Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 50 Anwendungsbeispiel (Verstärker mit SP-Kopplung) Für den dargestellten Verstärker mit einem frequenzabhängigen ückkopplungsnetzwerk läßt sich die Schleifenverstärkung wie folgt ermitteln: F a U U e Vu U e U U r C U r C Abb. 9: Verstärker mit SP-ückkopplung über frequenzabhängiges Netzwerk in F. F U F = U r, U = F a (U + U r ) U U = F = F = Z C = jc + jc Z C F a F a F F a = U U = V u (7) = + + Z = jc C jτ ( + jτ) + jτ + jτ Vgl. mit Gl. (7) und () liefert die Definition: F O = F a F = mit τ = C () ( + jτ)( + jτ) jτ + (9) (40) V U (jτ) + jτ + (jτ) (4)
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 5 Gehe nach -4 von Blatt 4 vor: Schritt ) Konstruktion der OK von F O (j) 0 < a) Forme Gl. (4) um: F O = V U + jτ + jτ = V U + j(τ τ ) = V U u + jv (4) Das ist eine gebrochen linearen Abbildung der allgemeinen Form f(z) = az + b cz + d mit a = 0. (4) b) Wir konstruieren zunächst in Abb. (6.6) mit einfachen Überlegungen die Ortskurve des Nenners u + jv = + j(τ τ ). jv u+ jv = +j( τ τ ) 0 < < u 0 + 0 τ τ τ + =0 Abb. 9: Konstruktion der OK von u + jv nach Gl. (4). Für 0 < durchläuft die Bildfunktion den gesamten Bereich von.... Aufgrund der Symmetrie zur reellen Achse wird der gesamte Bereich für negative nochmals durchlaufen.
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 5 c) Inversion von u + jv: Hierzu dienen einige wichtige Sätze für Abbildungen im Komplexen: (i) Für gebrochen lineare Abbildungen der Form nach Gl. (4) gilt: Kreise werden auf Kreise abgebildet. Geraden sind Kreise im Unendlichen. (ii) Konstruktion einer Inversion erfolgt mit Hilfe einiger ausgezeichneter Punkte und den auf der Beziehung basierenden Hilfssätzen. u + jv = Z e = jϕ Z e jϕ () Winkel werden bei der Inversion an der reellen Achse gespiegelt ϕ ϕ. () Der längste Zeiger der Originalfunktion wird zum kürzesten Zeiger der gespiegelten Funktion und umgekehrt. () Geraden werden durch Inversion zu Kreisen (bzw. Kreissegmenten). Dies folgt aus (i). Beweis im Anhang. Durch die Anwendung dieser Sätze gelangt man zur Konstruktion des Kreises in der HE der Bildfunktion in Abb. 9 u+jv d) Multiplikation mit V u (vgl. Gl. (4)). Beispiel-Kurven für V u = {,, 6} in Abb. 9 eingezeichnet. Schritt ) Der Endwert für ist einfach zu bestimmen, da er sich als Inversion des längsten Zeigers auf der Geraden bei ϕ = 90 ergibt. Für läuft daher F O im Uhrzeigersinn auf der OK in den Nullpunkt: (vgl. Gl. (4)). lim F O(s) = jv u τ Schritt ) Da die Gerade u+jv zweimal durchlaufen wird, (Geraden schließen sich als Kreis mit = im Unendlichen) wird auch der Kreis der OK zweimal stetig durchlaufen.
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 5 Schritt 4) F 0 hat keine instabile Pole (P = 0), da das Netzwerk für F (s) passiv und V u = const. Die OK der Schleifenverstärkung umläuft für V u > den Punkt -+j0: d.h. für V u > wird die rückgekoppelte Schaltung instabil! jv 0 u+jv=+j( τ ) τ = τ = τ u+jv = +τ = τ u Ortskurven F O(V u) V u =6,, von Außen nach Innen Abb. 9: Konstruktions der Ortskurve anch Glg.(4): ) Geradengleichung u + jv. ) Inversion von u + jv. ) Skalierung mit V u. +0 6.7 Pole auf der imaginären Achse Bei der Definition der Nyquist-Kurve auf S. 4 haben wir vorausgesetzt, daß die betrachtete Wirkungsfunktion (hier insbesondere die rückgekoppelte Schaltung mit H(s) nach Gl. ()) keine Pole und Nullstellen auf der imaginären Achse besitzt. Speziell bei der echnung oder Simulation mit idealen, verlustlosen Bauelementen können diese jedoch auf der imaginären Achse auftreten (vgl. z. B. Fostersche eaktanzsätze). Wir wollen daher zunächst untersuchen, welche Wirkung, ein Pol oder eine Nullstelle auf die Ortskurve der Bildfunktion besitzt. Ziel ist, anhand einer charakteristischen Eigenschaft im Verlauf der Ortskurve auf das Vorhandensein eines Pols oder einer Nullstelle auf der imaginären Achse schließen zu können. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn die Ortskurve bereits als Ergebnis z. B. einer Computersimulation vorliegt. Wir betrachten zur allgemeinen Herleitung der Charakteristika eine beliebige Wirkungsfunktion H(s), die wenn sie einen konjugiert komplexen Pol p und
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 60 Beispiel zur Umfahrung von Polen mit K ǫ : Liegt die Wirkungsfunktion in analytischer Form vor und sind die Pole (und Nullstellen) bekannt, kann der Verlauf der Nyquist-Kurve um diese Punkte herum geführt werden. Die Vorgehensweise wurde auf S. 55ff. gezeigt und soll an einem Beispiel demonstriert werden: Gegeben sei die folgende rückgekoppelte Schaltung, deren Verstärker- Zweitor einen als Integrator beschalteten idealen Operationsverstärker enthalten soll. Die ückkopplung erfolgt durch einen Tiefpaß erster Ordnung: F a (j) C U + U U r F (j) U r C Abb. 9: Beispielschaltung zur Stabilitätsuntersuchung. Mit idealem OP gilt: U = U jc, C = F a = U U = j (5) F = U r U = + j, C = (5) Mit der Normierung := gilt dann für die Schleifenverstärkung F O = F a F = ( ) = j + j j ( + j) (54) Weitere Umformung nach eal- und aginärteil um F O in ausgezeichneten Punkten ( = ±, 0) bestimmen zu können F 0 = j = j j (+ ) (+ ) (+ ) (Für Endwertbestimmung ± ) (55)
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 6 a) b) = = + +j +j =0 e = 0 = = + = +0 j e a). b) 0 +0 F 0 = = + Abb. 99: Konstruktion der Ortskurve der Schleifenverstärkung anhand Gl.(54). Der Verlauf für ±0 in der rechten Abb. a) b) ergibt sich aus Gl.(55). e F 0 Anhand der Abb.(99) konstruierten Ortskurve läßt sich erkennen, daß aufgrund des unbestimmten Verlaufs bei ±0 keine Aussagen über die Stabilität gemacht werden können, da unklar ist, auf welchem Weg sich die Ortskurve von = 0 nach = +0 schließt. Daher wird der Weg der Nyquistkurve im Nullpunkt so modifiziert, daß er in infinitesimal Abstand den Pol in einem Halbkreis umfährt anstelle durch ihn hindurchzulaufen. Der Halbkreis in Abb.(00) s = ǫe jϕ, ϕ = π... π (56) besitzt in den markanten Punkten nach Abb. 00 die Winkel: ϕ () = π ϕ () = 0 ϕ () = + π (57) Die Schleifenverstärkung mit der komplexen Frequenz (Gl. (55): j s) lautet auf dem Halbkreis bei ǫ 0: F O (s) = s(s + ) lim ǫ 0 F O(s) = lim ǫ 0 ǫe jϕ (ǫe jϕ + ) lim F O(s) ǫ 0 = lim ǫ 0 ǫe = jϕ e jϕ lim ǫ 0 ǫ (5) (59) Damit beschreibt F O (s) einen Halbkreis mit unendlich großem adius, der von () nach () im Uhrzeigersinn die rechte Halbebene umfährt. Die Ortskurve von F O (s) läßt sich damit, wie in Abb.(00) rechts vervollständigen.
Kapitel 6: Stabilität linearer Schaltungen 6 j s F O (s) K ε ε σ + e K SN Abb. 00: Links: Umfahrung des Pols im Nullpunkt auf K ǫ. echts:: Ortskurve der Schleifenverstärkung mit Halbkreis von () nach () aufgrund des Verlaufs von s auf K ǫ. Beurteilung der Stabilität mit dem Nyquistkriterium (vgl. S. 45):. Da > 0 hat F O (s) keine Pole in der rechten Halbebene P = 0.. Auf der gewählten, modifizierten Nyquist-Kurve ergibt sich kein Umlauf um -+j0.. Wegen ) und ) ist die Schaltung stabil. Beachten: Wir haben willkürlich den Pol bei s = 0 mit einem rechten Halbkreis umfahren. Aber auch der Weg der Nyquistkurve auf einem linken Halbkreis liefert das richtige Ergebnis: Für den linken Halbkreis in der s-ebene um s = 0 ergibt sich analog zu den zuvor eingestellten Überlegungen ein Halbkreis mit adius ǫ, der die gesamte linke Halbebene umschließt. Daher wird der Punkt + j0 einmal gegen den Uhrzeigersinn umlaufen und es gilt mit Q = : N = P Q = P. (60) Da durch den linken Halbkreis nun auch der Pol bei s=0 im Inneren der Nyquist-Kurve liegt, gilt jetzt P = und aus Gl. (60) folgt N = 0 d. h. das charakteristische Polynom + F O (s) hat keine Nullstelle in der rechten Halbebene Die Schaltung ist stabil!