1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Verhalten 3) Handeln 4) Soziales Hand
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1 Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l. Udo Thiedeke Verhalten - Handeln - Soziales Handeln
2 1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Verhalten 3) Handeln 4) Soziales Handel n Zusammenfassung: - Wenn für soziales Handel n ei ne Subjektperspektive als Ausgangspunkt der soziologischen Beschreibung gelten soll, dann erscheint es sinnvoll das Subjekt und seine Beziehungen zur Umwelt zu beobachten. - Hierbei fal len unterschiedl iche Beziehungsmögl ichkeiten auf, die sich i n ei nem Bereich von ' zufäl l ig', über ' i ntendiert' bis 'sozial i ntendiert' ordnen lassen. - Begriffl ich kann man diese Beziehungen des Subjekts zur Umwelt als "Verhalten" "Handel n" und "soziales Handel n" unterscheiden. Was ist damit gemei nt? 1 ) Verhalten: - Grundsätzlich 'verhält sich' alles Mögliche in irgendeiner Weise, seien es physikalische Körper, Organismen, Organisationen, Menschen etc. - Wol len wi r charakterisieren, was wi r bei m Verhalten beobachten, so fäl lt auf, dass wi r, ei nen Gegenstand beobachten (der sich verhält), ei ne Differenzwahrnehmung zum Zustand des Gegenstandes machen (verändert sich der Gegenstand oder nicht) und ei nen Bezug der Zustandsbeobachtung auf den Gegenstand herstel len (es ist der Gegenstand, der ei n besti mmtes Verhalten zeigt). - Auf dieser Basis soll Verhalten allgemein definiert werden als: eine eindeutige Zurechnung beobachteter Zustände auf einen Beobachtungsgegenstand. - Da wir an den Beziehungen des Subjekts zur Umwelt interessiert sind, geraten Menschen als Beobachtungsgegenstände i n den Bl ick. - Verhalten erschei nt al lgemei n jedoch viel zu unspezifisch, um ei ndeutig darauf zu schl ießen, was Ursache und was Wi rkung für das Verhalten ist. Das trifft besonders für Menschen mit i hren kontigenten (unvorhersagbaren) Verhaltensmögl ichkeiten zu. - Zur Ei ngrenzung dieses Problems kann man versuchen den Verhaltenszusammenhang stark verei nfacht, z. B. als Reiz-Reaktions-Model l, zu beschrei ben (auch Sti mulus-response- oder S-R-Model l), wie i n der Psychologie des Behaivorismus (grundlegend John B. Watson, ausgearbeitet u. a. von Burrhus F. Ski nner). S-R-Model le lassen al lerdi ngs kaum Aussagen über die Qual ität von Verhalten zu. - Eine andere Möglichkeit genauere Aussagen über Ursache und Wirkung menschlichen Verhaltens zu machen, l iegt dari n die Beobachtung auf sal ientes (deutl ich unterscheidbares) Verhalten zu konzentrieren.
3 2 - Dieses Verhalten lässt leichter Rückschlüsse auf besti mmte Ursachen, mit Bl ick auf Menschen, als sich verhaltende Subjekte gesprochen, auf ' Motive' oder ' Gründe' des Verhaltens zu, die somit verstehbar werden. - Soziologisch grenzt daher Max Weber menschl iches Verhalten vom al lgemei nen Verhalten als ei n i n Zusammenhang, Regel mäßigkeit und Ablauf verstehbares Verhalten ab (1 988: 428). - Zeigen Subjekte verstehbares Verhalten, dann kann man - so die Annahme - gerade wei l menschl iches Verhalten konti ngent ist, von ei ner subjektiven Zielgerichtetheit ausgehen, die diesem Verhalten zu Grunde liegt. - Verhalten erschei nt jetzt als ei n Mittel, das an ei ner subjektiven Zielvorstel lung orientiert ist. - So kommt die i ndividuel le Si nnorientierung der Sichverhaltenden mit i ns Spiel, die aus ei nem i rgendwie verlaufenden Verhalten ei ne zielgerichtete Aktion macht. - Mit dieser Konzentration der Beobachtung auf subjektive Verhaltensi ntensionen verlässt man den Defi nitionsbereich des Verhaltensbegriffs, der sich auch auf nichti n- tendierte Verhaltensformen bezieht. - Ei n Verhalten, dem subjektive I ntensionen unterstel lt werden können, wi rd daher mit dem spezifischeren Begriff des "Handel ns" erfasst. 2) Handeln: - Wiederum vom Al ltagsphänomen her betrachtet, ist Handel n schon i n sei ner Wortbedeutung mit dem menschl ichen Organ der Hand verknüpft. - Zur Anthropologie der Hand und der ' Hand' -habung fällt auf, dass die Hand im Laufe der Evolution so grosse Frei heitsgrade der Bewegung entwickelt hat, dass man ei ne ' Exteriorisierung' (Entgrenzung und Erweiterung) menschl icher Mögl ichkeiten zur ' Mani pulation' der Umwelt feststel len kann (vgl. z. B. Leroi-Gourhan, 1 988). - Um diese Mani pulationsmögl ichkeiten zu nutzen ist al lerdi ngs ei ne gezielte Steuerung der ' Hand' -lungen unerläßl ich. Mit den Händen kann man zwar auch unbeabsichtigt manipulieren, in der Regel werden sie aber zielgerichtet und kontrolliert zur Mani pulation der Umwelt ei ngesetzt. - Für das Handel n lässt sich bereits aus dieser phänomenorientierten Perspektive ei ne al lgemei ne Defi nition ableiten, die auf Zielgerichtetheit abstel lt. Sie sol l lauten: Handeln meint eine, eindeutig auf einen zurechenbare, Manipulation der Umwelt, mit dem erkennbaren Ziel der Umweltveränderung. - Wi r können somit festhalten, dass zum Begriff des Handel ns drei Komponenten gehören, die im Moment der Handlung eine typische Konstellation ergeben [Folie 1 ]: 1 ) Ein der handelt; 2) ei ne Handlung, die durch den erfolgt; 3) ei ne Umwelt (Gegenstand), die durch die Handlung mani pul iert (verändert) wi rd. - Wi l l man Handel n soziologisch i m Paradigma der Subjektivität erfassen, reicht das aber noch nicht aus. Handlung liegt noch zu nahe am unwillkürlichen Verhalten.
4 3 - Geht man davon aus, dass die e mit ihrem Handeln bewußt ein Ziel verfolgen, dann ist Handeln ein intensionales Mittel, um einen intendierten Zweck zu erreichen. - Die handel nden Subjekte handel n wi l lentl ich (voluntaristisch). Sie stel len sich etwas vor, das sie mit der Handlung gezielt erreichen wollen und handeln deshalb intensional, bzw. si nnhaft. - Für Max Weber ist Handel n daher ei n subjektives si nnhaftes Tun, bzw. sinnhaft evidentes Sichverhalten (1 988: 429), dessen Si nn nachvol lzogen werden kann. Es stel lt für i hn den Ausgangspunkt ei ner verstehenden Soziologie dar. - I rritierend erschei nt, dass Weber auch ' Unterlassen' oder ' Dulden' als si nnhaftes Handel n versteht. Das führt i n Anschluß an Weber zu absurden Deutungen, dass man z. B. auch "(...) ohne Aktivität (...) handeln kann. " (z. B. Meulemann, 2001 : 22). - Soziologisch relevant wäre ei n solches handel ndes Unterlassen nur, wenn es soziale Folgen zeitigt. Eine sinnhafte Deutung ist also nur in einem sozialen Feld möglich. - Hier überschreiten wi r die Grenzen des Handlungsbegriffs, da es jetzt um "soziales Handel n" i m Spannungsfeld mit anderen Handel nden geht. 3) Soziales Handel n: - Al lgemei n ist festzuhalten, dass sich soziales Handel n auf andere bezieht und deren soziale Beziehungen (auch zum Handel nden) beei nflußt [Fol ie 2]: Als "Soziales Handeln" soll ein solches Handeln gelten, das bei der aktiven Manipulation der Umwelt die Handlungsbedingungen anderer Handelnder beeinflusst. - Für die Webersche am voluntaristischen Subjekt orientierte, Soziologie wäre dieser Begriff aber noch zu gehaltlos. I hm fehlt die Bi ndung an die zielgerichteten I ntensionen der handel nden e. - Weber definiert soziales Handeln in seinem posthum (1 920) erschienenen Hauptwerk "Wi rtschaft und Gesel lschaft" daher wie folgt: "Soziales Handeln aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinemablauf orientiert ist. " (1 972: 1 ) - Soziales Handel n ist si nnhaft auf andere ausgerichtet, nicht auf die i nnere Befriedigung o.ä. des Handelnden. Es kann dazu dienen den Handelnden psychisch zu bestätigen. 'Soziales' Handeln bleibt es aber nur, wenn dazu bewußt und gewollt mit Bezug auf andere gehandelt wi rd. - Soziol iologie versucht nach Weber eben diesen subjektiven Bezug des Handel ns auf Sozial ität aus der Handlungskausal ität 'verstehend' zu rekonstruieren und zu deuten. - Siehe die Übersichten zu Charakteristi ka des Verhaltens, Handel ns und sozialen Handelns [Folie 3] sowie zu den allgmeinen und intensionalistischen Definitionen von Verhalten, Handeln und sozialem Handeln [Folie 4].
5 4 Literatur André Leroi-Gourhan, 1 988: Hand und Wort: die Evolution von Techni k, Sprache und Kunst. Aus d. Franz. v. M. Bischoff. Frankfurt/M. (1 964/65) besonders: Hi rn und Hand S Burrhus F. Ski nner, 1 974: About behaviorism. New York. John B. Watson, 1 925: Behaviorism. New York. Max Weber, 1 972: Wi rtschaft und Gesel lschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, hrsg. v. Johannes Wi nckel mann. 5. Auflage. Tübi ngen. (1 920) Max Weber, 1 988: Über ei nige Kategorien der verstehenden Soziologie, i n: ders. : Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hrsg. v. J. Wi nckel mann. 7. Auflage. Tübi n- gen. S (1 91 3)
6 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Folie 1 Konstel lation des Handel ns Handlung Umweltmani pulation
7 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Folie 2 Konstel lation des sozialen Handel ns Handlung Umweltmani pulation
8 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Folie 3 Charakteristi ka des Verhaltens, Handel ns und sozialen Handel ns Beobachtetes Phänomen Charakteristi k Verhalten erratisch oder zufäl l ig, i n sei nen I ntensionen nicht ei ndeutig zu deuten. Handel n ziel bezogen und gerichtet, I ntension ei ner Mani pulation erkennbar. Soziales Handeln zielbezogen und in seinen I ntensionen auf andere Handel nde oder deren Umwelt ausgerichtet.
9 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Folie 4 Defi nitionen al lgemei n: Verhalten: Die ei ndeutige Zurechnung beobachtbarer Zustände auf ei nen Beobachtungsgegenstand. Handeln: Eine eindeutig auf einen zurechenbare Mani pulation der Umwelt mit dem erkennbaren Ziel der Umweltverändung. Soziales Handel n: Ei n solches Handel n, das mit der aktiven Mani pulation die Handlungsbedi ngungen anderer Handel nder beei nfl usst. Defi nitionen i m Paradigma der Subjektivität: (menschl iches) Verhalten: "(...) Zusammenhänge und Regelmäßigkeiten, deren Ablauf verständlich deutbar ist. " (Weber 1 988: 428) (subjektives) Handel n: "Ei n verständl iches, und d. h. ei n durch irgendeinen, (...), 'gehabten' oder ' gemei nten' (subjektiven) Si nn spezifiziertes Sichverhalten zu ' Objekten'. " (Weber 1 988: 429) Soziales (i ntensionales) Handel n: "Ei n solches Handel n (...), welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wi rd und daran i n sei nem Ablauf orientiert ist. " (Weber 1 972: 1 )
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