Ethische Intervention
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- Alwin Abel
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1 Ethische Intervention Strukturierte und institutionalisierte Bearbeitung ethischer Fragen in der stationären, geriatrischen Langzeitpflege Monika Eigler, Leiterin Pflegedienst
2 Pflegezentrum der (PZZ) zwei Standorte unter einer Organisation ca. 450 Mitarbeitende 304 Pflegebetten ca Pflegetage (2011) vorwiegend Geriatrie insgesamt 14 Pflegeabteilungen davon 4 Abteilungen für Demenzbetroffene 17. März 2014, Seite 2
3 Ausgangslage 2010: Auftrag von PZZ zur Umsetzung div. Qualitätsparameter zur strategischen Kernkompetenz Palliative Care : A) Organisationsorientierung/Konzeptionelle Ausrichtung der Betriebe in der Palliation B) Personelle und fachliche Ressourcen der Betriebe C) Bewohner/-innen und deren Angehörigen/externen Bezugspersonen 17. März 2014, Seite 3
4 Definition Palliative Care Umfasst die medizinische Behandlung, die pflegerische Betreuung und die Unterstützung und Begleitung von Menschen mit chronischen unheilbaren Krankheiten und deren Angehörige Beschreibt eine Haltung und Orientierung Der Mensch und seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt Palliation erfordert eine enge bereichsübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit Nicht nur auf die terminale Phase begrenzt Keinesfalls gleichzusetzen mit Sterbebegleitung 17. März 2014, Seite 4
5 Umsetzung der Q-Parameter als Anlass für eine IST-Analyse zur Palliative Care Beginn: 06. April März 2014, Seite 5
6 Ergebnisse Ist-Analyse: Themenkreise Organisation Fachlichen Themen Sensibilisierung / Stärkung z.b. nicht-pflegerischer Bereiche Schmerzmanagement Schnittstellen / Vernetzung Aromapflege weichen Faktoren zentral: Umgang mit ethischen Fragestellungen 17. März 2014, Seite 6
7 Projekt: betriebliche Zielvorgaben Bewusstsein für ethische Fragen langfristig fördern ( ethische Sensibilität ) Interdisziplinarität (und hierarchieübergreifend) kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten zu ethischen Fragestellungen etablieren Transparenz und Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen sicherstellen 17. März 2014, Seite 7
8 Projekt: betriebliche Zielvorgaben Nachhaltigkeit, durch Schaffung eine ethischen Gedächtnisses (z.b. Leitlinien) kurzfristige Entscheidungsfindung ermöglichen Integration in das bestehende QM-System 17. März 2014, Seite 8
9 Modell der drei interagierenden Ethikgremien Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe 17. März 2014, Seite 9
10 Ethikforum Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Kernstück der Ethikorganisation interdisziplinäre Diskussionsplattform (12 Mitglieder) konkrete Fragestellungen ( Fallvignetten ) werden vorgestellt und bearbeitet ethische Richtlinien vorgeschlagen Transparenz in der Urteilsbildung 17. März 2014, Seite 10
11 Ethik-Interventionsgruppe Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Ziele Task Force" für akute Situationen in denen schnelle Entscheidungen gefordert sind gezielte Fallbearbeitung Mitglieder Betriebsleitung Leitender Arzt Beteiligte der aktuellen Situation mind. 1 Mitglied Ethikforum 17. März 2014, Seite 11
12 Ethik-Cafés Ethikforum Ethik-Cafés Funktion / Ziel Interventionsgruppe Weiterbildungsmassnahmen Austauschgefäss zu ethischen Fragen Offen für alle interessierten Mitarbeitenden (unabhängig von Hierarchie und/oder Bereich) interdisziplinäre Vernetzung Perspektivenwechsel Orientierungshilfen und Verhaltenshinweise 17. März 2014, Seite 12
13 Ethik-Cafés Themen: Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Je ein Thema pro Veranstaltung; aus dem Betrieb Notlügen im Arbeitsalltat Sedierung Ethik und Religion Umgang mit freiheitsbeschränkenden Massnahmen Umgang Schwierige Angehörige Wahrheit Notlügen 17. März 2014, Seite 13
14 Ethik-Cafés Ethikforum Ethik-Cafés Struktur/Organisation Interventionsgruppe Weitergabe von Themen ins Ethikforum oder vice versa Geleitet von externen Ethikexperten 4-6 mal pro Jahr / 20 Teilnehmende 17. März 2014, Seite 14
15 Ethische Grundlage Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Alle ethischen Entscheidungen basieren auf den vier ethischen Grundprinzipien nach Beauchamp & Childress (2009): Autonomieprinzip Nicht-Schadensprinzip Fürsorge-Prinzip Gerechtigkeitsprinzip Basis aller drei Gremien 17. März 2014, Seite 15
16 Ethische Leitlinie zum Thema Freiheitsbeschränkende Massnahmen Aus Ethikforum vom / (Fallvignette EF_12_2): Eine freiheitsbeschränkende Massnahme muss nicht per se für die Bewohner zum Nachteil sein. Eine freiheitsbeschränkende Massnahme kann die Sicherheit erhöhen. Die/der Bewohner/-in kann sich mit einem Rollstuhltischli oder einer Fixierung beim Sitzen zu Fuss auf der Abteilung / im Haus frei bewegen. Mit dieser Massnahme wird eine Mobilität ermöglicht, welche zu einer erhöhten Lebensqualität beiträgt. Diese Massnahme kann somit nicht mit einer freiheitseinschränkenden Massnahme gleichgesetzt werden welche der eigentlichen Sicherheit gilt. Es muss im Einzelfall beurteilt werden. 17. März 2014, Seite 16
17 Auswirkungen auf Gesundheit und Zufriedenheit Negative Emotionen Ärger, Frustration, Schuldgefühl, Verringerung des Selbstwertgefühls, Sorgen, Scham, Aversion gegenüber dem Patienten, Hilflosigkeit, Traurigkeit, Kraftlosigkeit, Furcht, Alpträume, etc. (Corley 2002; Webster und Baylis (2000) Krankheitssymptome vermindertes Wohlbefinden, Angst, Schlafstörungen, Burnout (Elpern, et al., 2005; Severinsson, 2003) Fluktuation Unzufriedenheit am Arbeitsplatz, Wechsel der Institution Branchenwechsel (-> Ausstieg aus der Pflege) (Redman & Fry, 2000) 17. März 2014, Seite 17
18 Mögliche Konsequenzen: Moralischer Stress Moralische Dilemmata Moralische Unsicherheit Moralischer Distress (Jameton, 1984) 17. März 2014, Seite 18
19 Evaluation: erste Erfahrungen Abgleich mit den a priori definierten Zielen Die Ethik ist Thema im Betrieb; verstärkte Sensibilisierung Organisation und Funktionsträger sind (grösstenteils) bekannt Offenes Ansprechen der Dilemmata und Bewusstsein um das Vorhandensein der Gefässe nimmt emotionalen Druck 17. März 2014, Seite 19
20 Weitere Massnahmen (Auswahl) Schulungen zu Schmerzmanagement / Schmerzmitteln Projekt Ausgewählte Aromapflege Projekt zu NaKri Konzeptualisierung und Implementierung einer professionellen Nacht- und Krisenbetreuung im PZ MAI unter Einbezug von freiwilligen Mitarbeitenden 17. März 2014, Seite 20
21 Ihre Fragen 17. März 2014, Seite 21
22 Weitere Massnahmen (Auswahl) Beteiligung an der ZULIDAD-Studie Studie zur Versorgung sterbender Menschen mit einer Demenzerkrankung 17. März 2014, Seite 22
23 Weitere Massnahmen (Auswahl) Beteiligung an der Studie «Palliative Care bei demenziell erkrankten Personen in Pflegeheimen im Kanton Zürich» 17. März 2014, Seite 23
24 Beispiele moralischer Dilemmata aus dem Pflegealltag Dürfen (notwendige) Medikamente in das Essen geschmuggelt werden, wenn der Bewohner sie nicht freiwillig einnimmt? 17. März 2014, Seite 24
25 Beispiele moralischer Dilemmata aus dem Pflegealltag Darf ich einen dementen Bewohner mit Du und Vorname anreden, wenn er nur noch darauf reagiert? 17. März 2014, Seite 25
26 Beispiel: vom Dilemma zur Richtlinie Empfehlung des Ethikforums Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe 17. März 2014, Seite 26
27 Beispiel: vom Dilemma zur Richtlinie Publikation in der Dokumentation Lernende Organisation 17. März 2014, Seite 27
28 17. März 2014, Seite 28
29 17. März 2014, Seite 29
30 Beispiele moralischer Dilemmata aus dem Pflegealltag Darf ich eine demente Bewohnerin anlügen, um sie daran zu hindern, die weglaufgeschützte Abteilung zu verlassen? 17. März 2014, Seite 30
31 Beispiele moralischer Dilemmata aus dem Pflegealltag Welches Mass an Beleidigungen muss ertragen werden? Wo ist die Rote Linie? 17. März 2014, Seite 31
32 Evaluation: Empirische Studie zur gesundheitsfördernden Wirkung Beginn: Dezember 2011 Standardisierte FB-Befragung aller Ethik-Café-Teilnehmenden Dissertationsprojekt (begleitet durch PH Karlsruhe) 17. März 2014, Seite 32
33 Zentrale Frage: Umkehrschuss Wenn moralischer Stress die Gesundheit und das Wohlbefinden des Personals beeinträchtigen kann dann eine ethische Intervention einen Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten? 17. März 2014, Seite 33
34 Methodik / Skalen Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Soziodemografische Variablen Berufsgruppe (Pflege vs. Nicht-Pflege) WHO-5-Fragebogen zum Wohlbefinden Allgemeine Depressions-Skala (ADS) Fragebogen zur Beanspruchung durch Humandienstleistungen (FBH) Tätigkeits- und Arbeitsanalyseverfahren für das Krankenhaus - Selbstbeobachtungsversion (TAA-KH-S) Fragebogen zu Eigenschaften der Ethik-Cafés 17. März 2014, Seite 34
35 Fragebogen zu den Eigenschaften der Ethik-Cafés - Skalen Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe Analysefähigkeit Ethisches Verhalten Entscheidungskompetenz Argumentationsfähigkeit Kommunikation Ethische Sensibilität Enttabuisierung Praxisbezug Wohlbefinden Stressreduktion Zustimmung von 1 ( Nein, gar nicht ) bis 5 ( Ja, genau ) 17. März 2014, Seite 35
36 Methodik: Ablauf 17. März 2014, Seite 36
37 Erste Ergebnisse Fragebogen zu den Eigenschaften der Ethik-Cafés N=104 Sicherer Entscheiden in schwierigen Situationen 39.4% ja genau ; 37.7% eher ja (M=4.06 / SD=.94) Beitrag zur Steigerung der ethischen Sensibilität 37.5% ja genau ; 36.5% eher ja (M=4.07 / SD=.88) Praxisbezug 40.9% ja genau ; 30.3% eher ja (M=3.97 / SD=.99) 17. März 2014, Seite 37
38 Erste Ergebnisse Fragebogen zu den Eigenschaften der Ethik-Cafés Beitrag zur Steigerung des Wohlbefindens 29.1% ja genau ; 25.2% eher ja (M=3.67 / SD=1.11) Beitrag zur Stressreduktion in schwierigen Situationen 26.8% ja genau ; 28.8% eher ja (M=3.63 / SD=1.13) 17. März 2014, Seite 38
39 Erste Ergebnisse aus der vertieften Analyse der anderen Skalen Emotionale Erschöpfung (Skala FBH, 12 Items) 7-stufigen Likert-Skala von völlig zutreffend (1) bis völlig unzutreffend (7) Stichprobe N M SD Baseline Ethik-Café signifikanter Unterschied: p= März 2014, Seite 39
40 Erste Ergebnisse aus der vertieften Analyse der anderen Skalen Depressivität (Skala ADS Kurzversion; 15 Items) 4-stufigen Likert-Skala von selten (0) bis meistens (3) Stichprobe N M SD Baseline Ethik-Cafés signifikanter Unterschied: p= März 2014, Seite 40
41 Fazit Wenn ethisch/moralische Probleme die Gesundheit und das Wohlbefinden beeinträchtigen kann dann eine ethische Intervention einen Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten? Erste Ergebnisse sprechen tendenziell dafür: subjektive Einschätzung Emotionale Erschöpfung Depressivität 17. März 2014, Seite 41
42 Zusammenfassung Was ist neu am vorgestellten Modell? Worin liegt die Innovation? Kombination von drei (interagierenden) Ethik-Gefässen hoher Grad an Interdisziplinarität Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Urteilsbildung Verknüpfung Ethik und Gesundheit 17. März 2014, Seite 42
43 Kritik am vorgestellten Modell Ressourcenintensiv - Interne Kosten für Weiterbildung - Interne Kosten für Systempflege - externe Kosten für Ethikberatung - Aufbau der betrieblichen Infrastruktur Langwieriger Prozess - vom Auftreten des Problems bis zur definitiven Umsetzung einer Leitlinie 17. März 2014, Seite 43
44 Kritik an der vorgestellten Evaluation Methodik - Felduntersuchung (Anfälligkeit für Störvariablen) - Gütekriterien des Fragebogens zu den Eigenschaften der Ethik- Cafés Untersuchungsgegenstand - nur ein Betrieb - Untersuchung von nur einem Gremium 17. März 2014, Seite 44
45 Ausblick Weitere Forschung sinnvoll, um einen gesundheitsfördernden Effekt nachzuweisen Differenzierungen in der Analyse - Soziodemografische Variablen (Berufsgruppen; Erfahrung, Alter - Aspekte der Gesundheit - Messinstrumente - Art der ethischen Intervention evtl. multizentrisches Vorgehen 17. März 2014, Seite 45
46 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Ihre Fragen? Ethikforum Ethik-Cafés Interventionsgruppe 17. März 2014, Seite 46
47 17. März 2014, Seite 47
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