1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Handlungstypen und Wertgeltung 3) Ver
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1 Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l. Udo Thiedeke Die Handl ungstypen sozialen Handel ns
2 1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Handlungstypen und Wertgeltung 3) Vergemei mschaftung und Vergesel lschaftung 4) Zusammenfassung - Ei ne 'verstehende' Soziologie, die i hre Beobachtung sozialer Wi rkl ichkeit auf subjektive Handlungsi ntensionen abstel lt, wi rd fast zwangsläufig zu ei ner Typisierung von charakteristischen Handlungsorientierungen, darauf aufbauender Handlungsvol lzügen und sozialer Beziehungen kommen. - Bei Max Weber ist diese Typologisierung bereits i n der Methodi k der Idealtypenbi l- dung angelegt, mit der die Si nnadäquanz sozialen Handel ns von der Realadäquanz unterschieden werden sol l. - Idealtypisch für soziales Handel n ist ei n subjektives Handel n, das i ntensional 'sozial ' ausgerichtet, d. h., auf bekannte oder unbekannte andere bezogen ist. - Damit fallen laut Weber eine ganze Reihe von Handlungstypen aus dem Idealtspus sozialen Handelns heraus, weil sie nicht intensional an anderen orientiert sind. [Zu diesen Typen 'nichtsozialen Handelns' siehe Folie 1 ] - Dieses Handel n kann zwar, wie z. B. reaktives Handel n, soziale Effekte, etwa der Massenmobi l isierung haben, ist für Weber aber kei n soziales Handel n, solange die Mobi l isierung nicht bewußt mit Bezug auf die anderen erfolgt. - Weber grenzt sich hier bewußt von der i n sei ner Zeit vieldiskutierten "Massenpsychologie" (LeBon) ab. - Auch Nachahmung wäre für Weber kei n soziales Handel n. Mode, mit der bewußten I ntension 'durch Nachahmung dazu zu gehören', wäre hi ngegen soziales Handel n. - Für 'soziales Handel n' postul iert Weber daher vier ideale Handlungstypen des: zweckrationalen, wertrationalen, affektuel len und traditionalen Handel ns. [Zu den idealen Handlungstypen sozialen Handelns siehe Folie 2] - Weber definiert diese Handlungstypen mit eigenen Worte in "Wirtschaft und Gesellschaft" wie folgt: " 2. Wie jedes Handeln kann auch soziales Handeln bestimmt sein 1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als 'Bedingungen' oder als 'Mittel' für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigne Zwecke, - 2. wertrational: durch bewußten Glauben an den - ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zu deutenden - unbedingten Eigenwert eines bestimmten
3 2 Sichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, - 3. affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle und Gefühlslagen, - 4. traditional: durch eingelebte Gewohnheit. " (S. 1 2) - Hier fäl lt nicht nur auf, dass Weber die Handlungstypen vom ' zweckrationalen' zum 'traditionalen' Handel n abnehmend würdigt. Es fal len auch die sehr unterschiedl i- chen Verstehensmögl ichkeiten der Handlungsorientierungen auf. - So ni mmt vom traditonalen zum zweckrationalen sozialen Handel n nicht nur der Grad der Objektivierbarkeit der Handlungsi ntensionen zu, sondern auch die Reaktivtität zugunsten ei ner voluntaristischen Orientierung der Handel nden ab. Vom traditionalen zum zweckrationalen Handeln hin wird also immer ' bewusster' und 'gezielter' gehandelt. - Der traditionale Handlungstyp ist dabei der Nachahmung sehr ähnl ich, die Weber nicht mehr als soziales Handeln begreift. Hier wird sozial gehandelt, weil man ' immer schon so' gehandelt hat, ohne die I ntensionen lange zu reflektieren. Bsp. wäre das Volksfest auf einem Dorf, das immer schon zur gleichen Zeit in der gleichen Art am gleichen Ort stattfi ndet. - Der affektuel le Handlungstyp ist schon bewusster, i m wesentl ichen aber durch Emotionen besti mmt. Man handelt gefühlsmäßig sozial, etwa i mpulsiv, wenn man sich mit anderen streitet oder in andere verliebt. - Bei m wertrationalen Handlungstyp orientieren sich die Handel nden, aufgrund i hres Glaubens, z. B. an rel igiöse, moral ische, ästhetische o. a. Überzeugungen auf andere. Für diese Handelnden ist ihr Handeln in der ' behaupteten Gewissheit' des Glaubens daher folgerichtig (deshal b wert-rational). Extremes Beispiel wären rel igiös/weltanschauliche Terroristen, die meinen, sie üben mit ihren Anschlägen eine sinnvolle soziale Handlung aus, die nach i hren Überzeugungen getan werden muss. - Der zweckrationale Handlungstyp beschrei bt ei n rational durchreflektiertes, man könnte sagen ' kal kul ierendes', soziales Handel n. Hier werden Zwecke und dazu notwendige Mittel gegenei nander abgewogen und i n ei nen kausalen Zusammenhang gebracht. Ei n Beispiel dafür si nd z. B. Studierende, die abwägen, was dafür spricht sich in einem Seminar zu beteiligen, welchen Aufwand das bedeutet, was man dafür tun muss und was man damit erreichen kann. - Wie wi r bereits seit der letzten Vorlesung wissen, lassen sich die kol lektiven Phänomene der Sozialität laut Weber nur aus dem subjektiv sinnhaften Handeln der ei nzel nen erklären. - Die sozialen Handlungstypen fundieren daher auch die Entfaltung sozialer Beziehungen, die sich als typische ' Chancen' des sozialen Bezugs der Handel nden aufei nander darstel len. - Dabei si nd die unterschiedl ichen Motivationen zur sozialen Orientierung für das soziologische 'Verstehen' unerhebl ich. entscheidend ist, welcher soziale Handlungstyp zwischen den Handelnden entsteht und so eine Chance für ihr gemeinsames Handel n darstel lt. [Siehe zum Beispiel ei ner Orientierungskonstel lation Fol ie 3] - Es ist hier übrigens die verstehende Soziologie, die den Beziehungstyp charakterisiert, nicht die Handel nden.
4 3 - So kann man in eine Ehe als Beziehungstyp eintreten, weil man ungemein verliebt ist (also rein affektuell orientiert) oder weil man es auf das Geld des anderen abgesehen hat (also rei n zweckrational orientiert). Soziologisch entscheidend, ist dann aber, dass beide i n dem Beziehungstyp Ehe mitei nander handel n müssen, der typische Handlungschancen eröffnet, also z. B. zweckrationale und affektuel le Komponenten i n besonderer Weise verbi ndet und damit das Beziehungshandel n prägt. - Die Gesetzmäßigkeiten sozialer Beziehungen si nd demzufolge nur aus i hrer idealtypischen Handlungsorientierung verstehbar. - Soziale Beziehungen können dabei rei n routi nemässig (traditional), spontan (affektuel l), wertbezogen (wertrational) oder zweckmäßig (zweckrational) gestaltet sei n. - Da die i ntensional Handel nden laut Weber nicht nur vernuftmäßige, sondern auch kulturel le Subjekte si nd, bewerten sie diese sozialen Beziehungen. - Wird die soziale Beziehung also nicht nur regelmäßig als ' Brauch' oder 'Sitte' vollzogen, sondern als verbi ndl iche oder vorbi ldiche Handlungsmaxi me dem eigenen Handeln zu Grunde gelegt, dann ist das Handeln an der Legitimität der sozialen Beziehung (' Legiti mitätsglaube') orientiert, sie gi lt dann laut Web. als 'soziale Ordnung' (siehe "Wirtschaft und Gesellschaft" S. 1 6/1 7). - Die sozialen Handlungstypen bedi ngen demnach jewei ls typische soziale Handlungschancen (-> soziale Beziehungen), mit jewei ls typischen sozialen Ordnungen [Zur Übersicht siehe Folie 4] - Fasst man diese Beziehungstypen nach i hren Orientierungen und hi nsichtl ich i hrer kol lektiven Konsequenzen weiter zusammen, so lassen sich die Beziehungsformationen der 'Vergemei nschaftung' und 'Vergesel lschaftung' unterscheiden. - Vergemei nschaftung basiert auf den traditionalen und affektuel len Handlungstypen, die ' Chancen' sozialer Beziehungen basieren auf Überl ieferung und Neigung und die soziale Ordnung ist ritual isiert oder emotional isiert. - Vergesel lschaftung basiert auf den wertrationalen und zweckrationalen Handlungstypen, die ' Chancen' sozialer Beziehungen basieren auf Glaube und Zweckmäßigkeit, es bilden sich moralische und legale Ordnungen aus. - Gesel lschaftdiagnostisch sieht Weber, anders als Ferdi nand Tönnies i n sei nem Hauptwerk "Gemei nschaft und Gesel lschaft" (1 895) hier kei nen Gegensatz, sondern ei ne Verflechtung beider sozialer Formationen. Er diagnostiert al lerdi ngs i m Prozess der Modernisierung ei nen Übergang vom traditionalen und affeltuel len zum wert- und zweckrationalen Handel n, was dann eher Vergesel lschaftung statt Vergemei nschaftung begünstigt. Literatur: Gustave LeBon, : Psychologie der Massen. Stuttgart. (1 895) Ferdi nand Tönnies, 1 979: Gemei nschaft und Gesel lschaft. Grundbegriffe der rei nen Soziologie. Darmstadt. (1 887) Max Weber, 1 972: Wi rtschaft und Gesel lschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, hrsg. v. Johannes Wi nckel mann. 5. Aufl. Tübi ngen.
5 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Fol ie 1 Nichtsoziale Handl ungsorientierungen - der Bezug auf Objekte; - i nnere Kontemplation; - sel bstbezogene Verrichtungen; - reaktives Verhalten.
6 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Fol ie 2 Handl ungstypen sozialen Handel ns (nach Max Weber) 1 ) Zweckrationales Handel n; 2) wertrationales Handel n; 3) affektuel les Handel n; 4) traditionales Handel n.
7 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Fol ie 3 Die Konstel lation der sozialen (Handl ungs-)beziehung Soziale Beziehung: 'Chance' wechselseitiger Bezugnahme idealtypischen sozialen Handelns z. B. zweck-, wertrational, affektuell, traditional Motiv: Partnerwahl Handlungsorientierung: andere Motiv: Verdienst Handlungsorientierung: andere Motiv: Selbstbestätigung Handlungsorientierung: andere Motiv: Zeitvertreib Handlungsorientierung: andere
8 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Fol ie 4 Typische soziale Handl ungsbeziehungen und legiti me Handl ungsordnungen - bei traditionalem Handel n, gi lt die Überl ieferung -> ritual isierte Ordnung; - bei affektuel lem Handel n, gi lt die Neigung -> emotionale Ordnung; - bei wertrationalem Handel n, gi lt der Glaube -> moral ische Ordnung; - bei zweckrationalem Handel n, gi lt die Zweckmäßigkeit -> legale Ordnung.
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