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- Edmund Stieber
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1 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. $Id: linabb.tex,v.3 9//9 3:7:34 hk Exp hk $ II. Lineare Algebra 9 Lineare Abbildungen 9. Lineare Abbildungen Der folgende Satz gibt uns eine einfachere Möglichkeit das Bild einer linearen Abbildung auszurechnen. Satz 9.: Seien V, W zwei Vektorräume und f : V W eine lineare Abbildung. Dann ist das Bild Bild(f) ein Teilraum von W. Ist weiter v,..., v n ein Erzeugendensystem von V, so ist f(v ),..., f(v n ) ein Erzeugendensystem des Bildes Bild(f) von f. Dass das Bild dabei ein Teilraum ist, ist eine leichte Übung. Die Aussage über Erzeugendensysteme ist ebenfalls leicht einzusehen. Das die Vektoren v,..., v n ein Erzeugendensystem von V bilden, bedeutet ja das sich jeder Vektor v V als Linearkombination v = x v + + x n v n schreiben läßt. Für die Bilder f(v) ergibt sich damit f(v) = f(x v + + x n v n ) = f(x v ) + + f(x n v n ) = x f(v ) + + x n f(v n ). Dabei haben wir von der Tatsache Gebrauch gemacht, dass sich die Additivitätsbedingung f(x + y) = f(x) + f(y) an eine lineare Abbildung auch auf drei, vier und letztlich n Summanden überträgt. Jeder Bildvektor f(v) von f ist also eine Linearkombination der f(v ),..., f(v n ), und dies bedeutet definitionsgemäß, dass die Vektoren f(v ),..., f(v n ) ein Erzeugendensystem des Bildes Bild(f) sind. Wenden wir dies einmal auf unser eben gerade (also vor den Ferien) gerechnetes Beispiel an. Als Erzeugendensystem des R 3 verwenden wir dabei die kanonische Basis e, e, e 3 des R 3. Unser Satz sagt uns dann, dass die drei Bildvektoren f(e ), f(e ), f(e 3 ) das Bild von f erzeugen. Diese drei Vektoren berechnen sich als f wir haben also, f Bild(f) =, 8-, f,.,
2 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. Zunächst mag dieses Ergebnis etwas verwunderlich sein, denn wir hatten ja bereits ausgerechnet, dass das Bild von f ein zweidimensionaler Teilraum des R 3 ist, und nun haben wir auf einmal ein Erzeugendensystem aus drei Vektoren. Aber dies ist kein Problem, diese drei Vektoren sind eben keine Basis sondern nur ein Erzeugendensystem. Tatsächlich läßt sich etwa der dritte unserer drei Vektoren als Linearkombination der ersten beiden schreiben = 3 und damit sind bereits die beiden linear unabhängigen Vektoren f(e ), f(e ) ein Erzeugendensystem des Bildraums Bild(f) =,. Nebem dem Bild spielt auch der sogenannte Kern einer linearen Abbildung eine wichtige Rolle. Wie sich herausstellen wird, mißt dieser sozusagen wie nicht-injektiv eine lineare Abbildung ist. Definition 9.3: Seien V, W zwei Vektorräume und f : V W eine lineare Abbildung. Der Kern von f ist dann der Teilraum Kern(f) := {v V f(v) = } von V. Dass dies ein Teilraum von V ist, ist dabei leicht zu sehen. Rechnen wir einmal den Kern unserer Beispielabbildung f : R 3 R 3 aus. Ein Vektor v = (x, y, z) R 3 liegt definitionsgemäß genau dann im Kern von f wenn x x + y + z = f y y z z x y + z gilt, d.h. wenn (x, y, z) eine Lösung des homogenen linearen Gleichungssystems x + y + z = y z = x y + z = ist. Insbesondere können wir unsere bereits bei der Berechnung des Bildes durchgeführte Anwendung des Eliminationsverfahrens recyceln und erhalten das folgende äquivalente Gleichungssystem in Stufenform x + y + z = y z = 8-
3 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. also y = z/ und x = y z = (3/)z. Damit ist der Kern von f eindimensional 3 t Kern(f) = t t R t. Beachte insbesondere das sich die Dimensionen des Bildes und des Kernes von f gerade zur Dimension + = 3 des R 3 addieren, wie werden gleich festhalten, dass dies kein Zufall ist. Aber zuvor wollen wir noch den Kern einer etwas komplizierteren linearen Abbildung berechnen. Wir hatten bereits eingesehen, dass die differenzierbaren Funktionen f : R R einen Vektorraum V bilden, und das das Ableiten d dx : V RR auf diesem eine lineare Abbildung definiert. Was ist nun der Kern des Ableitens? Eine differenzierbare Funktion f : R R ist genau dann in diesem Kern, wenn f = ist, also wenn ihre Ableitung konstant Null ist. Dies bedeutet aber bekanntlich genau das die Funktion f konstant ist. Damit ist der Kern von d/dx genau der eindimensionale Vektorraum der konstanten reellen Funktionen auf R. Wie bereits bemerkt beschreibt der Kern einer linearen Abbildung in gewisser Weise wie nicht-injektiv diese ist. Sei nämlich eine lineare Abbildung f : V W gegeben. Dass die Abbildung f injektiv ist, bedeutete gerade die Gültigkeit der Implikation f(x) = f(y) = x = y für alle x, y V. Sind aber nun x, y V zwei Vektoren in V, so können wir auch schreiben, und somit wird f(x) f(y) = f(x) + ( ) f(y) = f(x y) f(x) = f(y) f(x y) = x y Kern(f). Injektiv bedeutet nun, dass aus f(x) = f(y), also aus x y Kern(f) stets x = y, also x y =, folgt. Folglich haben wir damit die Äquivalenz f ist injektiv Kern(f) = {}. Je größer die Dimension des Kerns einer linearen Abbildung f ist, desto mehr Urbilder gibt es zu jedem Element des Bildes von f. Der folgende Satz zeigt, dass bei großem Kern das Bild klein ist und umgekehrt. Satz 9. (Dimensionsformel für lineare Abbildungen) Seien V, W zwei endlich erzeugte Vektorräume und f : V W eine lineare Abbildung. Dann gilt die Dimensionsformel dim Kern(f) + dim Bild(f) = dim V. 8-3
4 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. Wir wollen diesen Satz hier nicht beweisen, da dies einen etwas systematischeren Aufbau der Theorie erfordern würde. Alternativ können wir die Gleichung auch als dim Kern(f) = dim V dim Bild(f) schreiben, d.h. die lineare Abbildung f ist genau dann injektiv wenn dim Bild(f) = dim V ist. Wie wir früher gesehen hatten, besteht für allgemeine Abbildungen zwischen Surjektivität und Injektivität kein Zusammenhang, es gibt surjektive aber nicht injektive, injektive aber nicht surjektive, weder injektive noch surjektive und sowohl surjektive als auch injektive Abbildungen. Für lineare Abbildungen stellt sich die Situation etwas anders dar, dort bestehen zwischen injektiv und surjektiv durchaus einige Zusammenhänge. Dies wollen wir im speziellen Fall einer linearen Abbildung f : V W zwischen endlich erzeugten Vektorräume V, W gleicher Dimension dim V = dim W einmal vorführen. Für unsere lineare Abbildung f : V W bestehen nun die folgenden Äquivalenzumformungen f ist injektiv Kern(f) = {} dim Kern(f) = dim V dim Bild(f) = dim Bild(f) = dim V dim Bild(f) = dim W Bild(f) = W f ist surjektiv. Dieses wichtige Ergebnis wollen wir in einem Satz festhalten: Satz 9.3: Seien V, W zwei endlich erzeugte Vektorräume gleicher Dimension und f : V W eine lineare Abbildung. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: (a) Die Abbildung f ist injektiv. (b) Die Abbildung f ist surjektiv. (c) Die Abbildung f ist bijektiv. Dies betrifft insbesondere den besonders wichtigen Fall V = W. Für eine lineare Abbildung f : V V eines endlich erzeugten Vektorraums V in sich selbst impliziert die eindeutige Lösbarkeit der Gleichung f(x) = damit das überhaupt jede Gleichung f(x) = y mit y V eindeutig lösbar ist. Im Zusammenhang mit linearen Abbildungen sind noch einige Sprechweisen üblich, die wir in dieser Vorlesung zwar nur sehr sparsam bis gar nicht verwenden, die Ihnen aber trotzdem geläufig sein sollten da sie in der Literatur zur linearen Algebra sehr häufig verwendet werden. Definition 9.4: Sei f : V W eine lineare Abbildung. (a) Ist V = W, so nennt man f auch einen Endomorphismus. 8-4
5 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. (b) Die lineare Abbildung f heißt ein Monomorphismus wenn f injektiv ist. (c) Die lineare Abbildung f heißt ein Epimorphismus wenn f surjektiv ist. (d) Die lineare Abbildung f heißt ein Isomorphismus wenn f bijektiv ist. 9. Matrixdarstellung linearer Abbildungen Wie sich in diesem Abschnitt herausstellen wird, besteht zwischen linearen Abbildungen einerseits und Matrizen andererseits ein sehr enger Zusammenhang. In gewissen Sinne werden sich diese beiden Konzepte als nahezu dasselbe herausstellen, und bei dieser Gelegenheit werden wir auch endlich den Grund für die in 6 etwas willkürlich definierte Multiplikation von Matrizen kennenlernen. Im folgenden betrachten wir zwei Vektorräume V mit Basis v,..., v n und W mit Basis w,..., w m. Weiter sei f : V W eine lineare Abbildung. Kennen wir dann die Funktionswerte f(v ),..., f(v n ) der Basiselemente von V, so ist f bereits vollständig festgelegt. Denn einen beliebigen Vektor v V können wir als eine eindeutige Linearkombination v = x v + + x n v n schreiben, und das Bild f(v) wird dann wie bereits oben gesehen zur entsprechenden Linearkombination f(v) = x f(v ) + + x n f(v n ). Andererseits sind f(v ),..., f(v n ) Vektoren im Vektorraum W, können also bezüglich der Basis w,..., w m von W in eindeutiger Weise als Linearkombinationen geschrieben werden: f(v ) = a w + a w + +a m w m, f(v ) = a w + a w + +a m w m,.... f(v n ) = a n w + a n w + +a mn w m. Setzen wir diese Darstellungen in die Formel für das Bild f(v) ein, so erhalten wir n n m [ m n ] f(v) = x j f(v j ) = a ij w i = a ij x j w i. j= j= x j i= Damit legen die Zahlen a ij die lineare Abbildung f fest, und wir bezeichnen die aus ihnen gebildete Matrix als die Matrix der linearen Abbildung f. Definition 9.5: Seien V, W zwei endlich erzeugte Vektorräume und f : V W eine lineare Abbildung. Die Matrix von f bezüglich der Basen v,..., v n von V und w,..., w m von W ist die m n Matrix A = (a ij ), deren j-te Spalte gerade aus den Koordinaten von f(v j ) bezüglich der Basis w,..., w m besteht, also f(v j ) = m i= a ijw i für j n. 8-5 i= j=
6 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. In der eben verwendeten Notation ist also a a n A =... a m a mn Sind dabei die auf V und W verwendeten Basen im gegebenen Kontext festgelegt, so spricht man etwas ungenau auch einfach von der Matrix der linearen Abbildung, ohne die beiden Basen noch einmal zu erwähnen. Unsere Rechnung zeigt uns aber nicht nur die Tatsache, dass f durch die Zahlen a ij festgelegt ist, sondern die Art dieser Festlegung wird auch genau angegeben. Schauen wir uns einmal den Koeffizienten vor dem w i an n a ij x j = a i x + + a in x n = j= a i x + a i x +. + a in v n. In dieser Formel wird die i-te Zeile (a i,..., a in ) der Matrix A gedreht und der Spalte (x,..., x n ) gegenübergestellt. Dann werden gegenüberliegende Zahlen miteinander multipliziert, und alle diese Produkte werden addiert. Dies ist aber auch genau die Vorgehensweise bei der Multiplikation der m n Matrix A mit der Spaltenvektor (x,..., x n ). Anders gesagt ist die Summe n j= a ijx j gerade der i-te Eintrag des Spaltenvektors A x. Hat also der Vektor v V bezüglich der Basis v,..., v n die Koordinaten x = (x,..., x n ), so hat der Bildvektor f(v) bezüglich der Basis w,..., w m von W die Koordinaten Ax. In Koordinaten ist die Abbildung f also die Multiplikation der Matrix A mit dem Koordinatenvektor x. Verwenden wir weiter die in 7 eingeführten Koordinatenabbildungen Ψ v (x) = x v + + x n v n (x K n ), Ψ w (y) = y w + + y m w m (y K m ), so gilt für jeden Koordinatenvektor x K n die Gleichung f(ψ v (x)) = Ψ w (Ax). Wir wollen jetzt als ein Beispiel die Matrix der bereits behandelten linearen Abbildung f : R 3 R 3 ; x y z 8-6 x + y + z y z x y + z
7 Mathematik für Ingenieure I, WS 8/9 Freitag 9. bezüglich der kanonischen Basis e, e, e 3 des R 3 bestimmen. In den obigen Bezeichnungen haben wir also V = W = R 3, v = w = e, v = w = e, v 3 = w 3 = e 3. Wie bereits bemerkt ist die Methode zur Bestimmung der Matrix einer linearen Abbildung beschrieben als die Spalten der Matrix sind die Koeffizienten der Bilder der Basisvektoren von V. Hier müssen wir also die Bilder der drei kanonischen Einheitsvektoren e, e, e 3 berechnen, und diese als Linearkombinationen wieder in e, e, e 3 schreiben f(e ) = f = e + e 3, f(e ) = f f(e 3 ) = f = e + e e 3, = e e + e 3. Die Matrix A von f erhalten wir nun indem wir die gerade berechneten Koeffizienten als die Spalten einer 3 3 Matrix zusammenfassen A =. Dieses Ergebnis hätten wir auch gleich an der Formel für f sehen können. Die erste Spalte der Matrix A besteht gerade aus den Koeffizienten vor der Variablen x, die zweite aus denen vor y und die dritte aus denen vor z. Bezüglich der kanonischen Basen ist dies immer der Fall, schreiben wir f : K n K m als Summe von Termen der Form Koeffizient Variable, so ist die Matrix von f bezüglich der kanonischen Basen gerade so etwas wie die Koeffizientenmatrix eines linearen Gleichungssystems. 8-7
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