Newsletter Arbeitsrecht Frankreich
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- Eva Junge
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1 Newsletter Arbeitsrecht Frankreich September 2011 Betreff: Arbeitnehmerüberlassung und Verschleierung eines Arbeitsverhältnisses Nach Art. L des französischen Arbeitsgesetzbuches ist eine nicht-gewinnorientierte Arbeitnehmerüberlassung grundsätzlich zulässig. Demgegenüber ist eine gewinnorientierte Arbeitnehmerüberlassung nur dann möglich, wenn es sich dabei um eine nicht nur ausschließliche Personalüberlassung handelt (Zeitarbeitsfirmen sind hiervon ausgenommen) und durch die Überlassung weder der Arbeitnehmer benachteiligt wird, noch gesetzliche Regelungen umgangen werden. E contrario ist eine gewinnorientierte Überlassung, die den Arbeitnehmer benachteiligt oder die gültigen Gesetze umgeht, rechtswidrig (Art. L ff. des frz. Arbeitsgesetzbuches). Ob eine Arbeitnehmerüberlassung als nicht-gewinnorientiert und damit als zulässig zu qualifizieren ist, wurde bislang ausschließlich vom Standpunkt des überlassenden Unternehmens (Verleiher) beurteilt. Demnach wurde eine nicht-gewinnorientierte Arbeitnehmerüberlassung dann bejaht, wenn dem überlassenden Unternehmen lediglich die Lohn- und Lohnnebenkosten des überlassenen Arbeitnehmers erstattet wurden und diesem somit aus der Arbeitnehmerüberlassung keine zusätzlichen Vorteile, wie z.b. in Form einer Überlassungsgebühr oder Bearbeitungsgebühr erwachsen. Ein Urteil des französischen Kassationshofes vom 18. Mai 2011 legt der Abgrenzung von gewinnorientierter und nicht-gewinnorientierter Arbeitnehmerüberlassung erstmals eine extensive Auslegung des Begriffs der nicht-gewinnorientierten Arbeitnehmerüberlassung zugrunde, indem es für die Beurteilung einer eventuellen Gewinnorientierung der Arbeitnehmerüberlassung auch das Unternehmen, das den überlassenen Arbeitnehmer beschäftigt, mit einbezieht. 1
2 Die extensive Auslegung soll dabei der Durchführung verstärkter und effektiverer Kontrollen und somit dem verschärften Kampf gegen alle Formen illegaler Arbeit dienen. In dem vom französischen Kassationshof entschiedenen Fall beschäftigte eine französische Muttergesellschaft ausschließlich die von einer Schweizer Tochtergesellschaft überlassenen Arbeitnehmer. Über eigenes Personal verfügte die Muttergesellschaft nicht. Der Gesellschaftszweck der Tochtergesellschaft bezog sich dabei allein auf die Beschaffung und Überlassung von Personal zugunsten der Muttergesellschaft. Obwohl der Schweizer Tochtergesellschaft durch die französische Muttergesellschaft über die Lohn- und Lohnnebenkosten der überlassenen Arbeitnehmer hinaus keine weiteren Kosten erstattet wurden, nahm der französische Kassationshof in diesem Fall eine gewinnorientierte und damit unzulässige Arbeitnehmerüberlassung an. Die gewinnorientierte und damit gewerbliche Ausrichtung der konkreten Arbeitnehmerüberlassung ergibt sich nach Ansicht des Gerichts aus der auf Seiten der Muttergesellschaft eingesparten Personalkosten sowie der durch die ausschließliche Beschäftigung von überlassenen Arbeitnehmer erzielte erhöhte Personalflexibilität. Diese vom französischen Kassationshof insoweit zugrundegelegte extensive Auslegung wird auch durch das zwischenzeitlich in diesem Kontext erlassene Gesetz Cherpion N vom 28. Juli 2011 nicht aufgehoben oder ausgeschlossen. Zwar ist nach den Regelungen des Gesetzes die Abgrenzung nach den herkömmlichen Kriterien zu beurteilen, sprich aus der Sicht des überlassenden Übernehmens. Folglich ist auch weiterhin zur Abgrenzung der Gewinnorientierung der Arbeitnehmerentsendung darauf abzustellen, ob dem überlassenden Unternehmen über die Lohn- und Lohnnebenkosten weitere Kosten erstattet bzw. zugewendet werden (Art. L neu des französischen Arbeitsgesetzbuches). Diese gesetzlichen Regelungen schließen allerdings den vom französischen Kassationshof angesetzten extensiven Maßstab nicht per se aus. Vielmehr zielt das Gericht mit seiner Rechtsprechung auf die Sanktion rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ab. Eine solche wird aber gerade durch die gesetzliche Definition einer nicht-gewinnorientierten Arbeitnehmerüberlassung nicht ausgeschlossen. Damit ist auch zukünftig die Position des Unternehmens, das den überlassenen Arbeitnehmer beschäftigt in die Beurteilung einer Gewinnorientierung mit einzubeziehen und auf eventuelle Vorteile zu untersuchen. Durch das neue Gesetz werden aber nunmehr die formalen Anforderungen an eine wirksame Umsetzung einer Arbeitnehmerüberlassung in Art. L neu des französischen Arbeitsgesetzbuches verbindlich geregelt v1
3 Demnach erfordert eine wirksame Arbeitnehmerüberlassung - eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerüberlassung zwischen überlassendem Unternehmen sowie dem Unternehmen, das den Arbeitnehmer beschäftigt, - den Abschluss eines Nachtrags zum Arbeitsvertrag mit dem betroffenen Arbeitnehmer sowie - die Anhörung des Betriebsrats. Die Vereinbarung zwischen den Unternehmen über die Arbeitnehmerüberlassung muss dabei zwingend die Dauer der Überlassung, die entsprechende Qualifizierung des betroffenen Arbeitnehmers sowie die zugunsten des überlassenden Unternehmens zu erstattenden Lohnund Lohnnebenkosten des überlassenen Arbeitnehmers beinhalten. Der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung ist dabei für jede Arbeitnehmerüberlassung erforderlich, unabhängig von deren Dauer (kurz- oder langfristig) oder Form (Teilzeit oder Vollzeit). Weiterhin ist die Arbeitnehmerüberlassung mit dem betroffenen Arbeitnehmer zwingend in einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu regeln. Abweichend von früheren kollektivrechtlichen Regelungen ist ein solcher Nachtrag auch dann erforderlich, wenn mit der Überlassung gerade keine Änderungen der arbeitsvertraglichen Regelungen einhergehen. Dieser Nachtrag muss nachstehende Angaben beinhalten: - die Natur der zukünftig im beschäftigenden Unternehmen ausgeübten Tätigkeit - die besonderen Merkmale des Arbeitsplatzes - die Arbeitszeiten - der Arbeitsort Weiterhin kann in den Nachtrag auch die Vereinbarung einer Probezeit aufgenommen werden, während der, auf Antrag einer Partei, die Überlassung beendet werden kann. Die Vereinbarung einer entsprechenden Probezeit ist zwingend, wenn durch die Überlassung wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages abgeändert werden. Nachdem der Nachtrag hinsichtlich einer Arbeitnehmerüberlassung die Konkretisierung der zukünftigen Tätigkeit verlangt, ist davon auszugehen, dass ein solcher gerade nicht bereits vorab als Mobilitätsklausel in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden kann. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet diesen Nachtrag anzunehmen. Eine Kündigung wegen Ablehnung einer entsprechenden Überlassung oder eine anders geartete Sanktion des Arbeitnehmers ist ausgeschlossen v1
4 Weiterhin sind vor Umsetzung der Arbeitnehmerüberlassung die entsprechenden Institutionen der Arbeitnehmervertretung sowohl im überlassenden Unternehmen als auch im beschäftigenden Unternehmen anzuhören. Ohne eine entsprechende Anhörung kann zwar eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen wirksam getroffen, jedoch nicht umgesetzt werden. Die Anhörung des Betriebsrats im überlassenden Unternehmen ist dabei auch dann zwingend, wenn es sich lediglich um die Überlassung eines einzelnen Arbeitnehmers handelt. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut. Weiterhin ist der Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz im überlassenden Unternehmen zu konsultieren, wenn es sich um einen Risiko-Arbeitsplatz im Sinne von Art. L des französischen Arbeitsgesetzbuches handelt. Weiterhin schreibt Art. L des französischen Arbeitsgesetzbuches vor, dass im Unternehmen, das den überlassenen Arbeitnehmer beschäftigt, ebenfalls der Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz oder für den Fall, dass ein solcher nicht besteht, der Betriebsrat zur Arbeitnehmerüberlassung vor Beschäftigungsbeginn des überlassenen Arbeitnehmers anzuhören ist. Insoweit ist aber fraglich, ob ein solches Anhörungserfordernis auch bei der Überlassung eines einzelnen Arbeitnehmers besteht. Der eindeutige Gesetzeswortlaut nimmt insoweit nur Bezug auf die Überlassung mehrerer Arbeitnehmer. Zwar bleibt zu hoffen, dass die Rechtsprechung diesem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgt und dieses formale Anhörungserfordernis auf die Fälle der Überlassung mehrerer Arbeitnehmer beschränkt. Da aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich beim Gesetzeswortlaut um ein redaktionelles Versehen handelt, sollten bis zum Ergehen einer einschlägigen Rechtsprechung vorsichtshalber auch die einschlägigen Institutionen im beschäftigenden Unternehmen angehört werden. Neben der formalen Umsetzung der Arbeitnehmerüberlassung regelt Art. L neu des französischen Arbeitsgesetzbuches den Status des überlassenen Arbeitnehmers nur teilweise und unvollständig. Der überlassene Arbeitnehmer befindet sich insoweit in einer besonderen Situation, da er einerseits zwar noch dem überlassenden Unternehmen zugerechnet wird, gleichzeitig aber der Weisungsbefugnis des beschäftigenden Unternehmens unterstellt ist. Mangels entsprechender eindeutiger gesetzlicher Regelungen empfiehlt es sich daher, in den Nachtrag zum Arbeitsvertrag über die Arbeitnehmerüberlassung, zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalten, Regelungen über die Arbeitsausübung im beschäftigenden Unternehmen aufzunehmen, z.b. inwieweit auch ein überlassener Arbeitnehmer an betrieblichen Bonussystemen teilnehmen kann usw v1
5 Von dieser Form der Arbeitnehmerüberlassung ist der gewinnorientierte Zuliefervertrag des Auftraggebers mit einem Subunternehmen zu unterscheiden. Dieser dient Handelszwecken und ist zulässig, sofern er folgende Auflagen erfüllt: - er dient einem bestimmten Zweck, der nicht nur die Überlassung von Arbeitnehmern beinhaltet, sondern vielmehr eine globale Dienstleistung mit Zusatzkompetenzen, die das Ursprungsunternehmen nicht aufweist, (Bsp.: Überwachungsfirma) - die Vergütung wird pauschal berechnet (je nach Auftrag, Kompetenz, Dringlichkeit) - das überlassene Personal unterliegt der Weisungsbefugnis des Subunternehmens, während dem Auftraggeber lediglich die Koordinationsrolle zufällt - es handelt sich bei dem Subunternehmen um ein eigenständiges Unternehmen, das über eigene (Arbeits-)Mittel verfügt (Bsp.: Umzugsunternehmen) und das vom Auftraggeber wirtschaftlich unabhängig ist (nicht alleiniger Kunde). Bei der Gestaltung des Zuliefervertrages sind diese Elemente detailliert aufzuführen und zu definieren. Bei Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der unzulässigen Überlassung muss mit einer Geldstrafe für natürliche Personen i.h.v bzw. 2 Jahren Freiheitsentzug, für juristische Personen der fünffache Betrag, d.h bzw. dem Entzug der Gewerbeerlaubnis gerechnet werden. Verdeckte Arbeit beim Subunternehmen Eine Verschleierung des Beschäftigungsverhältnisses liegt vor, sofern ein Arbeitgeber die Vorschriften des frz. Arbeitsgesetzbuches nicht einhält bzw. umgeht. Der Auftraggeber haftet grundsätzlich für seinen Subunternehmer, es sei denn, er hat diesen angewiesen für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich eines wirksamen Zulieferervertrags zu sorgen. Der Auftraggeber ist insoweit verpflichtet bei Vertragsabschluss sowie alle darauffolgenden sechs Monate folgende Unterlagen einzuholen und zu prüfen: Bescheinigung über die Meldung zur Sozialversicherung, die jährlichen Steuererklärungen gemäß dem frz. Steuergesetz und die Verpflichtungen gegenüber der Einzugsstelle URSSAF, ordnungsgemäße Eintragung in das Handelsregister bzw. bei der Handwerkskammer, Bescheinigung über die Beschäftigung der angemeldeten Arbeitnehmer, insbesondere die Liste der meldepflichtigen ausländischen Arbeitnehmer. Darüberhinaus ist es im Hinblick auf die Haftung des Auftraggebers ratsam sicherheitshalber weitere Prüfungen vorzunehmen, wie z. Bsp. Baustellen- oder Werksbesuche durchzuführen, die reellen mit den verwaltungstechnischen Gegebenheiten abzugleichen sowie einen schriftlichen Verhaltenskodex einzuführen v1
6 Bei Zuwiderhandlungen gegen das Verbot verdeckter Arbeit beim Subunternehmen muss mit einer Geldstrafe für natürliche Personen i.h.v bzw. 3 Jahren Freiheitsentzug, für juristische Personen der fünffache Betrag, d.h bzw. dem Entzug der Gewerbeerlaubnis gerechnet werden. Handelt es sich bei der Beschäftigung um einen ausländischen Arbeitnehmer ohne gültige Aufenthalts- bzw. Arbeitsgenehmigung werden für natürliche Personen eine Geldstrafe i.h.v bzw. 5 Jahre Freiheitsentzug, für juristische Personen eine Strafe i.h.v fällig. * * * * Kontaktperson: Monika Seidel-Moreau Partner Lefèvre Pelletier & associés, Avocats 136, avenue des Champs-Elysées Paris Tél. : +33 (0) Fax : +33 (0) m.seidel-moreau@lpalaw.com v1
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