W) und Molybdän (Mo) mit 10 Gew.% W und 4 Gew.%Mo. Geben sie den Gehalt von W und Mo in At.%. an. Gegeben sei eine Legierung aus Titan, Aluminium und Vanadium mit 12 Gew.% Al und 8 Gew.% V. Geben sie den Gehalt von Al und V in At.%. an. Gegeben sei eine Legierung aus Eisen und Kohlenstoff mit 1 At.% C. Geben sie den Gehalt von Kohlenstoff in Gew.% an. Gegeben sei eine Legierung aus Titan und Aluminium mit 25 At.% Al. Geben sie den Gehalt von Aluminium in Gew.% an. Element In Sb Al Mg Fe N W Mo Ti V C Atomgewicht Lösung: siehe Anhang zum Skript Bezeichungsweisen von Legierungen Legierungszusammensetzungen werden in unterschiedlichster Weise angegeben, ohne das eine strenge Systematik herrscht noch eine internationale Übereinkunft existiert. Einige äquivalente Nomenklaturen einer Legierung aus den Komponenten A,B,C soll verständlich machen, welche Möglichkeiten in der Literatur angetroffen werden Gehaltsangaben in Atomprozent Legierungsangabe A-x At.% B-y At.%C A-x At.-% B-y At.-%C A+x At.% B+y At.%C ABxCy A1-x-yBxCy A-x a/o B y a/o C A+x a/o B+y a/o C Ax a/oby a/oc Bedeutung Die Legierung besteht aus x Atomprozent B, y Atomprozent C und 100-x-y Atomprozent A Atomprozent findet man als: At.%, At-%, at.%, at.-%, a/o oder einfach als Zahl zwischen Null und Eins. Gehaltsangaben in Gewichts- oder Masseprozent Legierungsangabe A-x Gew.% B-y Gew.%C A-x Gew.-% B-y Gew.-%C A+x Gew.% B+y Gew.%C A-x m/o B y m/o C A+x m/o B+y m/o C A xm/ob ym/oc Bedeutung Die Legierung besteht aus x Gewichtsprozent B, y Gewichtsprozent C und 100-x-y Gewichtsprozent A Die Legierung besteht aus x Masseprozent B, y Masseprozent C und 100-x-y Masseprozent A Gewichts- oder Masseprozent findet man als: Gew.%, Gew-%, Gew.%, Gew.-%, m/o. 26
27 Typen Zweistoffsysteme binäre Phasendiagramme Komponenten vollständig mischbar im Flüssigen und im Festen Systeme mit Schmelzpunktminimum oder -maximum Systeme mit non-varianten Reaktionen (F=0) - eutektisch - peritektisch - monotektisch System mit intermetallischen Verbindungen (Phasen) - kongruent schmelzende Verbindungen - inkongruent schmelzende Verbindungen Vollständige Mischbarkeit In der Schmelze liegen die A und B Atome regellos nebeneinander vor. Im kristallinen Zustand sind die die Gitterplätze statistisch, zufällig mit den Atomen der Sorte A oder B besetzt. Wann tritt so etwas auf? Bei gleicher Kristallstruktur der Komponenten Bei kleinen Unterschieden in den Atomradien Bei ähnlichen Bindungsverhältnissen in den Komponenten T A, T B - Schmelzpunkte der reinen Komponenten L - Schmelze (Einphasengebiet) S - Mischkristall (Einphasengebiet) S+L - Zweiphasengebiet S und L sind im Gleichgewicht miteinander 27
28 Gefügeentwicklung - Vorgänge beim Abkühlen Bei der Abkühlung aus dem schmelzflüssigen Zustand (Gebiet L) kristallisiert bei Erreichen der Liquiduslinie ein Festkörper (Mischkristall) der Zusammensetzung x p aus. Bei weiterer Abkühlung in das Zweiphasengebiet S+L wachsen schon vorhandene Kristalle oder neue entstehen. Die Zusammensetzung der Kristalle ändert sich. Sie verläuft entlang der Soliduslinie bis die Temperatur auf T s (x 0 ) gefallen ist. Dann ist die Erstarrung vollständig und der Kristall hat die Zusammensetzung x 0. Das Verhältnis von festem zu flüssigem Anteil im Zweiphasengebiet regelt das Hebelgesetz. Die horizontale Verbindungslinie zwischen einem Punkt auf der Liquiduslinie und einem auf der Soliduslinie, die den Legierungspunkt enthält, heißt Konode (rote Linien im Diagramm). Beispiele vollständiger Mischbarkeit Stark segregierendes System Germanium- Silizium Beispiele: W-Ta, W-Mo, W-Nb Au-Ag, Au-Pd, Au-Pt, Cu-Pd Kupfer-Nickel 28
29 Freie Enthalpie einer Legierung Wie kommen solche Diagramme zustande? Komponenten A und B mit den Konzentrationen A: x A, und B: x B. Es gilt x A + x B = 1 H Legierung = x A H A +x B H B + H mix S Legierung = x A S A +x B S B + S mix G Legierung = H Legierung - T S Legierung = x A G A +x B G B + G=G 0 + G mix G mix = x A G A +x B G B!H mix >0 G = G 0 +!G mix!h mix< 0 H mix = Wärmetönung durch Legierungsbildung A Konzentration x B B S mix = Mischungsentropie Modelle der Mischung - I Modell der idealen Mischung H mix = Wärmetönung durch Legierungsbildung = 0 S mix = Mischungsentropie allein reicht für Legierungsbildung Entropie = Funktion der Gesamtzahl aller möglichen Zustände W Kombinationsmöglichkeiten (wie beim Lotto 6 aus 49) Stirlingsche Formel Entropie pro Atom R = Gaskonstante, N A = Avogadro Zahl, k B = Boltzmann Konstante Freie Mischungsenthalpie Randnotiz: Nahe der reinen Komponenten ist der Gewinn an freier Enthalpie durch Zulegieren von etwas A oder B beliebig groß! 29
30 Freie Mischungsenthalpie Warum trennt ein Zweiphasengebiet fest von flüssig? Die freie Enthalpien der festen und der flüssigen Phase sind allgemein eine Funktion mit mindestens je einem Minimum als Funktion der Konzentration, wobei das Minimum an unterschiedlichen Positionen (Konzentrationen) auftritt. Im Bereich zwischen den Konzentrationen c 1 und c 2 ist eine Entmischung in zwei Phasen (fest und flüssig) energetisch günstiger als eine Fortsetzung entlang der gestrichelten Linien. Alle Punkte auf der Geraden zwischen c 1 und c 2 liegen tiefer als jeder Punkt der gestrichelten Linien. Entlang der Gerade, die c 1 und c 2 verbindet, ändern sich die Mengenanteile von fest und flüssig: Hebelgesetz. 30
31 Freie Enthalpiediagramme? Schematische freie Enthalpie-Diagramme mischbarer Systeme und Übersetzung in ein Zustandsdiagramm. Realisiert wird immer der Zustand geringster freier Enthalpie (Energie). Phasenanteile - Hebelgesetz Im Zweiphasengebiet zwischen Liquidusund Soliduslinie werden die Anteile fest und flüssig durch das so genannte Hebelgesetz festgelegt n α = Zahl alle Atome in der α-phase Wenn die Konzentrationsachse Gewichtsprozente angibt, bezeichnen die f α und f β die Masseanteile; Atomprozent angibt, bezeichnen die f α und f β die molaren Anteile Die Linie zwischen x B α und x B β heißt Konode. Eine Konode verbindet im Binären Einphasengebiete bei konstanter Temperatur. 3 Phasen in einer AlAgCu Legierung Herleitung der Formeln siehe Anhang 31
32 Berechnung der Phasenanteile 1. Gesamthebel bestimmen (bei fester Temperatur Endpunkte der Konode bestimmen) 2. Der Schnittpunkt Konode und Bruttokonzentration ist der Unterstützungspunkt für die Waage. 3. Der Hebel zur α-phase ist immer der Hebel, der diese Phase nicht berührt (α=schmelze, Festkörper...) 4. Länge der beiden Hebel bestimmen, teilen, fertig. Bei linearer Skala kann man auch ein Lineal nehmen. Systeme mit Schmelzpunktminimum/Maximum Es gibt viele binäre Systeme mit Schmelzpunktminimum (azeotroper Punkt). Beispiele: Ti-V, Ti-Sc, Ti-Zr, Cu-Mn, Au-Cu, Au-Ni azeotroper Punkt 1. Wichtig: Abkühlung einer Legierung mit exakt der Zusammensetzung des Minimums ist wie die Abkühlung eines Einstoffsystems. 2. Wichtig: Am azeotropen Punkt haben Solidus- und Liquiduslinie dieselbe Steigung und diese ist Null! 32 1
33 Nichtmetallische Systeme mit azeotropem Punkt Gas Gas G + L G + L Liquid Liquid Methoden / Techniken: Bestimmung von Phasengleichgewichten 1. Thermoanalyse Grundlage: Jeder Phasenübergang ist von einer Änderung thermodynamischer Größen begleitet, die man messen kann. Wie zum Beispiel latente Wärme, Änderung der spezifischen Wärme.. Messmethode: Temperaturmessung 2. Röntgenanalyse Jeder Änderung der Legierungszusammensetzung ist verbunden mit einer Änderung der Netzebenenabstände. Messung der Gitterparameter, Aufnahme eines Diffraktogrammes. 3. Analyse von Schliffbildern Jede Phase einer Legierung zeigt sich im Schliff. Quantitative Bildanalyse (Phasenanteile). 4. Numerische Simulation Berechnung der thermodynamischen Funktionen aus Modellen, in Anpassung an experimentelle Daten (1.-3.). Es gibt mehrere weltweit anerkannte Programme, z. B. Programme von GTT-Technlogies (Aachen), ThermoCalc (KTH, Stockholm), PandaSoft (Clausthal). Zeitschrift: Calphad 33 1
34 Abkühlung eines Körpers Wärmeinhalt Zeitliche Änderung Wärmestrom durch Oberfläche Zeitliche Änderung Änderung der Körpertemperatur A = Oberfläche des Körpers V = Volumen des Körpers ρ = Dichte des Materials c = spezifische Wärme Typischer Temperaturverlauf durch natürliche Abkühlung Abkühlkurven-1 Reine Komponente: Beim Erreichen des Schmelzpunktes wird solange Schmelzwärme freigesetzt, bis das ganze Schmelzvolumen kristallisiert, umgewandelt ist. Je höher die Kühlrate, desto höher die Rate der Freisetzung der latenten Wärme. Da F=0 gibt es ein Plateau in den Abkühlkurven. 34 1
35 Abkühlkurven-2 Temperatur flüssig Schmelzintervall!T Liquidustemperatur Solidustemperatur fest Zeit Abkühlung einer Legierung mit Schmelzintervall (z.b. vollständig mischbar) Abkühlung durch Zwei- Phasengebiet: Beim Erreichen der Liquidustemperatur wird Schmelzwärme freigesetzt über das ganze Intervall bis zur Solidustemperatur, bei der das ganze Schmelzvolumen auskristallisiert ist. Je höher die Kühlrate, desto höher die Rate der Freisetzung der latenten Wärme. Da F=1 gibt es kein Plateau in der Abkühlkurve. Abkühlkurven-3 Reale Abkühlkurve einer AlSiMg-Legierung gemessen an drei Stellen im Gußteil (AlSi7Mg0.6) Differentialthermoanalyse DTA 35 1
36 Schematische Abkühlkurven Phasenübergang mit F=1 (uni-variante Reaktion) Reiner Stoff oder Phasenübergang mit F=0 (non-variante Reaktion) Aus den echten Abkühlkurven werden vereinfachte schematische gewonnen! Übung: Abkühlung mit Schmelzintervall 36 1
37 Übung: Abkühlung mit Schmelzintervall Konstruieren Sie aus den Abkühlkurven das Phasendiagramm. Fast wichtiger als das Konzept der Mischbarkeit, ist das der Nichtmischbarkeit: es ist universeller und technisch bedeutender. Schema einer Mischungslücke im Flüssigen oder Festen Begrenzungslinie der Mischungslücke heißt: Binodale Die Mischungslücke schließt sich im kritischen Punkt T c Im Gebiet der Mischungslücke koexistieren (Konode) zwei Schmelzen oder zwei Festkörper (Kristalle) unterschiedlicher Zusammensetzung, nämlich L 1 oder S 1 bzw. L 2 oder S 2 Nichtmischbarbeit 37 1
38 Mischungsmodell - II Konzept der Nichtmischbarkeit - reguläre Lösung Mischungsenthalpie Freie Mischungsenthalpie Gleichgewichtsdefinition Auflösen ergibt: Grenzwert x B =0 K hängt von den nächsten Nachbarbindungen ab Modellverlauf der freien Enthalpie Mischungsmodell - II 38 1
39 Nichtmischbarkeit im Flüssigen monotektische Systeme Temperature C Atomic Percent Bismuth L L2 L1 400 Al+L Al Al + Bi Weight Percent Bismuth Bi Beispiele: Cu-Pb, Ni-Ag, Fe-Ag, Al-Pb,Al-Cd, Al-In, Zn-Bi, In-S Wasser-Öl, Öl-Essig, SiO 2 -Wasser, Alkali- und Erdalkali-Silikatschmelzen Nichtmischbarkeit im Festen Beispiele für eine Mischungslücke im Festen: Fe-Co Fe-V Pd-Rh Silikate Anmerkung: Der kritische Punkt der Mischunglücke berechnet sich vereinfacht zu T c =ΔH misch /2R =K/2R Wobei ΔH misch die molare Mischungswärme und R die Gaskonstante ( 8.3 J/(mol K)) ist. 39 1
40 Nichtmischbarkeit im Festen Beispiel für ein nichtmetallisches System mit azeotropem Punkt und mit Mischungslücke im Festen Druck: 0.2 MPa Wasser Übung - Hebelgesetz, Abkühlkurven-1 (1) (2) (3) Aufgaben: a 4 a 3 a 2 a 1 b 4 b 3 b 2 b 1 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2-Phasenfelder 2) Wie heißen die Verbindungslinien der Punkte a i -b i? 3) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierungen (1),(2),(3) 4) Berechnen sie für die Legierung (3) die Phasenanteile bei a 1 -b 1, a 2 -b 2, a 3 -b 3,a 4 -b
41 Übung - Hebelgesetz, Abkühlkurven Atomic Percent Bismuth Al (1) ~657 C ~270 C 65.5 % Weight Percent Bismuth ~1037 C (2) Bi C Aufgaben: 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2- Phasenfelder 2) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierungen (1),(2) 3) Berechnen sie für Legierung (1) und (2) die Phasenanteile bei 900 C,700 C und 657 C in Gewichtsprozent; 4) Welche Reaktion tritt bei 657 C auf? Welche Phasen bilden sich? 5) In welcher Gitterstruktur kristallisiert Al? Übung - Hebelgesetz, Abkühlkurven-3 Aufgaben: 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2- Phasenfelder 2) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierung mit 42,5 und 70,6 at.% Ni 3) Berechnen Sie für Legierungen mit 42,5 at.% Ni und 70,6 at%ni die Phasenanteile bei 600 C, 500 C und 300 C. 4) Was bedeutet das Minimum bei 955 C und 42.5 at%ni und das Maximum bei C und 70,6 at.% Ni? 41 1
42 Übung - Hebelgesetz, Abkühlkurven-4 Aufgaben: 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2-Phasenfelder 2) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierung mit 20, 50 und 80 at.% Cu 3) Was passiert im Temperaturbereich unterhalb 410 C und für Legierungen zwischen 35 und 65 at.% Cu? Non-variante Reaktionen Es gibt in Zweistoffsystemen 3-Phasengleichgewichte; Also ist die Zahl der Freiheitsgrade F=0. Diese 3- Phasengleichgewichte heißen non-variante oder invariante Reaktionen. Typen: Aus der Schmelze Eutektisch Peritektisch Monotektisch Im festen Zustand Eutektoid Peritektoid Monotektoid 42 2
43 Eutektische Reaktion Eutektische Reaktion: Schmelze wandelt sich bei einer Temperatur simultan in zwei Festkörper um L α + β Ursache: Nichtmischbarkeit im Festen mit hoher kritischer Temperatur. TA L+ß L L+ß TB TA L+ß L L+ß TB TA L+ß1 L L+ß2 TB ß ß1 ß1 + ß2 ß2 ß1 ß1 + ß2 ß2 A ß1 ß1 + ß2 ß2 B A B A B Eutektische Reaktion Beispiel Silikatschmelzen bei erhöhtem Druck 43 2
44 Beispiele eutektischer Zustandsdiagramme Al löst etwas Si, maximal 1,5 at.% Si löst kein Al. Der eutektische Punkt liegt asymmetrisch auf der Al-reichen Seite bei 12,2 at.% Si. Ag löst 13,5 at.% Kupfer; Kupfer löst maximal 5 at.%ag. Der eutektische Punkt liegt fast symmetrisch bei 40 at.%cu. Beispiele eutektischer Zustandsdiagramme Pb löst 28,1 at.% Sn, Zinn maximal 2,3 at.% Pb. Der eutektische Punkt liegt asymmetrisch auf der zinnreichen Seite bei 73,9 at% Sn. Eisen und Kohlenstoff bilden unter anderem auch ein eutektisches Teilsystem (Gusseisen) bei ungefähr 4.3 Gew.% Kohlenstoff. 44 2
45 Gefüge von Eutektika - real z Flüssig x eutektische Wachstumsfront fest Gusseisen mit Lamellengraphit CaF 2 -LiF lamellar Al-Al 3 NI Erstarrungsgeschwindigkeit v= Eutektisches Al-Si 0, Irreguläres, lamellanartiges eutektisches Gefüge in AlSi. Si Platten eingelagert in eine Al-Matrix. Der Plattenabstand hängt von der Erstarrungsgeschwindigkeit ab. Anwendung: Zylinderköpfe Kurbelgehäuse Leichtmetallguss 0.06 mm/s 45 2
46 Abkühlkurven und Gefügeentwicklung Eutektika Der eutektische Punkt liegt immer tiefer als die Schmelzpunkte der beteiligten Komponenten. Übung: Eutektika 0% B 15% B 35% B 45% B 55% B 70% B 80% B 90% B 100% B 25% B Aufgabe Konstruieren Sie aus den schematischen Abkühlkurven der verschiedenen Legierungen das Zustandsdiagramm des Legierungssystems AB. TB T A 46 2
47 Übung: Eutektika 2 0% B 10% B 20% B 40% B 50% B 70% B 90% B 100% B Aufgabe Konstruieren Sie aus den schematischen Abkühlkurven der verschiedenen Legierungen das Zustandsdiagramm des Legierungssystems AB. TB T A Peritektische Reaktion Wie die eutektische Reaktion führt das Auftreten oder Erreichen der Peritektikalen (peritektischen Temperatur) zu einem Haltepunkt in einer Abkühlkurve Peritektische Reaktion: L + ß α L TB Wichtig: der peritektische Punkt und die Peritektikale sind immer durch eine Liquiduskurve überdeckt und nie direkt von der Schmelze aus erreichbar. Tp TA L +! L+ß ß Allgemeine Bemerkung:!! + ß Bei Peritektika liegt die peritektische Temperatur immer zwischen den Schmelztemperaturen der beteiligten Komponenten. A x1 x2 B 47 2
48 Abkühlkurven bei peritektischer Reaktion L x=x1 L TB L x=x2 L+" L+"-->! L+! Tp L +! L+ß ß L+" L+"-->!! TA!! + ß!+" Abkühlung einer Legierung der Zusammensetzung x 1 : Bei Erreichen der Liquidustemperatur scheidet sich ß-Phase (fest) aus (diese wird auch properitektische Phase genannt). Bei Erreichen der peritektischen Temperatur T p reagiert die ß-Phase mit der Schmelze L und bildet die α -Phase. Die ß -Phase aus der properitektischen Ausscheidung wird vollständig in α umgewandelt. Bei Temperaturen unter halb T p liegt L+ α im Gleichgewicht vor, darunter reines α. A x1 L xp L+" x2 L+"-->!! B xp Abkühlung einer Legierung der Zusammensetzung x 2 : Bei Erreichen der Liquidustemperatur scheidet sich ß -Phase (fest) aus (diese wird auch properitektische Phase genannt). Bei Erreichen der peritektischen Temperatur T p reagiert die ß - Phase mit der Schmelze L und bildet die α -Phase. Die ß -Phase wird nicht vollständig umgewandelt. Es bleibt ß übrig, denn bei tieferen Temperaturen liegen α und ß Phase im Gleichgewicht vor. Gefügebildung bei peritektischer Reaktion ß L Die peritektische Reaktion ist sehr langsam, da sie Festkörperdiffusion erfordert, da sich um die pro-peritektische ß Phase festes α bildet und die weitere Reaktion durch Diffusion von Legierungsatomen aus der Schmelze durch die Schicht neuer Phase erfolgt. ε L ß! η Bronze (CuSn) ε + L => η 48 2
49 Phasendiagramme mit peritektischer Reaktion Beispielsysteme Fe-C, Fe-Co, Cu-Co, Cu-Fe, Sn-Sb, Al-Mn, Al-Fe, Ag-Pt, Cu-Sn, Cu-Zn Übung: Abkühlkurven - Phasendiagramme x B [at.%] Gegeben unten stehende Abkühlkurven. Konstruieren Sie ein sinnvolles Zustandsdiagramm und bezeichnen Sie die Phasenfelder A B x B 49 2
50 Übung: Abkühlkurven - Phasendiagramme 40 x B [at.%] Gegeben unten stehende Abkühlkurven. Konstruieren Sie ein sinnvolles Zustandsdiagramm und bezeichnen Sie die Phasenfelder A x B 90 B Monotektische Reaktion Monotektische Reaktion L 1 A + L 2 Die Kurve, die die Mischungslücke in der Schmelze begrenzt, heißt Binodale. Entlang der Binodalen verändert sich die Löslichkeit beider Schmelzen L 1 und L 2. Bei Erreichen der "monotektischen Temperatur" zerfällt die Schmelze L 1 in zwei unterschiedliche Phasen: Festkörper S und Schmelze L 2. Die monotektische Reaktion findet bei exakt einer Temperatur statt. Die Konzentrationen aller drei Phasen liegen fest. F=0. Ursache für die Entmischung im Flüssigen: 1. positive Mischungsenthalpie ( H 0 UAB -1/2 (UAA+UBB) > 0) 2. großer Atomradienunterschied (z.b. Al=0.148 nm, Pb= nm) 3. große Differenz der Elektronegativitäten 4. große Unterschiede in den Schmelzpunkten Beispiele: Al-Pb Al-Bi Zn-Pb Zn-Bi Cu-Pb Ni-Ag Fe-Ag Anwendung: Lagerwerkstoffe Elektrische Kontakte 50 2
51 Gefüge monotektischer Legierungen faseriges Wachstum von Bismuth in einer ZnBi Legierung Gerichtet erstarrendes SCN-Glycerol bei kleinen Erstarrungsgeschwindigkeiten (0.1 mm/s) und einem hohen Temperaturgradienten (55 K/cm) Wachstum von Indium Tropfen und Fasern in einer Al-In Legierung exakt Monotektischer Zusammensetzung. Abkühlkurven: Monotektische Systeme Beim Abkühlen einer Legierung mit einer Zusammensetzung größer als die monotektische Konzentration treten folgende Reaktionen auf: 1. Bei Abkühlen unter die Binodale gibt es eine sehr schwache Wärmetönung bei der Bildung der Schmelze L 2 in der Schmelze L 1, oder umgekehrt, abhängig davon, auf welcher Seite vom kritischen Punkt x c man sich befindet. 2. Weiteres Abkühlen verändert die Konzentrationen der beiden Schmelzen und ihre Phasenanteile (Hebelgesetz) 3. Bei Erreichen der monotektischen Konzentration tritt ein Haltepunkt auf, wie bei einem reinen Stoff oder einem Eutektikum. T B1 T B2 T B3 T m T e x B <<x c xb <x c x B >>x c Zeit 4. Weiteres Abkühlen verändert stetig die Zusammensetzung der Schmelze L 2 5. Bei Erreichen der eutektischen Temperatur T e zerfällt die Schmelze L
52 Non-variante Reaktionen in binären Systemen Non-variante Reaktionen sind solche, bei denen in binären Systemen drei Phasen im Gleichgewicht sind, also der Freiheitsgrad F=0 ist. Es gibt mehrere solche Reaktionen: 1. Monotektische Reaktion L 1 --> S + L 2 2. Eutektische Reaktion L --> α + β 3. Peritektische Reaktion L + β --> α An diesen Reaktionen ist immer eine Phase flüssig. Es gibt aber auch non-variante Reaktionen im Festen. 4. Monotektoide Reaktion α --> α 1 + β 5. Eutektoide Reaktion S --> α + β 6. Peritektoide Reaktion S + β --> α Es gibt aber auch noch andere non-variante Reaktionen, die aber äußerst selten sind, z.b. 7. syntektische Reaktion L 1 + L 2 --> S 8. metatektische Reaktion α --> L + β Syntektische Reaktion L 1 + L 2 --> S L 1 L2 L 1 +S L 2 +S S Konzentration 52 3
53 Metatektische Reaktion Die metatektische Reaktion ist im allgemeinen - wie die syntektische Reaktion - nicht wichtig. Es gibt aber zwei wichtige Legierungssysteme, in denen eine metatektische Reaktion auftritt: FeZr und CuSn. L L+!-Fe L+"-Fe!-Fe "+! "-Fe Der Ausschnitt zeigt, wie die Reaktion verläuft: δ-fe zerfällt in die Schmelze L und γ-fe. Das heißt auch, statt der üblichen Abfolge von Phasenfeldern in der Nähe einer Komponente, nämlich L, L+S, S haben wir hier eine Mehrfachfolge: L, L+S, S, S+S 2, S 2. Die Reaktion ist eine Mischung aus einer eutektischen und monotektischen. δ --> L + γ Non-variante Reaktionen im Festen Monotektoide Reaktion α 2 --> α 1 + β Peritektoide Reaktion siehe intermetallische Phasen 53 3
54 Non-variante Reaktionen im Festen Eutektoide Reaktion S --> α + β Die eutektoide Umwandlung im Festen gleicht der eutektischen aus dem Flüssigen. Die Reaktion läuft aber erheblich langsamer ab (Diffusionskoeffizient) und startet deshalb in der Regel nicht im Kornvolumen sondern an Austenitkorngrenzen und Tripelpunkten, von denen aus sich eine eutektoide Reaktionsfront in das Volumen bewegt. Das perlitische Gefüge ist ca mal feiner als eine eutektisches Gefüge. Übung: Abkühlkurven im metastabilen Fe-C Diagramm 1. Konstruieren Sie die Abkühlkurven bei den eingezeichneten Zusammensetzungen und beschriften Sie diese (Phasen, Phasenübergänge, Reaktionen). 2. Benutzen Sie das Hebelgesetz zur Bestimmung der Phasenanteile der Legierungen (a) bei 723 C (Menge α-mischkristall und Perlit=α-Fe + Fe 3 C (b) bei 723 C (c) bei 1147 C (Menge γ-mischkristall und Eutektikum) (d) bei 1147 C 54 3
55 Definition: kongruent = Verbindung hat eigenen Schmelzpunkt Intermetallische Phasen 1. kongruent schmelzende Verbindungen A+L L V+L V+L B+L L L--> V V A+L V+L V+L L B+L A V=AB B A V=A2B B Beispiele für intermetallische (intermediäre) Phasen: Wertigkeitsverbindungen wie Mg 2 Si, Mg 2 Zn krasse Unterschiede in den Atomradien Fe 3 C Elektronenverbindungen: e/a überschreitet kritische Werte (Hume-Rothery-Phasen) Laves-Phasen, Zintl-Phasen u.v.a.m. Intermetallische Phasen Kongruent schmelzende Verbindungen mit endlicher Löslichkeit. L "+L #+L!+L!+L " #! "+! "+# L L-->!! Zur Nomenklatur: A x B y bedeutet Gesamtzahl der Atome oder Mole n= x+y ---> A[at.%] = x/(x+y)* > B[at.%] = y/(x+y)*100 A B Beispiele: Fe 3 C (Zementit): x Fe = 3/4 = 75 at.% und x C = 1/4 = 25 at.% Al 2 O 3 (Korund): x Al = 2/5 = 40 at.% und x O = 3/5 = 60 at.%. Intermetallische AlSiFeMn-Verbindung in Aluminiumguß 55 3
56 Intermetallische Phasen 2. inkongruent schmelzende Verbindungen A+L L V+L xb=50at.% L A+L A+L->V Definition: inkongruent = Verbindungen bilden sich über eine peritektische oder peritektoide Reaktion B+A B+V V A V=AB B x B <50at.% x B >50at.% L L A+L A+L->V A+L A+L->V V+L A+V B+V Intermetallische Phasen-Beispiele A+L B+A V+L L B+V B+L! A!+L!+" L "+L #+L " # "+# B A V=A2B B 56 3
57 Intermetallische Phasen-Beispiele InSb - Infrarotdetektor Nb x Ge y - Supraleiter Übung: Begriffe-1 Gegeben sei das nebenstehende Zustandsdiagramm. Ordnen Sie die folgenden Begriffe den Feldern/Linien bzw. Punkten im Zustandsdiagramm zu (Mehrfachnennungen sind möglich): a) Mischkristall b) eutektisches Gleichgewicht c) Liquiduslinie d) Soliduslinie e) maximale Löslichkeit in α f) maximale Löslichkeit in β g) Mischungslücke h) monotektisches Gleichgewicht i) kritischer Punkt j) Binodale 57 3
58 Übung: Begriffe-2 Gegeben sei das nebenstehende Zustandsdiagramm. Ordnen Sie die folgenden Begriffe den Feldern/Linien bzw. Punkten im Zustandsdiagramm zu (Mehrfachnennungen sind möglich): a) Mischkristall b) eutektisches Gleichgewicht c) Liquiduslinie d) Soliduslinie e) maximale Löslichkeit in α f) maximale Löslichkeit in β g) Mischungslücke h) monotektisches Gleichgewicht i) kritischer Punkt j) Binodale k) Konrguent schmelzende Verbindung Übung: Skizze einfacher binärer Zustandsdiagramme Zeichnen Sie schematisch binäre Zustandsdiagramme für folgende Bedingungen und bezeichnen Sie die Phasenfelder: a) vollständige Mischbarkeit in Festen und Flüssigen mit Schmelzpunktsminimum bei x B =30 at.-% b) monotektisches System aus A und B, monotektischer Punkt bei x M =5 at.-% c) eutektisches System ohne Randlöslichkeit, eutektischer Punkt bei x E =50 at.% d) System mit kongruent schmelzender Verbindung V=A 3 B 4. e) System mit inkongruent schmelzender Verbindung A 2 B. In den Aufgaben a),b) und c) zeichnen Sie schematische Abkühlkurven für Legierungen mit einer Zusammensetzung des Minimums, des Monotektikums und des Eutektikums. In den Aufgaben d) und e) zeichnen Sie die Abkühlkurve der kongruent schmelzenden Verbindung bzw. der inkongruent schmelzenden. 58 3
59 Übung: intermetallische Phasen 1 1. Konstruieren Sie die Abkühlkurven bei den eingezeichneten Zusammensetzungen und beschriften Sie diese (Phasen, Phasenübergänge, Reaktionen). 2. Benutzen Sie das Hebelgesetz zur Bestimmung der Phasenanteile der Legierungen (a) bei 300 C (b) bei 300, 400, 500, 600 C (c) bei 492,5 C (d) bei 492,5 C Übung: intermetallische Phasen 2 1. Konstruieren Sie die Abkühlkurven bei den eingezeichneten Zusammensetzungen und beschriften Sie diese (Phasen, Phasenübergänge, Reaktionen). 2. Benutzen Sie das Hebelgesetz zur Bestimmung der Phasenanteile der Legierungen (a) bei 3500 C, 3000 C, 2000 C (b) bei 3300 C, 2400 C (c) bei 2000 C 59 3
60 Übung: Monotektoide Reaktion 1. Konstruieren Sie die Abkühlkurven bei den eingezeichneten Zusammensetzungen und beschriften Sie diese (Phasen, Phasenübergänge, Reaktionen). 2. Benutzen Sie das Hebelgesetz zur Bestimmung der Phasenanteile der Legierungen (a) bei 600 C, 400 C (b) bei 500 C, 400 C, 277 C (c) bei 277 C (d) bei 381 C Übung Warum sind folgende Darstellungen eines Phasendiagrammes nicht möglich? T B T B " L+" L L+!! T A " L+" L L+!! "+! "+! A B A B Hinweis: Benutzen Sie die Gibb sche Phasenregel 60 3
61 Übung: Phasendiagrammanalyse Übung: Phasendiagrammanalyse 61 3
62 Lösungen einiger Übungsaufgaben Lösung: Umrechnung At%-Gew% Aufgabe # Gehalt A 76,1 at.% In 11 at.% Mg 1,96 at.% N 3,325 at.% W 19,58 at.% Al 0,22 Gew.% C 15,8 Gew.% Al Gehalt B 23,9 at.% Sb 89 at % Al 98,04 at.% Fe 2,548 at.%mo 6,9 at.% V 99,78 Gew.% Fe 84,2 Gew.% Ti 62 4
63 Lösung Aufgabe Ge-Si (1) (2) (3) Liquid a 4 L+S a 1 a 2 a 3 b 4 b 3 b 2 b 1 Solid solution Mischkristall (Ge,Si) Aufgaben: 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2- Phasenfelder (s.o) 2) Wie heißen die Verbindungslinien der Punkte a i -b i? Antwort: Konoden 3) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierungen (1),(2),(3) 4) Berechnen sie für die Legierung (3) die Phasenanteile bei a 1 -b 1, a 2 -b 2, a 3 -b 3,a 4 -b 4 Phasenanteile: a 1 -b 1 : 100% Schmelze a 2 -b 2 : 66,2% Schmelze a 3 -b 3 : 28,8% Schmelze a 4 -b 4 : 100% Kristall L T Liquidus L+S T Solidus S Alle Abkühlurven sehen so aus Lösung Aufgabe Al-Bi Atomic Percent Bismuth Al L1 (1) L L 1 + L 2 ~657 C Al+L 2 ~270 C Al + Bi 65.5 % Weight Percent Bismuth ~1037 C Legierung (1): 900 C: 100 % L C: ca. 96% L 1 + 4%L C: ca. 93% L 1 + 7%L 2 (2) L Bi C Legierung (2): 900 C: ca. 4,5% L ,5%L C: ca. 7,5% L %L C: ca. 8% L %L 2 1) Markieren und bezeichnen Sie die 1- und 2- Phasenfelder 2) Zeichnen Sie die schematischen Abkühlkurven der Legierungen (1),(2) 3) Berechnen sie für Legierung (1) und (2) die Phasenanteile bei 900 C,700 C und 657 C in Gewichtsprozent; 4) Welche Reaktion tritt bei 657 C auf? Welche Phasen bilden sich? Monotektische Reaktion: L 1 --> Al + L 2 5) In welcher Gitterstruktur kristallisiert Al? Antw.: kubisch flächenzentriert, fcc L 1 L 1 +L 2 L1 --> Al+L 2 Al+L 2 Beide Legierungen haben diese Abkühlkurven (mit anderen Temperaturen) 63 4
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