Lineare Algebra. Philipp Habegger. 11. Juli 2011
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- Hansi Hofmann
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1 Lineare Algebra Philipp Habegger 11 Juli 2011
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3 Inhaltsverzeichnis 0 Einführung 5 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper 7 11 Mengen und Abbildungen 7 12 Gruppen Ringe und Körper 18 2 Matrizenkalkül Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt Lineare Gleichungssysteme und Zeilenstufenform 37 3 Die Determinante einer Matrix Permutationen Die Definition der Determinante Axiomatische Characterisierung der Determinante Laplace Entwicklung der Determinante 71 4 Vektorräume Der Vektorraumbegriff Homomorphismen Matrizen als Homomorphismen Eine Anwendung auf Matrizen 93 5 Mehr Körper Äquivalenzrelationen Die Körper F p Rationale Funktionen Eigenwerte und Eigenvektoren Die Gleichung A 2 = E n Ausblick 123 3
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5 0 Einführung Dieses Skript zur Vorlesung Lineare Algebra an der Goethe Universität Frankfurt im Sommersemester 2011 befindet sich noch in der Entstehung und wird fortlaufend aktualisiert Ich gehe davon aus, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis die gröbsten Fehler korrigiert sind Sie lesen das Skript auf eigene Gefahr! Korrekturvorschläge nehme ich gerne entgegen Bitte teilen Sie mir solche per oder persönlich nach der Vorlesung mit Folgende zwei Bücher dienten als Grundstruktur dieser Vorlesung Ich kann den Titel von Artin auch als weiterführende Lektüre empfehlen 1 Michael Artin, Algebra, Birkhäuser Verlag, Gerd Fischer, Lineare Algebra, Vieweg Verlag 5
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7 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Bevor wir mit dem Studium linearer Abbildungen im Sinne der linearen Algebra loslegen, müssen wir die nötigen Grundlagen erarbeiten Dabei werden wir uns von den Rechenoperationen wie Addition, Multiplikation im vertrauten Rahmen der rationalen oder reellen Zahlen lösen müssen Ziel dieses Kapitels ist es algebraische Strukturen einzuführen, die Rechenoperationen wie Addition oder Multiplikation verallgemeinern Die lineare Algebra wird sich in diesem Kontext abspielen 11 Mengen und Abbildungen Entgegen vieler Versprechungen bezüglich der Rigorosität im Einführungskapitel, werden wir den Begriff der Menge nicht definieren Für uns ist eine Menge eine Ansammlung von Objekten Dies ist keine mathematisch korrekte Definition Wir müssen uns mit einer naiven Vorstellung des Mengenbegriffs begnügen Eine präzise Behandlung würde uns zu weit vom eigentlichen Thema wegführen Einige der folgenden Mengen werden wir im Laufe der Vorlesung immer wieder antreffen Beispiel (i Die Menge der natürlichen Zahlen ist N = {1, 2, 3, }, die der ganzen Zahlen Z = {0, ±1, ±2, } (ii Die Menge der Primzahlen ist {2, 3, 5, } (iii Die leere Menge = {} enthält keine Elementen (iv Die rationalen Zahlen sind Brüche von ganzen Zahlen Ihre Gesamtheit wird mit Q = {a/b; a, b Z und b 0} bezeichnet (v In der Analysisvorlesung spielt die Menge R der reellen Zahlen eine wichtige Rolle (vi Es gibt auch exotischere Mengen, zb die Menge {{}} deren einziges Element die leere Menge ist Eine alternative Schreibweise ist { } Es ist wichtig, die zwei Mengen {{}} {} nicht zu verwechseln Hat man zwei Mengen gegeben, so gibt es viele Möglichkeiten weitere daraus zu gewinnen 7
8 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Definition Seien M und N Mengen Ihre Vereinigung ist M N = {m; m M oder m N} und ihr Schnitt ist M N = {m; m M und m N} Wir setzen auch M N = {m M; m N} Beispiel (i Es gilt {1, 2, 3} {a, b, c} = {b, a, 3, c, 2, 1} (Bei Mengen spielt die Reihenfolge der Elemente keine Rolle (ii Die positiven und negativen reellen Zahlen sind disjunkt, dh sie haben kein gemeinsames Element In Notationsschreibweise {x R; x > 0} {x R; x < 0} = (iii Es gilt {p N; p eine Primzahl} {n N; n ist gerade} = {2} (iv Ganz allgemein haben wir M = M und M = für jede Menge M Eine weitere wichtige Konstruktion ist die des Produkts zweier Mengen Definition Seien M und N Mengen Das kartesische Produkt M N besteht aus allen Paaren bestehend aus einem Element aus M und aus N Dh, es gilt M N = {(m, n; m M und n N} Eine für die lineare Algebra wichtige Situation erhält man, wenn das Produkt aus Kopien der reellen Zahlen nimmt Beispiel (i Es gilt R R = {(x, y; x, y R} Also besteht jedes Element von R R aus zwei Koordinaten Dies legt nahe, dass R R als Ebene betrachtet werden soll (ii Jedes Element aus R R R hat drei Koordinaten Und deshalb soll man sich R R R als den dreidimensionalen Raum vorstellen (iii Natürlich kann man jetzt beliebig lange weitergehen und R R R R usw definieren Unser Vorstellungsvermögen lässt uns nun im Stich, da es uns schwer fällt, uns den vierdimensionalen Raum vorzustellen Um die Notation zu erleichtern schreiben wir R n für } R R {{ R } n Faktoren für n N Ganz allgemein ist M n das n-fache kartesische Produkt } M M {{ M } n Faktoren Wir werden später den Begriff eines Vektorraums einführen Der n-dimensionale reelle Raum R n ist ein klassisches Beispiel eines Vektorraums Die Mengen die wir oben gesehen haben, fallen in zwei Kategorien Es gibt endliche und unendliche Mengen Dh Mengen, die endlich viele oder unendlich viele Elemente enthalten Wiederum werden wir den Begriff endliche Menge nicht präzise definieren 8
9 11 Mengen und Abbildungen Definition Ist M eine endliche Menge, so bezeichnet #M oder M die Anzahl Elemente in M Diese Anzahl heißt auch Kardinalität von M Mengen werden interessanter wenn man sie in Beziehung zu anderen Mengen bringen kann Definition Seien M und N Mengen Eine Abbildung f : M N ordnet jedem Element m M genau ein Element f(m N zu Die Menge M nennt man gerne den Definitionsbereich von f und N heißt Wertebereich Dabei muss nicht jedes Element von N als Wert angenommen werden Es ist nur wichtig, dass jedes Element aus M ein Bildpunkt in N besitzt Auch erlaubt ist es, dass f mehrere (oder sogar alle Elemente von M auf dasselbe Element in N abbildet Beispiel (i Sei V die Menge aller Vorlesungen an der Goethe Universität Dann gibt es eine Abbildung f : V N die jeder Vorlesung die vorgesehene Anzahl Kreditpunkte zuordnet ZB gilt f(lineare Algebra = 9 (ii Die Abbildung f(x = 1/x kann nicht Definitionsbereich R haben, denn Division durch Null ist nicht erlaubt Der größtmögliche Definitionsbereich ist R {0} Definition Sei f : M N eine Abbildung zwischen Mengen M und N Dann heißt f surjektiv falls jedes Element von N Bildpunkt ist, dh für jedes n N gibt es (mindestens ein m M mit f(m = n Die Abbildung f heißt injektiv falls f(m = f(m m = m Eine surjektive und injektive Abbildung heißt bijektiv Bemerkung Eine bijektive Abbildung f : M N lässt sich invertieren Für jedes n N gibt es }{{} da f surjektiv genau ein }{{} da f injektiv m M mit f(m = n Die Zuordnung n m definiert die sogenannte Umkehr- oder Inverseabbildung f 1 : N M Je zwei Abbildungen f : M N und g : N P lassen sich verknüpfen zu einer Abbildung g f : M P : M f N G P Konkret setzt man (g f(m = g(f(m für jedes m M Dabei muss der Wertebereich von f gleich dem Definitionsbereich von g sein Ansonsten können man g nicht bei f(m auswerten Achtung Verknüpfungen liest man von rechts nach links In der Notation oben, also bei g f wird zuerst f und dann g angewendet Beispiel Ist f : M N bijektiv und f 1 : N M die Umkehrabbildung, so ist (f 1 f(m = m für m M und (f f 1 (n = n für n N 9
10 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Definition Die triviale Selbstabbildungen f : M M, die durch f(m = m definiert ist, heißt Identitätsabbildung Sie wird mit 1 M, id M, id oder sogar nur 1 bezeichnet Zwischen zwei Mengen M und N kann es sehr viele Abbildungen geben Ihr Gesamtheit ist selber eine Menge Abb(M, N = {f; f : M N ist eine Abbildung} Beispiel (i Die Menge Abb(R, R wird man als Mathematiker wahrscheinlich nie direkt benutzen Diese Menge ist zu unüberschaubar Es fehlt hier zusätzliche Struktur die wirklich interessante Abbildungen heraus filtert Stattdessen gibt es zu viele wilde Abbildungen R R (ii Es gibt keine Abbildung mit Definitionsbereich N und Wertebereich {} Um dies einzusehen, überlege man sich welchen Bildpunkt das Element 1 N haben würde, falls eine derartige Abbildung existieren würde (iii Überlegen sie sich, ob eine Abbildung existiert oder nicht! (iv Sind M und N zwei endliche Mengen und f : M N eine bijektive Abbildung, so gilt #M = #N Sind M und N unendliche Mengen, so können kuriose Dinge passieren Die Abbildung f : N = {1, 2, 3, } {2, 4, 6, } gegeben durch f(n = 2n ist bijektiv obwohl N auf den ersten Blick gesehen doppelt so viele Elemente enthält wie wie {2, 4, 6, } Noch kurioser ist die Tatsache, dass es sogar ein bijektive Abbildung N N 2 gibt Rein als Menge lässt sich N nicht von N 2 unterscheiden! Mengen bilden die Grundlage der ganzen Mathematik Im Prinzip ist jedes Objekt, welches wir untersuchen werden, eine Menge Diese wird jedoch meistens zusätzliche Struktur verschlüsseln Die erste Struktur, die wir behandeln werden, ist die Gruppenstruktur 12 Gruppen Bislang haben wir Z = {0, ±1, ±2, } als reine Menge behandelt Dabei haben wir einen wichtigen Aspekt vergessen: Zwei ganze Zahlen a, b Z lassen sich zu einer ganzen Zahl a + b summieren (11 Diese einfache Tatsache wird vom Mengenbegriff nicht berücksichtigt Schauen wir (11 nüchtern aus der Perspektive der Mengenlehre an, so fällt auf, dass die Addition eigentlich eine Abbildung ist: m : Z Z Z definiert durch m(a, b = a + b 10
11 12 Gruppen Man nennt m auch die Verknüpfungsabbildung Diese ist keineswegs beliebig, sie besitzt viele Eigenschaften, die man formal beschreiben kann und im Gruppenbegriff elegant verpackt wird Schauen wir nun einige der Eigenschaften an Seien a und b in Z (N Es gilt m(a, 0 = a + 0 = a und m(0, b = 0 + b = b (Neutrales Element (K Es gilt m(a, b = a + b = b + a = m(b, a (Kommutativität (I Es gilt m( a, a = ( a + a = 0 (Inverses Diese dritte Eigenschaft legt nahe, eine weitere Abbildung einzuführen Wir setzen i : Z Z wobei i(a = a Mit dieser Notation sagt uns (iii nichts anderes als m(i(a, a = 0 Es gibt eine vierte Eigenschaft, die man vielleicht leicht übersieht (A Für a, b, c Z gilt m(m(a, b, c = (a + b + c = a + (b + c = m(a, m(b, c (Assoziativität Würde man nur mit den ganzen Zahlen arbeiten, so würde es sich nicht lohnen, die Abbildungen m und i einzuführen Wir können die Addition bzw Inversion mit denen aus der Schule bekannten Symbole + und ebenso gut beschreiben Die vier Eigenschaften oben bilden jedoch die Schablone für den Begriff der abelschen Gruppe Definition Eine Gruppe besteht aus einem Tupel (G, m, e, i Hier ist G eine Menge, m : G G G eine Abbildung, e G ist ein Element und i : G G ist eine Abbildung Diese erfüllen folgende Eigenschaften (auch Gruppenaxiome genannt (A Für alle a, b, c G gilt m(m(a, b, c = m(a, m(b, c (N Für alle a G gilt m(e, a = a (I Für alle a G gilt m(i(a, a = e Die Abbildung m heißt Verknüpfungsabbildung der Gruppe, e heißt neutrales Element der Gruppe und i heißt Inversionsabbildung der Gruppe Gilt zusätzlich (K Für alle a, b G gilt m(a, b = m(b, a so nennt man G kommutativ oder abelsch Bemerkung (i Die Kommutativität wird nicht ausdrücklich als Gruppenaxiom verlangt Diese schließt zu viele interessante Beispiele aus 11
12 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper (ii In unserem Beispiel der ganzen Zahlen war das neutrale Element e = 0 Z (iii Die Symbole m und i in der Definition sind schwerfällig Oft nutzt man a G b oder a + G b oder ab oder a + b für die Verknüpfungsabbildung Die Symbole + G und + sind für abelsche Gruppen reserviert; die Schreibweise a G b oder ab kommt jedoch auch bei nicht abelschen Gruppen vor Ist die Notation multiplikativ (dh wird ab für die Verknüpfung verwendet, so schreiben wir a 1 anstelle von i(a und 1 anstatt e Ist die Notation additiv, so schreiben wir a für i(a und 0 für e (iv In der Praxis erwähnt man oft nur die Menge G des Tupels (G, m, e, i Dh es wird meistens von einer Gruppe G die Rede sein, wobei implizit klar ist, wie die Verknüpfung, das neutrale Element und die Inversionsabbildung zu verstehen sind Wir haben schon ein Beispiel einer Gruppe gesehen Es gibt aber weitere Gruppen, die wir zumindest implizit kennen Beispiel (i Die Gruppe der rationalen Zahlen mit der Addition (ii Die Gruppe der rationalen Zahlen ungleich Null mit Multiplikation (Q {0}, m, 1, i Hier gilt m(a, b = ab für zwei rationale Zahlen a, b Q {0} Die Inverseabbildung ist i(a = 1/a für a Q {0} Natürlich darf die Null nicht in der Gruppe enthalten sein Denn wäre a ein Inverses bezüglich der Multiplikation von 0, so hätten wir 1 = a0 = 0 was natürlich absurd ist Man darf nicht durch Null dividieren! (iii Sei M eine beliebige Menge Wir können aus M wie folgt eine Gruppe gewinnen Die Elemente dieser Gruppe sind bijektive Selbstabbildungen von M Dh S M = {f : M M; f ist bijektiv} Die Verknüpfung unserer Gruppe wird die Verknüpfung von Abbildungen sein: m(f, g = f g für f, g S M Das neutrale Element ist die Identitätsabbildung 1 M : M M und die Inversionsabbildung ist i(f = f 1 wobei f 1 die Inverseabbildung von f ist Diese existiert, da f bijektiv ist Behauptung: Das Tupel (S M, m, 1 M, i ist eine Gruppe Beweis: Wir müssen die Axiome (A, (N und (I nachweisen Falls f und g bijektive Selbstabbildungen von M sind, so ist auch f g eine Selbstabbildung von M Diese Verknüpfung ist auch bijektiv Somit ist f g S M und m : S M S M S M ist eine wohldefinierte Abbildung Falls f, g, h S M und m M so gilt ((f g h(m = (f g(h(m = f(g(h(m = f((g h(m = (f (g h(m 12
13 12 Gruppen Da dies für jedes m M gilt, haben wir (f g h = f (g h Somit ist das Axiom (A gezeigt Es gilt 1 M f = f da 1 M die Identitätsabbildung ist Daraus folgt Axiom (N Schließlich haben wir f 1 f = 1 M da f 1 die Umkehrabbildung von f ist Wir folgern das Axiom (I und somit ist (S M, m, 1 M, i eine Gruppe Die Gruppe S M heißt die symmetrische Gruppe Sie ist nur dann abelsch, wenn #M 2 (iv Die triviale Gruppe ist die simpelste Gruppe, die man sich vorstellen kann Sie besteht aus nur einem Element G = {e} Dadurch sind Verknüpfungs- und die Inversionsabbildungen durch m(e, e = e bzw i(e = e festgelegt Natürlich muss auch e das neutrale Element sein Man überprüft alle Axiome leicht nach Die triviale Gruppe ist sogar eine abelsche Gruppe (v Es gibt auch eine Gruppe mit zwei Elementen Wir setzen G = {e, x} wobei x e Die Verknüpfungsabbildung wird in folgender Tabelle beschrieben e x e e x x x e Die Inversionsabbildung ist durch i(e = e und i(x = x festgelegt und das neutrale Element ist e Um zu zeigen, dass (G, m, e, i eine Gruppe ist muss man alle Axiome nachrechnen Dies wird eine Übungsaufgabe sein Eine Gruppe (G, m, e, i mit G = {g 1,, g n } endlich lässt sich mittels der Verknüpfungstabelle untersuchen: g 1 g n g 1 m(g 1, g 1 m(g 1, g n g n m(g n, g 1 m(g n, g n Diese Tabelle unterliegt Symmetriebedingungen, die sich aus den Axiomen ergeben Ist zb g 1 = e das neutrale Element der Gruppe, so ist die erste Spalte gleich g 1,, g n Eine abelsche Gruppe ergibt eine Verknüpfungstabelle, die symmetrisch bezüglich der Diagonale von oben links nach unten rechts ist Kommen wir nun zum ersten Lemma Lemma 11 Sei (G, m, e, i eine Gruppe (i Für alle a G gilt m(a, i(a = e, i(i(a = a und m(a, e = e (ii Sei e G mit m(e, a = a für alle a G Dann ist e = e (Das neutrale Element ist eindeutig (iii Seien a, a G mit m(a, a = e Dann ist a = i(a (Die Inversionsabbildung ist eindeutig 13
14 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper (iv Seien a, b, c G mit m(a, b = m(a, c, dann gilt b = c Haben wir m(b, a = m(c, a, so gilt ebenfalls b = c (Man darf kürzen Beweis Der Beweis von (i ist eine trickreiche Rechnung Wir nutzen die Abkürzung ab für m(a, b und a 1 = i(a Zur Vereinfachung der Notation in diesem Beweis, setzen wir ã = i(i(a = (a 1 1 Gemäß Definition gilt ãa 1 = e Wir haben 1 (N aa = e(aa 1 so = (ãa 1 (aa 1 (A = ã((a 1 aa 1 (I = ã(ea 1 (N 1 (I = ãa = e Es folgt also die erste Behauptung in (i Die zweite Behauptung ist eine Übungsaufgabe Die dritte Behauptung ergibt sich aus ae (I = a(a 1 a (A = (aa 1 a so = ea (N = a Nun beweisen wir Teil (ii Sei also e ein alternatives neutrales Element: dh e a = a für alle a G Wir setzen a = e und erhalten e e = e Aus der dritten Behauptung von (i folgt aber e e = e und somit e = e Nun kommt der letzte Teil Seien a, a G mit a a = e Wir erhalten 1 (N a = ea 1 = (a 1 (A aa = a (aa 1 (i = a e (N = a und somit ist Teil (iii erledigt Die erste Situation in Teil (iv impliziert ab = ac Wir erhalten also a 1 (ab = a 1 (ac Nutzt man nun auf beiden Seiten (A, so erhält man (a 1 ab = (a 1 ac Das Gruppenaxiom (I impliziert a 1 a = e und (N ergibt eb = b und ec = c Wir erhalten b = c Die zweite Situation in (iv ist ba = ca Nun haben wir (baa 1 = (caa 1 Wir argumentieren wie in der ersten Situation, nutzen aber Teil (i diese Lemmas anstelle von (I um b = c zu folgern Der Beweis des Lemmas wäre für abelsche Gruppen viel einfacher gewesen Bemerkung Aus (ii und (iii des vorherigen Lemmas folgt, dass die Verknüpfungsabbildung m : G G G einer Gruppe das neutrale Element und die Inverseabbildung festlegt Insbesondere wird eine endliche Gruppe durch ihre Verknüpfungstabelle eindeutig festgelegt Für eine feste Tabellengrösse n gibt es nur endlich viele Möglichkeiten, die Tabelle mit Elementen aus G zu füllen Natürlich ist nicht jede beliebige Tabelle bestehend aus Elementen von G die Verknüpfungstabelle einer Gruppe Auf jeden Fall gibt es zu festem n nur endlich viele verschiedene Gruppen der Kardinalität n Für größere n kann die genaue Anzahl durchaus schwierig zu bestimmen sein 14
15 12 Gruppen n Anzahl verschiedener Gruppen mit Kardinalität n 1 1 (die triviale Gruppe 2 1 (Gruppe aus Bsp (v Dieses unregelmäßige Verhalten steht im Kontrast zur Einfachheit des Gruppenbegriffs ähnlich wie bei Mengen, können Gruppen mittels Abbildungen verglichen werden Definition Seien (G, und (H, Gruppen mit Verknüpfungen G und H Eine Abbildung f : G H heißt Gruppenhomomorphismus (oder kurz Homomorphismus falls f(g 1 G g 2 = f(g 1 H f(g 2 für alle g 1, g 2 G Ist f bijektiv, so nennt man g einen Gruppenisomorphismus (oder kurz Isomorphismus Beispiel (i Seien G und H die Gruppe der ganzen Zahlen mit der Addition Falls n Z so erfüllt die Abbildung f : Z Z gegeben durch f(a = na die Gleichung f(a + b = n(a + b = na + nb = f(a + f(b für alle a, b Z Also ist f ein Gruppenhomomorphismus (ii Sei nun G wie in Beispiel (i und H die Gruppe Q {0} mit der Multiplikation Wir definieren f(a = 2 a für a Z Dann ist f ein Gruppenhomomorphismus weil f(a + b = 2 a+b = 2 a 2 b = f(af(b für alle a, b Q {0} Wir bestimmen erste Eigenschaften eines Gruppenhomomorphismus Lemma 12 Seien G und H Gruppen mit Verknüpfungen G und H und neutrale Elemente e G und e H Sei f : G H ein Gruppenhomomorphismus (i Es gilt f(e G = e H und f(a 1 = f(a 1 für alle a G 15
16 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper (ii Seien dann ist a 1 G a 2 f 1 (e H a 1, a 2 {a G; f(a = e H } = f 1 (e H, Beweis Wegen Axiom (N gilt e G G e G = e G Also e H H f(e G = f(e G = f(e G G e G = f(e G H f(e G Wir berufen uns auf Teil (iv des vorherigen Lemmas um f(e G zu kürzen Daraus ergibt sich e H = f(e G und die erste Hälfte von Teil (i folgt Die zweite Hälfte ergibt sich aus f(a 1 H f(a = f(a 1 G a = f(e G = e H und Teil (iii von Lemma 11 Teil (ii ist wiederum ein Spiel mit den Axiomen Denn a 1 und a 2 erfüllen f(a 1 = e H und f(a 2 = e H Deren Produkt liefert e H = e H H e H = f(a 1 H f(a 2 = f(a 1 G a 2 Definition Die Menge f 1 (e H aus dem letzten Lemma heißt Kern von f Schreibweise: Ker(f Der Kern eines Gruppenhomomorphismus enthält das neutrale Element der Gruppe und ist abgeschlossen unter der Verknüpfung- und der Inversionsabbildung Die Elemente des Kerns bilden also wieder eine Gruppe wobei die Verknüpfung und Inversion von der umliegenden Gruppe G geerbt wird Beispiel Seien G, H und f wie in Teil (i des letzten Beispiels Also gilt f(a = na für alle a Z Falls n = 0 so ist f konstant 0 In anderen Worten, Ker(f = Z Falls n 0 so haben wir a Ker(f na = 0 a = 0 Also gilt Ker(f = {0} Definition Sei (G, eine Gruppe mit neutralem Element e in multiplikativer Schreibweise Eine Untergruppe ist eine Teilmenge H G die folgende Eigenschaften erfüllt (i Es gilt e H (ii Für alle a, b H gilt ab H (iii Für alle a H gilt a 1 H Beispiel (i Sicher ist 0 Z durch zwei teilbar Weiterhin ist die Summe zweier geraden Zahlen wieder gerade und falls a durch zwei teilbar ist, so ist auch a durch zwei teilbar Also bildet die Menge der durch zwei teilbaren Zahlen {a Z; a gerade} eine Untergruppe von Z 16
17 12 Gruppen (ii Ein beliebige Gruppe (G, m, e, i besitzt immer {e} als Untergruppe Zu dem ist G selbst eine Untergruppe Beide Behauptungen folgen direkt aus den Definitionen Diese Untergruppen nennt man die trivialen Untergruppen Bemerkung (i Eine Untergruppe H einer Gruppe G definiert, zusammen mit der geerbten Verknüpfung, dem neutralen Element und der Inversion, selbst eine Gruppe Der Beweis dafür folgt leicht: die Verknüpfung zweier Elemente aus H liegt in H wegen Eigenschaft (ii Die Verknüpfungsabbildung erfüllt (A, weil G eine Gruppe ist Weiterhin ist auch (N erfüllt, weil es auf G gilt Schließlich gilt auch (I, denn i(h H für jedes h H (iii Der Kern jedes Gruppenhomomorphismus ist eine Untergruppe Dies folgt aus Lemma 12 Wir haben schon ein genügend großes Vokabular zur Behandlung von Gruppen in der linearen Algebra Es folgt nun ein kleiner Abschnitt, der verdeutlichen soll, dass der Gruppenbegriff zwar elementar, aber sehr facettenreich ist Heute ist das Studium endlicher Gruppen ein aktuelles Forschungsgebiet Wir erwähnen das grundlegende Resultat von Feit-Thompson über endliche Gruppen ungerader Kardinalität, oder Ordnung, wie man bei Gruppen zu sagen pflegt Satz (Feit-Thompson 1963 Sei G eine endliche Gruppe ungerader Ordnung Dann ist G auflösbar Der Begriff der Auflösbarkeit von Gruppen wird vielleicht in einer späteren Vorlesung aufgegriffen Grob gesagt bedeutet auflösbar, dass es genügend viele Untergruppen von besonders simpler Struktur gibt Diese können Aufschluss über die Struktur der ganzen Gruppe liefern Wir werden den Satz nicht beweisen; der Beweis ist 250 Seiten lang Wir haben oben gesehen, dass jeder Kern eines Gruppenhomomorphismus eine Untergruppe liefert Nun kann man sich fragen, ob umgekehrt jede Untergruppe einer Gruppe als Kern eines Gruppenhomomorphismus auftaucht Man kann sich davon überzeugen, dass die trivialen Untergruppen, dh die ganze Gruppe und {e}, als Kern auftauchen Im Allgemeinen muss eine Untergruppe einer Gruppe jedoch kein Kern eines Gruppenhomomorphismus sein Es gibt sogar nicht-triviale Gruppen, bei denen jede nicht-triviale Untergruppe kein Kern ist Solche Gruppen nennt man einfach Sie bilden wichtige Bausteine in der Gruppentheorie Die Klassifikation aller endlichen einfachen Gruppen war für lange Zeit ein wichtiges Problem Satz (Klassifikationssatz für endliche einfache Gruppen ca 2006 Sei G eine endliche einfache Gruppe Dann ist G in einer von 18 Familien enthalten oder G ist eine der 26 sporadischen endlichen einfachen Gruppen Beweis Seiten 17
18 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Die größte sporadische Gruppe heißt Monstergruppe und wird üblicherweise mit M bezeichnet Ihre Existenz wurde in 1983 von Griess bewiesen, nachdem sie von Bernd Fischer (PhD Uni Frankfurt in der Dekade zuvor vermutet wurde Ihre Ordnung ist #M = Ringe und Körper Im letzten Abschnitt haben wir die Menge Z mit zusätzlicher Struktur einer Gruppe versehen Wir haben dabei schon wieder etwas vernachlässigt Wir können zwei Elemente in Z auch miteinander multiplizieren und erhalten ein neues Element in Z Diese Verknüpfung definiert jedoch keine Gruppe, denn das multiplikative Inverse zu 2 ist 1/2 und liegt außerhalb von Z Der Ringbegriff berücksichtigt dieses Phänomen und auch die Tatsache, dass die Addition und Multiplikation in Z durch das Distributivgesetz verbunden sind: a (b + c = a b + a c für a, b, c Z (12 In der Definition eines Rings tauchen nun zwei Operationen auf Die eine entspricht der Addition in Z und die andere der Multiplikation Nun kommen wir zur formalen Definition eines Rings Definition Ein Ring ist ein Tupel (R, s, 0, i, m, 1 bestehend aus einer Menge R, einer Abbildung s : R R R genannt Addition, einem Element 0 R genannt Null, einer Abbildung i : R R, einer Abbildung m : R R R genannt Multiplikation und einem Element 1 R genannt Eins mit folgenden Eigenschaften (i Das Quadrupel (R, s, 0, i ist eine abelsche Gruppe (ii (Assoziativität der Multiplikation Es gilt m(m(a, b, c = m(a, m(b, c für alle a, b, c R (iii (Neutrales Element der Multiplikation Es gilt (iv (Distributivgesetz Es gilt m(1, a = m(a, 1 = a für alle a R m(a, s(b, c = s(m(a, b, m(a, c und m(s(b, c, a = s(m(b, a, m(b, c für alle a, b, c R Man nennt den Ring kommutativ, falls die nachfolgende Eigenschaft gilt (v (Kommutativgesetz Es gilt m(a, b = m(b, a für alle a, b R 18
19 13 Ringe und Körper Spätestens jetzt wird die Notation wegen den zwei Operationen s (die Summation und m (die Multiplikation schwerfällig Deshalb werden wir ab jetzt fast ausschließlich mit der für uns natürlichen Notation schreiben Konkret schreiben wir und a b oder ab anstatt m(a, b a + b anstatt s(a, b für a und b Elemente eines Rings Es ist auch sehr praktisch a anstatt i(a für das additive Inverse von a zu schreiben Weiterhin setzen wir a + ( b = a b Dabei gilt wie üblich die Konvention Punkt vor Strich In dieser praktischen Notation ist das Distributivgesetz nichts anderes als a (b + c = a b + a c und (b + c a = b a + c a Aus diesem Grund wird vorsorglich das neutrale Element bezüglich + mit der 0 und das neutrale Element bezüglich mit der 1 bezeichnet Dennoch sollte man sich im Klaren sein, dass + oder je nach Situation, nichts mit der aus der Schule bekannten Operationen gemeinsam haben Um die Notation weiter zu vereinfachen, werden wir oft, wie bei den Gruppen, einen Ring mit der Menge R identifizieren Dh steht irgendwo Sei R ein Ring, so meinem wir damit immer ein Tupel wie in der Definition und sparen uns die fünf fehlende Symbole s, 0, i, m, 1 Achtung Die Definition eines Rings ist nicht ganz ohne Kontroversen So ist in manchen Quellen die Kommutativität der Multiplikation Bestandteil der Definition eines Rings Andere Quellen verlangen nicht unbedingt die Existenz eines neutralen Elements bezüglich der Multiplikation Auch wir werden uns hauptsächlich mit kommutativen Ringen beschäftigen Ringe, die mittels Matrizenmultiplikation definiert werden, werden jedoch im Allgemeinen nicht kommutativ sein Beispiel (i Wir kennen implizit schon viele kommutative Ringe, wie Z, Q und R mit den klassischen Operationen (ii Wie immer gibt es ein pathologisches Beispiel: der Nullring Die zugrunde liegende Menge ist R = {0} Es gibt nur eine Wahl für eine Abbildung R R R und für eine Abbildung R R Und man überprüft leicht nach, dass diese sowohl die Eigenschaften der Addition und der Multiplikation erfüllen Folglich ist der Nullring ein Ring und sogar ein kommutativer Ring Beachte, dass 1 = 0 im Nullring gilt! Der Nullring ist der einzige Ring, in welchem 1 = 0 gilt Diese Aussage werden wir in Kürze beweisen 19
20 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper (iii Sei R ein Ring und sei X zunächst ein Symbol Wir können den Ring R[X] der Polynome über R wie folgt definieren Die Elemente von R[X] sind Polynome in einer Variable X und Koeffizienten in R In anderen Worten, die Elemente von R[X] sind von der Form a n X n + a n 1 X n a 1 X + a 0 = n a k X k wobei n N {0} und a 0,, a n R Die Addition auf R[X] ist wie folgt definiert Seien n k=0 a kx k, m k=0 b kx k R[X] Man setzt ( n ( m max{m,n} a k X k + b k X k = (a k + b k X k k=0 k=0 wobei a k = 0 für k > n und b k = 0 für k > m gesetzt wird Nun müssen wir auch eine Multiplikationsabbildung definieren Dies geschieht wie folgt Wir setzen ( n ( m ( n+m k a k X k b k X k = a l b k l k=0 k=0 Das neutrale Element der Addition von R[X] definieren wir als 0 R und das der Multiplikation als 1 R Es wird eine Übungsaufgabe sein nachzuprüfen, dass R[X] zusammen mit diesen Operationen einen Ring definiert Falls R kommutativ ist, so wird R[X] kommutativ sein Falls A = a n X n + + a 1 X + a 0 R[X] mit a n 0 so definieren wir den Grad des Polynoms A als deg P = n 0 Beachten Sie, dass wir den Grad des Polynoms 0 R[X] nicht definiert haben Wir halten nun einige formale Konsequenzen der Ringaxiome fest Dabei wird man einige bekannte Rechenregeln wiedererkennen Lemma 13 Sei R ein Ring und a R (i Es gilt 0 a = a 0 = 0 (ii Gemäß Definition ist das additive Inverse von a gleich a Es gilt a = ( 1 a = a ( 1 und ( 1 ( 1 = 1 Beweis Distributivität ergibt 0 a = (0 + 0 a = 0 a + 0 a Addiert man nun 0 a zu dieser Gleichung, so erhält man 0 = 0 a Der Beweis für a 0 = 0 ist völlig analog Daraus ergibt sich Teil (i Gemäß Definition und Teil (i haben wir (( a = 0 a = 0 Wenden wir Distributivität an, so folgt 0 = ( 1 a + 1 a = ( 1 a + a Wegen Lemma 11(iii ist das k=0 k=0 l=0 k=0 X k 20
21 13 Ringe und Körper additive Inverse in einer Gruppe eindeutig bestimmt Daraus folgt a = ( 1 a und a = a ( 1 lässt sich analog zeigen Wir müssen noch ( 1 ( 1 = 1 zeigen Aus Teil (i und Distributivität folgt 0 = 0 0 = (( (( = ( 1 ( 1 + ( ( Da 1 das neutrale Element bezüglich Multiplikation ist, haben wir 0 = ( 1 ( 1 + ( 1 + ( = ( 1 ( 1 + ( 1 Also muss ( 1 ( 1 = 1 gelten Bemerkung Jeder Ring R ist mit einer Multiplikationsabbildung ausgestattet Diese definiert jedoch fast nie eine Gruppenstruktur auf R Nehmen wir mal an, dass sie es doch tut Dann besitzt 0 ein multiplikatives inverses x, so muss 0 x = 1 gelten Teil (i des letzten Lemmas impliziert dann 0 = 1 Jedes a R ist von der Form a = 1 a = 0 a = 0 Also ist R der Nullring Wir halten fest: ist R nicht der Nullring so definiert die Multiplikation keine Gruppenstruktur mit neutralem Element 1 Wenn wir das Nullelement 0 vernachlässigen, dann gibt es viele Ringe bei denen die Multiplikation eine Gruppe definiert Diese nennt man Körper und sie haben in der linearen Algebra eine besondere Bedeutung Definition Ein kommutativer Ring (K, s, 0, i, m, 1 nennt man einen Körper, falls folgende Eigenschaft erfüllt ist (vi Wir haben 0 1 und für jedes a K {0} gibt es ein a K mit a a = 1 Lemma 14 Sei K ein Körper (i Sind a, b K mit ab = 0 so gilt a = 0 oder b = 0 (ii Die Menge K {0} zusammen mit der Multiplikation, dem Element 1 K {0}, und der Abbildung i(a = a implizit in (vi oben ist eine abelsche Gruppe Beweis Seien a, b K mit ab = 0 Wir möchten a = 0 oder b = 0 beweisen Wir können also a 0 annehmen, ansonsten ist die Aussage schon bewiesen Axiom (iv in der Definition eines Körper impliziert, dass es ein a K gibt mit a a = 1 Aus Lemma 13(i erhalten wir 0 = a 0 = a (ab = (a ab = 1b = b Hieraus folgt Teil (i Teil (i lässt sich wie folgt umformulieren: falls a, b K mit a 0 und b 0, so gilt ab 0 Also nimmt die Multiplikationsabbildung m(a, b = ab Werte in K {0} an, falls a, b K {0} Sie definiert also eine Abbildung (K {0} (K {0} K {0} Gemäß Definition von K gilt 0 1, also liegt 1 K {0} 21
22 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Für a K {0} gibt es ein a K mit a a = 1 Wir definieren eine Abbildung i : K {0} K durch i(a = a Wir halten aber fest, dass i(a 0 gelten muss, den andererseits wäre 1 = i(aa = 0a = 0 wegen Lemma 13(i Also ist i eine Abbildung K {0} K {0} Um Teil (ii zu beweisen, müssen wir zeigen, dass es bei K {0} mit den soeben beschrieben Abbildungen eine Gruppe mit neutralem Element handelt Die Assoziativität der Multiplikation (A folgt aus (ii in der Definition eines Rings, Axiom (N im Gruppenbegriff folgt aus (iii in derselben Definition, schließlich folgt (I aus (iv in der Definition eines Körpers Bemerkung (i Wir halten nochmals das Kontrapositiv von Teil (i im obigen Lemma fest Sind a, b Elements eines Körper mit a 0 und b 0, so ist ab 0 (ii Aus unserer Definition folgt, dass 1 K {0} Insbesondere besitzt ein Körper mindestens zwei Elemente (iii Da K {0} (mit der Multiplikation eine Gruppe bildet, können wir kürzen, siehe dazu Lemma 11(iv Konkret, falls a, b, c K mit a 0 und ab = ac so gilt b = c (iv Gemäß Definition ist jeder Körper ein Ring Die Umkehrung gilt nicht, dh wir werden unten in einem Beispiel sehen, dass es gibt Ringe gibt, die keine Körper sind Beispiel (i Der Ring der rationalen Zahlen Q ist ein Körper Das gleiche gilt für den Ring der reellen Zahlen R (ii Die komplexen Zahlen C (siehe Vorlesung Analysis bilden einen Körper (iii Der Ring der ganzen Zahlen Z ist kein Körper, da 1/2 Q Z (iv Bis jetzt kennen wir nur Körper mit unendlich vielen Elementen Ein Körper muss per Definition mindestens zwei Elemente enthalten Das lässt eine große Lücke zu Wir zeigen nun, dass es einen Körper F 2 mit genau zwei Elementen gibt Wir machen den Ansatz F 2 = {0, 1} mit 0 1 zwei Symbole Bezüglich der Addition muss F 2 eine abelsche Gruppe sein Die folgende Additionstabelle (die wir schon einmal gesehen haben definiert diese Gruppenstruktur: Somit ist Axiom (i in der Definition eines Rings erfüllt Für die Multiplikationstabelle gibt es wegen Lemma 13 nur eine Möglichkeit:
23 13 Ringe und Körper Also definiert die Multiplikation auf F 2 {0} = {1} eine Gruppenstruktur: die der trivialen Gruppe Daraus folgt Axiom (vi in der Definition des Körpers Die Axiome (ii, (iii und (v in der Definition des Ringbegriffs folgen sofort Nach einer kurzen Rechnung folgt, dass Addition und Multiplikation das Distributivgesetz befolgen (also Axiom (iv Also sind alle Axiome erfüllt Daher ist F 2 ein Körper, der kleinste Körper, den es gibt In F 2 gilt die bemerkenswerte Gleichung = 0 Es können also keine Vorzeichenfehler passieren! Sei K ein Körper Da K auch ein Ring ist, erhalten wir aus der Konstruktion aus dem vorigen Abschnitt den Ring K[X] der Polynome mit Koeffizienten in K Zur Erinnerung, Elemente aus K[X] sind von der Form a n X n + a n 1 X n a 1 X + a 0 mit a n,, a 0 K für ein n N {0} Wir werden weiter unten sehen, dass K[X] nie ein Körper ist Lemma 15 Sei K ein Körper (i Seien A, B K[X] {0} Dann gilt AB 0 und (ii Der Ring K[X] ist kein Körper deg AB = deg A + deg B Beweis Um Teil (i zu beweisen, schreiben wir A = a n X n + + a 0 mit a n 0 und B = b m X m + + b 0 mit b m 0 Die Definition des Grads impliziert deg A = n und deg B = m Wir berechnen das Produkt AB = (a n X n + + a 0 (b m X m + + b 0 = a n b m X n+m + (a n b m 1 + a n 1 b m X n+m (a 1 b 0 + a 0 b 1 X + a 0 b 0 (13 Nun sind a n 0 und b m 0 Somit ist das Produkt a n b m 0 weil K ein Körper ist Da der Term a n b m X n+m nicht durch die weiteren Summanden in AB weggekürzt werden kann, haben wir AB 0 Insbesondere ist der Grad deg AB wohldefiniert Schließlich sehen wir aus (13, dass deg AB = n + m = deg A + deg B gilt Somit ist Teil (i bewiesen Nun kommen wir zu (ii Wäre K[X] ein Körper, so gäbe es A K[X] mit XA = 1 Dies wird zu einem Widerspruch führen Es gilt deg 1 = 0 und deg X = 1 Wenden wir Teil (i an, so erhalten wir 1 + deg A = 0 und somit deg A = 1 Dies ist ein Widerspruch, da der Grad eines Polynoms nie negative sein kann Definition Eine natürliche Zahl p nennt man Primzahl, falls p 2 und falls p in N nur die Teiler 1 und p besitzt 23
24 1 Algebraische Grundlagen: Mengen, Gruppen, Ringe, Körper Bemerkung (i In einem Körper K kann man wie gewohnt rechnen Sind a, b K mit b 0 so schreiben wir b 1 für das multiplikative Inverse von b und wir kürzen b 1 a = ab 1 durch a b ab (ii Es gibt weitere endliche Körper Für jede Primzahl p {2, 3, 5, 7, } und jede natürliche Zahl n N gibt es einen Körper F p n der Kardinalität p n Das sind schon sämtliche endliche Körper Die Existenz der F p werden wir im Laufe des Semesters beweisen Die restlichen Aussagen dieser Bemerkung werden vielleicht in höheren Vorlesungen behandelt Wir haben gesehen, dass in F 2 die Gleichung = 0 gilt Das Element 2 kommt nicht in der Definition des Körpers vor Jedoch können wir 2 = in einem beliebigen Körper K definieren und somit hat 2 eine Bedeutung als Element von K Dasselbe kann man für jede natürliche Zahl n N {0} machen Hier ist 0 = 0 in K Für negative n Z definieren wir In dieser Notation gilt n := } 1 + {{ + 1 } K (14 n Summanden n := ( }{{} K n > 0 Summanden 2 = 0 im Körper F 2 Später werden wir einfach n für n schreiben Hier spielt uns die Notation einen Streich: das n ist je nach Situation ein Element in K und darf dann nicht mit der natürlichen Zahl, die wir auch mit n bezeichnen, verwechselt werden! Dieses Phänomen führt zu einer wichtigen Invariante eines Körpers, die Charakteristik Lemma 16 Sei K ein Körper Angenommen es gibt eine natürliche Zahl n N mit n = 0 als Element von K Dann gibt es eine kleinste natürliche Zahl mit dieser Eigenschaft und diese ist eine Primzahl Beweis Falls es n N mit n = 0 in K gibt, so gibt es sicherlich ein kleinstes n mit dieser Eigenschaft Es reicht also zu zeigen, dass dieses n eine Primzahl ist Sicher gilt n 1 da 1 = 1 0 in einem Körper Also haben wir n 2 Falls n = tt mit t, t N so zeigt man rasch, dass n = t t = 0 Aus Lemma 14(i folgt nun t = 0 oder t = 0 Aus der Symmetrie der Situation können wir annehmen, dass t = 0 gilt Aus der Minimalität von n folgt t n Aber t ist ein Teiler von n, also t n Somit gilt t = n und t = 1 Hieraus folgt, dass n nur zwei Teiler hat Also ist n eine Primzahl 24
25 13 Ringe und Körper Definition Sei K ein Körper Falls es n N gibt mit n = 0 in K Dann nennt man die Primzahl, welche wir aus dem letzten Lemma erhalten, die Charakteristik von K Falls n 0 für alle n N gilt, so wird die Charakteristik von K als 0 definiert Beispiel (i Die Charakteristik von Q ist 0 Dasselbe gilt für die Körper R und C (ii Die Charakteristik von F 2 ist 2 25
26
27 2 Matrizenkalkül Bislang haben wir algebraische Strukturen wie Gruppen, Ringe und Körper eingeführt In diesem Kapitel werden wir hauptsächlich in einem Körper K arbeiten Dabei soll es uns um das Lösen von Gleichungen mit Koeffizienten in K gehen Die einfachste Klasse von Gleichungen sind die linearen Gleichungen und diese werden uns beschäftigen Beispiel Ein Beispiel eines linearen Gleichungssystems mit Koeffizienten im Körper Q und zwei Unbekannten ist 3x + 5y = 0 (21 Hier sind x und y die unbekannten Variablen Dieses Gleichungssystem besitzt unendliche viele Lösungen: für jedes λ Q wird durch x = 5λ und y = 3λ eine Lösung gegeben Man mächte jedoch auch mehrere Gleichungen gleichzeitig behandeln: Dieses Gleichungssystem hat genau eine Lösung x = y = 0 x + 2y = 0 (22 3x + y = 0 (23 Matrizen sind wichtige Werkzeuge solche Gleichung systematisch zu studieren Sie besitzen aber auch ein Eigenleben und werden in späteren Kapitel eine neuen Rolle annehmen: lineare Abbildungen werden sich mittels Matrizen beschreiben lassen Ziel des Kapitels ist es, Matrizen zu definieren, die Addition und Multiplikation von Matrizen einzuführen, Zeilenstufenform einer Matrix zu definieren und die Determinante einer Matrix zu definieren 21 Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt Definition Sei K ein beliebiger Körper und m, n N Eine m n Matrix mit Koeffizienten in K ist ein Element a 1,1 a 1,2 a 1,n a 2,1 a 2,2 a 2,n A = a m,1 a m,2 a m,n des mn-fachen Kartesischen Produkts K mn Das heißt, die a i,j sind Elemente von K Die Menge der m n Matrizen mit Koeffizienten in K wird mit Mat m,n (K bezeichnet Ist m = n so nennt man m m Matrizen quadratisch und benutzt die abkürzende Schreibweise Mat m (K = Mat m,m (K 27
28 2 Matrizenkalkül Bemerkung Üblicherweise besteht eine m n Matrix aus m Zeilen und n Spalten (beachten Sie die Reihenfolge Ist A Mat m,n (K wie in der Definition, so bezeichnet a i,j den Koeffizienten in der i-ten Zeile und j-ten Spalte von A Beispiel (i Die Matrix ( 3 5 Mat1,2 (Q besitzt als Koeffizienten genau die rationalen Zahlen die im Beispiel (21 auftauchen (ii Die Matrix ( Mat 2,2 (Q besitzt als Koeffizienten genau die rationalen Zahlen, die im Beispiel (22 auftauchen Diese Matrix ist, im Gegensatz zur Matrix im ersten Beispiel, quadratisch Es gibt zwei Matrizen, die durchwegs eine besondere Rolle spielen Definition Sei K ein Körper und m, n N (i Die Nullmatrix ist durch m,n = Mat m,n (K 0 0 gegeben, dh alle Koeffizienten sind 0 Oft werden wir die Indizes in 0 m,n weglassen und das Symbol 0 für die Nullmatrix verwenden (ii Sei m = n, also sind die Elemente von Mat m (K quadratische Matrizen Die Einheits- oder Einsmatrix ist durch E m = Mat m (K gegeben, dh alle Koeffizienten auf der Diagonale sind 1 und die restlichen sind 0 Auch hier werden wir oft E anstatt E m schreiben Beachten Sie, dass die Einheitsmatrix nicht ausschließlich aus der 1 K besteht! Die Erklärung dafür werden wir sehen, sobald wir das Produkt zweier Matrizen kennen Zwei Matrizen mit Koeffizienten im selben Körper und welche die gleiche Anzahl Zeilen und Spalten besitzen lassen sich summieren 28
29 21 Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt Definition Sei K ein Körper und m, n N Sind a 1,1 a 1,2 a 1,n a 2,1 a 2,2 a 2,n A = und B = a m,1 a m,2 a m,n b 1,1 b 1,2 b 1,n b 2,1 b 2,2 b 2,n b m,1 b m,2 b m,n in Mat m,n (K so ist ihre Summe komponentenweise durch a 1,1 + b 1,1 a 1,2 + b 1,2 a 1,n + b 1,n a 2,1 + b 2,1 a 2,2 + b 2,2 a 2,n + b 2,n A + B = Mat m,n(k a m,1 + b m,1 a m,2 + b m,2 a m,n + b m,n gegeben Beispiel so gilt (i Seien ( 1 2 A = Mat (Q und B = A + B = ( ( Mat 2 (Q Mat 2 (Q (24 (ii Zwei nicht quadratische Matrizen mit Koeffizienten in F 2 lassen sich auch summieren Falls ( ( 1 1 A = und B = 0 1 mit A, B Mat 2,1 (F 2 so ist A + B = ( = Wir werden nun die Skalarmultiplikation eines Elements aus K mit einer Matrix mit Koeffizienten aus K definieren ( 0 1 Definition Sei K ein Körper und m, n N Ist λ K und a 1,1 a 1,2 a 1,n a 2,1 a 2,2 a 2,n A = a m,1 a m,2 a m,n so ist das Skalarprodukt durch λa = λa 1,1 λa 1,2 λa 1,n λa 2,1 λa 2,2 λa 2,n λa m,1 λa m,2 λa m,n 29
30 2 Matrizenkalkül gegeben In anderen Worten, wir multiplizieren jeden Eintrag von A mit dem Skalar λ Beispiel (i Seien A und B wie in (24 Es gilt ( 2 4 2A = und ( 1A = 6 8 ( (ii Sei K ein beliebiger Körper, m, n N und A Mat m,n (K Aus den Resultaten über Körper des letzten Kapitels folgern wir und 0A = 0 m,n ( 1A + A = 0 m,n (25 Das letzte Beispiel legt nahe, dass Matrizen bezüglich der Addition eine Gruppe bilden Lemma 21 Sei K ein Körper und m, n N Die Menge der Matrizen Mat m,n (K zusammen mit der Matrizenaddition, dem Element 0 m,n, und der durch (25 definierten Abbildung ist eine abelsche Gruppe Beweis Die Summe zweier Matrizen in Mat m,n (K liegt wieder in Mat m,n (K Dass die Summe assoziativ ist und dass 0 m,n ein neutrales Element ist, folgt aus der Definition des Körpers Jedes Element in Mat m,n (K besitzt zu dem ein additives Inverses (25 Nun stellt sich die Frage ob man auch Matrizen miteinander multiplizieren kann Vielleicht lässt sich sogar eine Ringstruktur auf der Menge der Matrizen definieren Die naheliegenste Methode zwei Matrizen miteinander zu multiplizieren ist die folgende Seien A = a 1,1 a 1,n a m,1 a m,n und B = b 1,1 b 1,n b m,1 b m,n beide in Mat m,n (K Wir definieren eine neue Matrix A B durch a 1,1 b 1,1 a 1,n b 1,n A B = Mat m,n (K a m,1 b m,1 a m,n b m,n Das heißt, wir multiplizieren die Einträge Komponentenweise Nun lässt es sich leicht zeigen, dass Mat m,n (K mit der Matrizenaddition und mit der Verknüpfung einen kommutativen Ring bildet Achtung Obwohl zunächst wie ein plausibler Kandidat für die Matrizenmultiplikation ist, ist es nicht die Definition, die wir brauchen werden Wir werden später im Kapitel über lineare Abbildungen sehen, dass diese Definition, obwohl sie uns jetzt einfach erscheint, nicht die natürliche ist 30
31 21 Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt Hier ist eine vorläufige Erklärung wieso die Verknüpfung nicht geeignet ist Matrizen sollen und werden lineare Abbildung repräsentieren Beispiele solcher Abbildungen haben wir in der Einführungsvorlesung gesehen Es kamen unter anderem Drehungen und Spiegelungen vor Die geometrisch natürlichste Definition der Multiplikation zweier Matrizen erhält man, in dem man die entsprechenden linearen Abbildung verknüpft Nun haben wir in der ersten Vorlesung gesehen, dass wenn man eine Spiegelung mit einer Drehung verknüpft, nicht dieselbe Abbildung entsteht, wie wenn man die Abbildungen in umgekehrter Reihenfolge verknüpft Andererseits ist kommutativ und entsprich daher keineswegs der geometrischen Situation Nun kommen wir zur korrekten Definition der Matrizenmultiplikation Definition Sei K ein Körper und m, n, p N Das Produkt der zwei Matrizen A = ist AB = a 1,1 a 1,n a m,1 a m,n Mat m,n (K und B = b 1,1 b 1,p b n,1 b n,p Mat n,p (K a 1,1 b 1,1 + a 1,2 b 2,1 + + a 1,n b n,1 a 1,1 b 1,p + a 1,2 b 2,p + + a 1,n b n,p a m,1 b 1,1 + a m,2 b 2,1 + + a m,n b n,1 a m,1 b 1,p + a m,2 b 2,p + + a m,n b n,p Völlig äquivalent schreiben wir C = AB mit C = (c i,k 1 i m,1 k p und c i,k = n a i,j b j,k Diese etwas eigentümlich Definition werden wir weiter unten an Beispielen üben j=1 Bemerkung (i In der Definition oben ist zu beachten, dass die Anzahl Spalten n des ersten Faktors A gleich den Anzahl Zeilen des zweiten Faktors ist Das Produkt aus B und A ist nur dann wohldefiniert, wenn m = p (ii Gilt m = n = p, sind also A und B quadratische Matrizen der gleichen Größe, so läßt sich sowohl AB wie auch BA bilden Beispiel (i Seien A = ( Mat 2 (Q und B = ( Mat 2 (Q Mat m,p (K so gilt AB = ( = (
32 2 Matrizenkalkül Berechnen wir jedoch BA = ( = ( , so fällt AB BA sofort ins Auge Die Matrizenmultiplikation ist also im Allgemeinen nicht kommutativ (ii Sei A wie im Beispiel (i und B = ( 1 7 Mat 2,1 (Q dann ist AB = ( 1 ( ( = ( Beachten Sie, dass das Produkt von B mit A nicht definiert ist! Die Anzahl Spalten von B ist ungleich der Anzahl Zeilen von A (iii Sei B wie in (ii und C = ( 5 3 Die Matrix B hat eine Spalte und C hat eine Zeile Also ist BC definiert und gemäß Definition eine 2 2 Matrix Es gilt BC = ( Da B aber zwei Zeilen hat, ist eine CB wohldefiniert 1 1 Matrix Wir haben CB = (( Mat 1 (Q Eine 1 1 Matrix ist nichts anderes wie ein Element des Grundkörpers (iv Natürlich können wir auch Matrizen mit Koeffizienten in F 2 multiplizieren Seien A = ( und B = ( so gilt AB = ( = (
33 21 Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt (v Sei K ein beliebiger Körper und ( a b A = c d Mat 2 (K Weiter oben haben wir die Einsmatrix in Mat n (K definiert Für n = 2 erhalten wird E 2 = E = ( Da A und E quadratische Matrizen mit der selben Anzahl Zeilen sind, sind sowohl AE wie auch EA definiert Wir rechnen leicht nach, dass ( ( a 1 + b 0 a 0 + b 1 a b AE = = = A c 1 + d 0 c 0 + d 1 c d Wie sieht es mit dem Produkt EA aus? ( ( 1 a + 0 c 1 b + 0 d a b EA = = 0 a + 1 c 0 b + 1 d c d = A Dieses Beispiel zeigt, dass E n ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation ist für n = 2 Dies wird auch für jedes n 1 richtig sein (vi Ist A wie im Beispiel (v so überrascht es nicht, dass gilt Hier ist 0 2,2 die 2 2 Nullmatrix A0 2,2 = 0 2,2 und 0 2,2 A = 0 2,2 Definition Sei K ein Körper und m N Eine Matrix in Mat 1,m (K nennt man auch Zeilenvektor (der Länge m Entsprechend nennt man eine Matrix in Mat m,1 (K gerne Spaltenvektor (der Länge m Bemerkung Sei K ein Körper und m, n N Ist A = (a i,j 1 i m,1 j n Mat m,n (K so ist Av wohldefiniert für jeden Spaltenvektor v der Länge n Das Produkt ist eine Matrix Mat m,1 (K, dh ein Spaltenvektor der Länge m Beispiel Sei so gilt A = ( Av = und v = ( Wir halten im nächsten Lemma einige elementare Rechenregeln fest Lemma 22 Sei K ein Körper und m, n, p, q N 33
34 2 Matrizenkalkül (i Sei A Mat m,n (K, B Mat n,p (K und C Mat p,q (K Dann gilt das Assoziativgesetz (ABC = A(BC (Man soll sich davon überzeugen, dass alle vier Produkte wohldefiniert sind (ii Sind A, B Mat m,n (K und C Mat n,p (K, so haben wir Distributivität Liegt C Mat p,m (K, so gilt analog (A + BC = AB + AC C(A + B = CA + CB (iii Ist A Mat m,n (K so gilt E m A = A = AE n Dh E m ist ein neutrales Element falls m = n (iv Für jedes A Mat m,n (K gilt A0 n,p = 0 m,p und 0 p,m A = 0 p,n Beweis Die vier Aussagen lassen sich formal mit der Definition der Matrizenaddition bzw -multiplikation beweisen Die Argumentation ist jedoch nicht besonders interessant Wir begnügen uns damit, AE n = A aus Teil (iii zu zeigen Dazu nehmen wir wie üblich an, dass A = (a i,j 1 i m,1 j n gilt mit a i,j K Der Eintrag von E n in der j-ten Zeile und k-ten Spalte soll mit e j,k bezeichnet werden Es gilt e j,k = { 1 : falls j = k, 0 : sonst Wir schreiben AE n = A mit A = (a i,k 1 i m,1 k n Aus der Definition erhalten wir a i,k = n a i,j e j,k j=1 In dieser Summe überlebt nur der Faktor mit j = k, ansonsten ist e j,k = 0 Es gilt daher für alle möglichen j und k a i,k = a i,k Bemerkung Die Assoziativität der Matrizenmultiplikation und die Einsmatrix lassen erhoffen, dass irgendwo eine Gruppe versteckt ist Dies ist tatsächlich der Fall Diese korrekt zu definieren, wird jedoch Zeit beanspruchen 34
35 21 Matrizen: Summe, Skalarprodukt und Produkt Definition Sei K ein Körper und m N Gegeben seien quadratische Matrizen A, B Mat m (K Man sagt, dass B ein Rechtsinverses zu A ist, falls AB = E m Analog bezeichnet man B als Linksinverses zu A, falls BA = E m Schliesslich nennt man B Inverses von A falls AB = BA = E m Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es zu einer Matrix A ein Links- oder Rechtsinverses gibt! Definition Sei A wie in der vorigen Definition Dann nennt man A invertierbar, falls A ein Inverses besitzt Beispiel In diesem Beispiel wollen wir erörtern, ob es ein Inverses bezüglich der Matrizenmultiplikation gibt Wir wollen uns dabei auf quadratische Matrizen in Mat n (K beschränken, hier ist K wie immer ein Körper (i Natürlich gilt E n E n = E 2 n = E n, dass heißt, E n ihr eigenes Inverses (ii Sei 0 n die Nullmatrix Für jede Matrix A Mat n (K gilt 0 n A = A0 n = 0 n Somit hat 0 n weder ein Links- noch ein Rechtsinverses (iii Es gibt aber auch Matrizen ungleich der Nullmatrix die weder ein Links- noch ein Rechtsinverses besitzt Dies läßt sich mit der Matrix ( 1 1 A = Mat (Q beweisen Nehmen wir an, dass es B Mat 2 (Q mit AB = E 2 gibt Wir definieren die Hilfsmatrix ( 1 1 C = Mat (Q Dann gilt (CAB = C(AB = CE 2 = C wegen Assoziativität, und weil E 2 die Einsmatrix ist, siehe Lemma 22 Berechnen wir nun ( 0 0 CA = = , so erhalten wir 0 2 = 0 2 B = C Dies ist ein Widerspruch Also kann A kein Rechtsinverses besitzen Unter Verwendung von CA = 0 2 zeigt eine ähnliche Rechnung, dass A kein Linksinverses besitzt Dies wird eine Übungsaufgabe sein (iii Die Matrix ( ist invertierbar Ein Inverses ist durch ( gegeben wie man leicht nachrechnet Mat 2 (Q Mat 2 (Q 35
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