Finanzwissenschaftliche Gutachten zur Fortschreibung des Kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg
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- Christa Arnold
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1 Finanzwissenschaftliche Gutachten zur Fortschreibung des Kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg Vortrag in der Enquete-Kommission 5/2 des Landtags Brandenburgs am 11. Mai 2012 Daniela Trochowski, Staatssekretärin im Finanzministerium des Landes Brandenburg 1
2 Beschluss des Landtages Brandenburg vom Aufforderung zur Vorlage eines finanzwissenschaftliches Gutachtens zur Fortschreibung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) Inhaltliche Schwerpunkte: - Überprüfung der Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen des Landes und der Kommunen mit Blick auf die gebotene proportionale Verteilung der Finanzmittel gem. 3 Abs. 5 Satz 1 BbgFAG - Analyse der Aufgaben insbesondere im Sozial- und Jugendhilfebereich auch im Hinblick auf die Verursachung durch bundesgesetzliche Regelungen - Analyse der regionalen Kostenbelastungen der Landkreise und kreisfreien Städte und deren Deckung durch KFA-Mittel 2
3 Umsetzung Aufteilung des Gutachteninhalts in zwei sich ergänzende Teilgutachten Ausgewählt wurden die Gutachter - Prof. Dr. Martin Junkernheinrich, Leiter des Lehrstuhls für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie der TU Kaiserslautern (hier zuständig für die vertikale Finanzmittelverteilung und Sozial- und Jugendhilfeausgaben) - Prof. Dr. Thomas Lenk, Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen und Public Management an der Universität Leipzig (hier zuständig für die horizontalen Verteilungseffekte im KFA) Die Abnahme erfolgte durch das MdF am
4 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Ausgangspunkt: Verteilung der Finanzmittel proportional zu den wahrgenommenen Aufgaben zwischen Land und Kommunen gem. 3 Abs. 5 BbgFAG Problem: keine finanzwissenschaftlich belastbare Methode zur Messung der Aufgabenlast Annahme: Ausgabenanteile von Land und Kommunen entsprechen der Aufgabenverteilung Berechnung eines Symmetriekoeffizienten aufgrund finanzstatistischer Daten früherer Jahre als Basis für Anpassung der Verbundquote Gutachterliche Annahme: Zinsausgaben bleiben bei Symmetriekoeffizienten unberücksichtigt, weil kein hinreichend enger Bezug zur laufenden Aufgabenerfüllung 4
5 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Gutachten basiert auf Symmetrieansatz (Doppelbruch) der Einnahmen ohne Zweckbindung (Deckungsmittelbestand) zu den daraus finanzierten Ausgaben (Deckungsmittelverbrauch): Deckungsmittelbestand Kommunen Deckungsmittelbestand (Kommunen+Land) Deckungsmittelverbrauch Kommunen Deckungsmittelverbrauch (Kommunen+Land) = SYMMETRIEKOEFFIZIENT Sym.-koe. = 1 : perfekte Symmetrie Sym.-koe. < 1 : Ungleichverteilung zu Lasten der kommunalen Ebene Sym.-koe. > 1 : Ungleichverteilung zu Gunsten der kommunalen Ebene 5
6 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Ergebnis des Gutachtens: Symmetriekoeffizient = 0,972 (Durchschnitt aus Gründen der Konjunkturbereinigung gewählter Basiszeitraum) Anpassungsbedarf zugunsten der Kommunen i.h.v. 84 Mio. (2011) bzw. Erhöhung der allgemeinen Verbundquote (ohne SoBEZ) um 1,4 %-Punkte 6
7 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Belastbarkeit des Gutachtens: Fortschreibung der Methodik wird von Gutachtern selbst wg. Strategieanfälligkeit in Frage gestellt (Gleichsetzung von Aufgaben und Ausgaben Mehrausgaben jeder Ebene erhöhen Anspruch an Deckungsmittelanteil) Hoher Deckungsmittelverbrauch der Brandenburger Kommunen im ostdeutschen Vergleich auch in der Rückschau nicht eindeutig interpretierbar: höherer Ausgabebedarf wg. höherem Aufgabenbestand oder geringerer Einspardruck wg. höherer FAG-Zuweisungen? (ostdeutscher Vergleich der Zinsausgaben von Kommunen und Land spricht wenigstens zum Teil für Letzteres siehe spätere Folie) Aus Gründen der Konjunkturbereinigung von den Gutachtern gewählter Basiszeitraum nicht mehr relevant, da bereits gutachterlich ohne Beanstandungen beurteilt 7
8 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Belastbarkeit des Gutachtens: Gewählte Nichtberücksichtigung der Zinslasten ist zweifelhaft Ohne Herausrechnung der Zinslasten ergibt sich ein völlig anderes Ergebnis: Symmetriekoeffizient = 1,059 (für den Zeitraum ) Anpassungsbedarf zugunsten des Landes um rd. 160 Mio. (2011) bzw. Verminderung der allgemeinen Verbundquote (ohne SoBEZ) um 2,7 %-Punkte 8
9 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Belastbarkeit des Gutachtens: Gutachten würdigt nicht überdurchschnittliche KFA-Zuweisungen von Brandenburg im ostdeutschen Vergleich 800 Allgemeine Zuweisungen in je Einwohner Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen Ostdt. Flächenländer 9
10 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Belastbarkeit des Gutachtens: Zinsausgaben von Land und Kommunen im ostdeutschen Vergleich: Belastungen von Land und Kommunen sind konträr zum Durchschnitt 400 Zinsausgaben der Gemeinden/Gv. und der Landesebene in je Einwohner Gem./Gv. Brandenburg Gem./Gv. ostdt. Flächenländer Land Brandenburg Land ostdt. Flächenländer 10
11 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Weiteres Vorgehen: Reduzierung des KFA-Vorwegabzugs in vier Stufen (2013: 20 Mio. / 2014: 30 Mio. / 2015: 40 Mio. / 2016 ff: vollständiger Wegfall) Diskussion der Gutachten-Ergebnisse im Landtag und mit den kommunalen Spitzenverbänden und ggf. Umsetzung der Ergebnisse im parlamentarischen Verfahren 11
12 Gutachten zur Finanzausgleichsdotation und Sozialausgaben Ergebnisse zur finanziellen Belastung der Kommunen: Anstieg der Zuschussbedarfe für soziale Sicherung von 250 Mio. (2000) auf 973 Mio. (2009) entspricht 289 % Steigerung (ohne die von 2007 bis 2009 über die FAG-Mittel ausgeschütteten Ausgleichsleistungen für die kommunale Zuständigkeit nach SBG XII in Höhe von jeweils 312 Mio. betrüge die Steigerung zu 2000 nur 164 %!) Anstieg der Zuschussbedarfe bei der Kinder- und Jugendhilfe von 531 Mio. (2000) auf 709 Mio. (2010) entspricht 34 % Steigerung 2008 waren 53,8 % der kommunalen Deckungsmittel durch Ausgaben bei der sozialen Sicherung und der Kinder- und Jugendhilfe gebunden (alle Flächenländer 51,1 %, ostdeutsche Flächenländer 49,5%) Zuschussbedarfe im Bereich soziale Sicherung pro Kopf in den kreisfreien Städten und von Berlin entfernten Landkreisen am höchsten Zuschussbedarfe für Kinder- und Jugendhilfe bei den kreisfreien Städten am höchsten. Bei den Landkreisen sind die von Berlin entfernten dagegen hier eher im Vorteil 12
13 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Untersucht wurden 12 Parameter des KFA: 1. Berechnung der Steuerkraft 2. Demografieansatz 3. Flächenansatz 4. Mehrbelastungsausgleich für Mittelzentren / Kreisstädte 5. Schullastenausgleich 6. Soziallastenausgleich 7. Hauptansatzstaffel 8. Investive Schlüsselzuweisungen 9. Veränderung der Ausgleichsquote 10. Relative Mindestausstattung 11. Ausgleichsfonds gem. 16 BbgFAG 12. Förderung von Theatern und Orchestern 13
14 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Ergebnisse: Divergente wirtschaftliche Entwicklung der Regionen im Land Brandenburg Das Brandenburgische Finanzausgleichssystem besitzt eine starke finanzkraftangleichende Funktion Grundsätzliche Empfehlung: Beibehaltung der Konzentration der Landeszuweisungen an die Kommunen im System des KFA Für die Fortentwicklung des KFA sollen die distributiven Elemente sowie die Grundgedanken der Solidarität und der Subsidiarität im Vordergrund stehen 14
15 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Mögliche Ansätze zur Fortentwicklung des KFA in Brandenburg: Erweiterung / Stärkung des Demografieansatzes auf einen Fünf- Jahres-Zeitraum Derzeitige Regelung gem. 20 Satz 2 BbgFAG seit : Als maßgebliche Einwohnerzahl gilt die durchschnittliche Einwohnerzahl der dem vergangenen Jahr vorhergehenden drei Jahre, wenn diese höher ist als die Einwohnerzahl des vorvergangenen Jahres Ziel: Abfederung der Remanenzkosten für Kommunen mit Einwohnerrückgang Durch Ausweitung auf einen Fünf-Jahres-Durchschnitt könnte das Umverteilungsvolumen von (gemessen an 2011) 8,1 Mio. auf 14,4 Mio. erhöht werden 15
16 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Mögliche Ansätze zur Fortentwicklung des KFA in Brandenburg: Integration des Mehrbelastungsausgleichs für Mittelzentren und Kreisstädte in das Schlüsselzuweisungssystem Derzeit: Mehrbelastungsausgleich für die Erfüllung von zentralörtlichen Aufgaben in Höhe von pro Jahr Reformmöglichkeiten: Annahme Einwohnerveredelung für zentrale Orte relativ zur Einwohnerzahl Absolute Einwohnerveredelung für zentrale Orte ohne Bezug zur Einwohnerzahl Finanzbedarf abhängig von Ortsgröße Finanzbedarf unabhängig von Ortsgröße Begünstigt werden größere und finanzschwächere Orte; abundante Orte gehen leer aus Effekt beschränkt sich im wesentlichen auf Nichtberücksichtigung der abundanten Orte 16
17 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Mögliche Ansätze zur Fortentwicklung des KFA in Brandenburg: Einführung eines Soziallasten-Nebenansatzes für strukturelle Arbeitslosigkeit Ziel: Finanzielle Stärkung kreisfreier Städte und Landkreise mit hoher struktureller Arbeitslosigkeit und dementsprechend hohen Soziallasten Mögliche Umsetzung: Erweiterung der Finanzbedarfsmessung durch Veredelung der Einwohnerzahl mit einem Aufschlag für die individuelle Anzahl der Bedarfsgemeinschaften Die im Gutachten aufgezeigten Varianten mit einer Überführung der Hartz-IV-SoBEZ in die Schlüsselmasse führen vor allem bei den kreisfreien Städten nicht zu einer zielgerichteten Mittelverteilung 17
18 Gutachten zur horizontalen Finanzmittelverteilung Offene Punkte: Die Überprüfung der Hauptansatzstaffel ist aufgrund der heterogenen Datenstruktur im Zusammenhang mit der Doppik- Einführung derzeit nicht verlässlich möglich und sollte verschoben werden Die Überprüfung der Gewichtung der Teilschlüsselmassen auf Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte für Kreisaufgaben kann aus demselben Grund nicht zuverlässig durchgeführt werden. Eine Prüfung ist erfolgt, mangels verwertbarer Ergebnisse wurden diese in Abstimmung mit dem Beirat nach 21 BbgFAG nicht in das Gutachten aufgenommen 18
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 19
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