Wichtige Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht
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- Tristan Boer
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1 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 1 von 7 Wichtige Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht Das Reisevertragsrecht ist in seiner Systematik an das Werkvertragsrecht angelehnt. Das Reisevertragsrecht hat früher im ersten Examen keine große Rolle gespielt. In 2008, 2010, 2011,2013 und 2016 wurde aber Klausuren in NRW, teilweise auch in Hamburg und Niedersachsen gestellt. Ist im Moment Modethema Also: Anschauen!!! I. Anspruch wegen Minderung: Anspruchsgrundlage: 651d I 2 BGB i.v.m. 638 IV BGB Abgrenzung zur (Teil)-Unmöglichkeit: ab Vertragsschluss Vorrang der 651c ff BGB (Pal. Vorbem. 651c, RN 9). 1. Vorliegen eines echten" Reisevertrages i.s.d. 651a BGB: Abgrenzung zum bloßen Beförderungs- bzw. Bewirtungsvertrag bzw. zur Vermittlung (Reisebüro). Beachte: Kumulative Anwendung anderer Regeln möglich, wenn Veranstalter gleichzeitig Leistungsträger ist (Pal. Vorbem. 651c, RN 10). WICHTIG: l&l 2011, 145 (Heft 2); ZGS 2011, 37 f. Reiseveranstalter kann als Vermittler oder als Veranstalter tätig werden. Dabei ist der Reisevertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auszulegen 133, 157 BGB, vergl. 651 a II BGB. Dazu auch BGH l&l 2016, 451 (Heft 7): Bei Zusatzleistungen am Urlaubsort ist nach dem Gesamteindruck auszulegen ob Vermittler oder Veranstalter.
2 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 2 von 7 Wichtig: BGH l&l 2017, 89 (Heft 2) Der Reisende kann verlangen, dass ein Dritter den Vertrag eintritt, 651 b I BGB. Aber: Er muss dem Reiseveranstalter die Mehrkosten ersetzen, 651 b II BGB! Das sind nach BGH nicht nur Verwaltungskosten, sondern auch (Mehr)kosten, die dem Reiseveranstalter durch Umbuchung bei der Fluggesellschaft entstehen 2. Vorliegen eines Reisemangels i.s.d. 651c I BGB: a. Grundtatbestand: Vorliegen eines Fehlers bzw. Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft und Aufhebung oder Minderung des vertraglich vorausgesetzten Nutzens. BGH l&l 2017, 247 (Heft 4) Minderung ohne Verschulden des Reiseveranstalters wenn sich reisespezifische Gefahr realisiert b. Problem: Reisemangel als Folge höherer Gewalt (etwa: Orkan beschädigt Hotel): Vorrang des 651j BGB, wenn vom Reisenden oder vom Veranstalter gekündigt wird, ansonsten ist 651d BGB auch in diesem Falle anwendbar (vgl. Pal. 651j, RN 1; 651c, RN 2)! 3. Kein schuldhaftes Unterlassen der Mängelanzeige ( 651d II i.v.m. 651c II 1 BGB). Kein Verschulden u.a., wenn die Anzeige entbehrlich war: v.a. dann, wenn Problem nicht mehr behebbar (Pal. 651d, RN 4). BGH l&l 2016, 838 (Heft 12): Reisemangel muss auch angezeigt werden, wenn der Mangel dem Reiseveranstalter bekannt ist! BGH l&l 2017, 530 (Heft 8): Fehlende Mängelanzeige nicht schuldhaft, wenn der Veranstalter den Reisenden nicht auf diese Obliegenheit hinweist ( 6 II Nr.7 BGBinfo V)
3 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 3 von 7 4. Wahrung der Ausschlussfrist für Anspruchsanmeldung gemäß 651g I BGB. Prüfung v.a.w., da Einwendung (Pal. 651g, RN 3). Inhalt der Erklärung: konkrete Bezeichnung der Mängel in einer Form, die als Ankündigung einer Geldforderung (noch nicht unbedingt beziffert) erkannt werden kann (vgl. Pal. 651g, RN 2). Es geht anders als bei 651c BGB nicht mehr um den Wunsch nach Abhilfe. Für die Erklärung des Reisenden ist aber weder eine Form vorgeschrieben, noch muss der Anspruchsteller den genauen Inhalt der begehrten Ansprüche festlegen Rolle des Reisebüros: Empfangsvertreter i.s.d. 164 III BGB i.v.m. 91 II HGB. 5. Bei Einredeerhebung ( 214 I BGB): Nichtablauf der Verjährungsfrist gemäß 651g II 1 BGB: zwei Jahre, aber verkürzbar auf ein Jahr ( 651m S.2 BGB). Fristbeginn mit vertragsgemäßer (nicht tatsächlicher) Rückkehr. WICHTIG: Die Ausschlussfrist des 651g I BGB und die Verjährung gemäß 651g II BGB gilt nicht für deliktische Parallelansprüche (Pal. 651g, RN 1; BGH NJW 2004, 3777 [3778 m.w.n.]). Dehnt der Veranstalter die Ausschlussfrist in seinen AGB ganz allgemein auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung aus, so benachteiligt dies den Reisenden unangemessen i.s.d. 307 BGB und ist daher unwirksam (BGH NJW 2004, 2965; NJW 2004, 3777 [3778]). WICHTIG: Zur Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist BGH l&l 2009, 441 (Heft 7), NJW 2009, 1486 f.: Vereinbarung unwirksam, da Verstoß gegen 309 Nr.7a+b BGB
4 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 4 von 7 6. Berechnung der Minderung nach 638 III i.v.m. 651d I 1 BGB. 7. Keine Ausübung eines Gestaltungsrechts nötig (Unterschied zu 441 I 1, 638 I 1 BGB): Minderung hier kraft Gesetzes (vgl. Pal. 651d, RN 5). II. Rückzahlungsanspruch wegen Kündigung infolge Reisemangel (vgl. 651e BGB): Anspruchsgrundlage: Bei 651j BGB und 651e BGB zwar keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage geregelt (vgl. verliert in 651e III 1). Dennoch nach h.m. gesetzl. Rückgewährschuldverhältnis unmittelbar aus 651j i.v.m. 651e, nicht aus 812 I 2 2.Alt. (BGH Z 85, 50; Pal. 651e, RN 5)! 1. Vorliegen eines Reisevertrages i.s.d. 651a BGB. 2. Reisemangel i.s.d. 651c I BGB: grds. wie oben. Allerdings bei höherer Gewalt hier Vorrang von 651j BGB ( allein nach Maßgabe dieser... ) vor 651e BGB.
5 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 5 von 7 3. Alternative Folge des Mangels: Erhebliche Beeinträchtigung der Reise i.s.d. 651e I 1 BGB (Prüfung objektiver Umstände; vgl. Pal. 651e, RN 2) oder Unzumutbarkeit für den Reisenden (= subjektive Besonderheiten wie etwa Gehbehinderung; vgl. Pal. 651e, RN 3) aus erkennbarem Grund ( 651e I 2 BGB). 4. Fruchtloser Ablauf einer gesetzten angemessenen Frist ( 651e II 1 BGB) oder Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach 651e II 2 BGB. 5. Ausschlussfrist gemäß 651g I BGB: wie oben. 6. Keine Verjährung gemäß 651g II 1 BGB: wie oben. 7. Zu den Rechtsfolgen siehe 651e III und IV BGB. III. Anspruch auf Schadensersatz Anspruchsgrundlage: 651f I BGB 1. Vorliegen eines Reisevertrages i.s.d. 651a BGB.
6 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 6 von 7 2. Reisemangel: wie oben. 3. Verschulden: wird gemäß 651f I BGB vermutet. Verschuldensvermutung vom Veranstalter zu widerlegen (vgl. Wortlaut des 651f I BGB: es sei denn ). Verschulden des sog. Leistungsträgers wird zugerechnet: Erfüllungsgehilfe gemäß 278 BGB. 4. Anzeige gemäß 651d II BGB: Mängelanzeige bzw. fruchtloses Abhilfeverlangen nach h.m. trotz unbeschadet grds. auch hier nötig (Pal. 651f, RN 3), oft aber entbehrlich, weil sinnlos. 5. Ausschlussfrist gemäß 651g I BGB: wie oben. 6. Keine Verjährung gemäß 651g II 1 BGB. 7. Schadensumfang: a. Gemäß 651f I BGB grds. das positive Interesse einschließlich der Mangelfolgeschäden. b. Zusätzlich nur bei erheblicher Beeinträchtigung der Reise evtl. auch Ersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit ( 651f II BGB als Sonderregel zu 253 I BGB).
7 Zivilrecht - BGB Schuldrecht BT_ Übersicht Nr. 10 Seite 7 von 7 c. Schmerzensgeld, wenn Reisemangel zu Körperverletzung oder Gesundheitsbeeinträchtigung führt ( 253 II BGB)! Ergänzend zum Selbstbearbeiten: Zur Frage wem der Anspruch aus 651 f II BGB zusteht BGH l&l 2010, 732 (Heft 11)
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