Netze und Netzwerkeffekte
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- Rudolf Tiedeman
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1 Netze und Netzwerkeffekte Aufbau von Abschnitt 3.3: Begriff Netz, Netzmarkt, Netzwerk und Netzwerkeffekt Netzwerke und Kompatibilität, reale vs. virtuelle Netzwerke Netzwerkeffekte und Marktstruktur positive Rückkopplung in Netzmärkten, nachfrageseitige Skalenerträge Gleichgewicht in Märkten mit Netzwerkeffekten ein Beispiel anormaler Nachfrageverlauf f und kritische Masse Marktwachstum und Tendenz zur Dominanz einer Technologie Größenvorteile und Interesse an Heterogenität als Determinanten Marktstrategien in Märkte mit Netzwerkeffekten Leistung vs. Kompatibilität, Offenheit vs. Kontrolle K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 51 Begriffe Netz und Netzmarkt Netz (allgemeine Definition) Menge von Knoten und (eventuell gerichteten) verbindenden Kanten Netzmarkt Markt auf Basis offener und integrierter Informations- und Kommuni- kationssysteme, die die Phasen der Markttransaktion unterstützen ( offen = allgemein verfügbare, standardisierte Technologie z.b. TCP/IP integriert = verschieden Systeme und Medien sind zusammengeführt) Netzmärkte wie das Internet sind bei Informationsgütern ortslos, d.h. die räumliche Nähe der Marktakteure ist unwichtig. (Konsequenzen sind Marktvergrößerung und erhöhte Markttransparenz) In Netzmärkten beobachtet man phasenweise rapides Marktwachstum und temporäre Monopole mit hohen Margen. Wie erklärbar? K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 52
2 Begriffe Netzwerk und Netzwerkeffekt Netzwerk Aufgrund der Interaktion der Nutzer ist Kompatibilität zentral. (Kompatibilität bedeutet, dass Maschinen zusammenarbeiten können; unterscheide starke (Standard), Abwärts- und Einwegkompatibilität) Beispiele für Netzwerke: - traditionelle reale Netzwerke: Eisenbahn, Telefon, Luftfahrt - moderne reale Netzwerke: Modems, Geldautomaten, Internet - virtuelle virtuelle Netzwerke: DVD-Nutzer Nutzer, MS-Office-Nutzer (keine physische Verbindung zwischen Knoten) Netzwerkeffekt (nachfrageseitige g Größenvorteile) Wert des Netzes für einzelnen Nutzer hängt positiv von (erwarteter) Anzahl der Nutzer ab (Gesamtwert steigt überproportional mit Anzahl). Netzwerkeffekte kt führen zu positiver Rückkoppelung (Selbstverstärkung). tä K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 53 Marktstrukturen in der Industriegesellschaft Oligopol (z.b. Automobil, Chemie, Stahl) wegen Skalenerträgen Warum ist Unternehmenswachstum begrenzt? Größenvorteile in Produktion vs. Größennachteile im Management: U-förmige Durchschnittskosten und Firmenzahl entsprechend Nachfrage meist Produktdifferenzierung und hohe Fixkosten; Markteintrittsbarrieren oder Marktzugang bis Nullgewinn Marktstruktur wegen negativer Rückkoppelung stabil: Versuch Marktanteil auszuweiten verursacht aggressive Reaktionen der Wettbewerber, da Marktanteilsverlust zu sinkender Kapazitätsauslastung und damit steigenden Stückkosten führen würde. K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 54
3 Marktstruktur in der Informationsgesellschaft (temporäres) Monopol bzw. dominante Firma (z.b. Microsoft) Warum keine Oligopolstruktur? angebotsseitige Größenvorteile zwar bedeutsam (Fixkosten!), aber von nachfrageseitigen Einflussfaktoren überlagert nachfrageseitige Effekte bedingen eine positive Rückkoppelung: Technologie mit höherem Marktanteil ist für Kunden attraktiver bei proprietärer Technologie besteht somit die Tendenz zu einem dominierenden Unternehmen mit relativ unbedeutenden Wettbewerbern Fragen: Wie funktioniert dieser Rückkoppelungsprozess genau? Welche Bedingungen machen Tendenz zur Dominanz wahrscheinlich? Welche Strategien t sind in Märkten mit Netzwerkeffekten kt erfolgversprechend? K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 55 Strategien in Märkten mit Netzwerkeffekten (I) Wodurch entsteht t Erfolg in einem Markt mit Netzwerkeffekten? kt zeitlicher Vorsprung Erwartungen der Konsumenten technische Überlegenheit eines Produkts Wirtschaftspolitik (z.b. Standardsetzung) Strategische Allianz mit Herstellern komplementärer Produkte (Beachte: auch Zufall kann eine zentrale Rolle spielen!) Strategie für Neueintreter (allgemein für neue Technologie) (überlegene) Leistung Offenheit Kompatibilität Kontrolle Strategie für etablierte Unternehmen (auch für Start neuer Technologie) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 56
4 Lock-in, Kompatibilität und Standardsetzung Aufbau von Abschnitt 3.4: Wechselkosten und lock-in Konzept lock-in in und Strategien für Anbieter und Nachfrager Auswirkungen von Standards prinzipielle Wirkungen und potentielle Gewinner und Verlierer Kompatibilität und Wettbewerb Formen der Kompatibilität und Folgen für (Standard-)Wettbewerb Anreize zu Kompatibilität in Netzwerken Duopolmodell mit heterogenen Konsumenten Standardsetzung über Verhandlungen oder Wettbewerb Taktiken im Standardwettbewerb und im Verhandlungsprozess K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 57 Wechselkosten und lock-in Lock-in als Normalfall in der Informationsökonomie: Informationen werden mittels eines Systems kompatibler Hard- und Sofwareelemente gespeichert, manipuliert und kommuniziert; zudem spezielles Training für das spezifische System notwendig. Wechselkosten (WK) mit Erlös je Kunde vergleichen: Selbst geringe WK pro Kunde in Massenmärkten bedeutsam! Gesamte WK = WK des Kunden + WK des neuen Anbieters: - Preisaufschlag für eingesperrte Kunden ( Quasi-Gewinn = WK) - Kundenwechsel für Konkurrent nur profitabel wenn Wert > gesamte WK Gegenwartswert eines Kundenstamms für den Anbieter: gesamte WK plus Qualitäts- und Kostenvorteile des etablierten Anbieters (Wie viel in Kundenbasis investieren? Methode für Firmenbewertung!) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 58
5 Ursachen für lock-in Verträge: Vertragsstrafen bzw. Kompensationszahlungen Dauerhafte Güter: Wartung, Ersatzteile und Komplementärprodukte - WK sinken über die Zeit durch Abschreibung - Technologie lock-in vs. Verkäufer lock-in Spezifisches Training: - WK steigen im Zeitablauf durch Lernkurve - neuer Anbieter kann durch ähnliches Design WK senken Datenformate: Konvertierung; proprietär vs. standardisiert spezialisierte Anbieter: unvollständige Verträge; dual sourcing? Suchkosten: für beide Marktseiten! Bonusprogramme: künstlicher lock-in (Verlust der Boni) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 59 Käuferstrategien bei lock-in Beachte gesamten Lebenszyklus bei lock-in: brand selection -> sampling -> entrenchment -> lock-in Hohe Kompensation für Lock-in aushandeln - Kosten über gesamten Lebenszyklus (nicht nur aktuelle Vertragsdauer!) und alle Bereiche (Komplementärgüter, Wartung etc.) berücksichtigen - vor lock-in hohe WK, nach lock-in niedrige WK vorgeben - sich als attraktiven Kunden darstellen (zukünftige Käufe, Einfluss) Wechselkosten während des Lock-in-Zyklus gering halten - Vertrags lücken lücken (z.b. über Dienst, Wartung, Qualität) vermeiden - Optionen offen halten (dual sourcing, offene Systeme) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 60
6 Anbieterstrategien bei lock-in In (zukünftigen) Kundenstamm investieren: - künftige Erträge über WK abschätzen - Kunden mit hohen WK oder Einfluss Einfluss einkaufen Angebot so gestalten, dass Kunde in Technologie investiert: Bindung an das Produkt durch Design oder Bonusprogramme: Vorteile für loyale Kunden, die diese aber gleichzeitig binden (nicht Marktanteil sondern Summe der Wechselkosten relevant!) Wert des Kundenstamms ausschöpfen: Komplementärgüter und Zugang zum Kundenstamm verkaufen Preisdiskriminierung: - günstige Einstiegspreise für neue Kunden - höhere Preise für den loyalen Kundenstamm K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 61 Auswirkung von Standards Markt wird für Kunden attraktiver: größeres Netzwerk (Komplementarität der einzelnen Produkte) reduziert Unsicherheit (welche Technologie setzt sich durch?) reduziert die Gefahr des lock-in (nicht nur ein Anbieter) Art des Wettbewerbs ändert sich grundlegend Wettbewerb im statt um den Markt Preiswettbewerb statt Wettbewerb in technischen Spezifikationen (für Produzenten ungünstiger, aber Vorteil durch Netzeffekte) Komponenten- statt System-Wettbewerb K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 62
7 Kompatibilität und (Standard-)Wettbewerb (Preis-)Wettbewerb zwischen Unternehmen mit homogenen und zueinander kompatiblen Produkten (Tendenz zu dominantem Unternehmen vgl. 3.1) Wettbewerb zwischen Unternehmen mit heterogenen, aber zueinander kompatiblen Produkten (Modellanalyse: günstiger als Inkompatibilität?) Wettbewerb zwischen Unternehmen mit zueinander inkompatiblen Produkten ( Standardkrieg Standardkrieg ) ) Etablierung eines (offenen) Standards durch Verhandlungen (Optimales Verhalten im Verhandlungsspiel?) Kompatibilität bei Weiterentwicklung einer Technologie (Abwärtskompatibilität; Evolution vs. Revolution) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 63 Internationale Standards Annahmen: Die inländische und ausländische Firma stellen ein differenziertes Produkt her, das jeweils dem inländischen Standard entspricht. Es liegen internationale Netzwerkeffekte vor, d.h. der Nutzen hängt von der Zahl der in- und ausländischen Konsumenten des Produkts ab. In beiden Ländern sind die Konsumenten heterogen, d.h. jeweils die Hälfte hat eine Präferenz für den ausländischen Standard Die Länder können entweder nur den nationalen Standard akzeptieren oder die Standards gegenseitig anerkennen ( Ursprungslandprinzip ) Ergebnis: Beide Länder stellen sich besser wenn sie ihre Standards gegenseitig anerkennen (gilt auch bei nationalen Netzwerkeffekten!) K. Morasch 2008 Ökonomie der Informationsgesellschaft 64
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