4.2 Grenzen Effizienter Schaltkreise
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- Greta Lorenz
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1 4.2 Grenzen Effizienter Schaltkreise Definition 19 Sei F eine Boolesche Formel. Ein Literal ist eine Variable oder deren Negation. Eine Klausel ist eine Disjunktion, d.h. eine or-verknüpfung, von Literalen. Eine Monom ist eine Konjunktion, d.h. eine and-verknüpfung, von Literalen. F ist in konjunktiver Normalform, wenn F eine Konjunktion von Klauseln ist. F ist in disjunktiver Normalform, wenn F eine Disjunktion von Monomen ist. 95
2 Analog zur Normalform einer Booleschen Formel können wir auch eine Normalform für Schaltkreise definieren: Definition 20 Wir sagen, dass ein Schaltkreis in Normalform ist, wenn Negationen finden nur auf den Eingaben stattfinden, d.h. wenn wir sowohl die negierten als auch die nicht-negierten Variable als Eingabe zur Verfügung haben, dann existieren keine not-gatter. Interne Gatter sind entweder or- oder and-gatter. Auf jedem Pfade von einem Eingabegatter zum Ausgabegatter alterniert die Gatter-Funktion von Gatter zu Gatter. Alle Pfade von einem Eingabegatter zum Ausgabegatter haben die gleiche Länge. 96
3 Lemma 3 Für jeden Schaltkreis C auf n Variablen existiert ein funktionsäquivalenter Schaltkreis C in Normalform mit depth(c) depth(c ) und 2 size(c) (2 depth(c) + 1) + n size(c ). Beweis von Lemma 3: Mit Hilfe der Regeln von De Morgan können wir alle not-gatter zu den Eingabegattern schieben. Diese Aktion vergrößert nicht die Tiefe des Schaltkreises. Die Größe wird um maximal size(c) + n vergrößert, da im ungünstigsten Fall nun jedes Gatter im Originalzustand und negiert vorkommt. Der resultierende Schaltkreis erfüllt die erste zwei Bedingungen eines Schaltkreises in Normalform. 97
4 Beweis von Lemma 3 (Teil 2): Gibt es auf einem Pfad zwei Gatter die aufeinander folgen, und die vom gleichen Gattertyp sind, wo vereinigen wir diese. Unter Umständen muss jedoch eine Kopie des ersten Gatters erstellt werden. Der resultierende Schaltkreis erfüllt die dritte Bedingung eines Schaltkreises in Normalform. Durch diesen Schritt wird weder die Größe noch die Tiefe des Schaltkreises erhöht. Im letzten Schritt ergänzen wir zu kurze Pfade an den richtigen Stellen mit and- und or-gattern von Eingrad 1. 98
5 Mit Hilfe der konjunktiven bzw. disjunktiven Normalform können wir für jede Funktion einen Schaltkreis der Tiefe 2 (mit Negationen 3) angeben, der diese Funktion berechnet. Ein solcher Schaltkreis hat jedoch oft exponentielle Größe. Satz 7 Die Paritätsfunktion kann nicht durch einen zweistufigen and-oroder or-and-schaltkreis polynomieller Größe berechnet werden. Zudem müssen bei einem zweistufigen Schaltkreis zur Berechnung der Paritätsfunktion in der ersten Ebene immer alle n Variablen miteinander verknüpft werden. Beweis von Satz 7: Sei C eine Konjunktion l i=1 D i von Disjunktionen welche die Paritätsfunktion berechnet. Wir betrachten zunächst die Frage, ob eine der Disjunktionen von C weniger als n Variablen beinhalten darf. Sei D i eine solche Disjunktion und x j eine der Variablen, welche in D i nicht vorkommen. Dann gibt es eine Belegung der verbleibenden Variablen (alle bis auf x j ), so dass D i nicht erfüllt ist und somit auch C, ohne dass wir den Wert von x j festlegen müssen. C ist somit nicht erfüllt für die obige Belegung mit x j = 0 und x j = 1. Die Paritätsfunktion ist jedoch für eine der Belegungen 0 und für die andere 1. 99
6 100 Andreas Jakoby Beweis von Satz 7 (Teil 2): Jede Disjunktion muß alle n Variablen beinhalten. Eine Disjunktion über n Variablen ist jedoch nur bei genau einer Belegung erfüllt. Die Paritätsfunktion über n Variablen weist jedoch 2 n 1 erfüllende Belegungen auf. Somit muß ein zweistufiger or-and-schaltkreis der die Paritätsfunktion berechnet eine Größe 2 n haben. Analog können wir eine Disjunktion l i=1 K i von Konjunktionen analysieren.
7 Beobachtung 8 Sei C ein Schaltkreis, der die Paritätsfunktion berechnet. Dann können wir mit C auch die negierte Paritätsfunktion berechnen, indem wir eine der Eingabevariablen bei jedem vorkommen in C negieren (ursprünglich negierte Literale kommen dann unnegiert vor und alle ursprünglich unnegierte dann negiert). Analog können wir jeden Schaltkreis zur Berechnung der negierten Paritätsfunktion nutzen, um die Paritätsfunktion zu berechnen. Beweis von Beobachtung 8: x 1 x 2 x n = 1 (x 1 x 2 x n ) = (1 x 1 ) x 2 x n = x 1 x 2 x n. 101
8 102 Andreas Jakoby Beobachtung 9 Sei C ein Schaltkreis, der die Paritätsfunktion berechnet. Wählen wir einige der Eingabevariablen x i fest auf 0 und einige auf 1 und einige weiter variabel, so berechnet C auf den verbleibenden Variablen immer noch die Paritätsfunktion bzw. deren Negation. Ist C ein Schaltkreis über der Standardbasis, so können wir durch die oben beschriebene Vorbelegung einige Gatter streichen, da ihr Wert bereits durch diese Belegung fest bestimmt ist. Der resultierende Schaltkreis hat entsprechend weniger Variablen jedoch ist dessen Größe und Tiefe durch die Größe und Tiefe von C nach oben beschränkt.
9 Satz 8 Die Paritätsfunktion ist nicht in AC 0. Beweisidee für Satz 8: Für jede Variable x i würfeln wir eine von drei Belegungen: x i = 1, x i = 0, oder x i (d.h. x i ist noch variabel). Starten wir mit einem Schaltkreis, dessen Gatter auf der untersten Ebene einen konstanten Eingrad haben, so wollen wir mit Hilfe dieser Zufallsbelegung zeigen, dass wir mit positiver Wahrscheinlichkeit einen Schaltkreis erhalten, dessen Gatter auf der zweit untersten Ebene ebenfalls konstanten Eingrad haben. Mit Hilfe der Distributivgesetze x 1 (x 2 x 3 ) = (x 1 x 2 ) (x 1 x 3 ) und x 1 (x 2 x 3 ) = (x 1 x 2 ) (x 1 x 3 ) können wir die Gattertypen der beiden untersten Ebenen tauschen. Die Gatter auf der untersten Ebene haben nun immer noch einen konstanten Eingrad (auch wenn dieser viel größer ist) und die Größe ist noch polynomial in der ursprünglichen Größe, aber wir können die Gatter der zweit und dritt untersten Ebene verschmelzen. Somit erhalten wir einen Schaltkreis, der um 1 flacher ist als der ursprüngliche Schaltkreis. Dieses können wir nutzen, um einen Widerspruch herzuleiten. 103
10 Wie auf der letzten Folie dargelegt, wollen wir die Eingabe für einen Schaltkreis würfeln. Daher benötigen wir ein Paar Hilfsmittel aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sei p die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg was Erfolg bedeutet soll später näher beschrieben werden dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei n-maligem Wiederholen des Experiments k mal Erfolg haben binomialverteilt, d.h. Pr[X = k] = ( n k ) p k (1 p) n k. Für Erwartungswert und Varianz gilt E(X ) = np und V (X ) = np(1 p). Die Tschebyscheff-Ungleichung besagt Zudem gilt n ( ) n Pr[X a] = p k (1 p) n k k k=a Pr[ X E(X ) a] V (X ) a 2. n k=a ( ) n n ( ) n p k p a p a 2 n. k k k=a 104
11 Wir wollen nun die Zufallsbelegung bzw. Zufallssubstitution der Variablen näher beschreiben. Diese Substitution wird auch Zufallsrestriktion genannt. Für jede Variable x i führen wir unabhängig von allen anderen Variablen das folgende Zufallsexperiment durch: mit Wahrscheinlichkeit 1 n lassen x i variable, mit Wahrscheinlichkeit 1 1 n 2 setzen wir x i = 0 und mit Wahrscheinlichkeit 1 1 n 2 setzen wir x i = 1. Mit r bezeichnen wir eine solche Zufallsrestriktion, mit xi r das Resultat von x i nach der Restriktion und C r den Schaltkreis C nach dem Ausführen der Zufallsrestriktion und dem streichen der Gatter, deren Wert durch r bestimmt ist. 1 1 Wie wir bereits oben gesehen haben, berechnet C r entweder die Paritätsfunktion, oder deren Komplement. Im letzten Fall können wir C r so umgestalten, dass der modifizierten Schaltkreis wieder die Paritätsfunktion berechnet. 105
12 Betrachten wir jetzt die Frage, wieviele Variablen in C r noch vorhanden sind. Im ungünstigsten Fall legt r den Wert von C fest, und C r hängt von keiner Variablen mehr ab. Da das Ergebnis der Paritätsfunktion von jeder einzelnen Variable abhängt, sind in C r so viele Variablen übrig, wie in r vorkommen. Für unsere Zwecke genügt es zu zeigen, dass mit positiver Wahrscheinlichkeit in r hinreichend viele Variablen übrig bleiben. Hieraus werden wir schließen, dass es eine geeignete Restriktion gibt. 106
13 107 Andreas Jakoby Lemma 4 Sei X eine Zufallsvariable, die die Anzahl der Variablen in C r n nach der Restriktion beschreibt, dann gilt E(X ) = n, V (X ) n und Pr[X n 2 ] O( 1 n ). Beweis von Lemma 4 1 E(X ) = n = n n ( 1 V (X ) = n 1 1 ) n n n Pr[X n 2 ] Pr[E(X ) X n 2 und E(X ) > X ] +Pr[X E(X ) n 2 und E(X ) < X ] = Pr[ X E(X ) n 2 ] V (X ) ( 4 n O(1/ n). n 2 )2 n
14 Lemma 5 Sei C eine Konjunktion l i=1 D i von Disjunktionen wobei jede Disjunktion nur von maximal c Variablen abhängt, dann existiert eine Konstante e c, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass das and-gatter nach der Zufallsrestriktion von mehr als e c Variablen abhängt, höchstens O( 1 n k+1 ) ist. Beweis von Lemma 5: Der Beweis erfolgt über eine Induktion über c. Induktionsanfang c = 1 (Eingrad der or-gatter ist 1): Fall 1: Das and-gatter hängt von 4(k + 1) ln n Variablen ab. Pr[C r 0] = Pr[alle Eingänge des and-gatters in r sind 0] 4(k+1) ln n Pr[eine beliebige aber feste Variable x i wird nicht 0] 1 1! 1 4(k+1) ln n «4(k+1) ln n n = n 4(k+1) ln 3/4 n (k+1) Diese Abschätzung gilt für n 4. Die letzte Ungleichung folgt aus ln(1 x) x. Somit ist das Ergebnis mit großer Wahrscheinlichkeit konstant 0! 108
15 109 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 2): Fall 2: Das and-gatter hängt von < 4(k + 1) ln(n) Variablen ab. Pr[and-Gatter in C r hängt von mehr als a Variablen ab]! 4(k+1) ln n X «i n 1 n 1 1 «n i «a 1 n 4(k+1) ln n 2 i n i=a n a/2 n 4(k+1) = n 4(k+1) a/2. Wählen wir a = 10(k + 1) so ist die Wahrscheinlichkeit, dass das and-gatter in C r von mehr als a Variablen abhängt in O(n (k+1) ). Somit bleiben mit großer Wahrscheinlichkeit nur noch eine konstante Anzahl von Variablen übrig.
16 110 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 3): Induktionsschritt c > 1 Wir gehen im folgenden davon aus, dass für c 1 eine entsprechende Konstante e c 1 existiert. Fall 1: Das and-gatter hängt (vor der Restriktion) von mindestens 2 c (k + 1) ln n variablendisjunkten or-gattern ab. Wie im ersten Fall des Induktionsanfangs wollen wir zeigen, dass in diesem Fall mit großer Wahrscheinlichkeit, das and-gatter konstant 0 ist. Pr[C r 0] Pr[keines der oben genannten or-gatter ist in C r konstant 0] (Pr[ein beliebiges, festes or-gatter ist in C r nicht 0]) 2c (k+1) ln n (1 (Pr[eine beliebige, feste Variable in C r ist nicht 0]) c ) 2c (k+1) ln n = 1 1 1! 1 c! 2 c (k+1) ln n n 2 `1 2 c 2 c (k+1) ln n = n 2 c (k+1) ln(1 2 c ) n 2c (k+1)2 c = n (k+1)
17 Beweis von Lemma 5 (Teil 4): Fall 2: Dieser Fall wird uns bis zum Ende dieses Beweises beschäftigen! Das and-gatter hängt von weniger als 2 c (k + 1) ln n variablendisjunkten or-gattern ab. Wir wählen eine maximale Menge solcher or-gatter. Sei H die Menge der Variablen die durch diese Disjunktionen zusammengefaßt werden. Da wir die Menge maximal gewählt haben, muss jede Disjunktion in C eine Variable aus H besitzen. Da jede Disjunktion maximal c Variablen besitzt und die maximale Anzahl der variablendisjunkten or-gattern durch 2 c (k + 1) ln n beschränkt ist, gilt: H c 2 c (k + 1) ln n. Wir betrachten die l := 2 H möglichen Belegungen α 1,..., α l von diesen Variablen. Mit S i bezeichnen wir den Schaltkreis, den wir erhalten, wenn wir die Variablen aus H mit α i belegen. Da jede Disjunktion in C zumindest eine Variable aus H beinhaltet, hat jede Disjunktion in S i noch maximal c 1 Variablen. 111
18 112 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 5): Da jede Disjunktion in S i von maximal c 1 Variablen abhängt, hängt nach einer Zufallsrestriktion das and-gatter in Si r mit einer Wahrscheinlichkeit O(n (k+1) ) von mehr als einer konstanten Anzahl e c 1 von Variablen ab (Induktionsvoraussetzung). Durch eine neue Numerierung der Variablen können wir erreichen, dass H = {x 1, x 2,..., x H } ist. Wir definieren x 0 i = x i, x 1 i = x i und schließlich: ( F := x α i [1] 1 x α i [2] 2... x α i [ H ] H S i ), i {1,...,l} wobei α i [j] die Belegung für x j in der partiellen Belegung α i ist. Beispiel: H = {x 1, x 2 }, α 1 = 00, α 2 = 01, α 3 = 10 und α 4 = 11, dann ist: F = (x 1 x 2 S 1 ) (x 1 x 2 S 2 ) (x 1 x 2 S 3 ) (x 1 x 2 S 4 ).
19 113 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 6): F und C berechnen die gleiche Funktion. Mit Hilfe des Terms x α i [1] 1... x α i [ H ] H schalten wir den entsprechenden Teilschaltkreis S i an oder aus. Wir wollen nun der Frage nachgehen, wieviele Variablen von H nach einer Zufallsrestriktion noch keinen Wert haben. Sei Y die Zufallsvariable, die angibt, wieviele Variablen in H übrig bleiben, dann gilt: Pr[Y > a] ( 1 n ) a 2 H n a/2 2 c 2c (k+1) ln n n c 2c (k+1) a/2. Wählen wir a = 2c 2 c (k + 1) + 2(k + 1) so ist die Wahrscheinlichkeit, dass in H nach einer Zufallsrestriktion noch mehr als a = 2c 2 c (k + 1) + 2(k + 1) Variablen nicht mit einem Wert belegt sind in O(n (k+1) ).
20 114 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 7): Dieses bedeutet auch, dass F nach einer Zufallsrestriktion mit einer Wahrscheinlichkeit von O(n k+1 ) mehr als m := 2 2c 2c (k+1)+2(k+1) Teilschaltkreise S i besitzt, die den Wert von F r noch mitbestimmen können. Dieses sind die Teilschaltkreise, deren Term x α i [1] 1... x α i [ H ] H noch nicht konstant 0 ist. Wir fügen nun die einzelnen Abschätzungen zusammen: Pr[C r hängt von mehr als e c = m e c 1 Variablen ab] = Pr[F r hängt von mehr als e c Variablen ab] Pr[es bleiben mehr als 2c 2 c (k + 1) + 2(k + 1) Variablen in H übrig oder ein S i hängt von mehr als e c 1 Variablen ab] Pr[Y > 2c 2 c (k + 1) + 2(k + 1)] + m Pr[ein festes S i hängt von mehr als e c 1 Variablen ab O(n (k+1) ) + m O(n (k+1) ) = O(n (k+1) ). Die letzte Zeile folgt aus der Induktionsvoraussetzung und der Beobachtung, dass m konstant ist.
21 115 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 5 (Teil 8): Man beachte, dass dieser Induktionsschritt nur c-mal wiederholt werden muß c ist konstant. Es werden also zur Berechnung von e c nur konstant viele Konstanten miteinander multipliziert. Zudem wird der Wert der Wahrscheinlichkeit O(n (k+1) ) nur konstant oft mit einer Konstanten multipliziert.
22 116 Andreas Jakoby Satz 8 folgt nun unmittelbar aus dem folgenden Lemma: Lemma 6 Für alle Konstanten t und c und für alle Polynome p gilt: Die Paritätsfunktion kann nicht durch eine p(n)-größen- und t-tiefenbeschränkte Schaltkreisfamilie in Normalform berechnet werden, deren Gatter auf der untersten Ebene einen Eingrad von höchstens c haben. Beweis von Lemma 6 (Teil 1) Der Beweis folgt über eine Induktion. Für t = 2 folgt die Aussage direkt aus Satz 7.
23 Beweis von Lemma 6 (Teil 2) Um die Aussage für ein t > 2 zu zeigen nehmen wir an, dass sie falsch ist. Sei also t minimal, so dass es eine Konstante c und ein Polynom p gibt und die Paritätsfunktion durch eine p(n)-größen- und t-tiefenbeschränkte Schaltkreisfamilie in Normalform berechnet werden kann, deren Gatter auf der untersten Ebene einen Eingrad von höchstens c haben. Sei k der Grad dieses Polynoms. Da wir t minimal gewählt haben, gibt es für t 1 somit keine solche Konstante c und auch kein solches Polynom. Dieses soll im folgenden widerlegt werden. 117
24 118 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 6 (Teil 3) Wir generieren einen Hilfsschaltkreis H n: Wir wollen mit Hilfe einer geschickten Belegung einiger Variablen aus einer t-tiefen- und polynomiell größenbeschränkten Schaltkreisfamilie C 1, C 2, C 3,... in Normalform eine (t 1)-tiefenund polynomiell größenbeschränkten Schaltkreisfamilie C 1, C 2, C 3,... in Normalform konstruieren. Durch die Vorbelegung einiger Variablen können wir den Schaltkreis C i nicht nutzen, um den Schaltkreis C i zu generieren. Stattdessen wollen wir durch eine geeignete Belegung von 4n 2 n Variablen aus C 4n 2 einen Hilfsschaltkreis H n über n Variablen generieren. Die Gatter der zweit untersten Ebene von H n hängen hierbei von nur konstant vielen Variablen ab. Mit Hilfe des Distributivgesetzes können wir die Gattertypen der beiden untersten Ebenen vertauschen ohne die Größe des Schaltkreises um mehr als einen konstanten Faktor aufzublähen.
25 Beweis von Lemma 6 (Teil 4) Wir generieren C i : Nach Anwendung des Distributivgesetzes können wir dafür garantieren, dass die Gatter der untersten Ebene nur von konstant vielen Variablen abhängen und die Typen der Gatter auf der zweit und dritt untersten Ebene gleich sind. Durch verschmelzen dieser Ebenen erhalten wir den Schaltkreis C n. 2 2 Die Größe von C n ist weiter polynomiell in n und der der Grad des Polynoms von C n ist höchstens doppelt so groß wie der Grad des Polynoms von C n. 119
26 120 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 6 (Teil 5) Anmerkungen zur Restriktion: Wir können aus Lemma 4 schließen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als n 2 Variablen in Cn r übrig bleiben. Man beachte, dass bei einer Restriktion auch mehr als die benötigten Variablen übrig bleiben, um aus C 4n 2 den Schaltkreis C n zu generieren. In diesem Fall belegen die Variablen, die zuviel sind, mit 0. Aus Lemma 4 können wir auch ersehen, dass wir das auftreten einer ungünstigen Restriktion nicht gänzlich verhindern können. Dieses wird auch bei den weiteren Schritten immer wieder passieren. Können wir garantieren, dass die Summe dieser Wahrscheinlichkeiten gegen 0 strebt, so haben wir bewiesen, dass zumindest eine Restriktion mit einem positiven Ausgang existiert. Die Existenz reicht jedoch aus, um die Existenz eines geeigneten Schaltkreises nachzuweisen.
27 121 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 6 (Teil 6) Lemma 5 kommt ins Spiel: Um den Beweis zu vereinfachen werden wir uns auf Schaltkreise beschränken, deren unterste Schicht aus or-gatter bestehen. Die zweit unterste Schicht besteht folglich aus and-gatter. Nach dem Dualitätsprinzip folgt, dass wir durch tauschen von 0 mit 1, x i mit x i und and mit or eine analoge Aussage für Schaltkreise herleiten können, deren untere Schicht aus and-gattern besteht. Betrachten wir zunächst eines dieser and-gatter so kommt Lemma 5 zum Einsatz: Lemma 5 Sei C eine Konjunktion l i=1 D i von Disjunktionen wobei jede Disjunktion nur von maximal c Variablen abhängt, dann existiert eine Konstante e c, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass das and-gatter nach der Zufallsrestriktion von mehr als e c Variablen abhängt, höchstens O( 1 ) ist. n k+1 Es verbleibt also noch zu zeigen, wie wir Lemma 5 nutzen können, um einen beliebigen Schaltkreis in Normalform zu transformieren.
28 Beweis von Lemma 6 (Teil 7) Noch einmal zur Wiederholung: Wir haben die Konstanten k, t und c so gewählt, dass t minimal war und es einen polynomiell größenbeschränkte und t tiefenbeschränkte Schaltkreisfamilie in Normalform gibt, die die Paritätsfunktion berechnet. Hierbei war das Polynom, welches die Größe beschränkt, aus O(n k ) und die Gatter der untersten Stufe hingen von maximal c Variablen ab. Wir haben dann gezeigt, dass wir mit Hilfe einer Zufallsrestriktion dafür sorgen können, dass ein beliebiges aber festes Gatter der zweit untersten Stufe nur noch von einer konstanten Anzahl von Variablen abhängt. Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlschlags wahr hierbei durch O(n (k+1) ) beschränkt. Führen wir die Restriktion an allen Gattern der zweit untersten Ebene aus, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass es an einem solchen Gatter zu einem Fehlschlag kommt, durch O(n k ) O(n (k+1) ) = O(n 1 ) beschränkt. 122
29 Beweis von Lemma 6 (Teil 8) Wiederholen wir noch einmal diese Beobachtung: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 O(n 1 ) hat C r auf der untersten Ebene nur einen konstanten Eingrad und jedes Gatter auf der zweit untersten Ebene hängen nur noch von einer konstanten Anzahl von Variablen ab. Somit gilt: Da der Eingard auf den beiden untersten Ebenen somit Konstant ist, können wir mit Hilfe des Distributivgesetzes die Typen der Gatter auf den untersten Ebenen vertauschen, und die Gatter der zweit und dritt untersten Ebene verschmelzen. Der resultierende Schaltkreis hat also eine Tiefe von t 1 und die Gatter der untersten Ebene haben immer noch einen konstanten Eingrad. Wir haben zudem gesehen, dass die Anzahl der Variablen, die in C r übrig bleiben, mit einer Wahrscheinlichkeit von O(1/ n) nach unten durch n 2 beschränkt werden kann. 123
30 124 Andreas Jakoby Beweis von Lemma 6 (Teil 9) Fassen wir zusammen: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Restriktion entweder zu wenige Variablen übrig läßt oder die falschen Variablen mit Werte belegt ist durch O(n 1 ) + O(n 1/2 ) = O(n 1/2 ) beschränkt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von O((n 2 ) 1/2 ) können wir mit einer Zufallsrestriktion C4n r so modifizieren, dass wir einen Schaltkreis C 2 n polynomieller Größe und Tiefe t 1 erhalten, der die Paritätsfunktion oder deren Kompliment berechnet. Da über die Konstruktion sicher gestellt ist, dass der Eingrad der Gatter der untersten Stufe wieder konstant ist, erhalten wir einen Widerspruch zu der Annahme, dass t minimal gewählt wurde.
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