Mathematik 3 für Informatik im Februar/März 2016 Teil 1: Analysis Funktionen, Stetigkeit Dierentialrechnung Funktionen mit mehreren Variablen Integralrechnung Dierentialgleichungen Teil 2: Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Zufallsvariabeln, Erwartungswert, Varianz spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen zentraler Grenzwertsatz beschreibende Statistik Zusammenhangsanalyse, lineare Regression Parameterschätzungen, Kondenzintervalle Literatur: G.+S. Teschl: Mathematik für Informatiker, Band 2, Springer 2007 funktionen14.pdf, Seite 1
Abhängigkeit der Themengebiete funktionen14.pdf, Seite 2
Reelle Funktionen sind Abbildungen f : D R, x f (x) mit D R typischerweise Intervall = zusammenhängende Teilmenge von R: [a, b] = {x : a x b} (abgeschlossenes Intervall), (a, b] =]a, b] = {x : a < x b}, [a, b) = [a, b[= {x : a x < b} (halboene Intervalle), (a, b) =]a, b[= {x : a < x < b} (oenes Intervall) Dabei sind a = und b = möglich. funktionen14.pdf, Seite 3
Erinnerung Eine Funktion (oder Abbildung) f : D W ordnet jedem Element x einer Menge D (Denitionsbereich) eindeutig ein Element y = f (x) einer Menge W (Wertebereich) zu. Die Zuordnungsvorschrift ist oft durch eine Funktionsgleichung gegeben, Beispiel f : R R, y = f (x) = x 2 + 1. f heiÿt biljektiv, wenn es zu jedem y W genau ein x D gibt mit f (x) = y. In diesem Fall kann die Umkehrfunktion f 1 : W D durch Umkehrung der Zuordnung bestimmt werden: x = f (y) y = f 1 (x). Man erhält Funktionsgleichung von f 1 durch Auösen der Gleichung y = f (x) nach x. Der Graph der Umkehrfunktion ist der an der Winkelhalbierenden y = x gespiegelte Graph von f. funktionen14.pdf, Seite 4
Der Funktionsgraph {(x, y) R 2 : f (x) = y} erlaubt oft, wichtige Eigenschaften der Funktion mit einem Blick zu erfassen. funktionen14.pdf, Seite 5
Beispiele für reelle Funktionen Polynome bzw. ganzrationale Funktionen der Form p(x) = a n x n + a n 1 x n 1 +... + a 1 x + a 0 mit n N und a 0,..., a n R sind deniert auf D = R, Beipsiel: p(x) = 2x 4 + 3x 2 1x + 2 2 (Gebrochen-)rationale Funktionen f (x) = p(x) q(x) mit Polynomen p(x) und q(x) sind deniert auf R mit Ausnahme endlich vieler x mit q(x) = 0. Der Denitionsbereich ist dann eine Vereinigung von oenen Intervallen. Die Funktion f (x) = x ist deniert für alle x 0, d. h. der Denitionsbereich ist D = [0, ). Allgemeiner: Algebraische Funktionen sind auf geeigneten Intervallen denierte Umkehrfunktionen von Polynomen. funktionen14.pdf, Seite 6
Exponentialfunktionen f (x) = a x mit einer Konstanten a > 0 sind deniert für x R. speziell: f (x) = e x = exp(x) Exponentialfunktion zur Basis e = 2, 718281828459... Die Umkehrfunktion von x e x ist der natürliche Logarithmus ln x, deniert für x (0, ). Allgemeiner: log a x ist die Umkehrfunktion von x a x, d. h. es gilt y = a x x = log a y, speziell y = e x x = ln y. Beispiel: log 2 8 = 3, da 8 = 2 3, funktionen14.pdf, Seite 7
Exponentialfunktion und Logarithmus funktionen14.pdf, Seite 8
Rechenregeln für Exponentialfunktion a 0 = 1, a 1 = a, a n = a } a {{... a}, n mal a 1/n = n a, a n/m = m a n = ( m a ) n, a x+y = a x a y, (a x ) y = a x y, a x b x = (a b) x, a x = 1 = ( 1 x, a a) x a x = e x ln a, log a 1 = 0, log a (x y) = log a x+log a y, log a x y = log a x log a y, log a x b = b log a x, log a x = ln x ln a, funktionen14.pdf, Seite 9
Trigonometrische Funktionen Sinus und Cosinus können geometrisch am Einheitskreis deniert werden. Dabei kann das Argument (der Winkel) θ in Grad oder im Bogenmaÿ angegeben werden. In der Analysis ist die Angabe im Bogenmaÿ vorzuziehen. Bei der Umrechnung gilt π = 180 o. Beispiel: θ = 60 o entspricht im Bogenmaÿ 60 o π = 1 π 1, 0472 180 o 3 funktionen14.pdf, Seite 10
Graphen von Sinuns und Cosinus funktionen14.pdf, Seite 11
Eigenschaften von Sinuns und Cosinus im Bogenmaÿ (rad), dabei gilt π = 180 o : sin und cos sind periodisch mit Periode 2π, d. h. sin(x + k 2π) = sin x und cos(x + k 2π) = cos x für alle x R und k Z. cos x = sin ( x + π 2 ), sin( x) = sin x und cos( x) = cos x, sin x, cos x [ 1, 1] für alle x R, sin kπ = cos ( kπ + π 2 ) = 0 für k Z, sin 2 x + cos 2 x = 1 funktionen14.pdf, Seite 12
Umkehrfunktionen Auf dem Intervall [ π, ] π 2 2 ist sin x streng monoton wachsend. cos x ist auf [0, π] streng monoton fallend. Daher sind [ sin : π 2, π ] [ 1, 1] und cos : [0, π] [ 1, 1] 2 bijektiv. Die Umkehrfunktionen [ arcsin : [ 1, 1] π 2, π ] und arccos : [ 1, 1] [0, π] 2 werden als Arcussinus und Arcuscosinuns bezeichnet. funktionen14.pdf, Seite 13
Arcussinus und Arcuscosinus funktionen14.pdf, Seite 14
Tangens und Cotangens sind deniert als tan x = sin x cos x sowie cot x = cos x sin x = 1 tan x Beide Funktionen sind periodisch mit Periode π (nicht 2π!), tan x ist nicht deniert für x = kπ + π 2 mit k Z, cot x ist nicht deniert für x = kπ mit k Z. Der Wertebreich ist jeweils ganz R. Damit sind auch auf ganz R die Umkehrungsfunktionen deniert: ( arctan: R π 2, π ) und arccotan : R (0, π) 2 funktionen14.pdf, Seite 15
Graphen von Tangens (blau), Cotangens (grün) und Arcustangens (rot) funktionen14.pdf, Seite 16
Grenzwerte von Funktionen f (x) = y 0, wenn lim x x0 für jede Folge (x n ) mit x n D und lim n x n = x 0 gilt lim n f (x n ) = y 0. In Worten: Nähern sich die xwerte dem Punkt x 0 an, so näheren sich die Funktionswerte (ywerte) an y 0 an. Beispiele f (x) = x 2, x 0 = 2. Gilt lim x n = 2, so folgt lim f (x n) = lim(x n x n ) = (lim x n ) (lim x n ) = 2 2 = 4, n also ist lim x 2 f (x) = 4 = f (2). Die Funktion f (x) = sin x ist auf D = R \ {0} deniert x und es gilt lim x 0 f (x) = 1 (siehe Teschl/Teschl) funktionen14.pdf, Seite 17
Anschauliche Bedeutung lim x x0 f (x) = y 0 bedeutet: Wenn sich die xwerte an x 0 annähern, so nähern sich die zugehörigen ywerte an y 0 an. Grenzwerte für x ± sind analog deniert, indem bestimmt divergente Folgen {x n } in die Funktion f (x) eingesetzt werden. Beispiele: lim x x 1 x+1 = 1 und lim x e x = 0. funktionen14.pdf, Seite 18
Links- und rechtsseitige Grenzwerte lim x x0 f (x) = y 0, wenn für jede Folge (x n ) mit x n < x 0 und lim n x n = x 0 gilt lim n f (x n ) = y 0 (linksseitiger Grenzwert). lim x x0 + f (x) = y 0, wenn für jede Folge (x n ) mit x n > x 0 und lim n x n = x 0 gilt lim n f (x n ) = y 0 (rechtsseitiger Grenzwert). Beispiel Für die Signumfunktion (Vorzeichen) 1, falls x > 0 sign x = 0, falls x = 0 1, falls x < 0 ist lim x 0 = 1 und lim x 0+ = 1. funktionen14.pdf, Seite 19
Rechnen mit Grenzwerten Die Grenzwertsätze für Folgen übertragen sich auf Grenzwerte von Funktionen: ) lim x x0 (f (x) + g(x) = lim x x0 f (x) + lim x x0 g(x), ) lim x x0 (f (x) g(x) = lim x x0 f (x) lim x x0 g(x), ) ( ) ( ) lim x x0 (f (x) g(x) = lim x x0 f (x) lim x x0 g(x), ) ( ) f (x) lim = x x0 (lim g(x) x x0 f (x) / lim x x0 g(x) (falls lim x x0 g(x) 0), sofern die entsprechenden Grenzwerte existieren. Analoge Aussagen gelten für links- und rechtsseitige Grenzwerte. funktionen14.pdf, Seite 20
Stetigkeit f heiÿt stetig im Punkt x 0 D, falls lim x x0 f (x) = f (x 0 ). f heiÿt stetig auf D, falls f in allen x 0 D stetig ist. Beispiele Die Signumfunktion ist nicht stetig in x 0 = 0. Polynome sind stetig auf D = R. Funktionen wie x, sin x, cos x, ln x, e x,... sind stetig auf ihrem Denitionsbereich. Anschauliche Charakterisierung der Stetigkeit Der Graph einer auf einem Intervall stetigen Funktion ist zusammenhängend. funktionen14.pdf, Seite 21
Beispiel Graph einer stetigen Funktion (blau) sowie Graph einer Funktion, die an den Stellen x = 0 und x = ±2 unstetig ist (rot; dort sind die links- und rechtsseitigen Grenzwerte verschieden) funktionen14.pdf, Seite 22
Eigenschaften stetiger Funktionen Sind f und g stetig in x 0 (bzw. auf D), so auch f + g, f g, f g und f (falls g 0). g Ist g stetig in x 0 und f stetig in g(x 0 ), so ist die Komposition f g stetig in x 0. Umkehrfunktionen invertierbarer stetiger Funktionen sind stetig. Folgerung Aus stetigen Funktionen zusammengesetzte Funktionen sind wieder stetig. funktionen14.pdf, Seite 23
Beispiele Die folgenden Funktionen sind stetig auf R: f 1 : x f 1 (x) = x 3 2x 2 + 4x, f 2 : x f 2 (x) = 1 1+x 2, f 3 : x f 3 (x) = x 2 + 3 + sin ex 1 + (cos x x 2 + 4) 6 (hier ist sicherzustellen, dass die Funktion auf ganz R deniert ist). funktionen14.pdf, Seite 24
Anwendungen der Stetigkeit Zwischenwertsatz: Ist f auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetig und ist f (a) < y < f (b) oder f (b) < y < f (a), so gibt es ein x [a, b] mit f (x) = y. Satz von Weierstraÿ: Jede auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige Funktion hat dort einen maximalen und einen minimalen Funktionswert. (zur Bestimmung derselben siehe Abschnitt Dierentialrechnung). funktionen14.pdf, Seite 25
Umkehrfunktionen Ist f (x) auf dem Intervall [a, b] stetig und streng monoton wachsend (d. h. für x 1, x 2 mit a x 1 < x 2 b gilt f (x 1 ) < f (x 2 )), so bildet f das Intervall [a, b] bijektiv auf [f (a), f (b)] ab, d. h. es gibt zu jedem y mit f (a) y f (b) ein eindeutig bestimmtes x [a, b] mit f (x) = y. Somit ist f : [a, b] [f (a), f (b)] invertierbar, die entsprechende Zuordnung y x deniert die Umkehrfunktion f 1, deren Funktionsgleichung sich durch Umstellung der Funktionsgleichung y = f (x) nach x bestimmen lässt. Analoge Aussagen gelten für oene (und halboene) Intervalle (a, b) sowie für den Fall, dass f streng monoton fallend ist. funktionen14.pdf, Seite 26
Beispiel Die Funktion f (x) = 2 1 x ist für x [ 3; 1] deniert (damit die innere Wurzel deniert ist, muss gelten x 1, damit die äuÿere Wurzel deniert ist, muss gelten 1 x 2 1 x 4 x 3) und auf diesem Intervall streng monoton wachsend (siehe Funktionsgraph). Somit bildet f das Intervall [ 3; 1] bijektiv auf [f ( 3); f (1)] = [0; 2] ab. Die Gleichung der Umkehrfunktion erhält man durch y = f (x) = 2 1 x y 2 = 2 1 x 1 x = 2 y 2 1 x = (2 y 2 ) 2 = y 4 4y 2 + 4 x = 1 (y 4 4y 2 + 4) = y 4 + 4y 2 3, also ist f 1 (x) = x 4 + 4x 2 3 für x [0; 2] (Um f 1 als Funktion von x zu erhalten, werden die Rollen von x und y vertauscht) funktionen14.pdf, Seite 27
Graphen von f (x) (blau) und f 1 (x) (rot) aus dem letzten Beispiel funktionen14.pdf, Seite 28
Singularitäten Sei f eine auf D = I \ x 0 stetige Funktion, wobei I ein Intervall und x 0 ein Punkt im Inneren von I ist (d. h. a < x 0 < b). Dann gibt es u. a. folgende Möglichkeiten: lim x x0 f (x) = y 0 existiert. Dann lässt sich f durch f (x 0 ) = y 0 zu einer auf ganz I stetigen Funktion fortsetzen. Man spricht von einer hebbaren Denitionslücke. Beispiel f (x) = sin x x, x 0 = 0 mit y 0 = 1 Der links- und der rechtsseitige Grenzwert existieren, aber sind verschieden. Dann hat f in x 0 eine Sprungstelle. Beispiel f (x) = x mit x x 0 = 0. funktionen14.pdf, Seite 29
Hebbare Denitionslücke und Sprungstelle funktionen14.pdf, Seite 30
weitere Singularitäten Beide Grenzwerte sind ±. In diesem Fall spricht man von einer Polstelle in x 0. Beispiel: f (x) = 1 x in x 0 = 0 Mindestens ein Grenzwert existiert nicht (auch nicht als ± ). Beispiel: f (x) = sin 1 x in x 0 = 0. funktionen14.pdf, Seite 31
Polstelle und wesentliche Singularität funktionen14.pdf, Seite 32