Subklinische Schilddrüsenkrankheiten in der Psychiatrie - Beeinträchtigungen der Psyche? Jürgen Deckert Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Münster, 11.12.2004
Subklinische Schilddrüsenkrankheiten Schilddrüsenhormone und -rezeptoren im Gehirn Psychische Veränderungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten Psychische Veränderungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten Supplementationstherapie mit Schilddrüsenhormonen bei therapieresistenter Depression
Subklinische Schilddrüsenkrankheiten Schilddrüsenhormone und -rezeptoren im Gehirn Psychische Veränderungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten Psychische Veränderungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten Supplementationstherapie mit Schilddrüsen- hormonen bei therapieresistenter Depression
T3-Aktivität und Deiodinasen im Gehirn DIO2 T3 DIO3 Quignodon et al., J Mol Endocrinol, 33:467-476, 2004
T3 wirkt über TRalpha- Rezeptoren im Gehirn Kontrolle TRa-KO TRb-KO Itoh et al., PNAS USA 98:9913-9918, 2001
T3 stimuliert neuronale und gliale Differenzierung im Gehirn Neurone Gliazellen Oppenheimer und Schwartz, Endocrine Rev 18:462-475, 1997 Lima et al., J Neurocience 21:2028-2038, 2001
Reduzierte LongTermPotentiation bei Hypothyreose Sui und Gilbert, Endocrinology 144:4195-4203, 2003
Subklinische Schilddrüsenkrankheiten Schilddrüsenhormone und -rezeptoren im Gehirn Psychische Veränderungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten Psychische Veränderungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten Supplementationstherapie mit Schilddrüsen- hormonen bei therapieresistenter Depression
Hypothyreose versus Hyperthyreose Hypothyreose Kognitive Defizite / mentale Retardation Depressives Syndrom Hyperthyreose Ängstlich-agitiertes Syndrom Exogene Psychose Reversible Demenz Whybrow et al., Arch Gen Psychiatry 20:48-63, 1969; Gold et al., JAMA 245:1919-1922, 1989; Herzmann et al., N Engl J Med 341:2015-2017, 1999; Brownlie et al., Eur J Endocrinol 142:438-444, 2000
T4/T3-Kombinationstherapie versus T4- Monotherapie bei klinischer Hypothyreose Doppel-blind, randomisiert N=40 T4-Dosis halbiert plus 25 ug T3 Euthyreose 15 Wochen Kein Unterschied bezüglich depressiver Symptome Sawka et al, J Clin Endocrinol Metabol 88:4551-455, 2003
Subklinische Schilddrüsenkrankheiten Schilddrüsenhormone und -rezeptoren im Gehirn Psychische Veränderungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten Psychische Veränderungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten Supplementationstherapie mit Schilddrüsen- hormonen bei therapieresistenter Depression
4-Substitution des polaren T3-Syndrom Reed et al., J Clin Endocrinol Metabolism 86:110-116, 2001
Subklinischer Hypothyroidismus Randomisiert, doppel-blind N=40 TSH erhöht 5-10 mu/ml, T4 normal Psychische Symptome: Angst bei 50% und Befindlichkeitsstörung bei 56% 50-100 ug T4 über 6 Monate Kein Unterschied zwischen Substitutions- und Plazebo-Gruppe außer einer Zunahme der Angst Kong et al., Am J Med 112:348-354, 2002
T4-Substitution reduziert nicht das Risiko für postpartale Depression Randomisiert, doppel-blind, plazebo-kontrolliert N=446 antikörperpositive Frauen 100 ug T4 6 Wochen bis 6 Monate pp mit biochemischem Hyperthyroidismus 6-Monatsprävalenz für Depressionen gleich in Verum- und Plazebogruppe Harris et al., Br J Psychiatry 180:327-330, 2002
Subklinische Schilddrüsenkrankheiten Schilddrüsenhormone und -rezeptoren im Gehirn Psychische Veränderungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten Psychische Veränderungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten Supplementationstherapie mit Schilddrüsenhormonen bei therapieresistenter Depression
Subklinischer Hypothyroidismus bei Depression: Eine Metaanalyse Depressive Patienten allgemein: 8%-17% Therapieresistente depressive Patienten: 29%-100% Howland, J Clin Psychiatry 54:47-54, 1993
Niedriges freies T4 ist assoziiert mit größerer Anzahl depressiver Episoden N=30 Frye et al., Am J Psychiatry 156:1909-1914, 1999
T3-Spiegel sind umgekehrt korreliert mit Depressionsrezidiv 0.1ug T3-Anstieg ist assoziiert mit 22%-Reduktion des Rezidivrisikos N=75 Joffe und Marriott, Am J Psychiatry 157:1689-1691, 2000
Hohes TSH/Niedriges ft4: Therapieresistenz bei Depression Cole et al., Am J Psychiatry 159:116-121, 2002
T3-Supplementation von trizyklischen Antidepressiva: Eine Metaanalyse Doppelblind, plazebo-kontrolliert N=125 25 ug T3 3-4 Wochen Trizyklisches Antidepressivum: 150 mg Imipramin Effektstärke: 0.58 vor allem bei Frauen Altshuler et al., Am J Psychiatry 158:1617-1621, 2001
T4-Supplementation bei therapieresistenter bipolarer Depression : Effektivität Offene Studien N=54 Dosen bis 500 ug T4 über bis zu 13 Jahre Remission in ca. 50% der so behandelten, überwiegend bipolaren Patienten Bauer et al., Neuropsychopharmacol 18:444-455, 1998 Pfeiffer et al., Nervenarzt 75:242-248, 2004
T4-Supplementation bei therapieresistenter bipolarer Depression : Nebenwirkungen Unruhe und Tremor, Schwitzen bei ca. 50% Tachykardie bei ca. 20% mit Therapieabbruch bei ca. 10% NW geringer bei Patienten als bei Kontrollen Bauer et al., Neuropsychopharmacol 18:444-455, 1998 Pfeiffer et al., Nervenarzt 75:242-248, 2004
Kasuistik 45 J alter Patient Seit 1982 depressive u manische Phasen Seit 1999 rapid cycling mit Suizidalität seit 04/03 Sukzessive Besserung bis 06/03 Erster Relapse 07/03 Zweiter Relapse 08/03 Dritter Relapse 10/03 Sukzessive Besserung und Entlassung 3/04 Psychotherapie Medikamentöse Therapie incl. Tranylcypromin und Lithium 1. EKT-Serie plus Venlafaxin 2. EKT-Serie plus Venlafaxin/ Mirtazapin/Lithium 3.EKT-Serie plus Clomipramin/ Maprotilin/Lithium TSH 1.66ug/ml, ft4 0.94ng/dl, ft3 2.91pg/ml Supplementation ab 11/03 mit Quetiapin (bis 12/03) und T4, zuletzt 250 ug TSH<0.03ug/ml, ft4 2.06ng/dl, ft3 4.90pg/ml
Leitlinien zur Supplementationstherapie mit Schilddrüsenhormonen APA 1993: 25ug-50ug T3 als Supplement bei therapieresistenter unipolarer Depression auch bei euthyreoten Patienten APA 1994: 150ug-400ug T4 als Supplement bei bipolarer affektiver Erkrankung mit rapid cycling bis zu einem freien T4 von 50% über der oberen Normgrenze DGPPN 2000: Schilddrüsenhormone als Supplement bei therapieresistenter Depression
Zusammenfassung Schilddrüsenhormone haben einen neurotrophen und gliotrophen Effekt im Gehirn Psychische Störungen bei klinischen Schilddrüsenkrankheiten sind mit Euthyreose reversibel Kognitive Störungen bei subklinischen Schilddrüsenkrankheiten sind möglicherweise durch Substitution mit Schilddrüsenhormonen positiv beeinflussbar Die Gabe von Schilddrüsenhormonen ist eine mögliche Supplementationstherapie bei Patienten mit therapieresistenter Depressionen