Thema: Verwaltungshandeln in Privatrechtsform

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Transkript:

Prof. Dr. Heintzen SoSe 2003 Grundkurs Öffentliches Recht III Allgemeines Verwaltungsrecht Mittwoch, den 25. Juni 2003 Thema: Verwaltungshandeln in Privatrechtsform Unter der Überschrift "Verwaltungshandeln in Privatrechtsform" werden inhaltlich unterschiedliche Rechtsgeschäfte zusammengefasst, weil sie in der Privatrechtform übereinstimmen. Das gemeinsame Merkmal, das sie verbindet, ist die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben in Formen des Privatrechts, insbesondere mit schuldrechtlichen Verträgen. In bestimmten Bereichen billigt man der Verwaltung ein Wahlrecht zu, ob sie die ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben in den Formen des öffentlichen oder in den Formen des privaten Rechts erfüllt. Soweit die Verwaltung sich in Ausübung dieses Wahlrechts gegen öffentlich-rechtliche Handlungsformen, wie Verwaltungsakt oder verwaltungsrechtlicher Vertrag, entscheidet, spricht man von Verwaltungsprivatrecht. Das Wahlrecht der Verwaltung ist freilich begrenzt, ähnlich wie die Handlungsform des verwaltungsrechtlichen Vertrags nur zur Verfügung steht, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen ( 54 S. 1 VwVfG). Anders als beim verwaltungsrechtlichen Vertrag sind diese Grenzen aber nicht klar fixiert. Man behilft sich mit der Bildung von Fallgruppen. Entsprechend werde ich Ihnen zwei wichtige Fallgruppen vorstellen, um die juristischen Strukturen des Verwaltungsprivatrechts zu verdeutlichen. Die beiden Fallgruppen sind sog. Anstaltsnutzungsverhältnisse und die Gewährung von Wirtschaftssubventionen. 1. Anstaltsnutzungsverhältnisse

2 Anstaltsnutzungsverhältnisse werden in dem Bereich staatlicher Daseinsvorsorge begründet. Mit Daseinsvorsorge ist die öffentlich-rechtliche Aufgabe gemeint, die für das menschliche Dasein unerlässlichen Güter und Leistungen im Verkehrs- und Versorgungswesen vorzuhalten und zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft etwa den ÖPNV, das Straßen- und Wegenetz, die Strom- und Wasserversorgung und die Müllabfuhr. Der Begriff ist ein Typusbegriff; er dient nicht der präzisen Abgrenzung, sondern der anschaulichen Umschreibung. Mit dieser Einschränkung kann man "Anstalten" hier als Erbringer von Daseinsvorsorgeleistungen bezeichnen. Der Zugang zu solchen Anstalten muss öffentlich-rechtlich geregelt sein. Nur das öffentliche Recht kennt Zugangsansprüche, die sich auch ohne gesetzliche Regelung aus Art. 3 I GG ableiten lassen. Dem Privatrecht ist ein Kontrahierungszwang dagegen grundsätzlich fremd. Weiterhin gewährt das öffentliche Recht einen besseren Schutz gegen eine Ausnutzung einer monopolartigen Stellung im Verhältnis zu den Nutzungsinteressenten und zu Drittanbietern. Das Wahlrecht zwischen öffentlichem und privatem Recht betrifft nicht das Ob der Anstaltsnutzung, sondern das Wie. Hier fehlen im öffentlichen Recht die notwendigen Regelungen, etwa für eine Fahrt mit der U-Bahn, die Benutzung einer Bibliothek, die Versorgung mit Strom, Wasser oder Gas. Deswegen wird der Verwaltung ein Wahlrecht zwischen einer privatrechtlichen Ausgestaltung, auf die die Regelungen des Privatrechts unmittelbar Anwendung finden, und einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung eingeräumt, auf die die Regelungen des Privatrechts vorbehaltlich besonderer, oft aber fehlender Regelungen des öffentlichen Rechts analog angewandt werden. Bei der öffentlichrechtlichen Ausgestaltung handelt es sich nicht um einen verwaltungsrechtlichen Vertrag im Sinne der 54 ff. VwVfG. Er scheidet wegen des Schriftformerfordernisses aus 57

3 VwVfG in der Regel aus. Man spricht vielmehr von einem Anstaltsnutzungsverhältnis. Das ist letztlich doch ein Vertrag. Hier liegt eine Inkonsequenz, die man nicht erklären kann, sondern die man wissen muss. Obwohl das Verwaltungsrecht für Verträge in 57 VwVfG die Schriftform vorschreibt, werden Anstaltsnutzungsverhältnisse wie vertragliche Sonderbeziehungen behandelt, auch wenn das Schriftformerfordernis nicht erfüllt ist. Den Unterschied zwischen einer zivilrechtlichen und einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung will ich am Beispiel von Haftungsbeschränkungen verdeutlichen. Die Wirksamkeit und die Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen, die in einem privatrechtlichen Vertrag enthalten sind, richtet sich nach den 305 Abs. 2 und 307 Abs. 1 und 2 BGB. Die Wirksamkeit und die Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen in Anstaltsnutzungsverhältnissen richtet sich primär nach öffentlichem Recht. Sie finden ihre Grundlage entweder in einer Allgemeinverfügung, einer Rechtsverordnung oder einer Satzung, nicht in einem Vertrag. Ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der von dem für vertragliche Regelungen geltenden 307 Abs. 1 und 2 BGB konkretisiert wird. 2. Die Vergabe von Subventionen Der Subventionsbegriff wird in 264 VII StGB in einer auch für das Verwaltungsrecht brauchbaren Weise definiert: "Subvention... ist eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht oder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil 1. ohne eine marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und 2. zur Förderung der Wirtschaft dienen soll." Subventionen erfolgen immer zweckgebunden. Die Unterstützung eines Betriebs oder Unternehmens ist nie Selbstzweck, sondern dient wirtschafts-, arbeitsmarkt-, struktur-, forschungs- oder sonstigen

4 politischen Zwecken. Subventionen können in folgender Weise gewährt werden: --> als zinsvergünstigtes oder in anderer Weise vergünstigtes Darlehen, --> als Bürgschaft oder sonstige Gewährleistung für Darlehen, die der Subventionsnehmer von dritter Seite erhält, --> als Realförderung, d.h. durch bevorzugte Berücksichtigung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder der Veräußerung staatlicher Grundstücke, --> als verlorener Zuschuss, also als nicht rückzahlbare Geldleistung. Juristisch gilt es bei der Subventionierung Privater durch den Staat zwei Probleme zu lösen. Es muss erstens sichergestellt werden, dass der Subventionsempfänger die Subvention in Übereinstimmung mit dem Zweck verwendet, dessentwegen der Staat die Subvention gewährt, und es muss zweitens sichergestellt sein, dass der subventionierende Staat öffentlich-rechtliche Bindungen, insbesondere die Bindung an den Gleichheitssatz, beachtet und dies gerichtlich kontrollierbar ist. Wegen des zweiten Punktes ist eine rein privatrechtliche Konstruktion des Subventionsverhältnisses nicht möglich. Zwar bietet das Besondere Schuldrecht Vertragsformen an, die das erste der geschilderten Probleme lösen. Im Rahmen eines Darlehens-, eines Bürgschafts- oder eines Zuwendungsvertrags kann die Bindung des Subventionsempfängers an den vom Staat verfolgten Subventionszweck gewährleistet werden. Was bei rein privatrechtlicher Konstruktion nicht möglich ist, ist dagegen die Bindung der subventionierenden Behörde an den Gleichheitssatz und, vor allem, deren Kontrolle durch den Subventionsantragsteller und dessen Konkurrenten. Um diesem Defizit abzuhelfen, haben Juristen eine Fülle von Theorien entwickelt, die ich im Folgenden darstellen werde, und zwar getrennt nach Subventionsdarlehen, verlorenem Zuschuss, Bürgschaft und Realförderung.

5 a) Das Subventionsdarlehen Als in den 50er Jahren im Zuge des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in der Bundesrepublik Deutschland Subventionsfälle sich häuften und gleichzeitig wegen der Bindung auch des privatrechtlich handelnden Staates an den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes die bis dahin vorherrschende, ausschließlich privatrechtliche Deutung der Subventionierung nicht mehr haltbar war, entwickelte man eine trotz heftiger und zunehmender Kritik aus der Wissenschaft in der Praxis bis heute dominante Theorie: die Zwei- Stufen-Theorie. Der Kerngedanke dieser Theorie besteht in einer Aufspaltung des Lebensvorgangs "Subventionierung durch Darlehen" in zwei Stufen, nämlich die Entscheidung über das Ob überhaupt der Subventionierung und die Entscheidung über das Wie, also die inhaltliche Ausgestaltung und weiter dann die Abwicklung des Darlehnsverhältnisses. Die 1. Stufe, die Bewilligungsentscheidung, sei öffentlichrechtlich. Die subventionierende Behörde erlasse insoweit einen Verwaltungsakt, den Subventionsbescheid. Die 2. Stufe dagegen sei zivilrechtlich. Auf ihr würde ein Darlehensvertrag nach den Regeln des BGB abgeschlossen. Die beiden geschilderten Rechtsprobleme der Subventionierung werden durch diesen Kunstgriff gemeistert. Das Problem der Bindung der Behörde an den Gleichheitssatz sowie weitere Vorgaben des öffentlichen Rechts und der gerichtlichen Kontrolle wird auf der 1. Stufe gelöst. Der Verwaltungsakt unterliegt voll dem Regime des öffentlichen Rechts; insoweit sind Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eröffnet. Das Problem der Bindung des Subventionsempfängers an den Subventionszweck wird durch die Ausgestaltung des Darlehensvertrags auf der 2. Stufe gelöst. Das Zivilrecht eröffnet insoweit mehr Gestaltungsmöglichkeiten als das Recht des Verwaltungsakts.

6 Soweit die Zwei-Stufen-Theorie eine rein privatrechtliche Deutung der Subventionierung durch Darlehen überwunden hat, gibt es hinter sie kein Zurück mehr. Die Kritik betrifft heute das Festhalten der Zwei-Stufen-Theorie an einer privatrechtlichen Komponente. Die Kritiker wollen heute das Subventionsdarlehen rein öffentlich-rechtlich deuten, wofür verschiedene Möglichkeiten bereitstehen. Die einzelnen Kritikpunkte lauten: (1) Die Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs in zwei Rechtsverhältnisse sei gekünstelt. Insbesondere die Annahme des Darlehensvertrags durch den Subventionsempfänger müsse in der Praxis regelmäßig nach 151 BGB unterstellt werden. (2) Die 2 Stufen könnten nicht sauber getrennt werden. Die Entscheidung auf der 1. Stufe werde nicht losgelöst vom Inhalt des Subventionsverhältnisses getroffen, der im Grundsatz der 2. Stufe zugeordnet werde. So herrscht Streit darüber, ob die Festsetzung der Darlehenszinsen und der Rückzahlungsmodalitäten auf der 1. oder der 2. Stufe erfolgt. Der BGH geht davon aus, dass der Bewilligungsbescheid sich mit Abschluss des Darlehensvertrages erledige, so dass all diese Fragen der 2. Stufe zugeordnet werden müssten. Anders das BVerwG, das den Bewilligungsbescheid für die Geschäftsgrundlage des Darlehensvertrags hält, eine Erledigung also ablehnt. Auf diese Geschäftsgrundlage könne nach den Regeln über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten eingewirkt werden; solche Einwirkungen hätten zur Folge, dass der Darlehensvertrag wegen Änderung der Geschäftsgrundlage anzupassen wäre. Da das BVerwG die Festsetzung des Darlehenszinses und der Rückzahlungsmodalitäten dem Bewilligungsbescheid zuordnet, gibt es der Verwaltung die Möglichkeit, nachträglich gegen den Willen des Subventionsempfängers auf das Subventionsverhältnis einzuwirken. Nach der Lösung des BGH soll das gerade ausgeschlossen sein.

7 Ebenso differieren BGH und BVerwG in der Frage, ob der Anspruch der Verwaltung auf Rückzahlung des Darlehens öffentlich-rechtlicher Natur sei und darum durch Leistungsbescheid von der Verwaltung einseitig geltend gemacht werden könne oder ob er zivilrechtlicher Natur sei mit der Folge, dass die Verwaltung erforderlichenfalls vor den Zivilgerichten auf Rückzahlung zu klagen hätte (BGHZ 40, 206; BVerwGE 35, 170). Um die hier angesprochenen Fragen zu lösen und die Unsicherheiten eines Hin- und Herlavierens zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht zu vermeiden, wird in der Literatur anstelle der zweistufigen Konstruktion vorgeschlagen, das Darlehensverhältnis entweder allein durch Verwaltungsakt oder allein durch verwaltungsrechtlichen Vertrag zu regeln. Im ersten Fall würde das, was üblicherweise als Leistungspflicht des Darlehensnehmers vereinbart wird, zum Gegenstand von Nebenbestimmungen (Bedingung oder Auflage). Im zweiten Fall würde das, was nach der Zwei-Stufen-Theorie Gegenstand der 1. Stufe ist, in den Vertrag aufgenommen, der durch diese Erweiterung seines Gegenstandes zu einem verwaltungsrechtlichen Vertrag würde. Gegen den verwaltungsrechtlichen Vertrag wird zwar vorgebracht, die Subventionsbedingungen würden nicht individuell ausgehandelt, sondern dem zu Subventionierenden von der Behörde einseitig vorgegeben. Doch ist dies auch sonst bei Verträgen, in denen mit AGB gearbeitet wird, nicht ungewöhnlich. In der Praxis dürften Verwaltungsakt und verwaltungsrechtlicher Vertrag sich nicht wesentlich unterscheiden. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Vertrag gemäß 57 VwVfG auch von dem Subventionsempfänger unterschrieben werden muss. Bei der Zwei-Stufen-Theorie muss es bleiben, wenn die subventionierende Behörde die Subvention nicht selbst ausschüttet, sondern sich dafür einer Bank bedient, die auf ihre

8 Anweisung tätig wird, die aber mehr als eine Zahlstelle ist, weil ihr ein gewisser Spielraum bei den Konditionen der Subventionierung und bei deren Abwicklung verbleibt. In diesem Fall ergibt die Zweistufigkeit sich daraus, dass zwei verschiedene Rechtsverhältnisse vorliegen: Subventionsempfänger - Behörde, Subventionsempfänger - Bank. b) Verlorene Zuschüsse Bei verlorenen Zuschüssen ist die Rechtslage anders. Eine Rückabwicklung und damit ein Darlehensvertrag sind hier bei subventionszweckkonformem Verhalten des Empfängers nicht erforderlich. Die Sicherung des Subventionszwecks kann durch Nebenbestimmungen zu dem Bewilligungsbescheid erfolgen. Alternative zum Verwaltungsakt wäre ein verwaltungsrechtlicher Vertrag. c) Bürgschaften u.ä. Für Bürgschaften, Garantieerklärungen, etc., ist die Zwei- Stufen-Theorie nach wie vor unentbehrlich. Durch Verwaltungsakt erklärt die Behörde im Verhältnis zu dem Subventionsempfänger ihre Bereitschaft, die Bürgschaft zu übernehmen. Sodann schließt die Behörde mit dem Gläubiger des Subventionsempfängers einen Bürgschaftsvertrag ab. Dieser wird von der herrschenden Lehre als privatrechtlicher Vertrag qualifiziert, weil die Behörde als Bürge nicht anders auftritt wie eine Privatperson auch. d) Realförderung Die Realförderung durch Grundstücksverkäufe oder die Vergabe öffentlicher Aufträge wird von der überwiegenden Meinung aus folgenden Gründen nach wie vor mit der Zwei-Stufen-Theorie erklärt: Der Verwaltungsakt als alleiniges Handlungsinstrument scheidet aus, weil ein Leistungsaustausch stattfindet, der nur vertraglich erfasst

9 werden kann. Der verwaltungsrechtliche Vertrag scheidet aus, wenn man den Vertragsgegenstand trotz des öffentlichrechtlichen Subventionszwecks als überwiegend privatrechtlich ansieht. Eine rein privatrechtliche Konstruktion scheidet aus, weil durch sie eine öffentlich-rechtliche Bindung der Behörde nicht erreicht werden, zumindest nicht kontrollierbar gemacht werden kann.