Beitrag: Online-Geschäft mit Ferienwohnungen Geplatzte Urlaubsträume

Transkript

1 Manuskript Beitrag: Online-Geschäft mit Ferienwohnungen Geplatzte Urlaubsträume Sendung vom 5. Juni 2018 von Jörg Göbel und Markus Reichert Anmoderation: Sie haben sich lange auf den Urlaub gefreut, vielleicht auch lange gespart und dann womöglich über FeWo-direkt, Deutschlands größtem Onlineportal für Ferienwohnungen, ihre Traumunterkunft gebucht. Überzeugt hat Sie vielleicht die Mit-Vertrauen-Buchen- Garantie von FeWo-direkt. Klingt so, als könnte nichts mehr schiefgehen. Tut es aber, wie Frontal 21 und die Zeitung WELT gemeinsam zeigen. Jörg Göbel und Markus Reichert über vollmundige Werbeversprechen und die Realität. Text: Stuttgart. Das Ehepaar Katja Tofaute und Benjamin Belser sind zurück aus Italien, Euro für acht Nächte in einer Ferienwohnung. Schließlich sollte es ein Traumurlaub werden. Bekommen haben sie nur Ärger. Der Garten, der da abgebildet war, war also total verwüstet. Es stank überall nach Gülle, ich hab mich fast übergeben. O-Ton Benjamin Belser: Es sollte ursprünglich eine große Wohnung sein, mit zwei Schlafzimmern, große Küche, mit einem Wohnraum zusammen. Das hat er abgetrennt, dass es eben zwei kleine Wohnungen waren. Es waren noch Anschlüsse zu sehen. Ich hab gesagt: Ne, also, wenn es so anfängt, dann sollten wir direkt stornieren. Doch bei so viel Geld versuchen sie durchzuhalten. Als dann noch der Garten nach Gülle stinkt, reicht es. Sie brechen ihren Urlaub zwei Tage früher ab. Gebucht hatten sie ihre Wohnung am Comer See über das größte

2 deutsche Onlineportal für Ferienwohnungen: FeWo-direkt. Mit-Vertrauen-Buchen-Garantie so wirbt der Marktführer und verspricht: Schutz Ihrer Zahlung zu 100% vor falsch beschriebenen Ferienobjekten oder Unbewohnbarkeit des Ferienobjekts O-Ton Frontal 21: Was erwarten Sie, wenn Sie das sehen? Ich erwarte, dass, wenn doch mal so ein Fall wie bei uns vorkommt, sie alles daran tun - auch mit dem Vermieter - das zu klären und dass wir auf jeden Fall Geld zurückbekommen. Das steht ja auch da. Katja Tofaute und Benjamin Belser haben nichts zurückbekommen, obwohl sie eine sogenannte Service-Gebühr in Höhe von 188 Euro bezahlt hatten. Im Klartext: FeWo-direkt lässt sich seine Dienste teuer bezahlen. Warum hat das Ehepaar nichts von der Mit-Vertrauen-Buchen- Garantie? Die Antwort von FeWo-direkt, Zitat: Leider kontaktierte uns Herr Belser zu spät, übersendete uns ( ) Belege erst nach seiner Abreise und bewohnte zudem die Ferienunterkunft für 67 Prozent der vereinbarten Mietzeit. Wir haben keinen Laptop dabei gehabt, wollten nicht arbeiten, darum ging es eigentlich. FeWo-direkt dagegen erwartet: innerhalb von zwölf Stunden nach Erst-Betreten der Wohnung eine Kontaktaufnahme und schriftliche Belege für die Mängel. Das Ehepaar hatte angerufen. Ein Versenden von Bildern und Belegen war schwer möglich. Dann hätten wir über unsere Mobiltelefone drüber gehen können, hatten aber eine schlechte Internetverbindung, weil da am See, wir hatten das nicht vorm Haus, und die war einfach schlecht. In der Kanzlei von Wirtschaftsanwalt Norman Buse. Er hat die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von FeWo-direkt ausgewertet. Für ihn ist die Mit-Vertrauen-Buchen-Garantie irreführend:

3 O-Ton Norman Buse, Rechtsanwalt für Wirtschaftsrecht: Damit diese tatsächlich in Anspruch genommen werden kann, sind extrem viele Voraussetzungen zu erfüllen. Diese sind teilweise sehr undurchsichtig dargestellt und ich gehe davon aus, dass es nur sehr schwer möglich sein sollte, wirklich eine Zahlung zu bekommen. Das wird dadurch noch verstärkt, dass abschließend sich der Portalbetreiber noch das Ermessen vorbehält und dann irgendwelche Kriterien aufstellt, die nicht nachvollziehbar sind und damit für den Verbraucher auch nicht wirklich durchsetzbar. Wir treffen einen Insider, einen ehemaligen Mitarbeiter von FeWodirekt. Er will unerkannt bleiben. Bis vor Kurzem hat er für das Onlineportal gearbeitet. O-Ton ehemaliger Mitarbeiter FeWo-direkt, Wortprotokoll, Originaltext nachgesprochen: Es riefen ständig unzufriedene Kunden an. Unsere Geschäftsführung fuhr die Vogel-Strauß-Strategie, Kopf in den Sand. Wir sollten immer sagen, wir könnten nicht weiterhelfen, sie müssen sich direkt an die Vermieter wenden. Berlin. ITB, auf der weltweit größten Tourismusbörse präsentieren sich die Branchenriesen - auch der amerikanische Tourismusgigant Expedia, zehn Milliarden US-Dollar Jahresumsatz. Auch FeWo-direkt gehört seit drei Jahren zum Konzern. Dessen Chef Mark Okerstrom hat ein klares Ziel: Mehr Geld verdienen mit FeWo-direkt. O-Ton Mark Okerstrom, Geschäftsführer Expedia: Deutschland ist ein sehr wichtiger Markt für uns, ein 60- Milliarden-Euro-Reisemarkt. Wir konzentrieren uns auf die Erhöhung unseres Ferienwohnungsangebots in Europa, in Deutschland, auch in Südeuropa. Da sind wir doch recht zuversichtlich, dass das Geschäft richtig abheben wird. Doch abgehoben hat vor allem die Zahl der Beschwerden - wegen hoher Gebühren, schlechtem Service und falschen Versprechen. Beispiele von dem Bewertungsportal Trustpilot. Negative Kommentare: 85 Prozent. Eine Auswahl: Höchste Vorsicht! Leider Betrug. Finger weg! O-Ton Ines Carstensen, Tourismusexpertin, SRH Hochschule Berlin: Die Beschwerdezahlen nehmen drastisch zu, das sieht man ja im Netz, also, die ganzen Beiträge, die Blogs, die da jetzt

4 entstehen, sind natürlich schon massiv gegen FeWo-direkt, das muss man einfach sagen. Der Unmut wächst über das ganze Geschäftsgebaren. Die Tourismus-Expertin beobachtet FeWo-direkt schon seit Jahren. Sie erkennt eine klare Strategie: Gewinne maximieren, koste es, was es wolle. O-Ton Frontal 21: Verbraucher sagen, es ist unfair. Ihr Unternehmen kassiere zu viel. Was sagen Sie dazu? O-Ton Mark Okerstrom, Geschäftsführer Expedia: Das Unternehmen hat einfach einen Wandel durchgemacht, vom traditionellen Online-Marktplatz zum Online- Buchungsunternehmen. Wir nehmen eine faire Provision, eigentlich ganz ähnlich wie die anderen Wettbewerber. Und außerdem bieten wir sowohl Vermietern als auch Mietern einen unglaublich tollen Service an. Unglaublich tollen Service? Vermieter Thorsten Petersen vermisst den, seit Expedia FeWo-direkt übernommen hat. Seit Jahren vermietet er seine Ferienwohnung an der Nordsee über das Onlineportal. Die Einnahmen sollen die Rente aufbessern. Doch es bleibt immer weniger übrig, weil FeWo-direkt die jährlichen Gebühren erhöht hat und zusätzlich Provisionen kassiert. O-Ton Thorsten Petersen, Ferienwohnungsbesitzer: Insgesamt, wenn ich das weiter durchführen würde, würde Ferienwohnung Direkt alleine an uns an die Euro verdienen. Und das ist zu 360 Euro natürlich ein wahnsinniger Unterschied. Petersen würde gern kündigen. Doch er hat einen Jahresvertrag unterschrieben. Seit er mit FeWo-direkt streitet, wundert er sich. Denn seine Ferienwohnung ist auf dem Onlineportal nur noch schwer zu finden. Das zeigt er uns: Er bietet seine Wohnung für gerade mal 13 Euro die Nacht an. Wer bei FeWo-direkt nach Preis sortiert, müsste sie weit oben finden. Doch das Gegenteil ist der Fall: O-Ton Thorsten Petersen, Ferienwohnungsbesitzer: Ich scrolle mal so lange runter, bis wir jetzt meine Wohnung finden. Immer noch nicht, immer noch nicht. Jetzt wird es schon richtig teuer, und jetzt kommt meine Wohnung hier mit 13 Euro. Auf Nachfrage, warum das günstige Angebot trotz Preissortierung so weit hinten erscheint, antwortet FeWo-direkt ausweichend, Zitat: Hierfür können die Gründe natürlich vielfältig sein.

5 O-Ton Thorsten Petersen, Ferienwohnungsbesitzer: Also, ich bin unzufrieden und ich bin im Portal kaum noch auffindbar und dementsprechend gehen die Buchungszahlen drastisch zurück. Und wenn ich anrufe, Probleme mit dem Portal habe, hänge ich auch in Warteschleifen fest und, ja, deutschsprachige Mitarbeiter zu kriegen, ist ganz schwer. Verprellte Vermieter, enttäuschte Urlauber. Die nächsten Ferien buchen Katja Tofaute und Benjamin Belser nicht mehr bei FeWodirekt. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.