Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Informationsveranstaltung 19. Mai 2016 in Borna Friederike Trommer Referentin Sächsischer Städte- und Gemeindetag e.v.
Agenda 1. Einordnung der Steuerpflicht der öffentlichen Hand 2. Änderungsbedarf im UStG durch Rechtsprechung und MwStSystRL 3. Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht in 2b UStG 4. Handlungsbedarf in 2016 2
(1) Überblick - Steuerpflicht der öffentlichen Hand Die Steuerpflicht der jpör ist nach Art der Tätigkeit und den Steuerarten zu differenzieren: Hoheitlicher Bereich Vermögensverwaltung Land- und Forstwirtschaft Unternehmerische Tätigkeit Betrieb gewerblicher Art (steuerbarer Umsatz) steuerpflichtig steuerfrei Schule Hausmüll Straßenreinigung... Zinserträge Pacht Mieten Kapitalerträge... Forstwirtschaft Märkte Stadtbahn Amtsblatt Verkäufe gewerbl. Müll Kindergarten Museum Krankenhaus Theater... Kapitalertragsteuer Grundsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Grundsteuer Körperschafts-, Gewerbe-, Umsatz- und Grundsteuer im Rahmen wirtsch. Geschäftsbetrieb: KSt, USt 3
(1) Überblick - Steuerpflicht der öffentlichen Hand Steuererklärungspflichten KStG: Jeder BgA ist für sich Steuersubjekt, d. h. getrennte Gewinnermittlung getrennte Steuererklärung Querverbund eingeschränkt UStG: Die jpör ist mit allen ihren wirtschaftlichen Unternehmen Steuersubjekt, d. h. Zusammenfassung kraft Gesetz eine Steuererklärung Verlustverrechnung i. W. uneingeschränkt Jeder BgA = Steuersubjekt alle Leistungen einer Gemeinde = ein Steuersubjekt 4
(2) Bisherige Rechtslage 2 Abs. 3 UStG Die jpdör sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art ( 1 Abs. 1 Nr. 6, 4 KStG) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Gleichklang der Definition eines BgA nach KStG und UStG, damit Voraussetzungen: Vorliegen einer selbstständigen, nachhaltigen, wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer Einrichtung Überschreitung der Umsatzgrenze von 30.678 Euro notwendig keine bloße Vermögensverwaltung keine hoheitliche Tätigkeit 5
(2) Bisherige Rechtslage Betrieb gewerblicher Art nach KStG 4 KStG - Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen... dienen. Die Absicht, Gewinne zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Folgen: BgA ausschließlich im KStG definiert im UStG wurde auf das KStG zur Anwendung verwiesen BgA im Sinne des KStG war in der Regel auch BgA nach UStG UStG bestimmt eigene Befreiungstatbestände unabhängig vom KStG 6
(2) Bisherige Rechtslage Beispiel zur Einordnung eines BgA nach UStG Sind Kindertageseinrichtungen Betriebe gewerblicher Art? Einrichtung? Ja, Abgrenzbarkeit und wirtschaftliche Bedeutung gegeben Keine hoheitliche Tätigkeit? Ja, Betrieb einer Kindertageseinrichtung ist keine hoheitliche Aufgabe; Kindertageseinrichtungen können auch von Freien Trägern oder Privaten betrieben werden; ein Vorbehalt für die öffentliche Hand besteht nicht Einnahmeerzielungsabsicht? Ja, ergibt sich schon kraft Gesetzes aus 73 SächsGemO Nachhaltigkeit? Ja, keine einmalige Leistung, auf Dauer angelegt Keine bloße Vermögensverwaltung? Ja, Leistungsangebot geht über die Überlassung von Vermögen hinaus Fazit: der Betrieb einer Kindertageseinrichtung ist dem Grunde nach steuerbar Aber: nach 4 Nr. 25 UStG bleiben die Leistungen steuerfrei 7
(2) Rechtslage nach der MwStSystRL Art. 13 (1) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Sofern sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Weitere Vorschriften: Anhang-I -Tätigkeiten, die zwingend zur Steuerpflicht führen: Lieferung Gas, Wasser, Energie, Telekommunikation, Beförderungsleistungen, Messen, betriebseigene Kantinen nationale Regelungskompetenz für Tätigkeiten, die nach den Artikeln 132, 135, 136 u. w. von der Mehrwertsteuer befreit sind 8
(2) Rechtslage nach der MwStSystRL Unternehmereigenschaft nach Unionsrecht wirtschaftliche Tätigkeit in privatrechtlicher Form oder in öffentlich-rechtlicher Form mit größeren Wettbewerbsverzerrungen einige Kriterien im nationalen Recht (bisher) nicht benannt bzw. enger gefasst Vorrang des Unionsrechts, d.h. Richtlinien der EU sind für alle Träger der öffentlichen Gewalt (unmittelbar) bindend Vertragsverletzungsverfahren Gerichte und Verwaltungen haben die (nationalen) Gesetze richtlinienkonform auszulegen soweit keine richtlinienkonforme Auslegung möglich ist, kann sich der Bürger auf die für ihn günstigere Richtlinie berufen, soweit deren Regelung und Anwendung eindeutig ist (k)eine Rosinenpickerei bereits wiederholte Rügen des BRH wegen der Zurückhaltung des Gesetzgebers und der Verwaltung für eine Neuregelung 9
(2) Rechtsprechung des BFH Die Rechtsprechung des BFH hat sich hinsichtlich der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand in den letzten Jahren mit Verweis auf das EU-Recht grundlegend geändert! Wichtige Urteile: 01.12.2011 10.11.2011 03.03.2011 15.04.2010 17.03.2010 20.08.2009 Garagenplatzvermietung Vermietung einer Turnhalle für den Schulsport Wochenmarktstandplatzvermietung Gestattung der Automatenaufstellung in einer Uni Umsatzsteuerpflicht für Werbemobil Steuerpflicht bei der Grundstücksvermietung 10
(2) Rechtsprechung des BFH - Beispiele BFH Urteil vom 17. März 2010 (XI R 17/08) - Werbemobil Eine Gemeinde, die sich als Gegenleistung für die Übereignung eines mit Werbeaufdrucken versehenen Fahrzeugs (Werbemobils) verpflichtet, dieses für die Dauer von fünf Jahren in der Öffentlichkeit zu bewegen, ist Unternehmerin. Dies gilt auch dann, wenn die in Abschnitt 23 Abs. 4 UStR 2005 genannte Umsatzgrenze von 30.678 EUR nicht erreicht wird. Leitsätze der Vorinstanz (FG München): 1. 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist im Lichte des Art. 4 Abs. 5 der 6. EG- Richtlinie dahin auszulegen, dass eine jpdör eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführt, wenn sie in eigenem Namen gegen Entgelt Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt und dabei auf privatrechtlicher Grundlage tätig wird und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden ör Regelungen handelt. 2. Die Verwaltungsauffassung, wonach die Unternehmereigenschaft vom Erreichen der körperschaftsteuerlichen Umsatzgrenze für BgA abhängt, ist überholt. 11
(2) Rechtsprechung des BFH - Beispiele BFH Urteil vom 15. April 2010 (V R 10/09) - Automatenaufstellung Dem Begriff der Vermögensverwaltung kommt umsatzsteuerrechtlich für die Unternehmerstellung einer jpdör durch einen BgA keine Bedeutung (mehr) zu gestattet eine jpdör durch privatrechtlichen Vertrag das Aufstellen von Automaten gegen Entgelt, erbringt sie als Unternehmerin steuerbare und steuerpflichtige Leistungen (richtlinienkonforme Auslegung von 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i. V. m. 4 Abs. 1 KStG) die zivilrechtliche Betätigung der öffentlichen und kirchlichen Körperschaften unterliegt damit der Umsatzsteuer betrifft auch die ertragsteuerlich irrelevante Vermögensverwaltung, die dem Grunde nach von der Umsatzsteuer befreit ist 12
(2) Rechtsprechung des BFH - Beispiele BFH Urteil vom 10. November 2011 (V R 41/10) Turnhallenurteil Leistungsaustausch zwischen Kommunen ist stets umsatzsteuerpflichtig, wenn Kommunen vergleichbare Leistungen auch von privaten Unternehmen beziehen dürfen Überlassung von Räumlichkeiten gegen Entgelt steht bereits nach der Art der Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Anbietern Gegenstand der Entscheidung war ein Standardmietvertrag und keine organisationsrechtliche Kooperationsentscheidung BFH hat in seiner Pressemitteilung ausdrücklich Bezug auch auf andere Gegenstände des Leistungsaustauschs, z. B. Dienstleistungen der Rechenzentren genommen nicht nur der gegenwärtige, sondern auch ein potenzieller Markt ist zu berücksichtigen (Behinderung eines Markteintritts) interkommunale Kooperationen dadurch gehemmt 13
(2) Rechtsprechung des BFH - Beispiele Kernaussagen des BFH Roter Faden Das Umsatzsteuerrecht ist EU-richtlinienkonform auszulegen. Die körperschaftsteuerliche Gewinn- und Umsatzgrenze (30.678 Euro) ist im UStR nicht anwendbar. Auch die Steuerpflicht der Vermögensverwaltung ist nach der MwStSystRL zu beurteilen. Bei Handeln auf privatrechtlicher Grundlage ist die jpdör stets Unternehmer. Es kommt nicht auf einen tatsächlichen lokalen Markt, sondern nur auf einen potenziellen Markt an. Auch sog. Beistandsleistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage können bei Wettbewerbsverzerrung der Umsatzsteuer unterliegen. 14
(2) Zwischenfazit Die Einordnung als BgA im Sinne des KStG ist für die umsatzsteuerliche Beurteilung künftig nicht mehr von Bedeutung. Ob ein BgA vorliegt, ist künftig ausschließlich für die Beurteilung aus Sicht der Ertragsteuern relevant. Ob eine steuerlich relevante Leistung oder Lieferung vorliegt, bestimmt sich künftig ausschließlich nach dem UStG: Ertragsteuerliche Behandlung: BgA i. S. v. 4 KStG Umsatzsteuerliche Behandlung: BgA Lieferung oder Leistung i. S. v. 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. 2b UStG 15
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Beschluss DBT am 24.09.2015, Zustimmung DBR am 16.10.2015 Inkrafttreten ab 01.01.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017 2 Abs. 3 UStG (a. F.) wird aufgehoben Verweis auf BgA-Begriff im Sinne des KStG damit nicht mehr anzuwenden Umsatzgrenze von 30.678 Euro nicht mehr relevant Einrichtungsbegriff nicht mehr relevant Leistungen auf privatrechtlicher Basis sind stets steuerbare Umsätze (einschl. Erklärungspflicht) normale Befreiungstatbestände nach 4 UStG Kleinunternehmerregelung nach 19 UStG anwendbar Vermögensverwaltung im BgA nicht mehr von Bedeutung; Leistungen sind nicht Ausfluss hoheitlicher Tätigkeit 16
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung in 2b Abs. 1 UStG Teilbereich der Neuregelung für Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (1) Vorbehaltlich des Absatzes 4 gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. 17
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand 2b Abs. 1 Satz 1 UStG nimmt Bezug auf die Unternehmereigenschaft i. S. v. 2 UStG eine umsatzsteuerbare Lieferung oder Leistung liegt grundsätzlich nur bei unternehmerischem Handeln vor; d. h. Marktöffnung der Leistung kein Ausschluss der Leistungserbringung durch einen privaten Dritten nicht bei streng hoheitlichem Handeln = öffentlich-rechtliche Sonderregelung (z. B. Meldewesen, Standesamt, Verwaltungsgebühren, Abwasserbeseitigung, Abfallbeseitigung aus Privathaushalten) Achtung: Einzelfallprüfung! weitere Tatbestandsvoraussetzungen einer steuerbaren Leistung i. S. v. 1 Abs. 1 UStG müssen kumulativ vorliegen 18
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Voraussetzungen einer steuerbaren Leistung i. S. v. 1 Abs. 1 UStG Lieferung oder Leistung i. S. v. 3 UStG Lieferung eines körperlichen Gegenstandes Sonstige Leistungen i. S. v. 3 Abs. 9 UStG (z.b. tauschähnlicher Umsatz) Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung, Abgrenzung selbstständiger Nebenleistungen im Inland eines Unternehmers i. S. v. 2 UStG jede selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit, mit der nachhaltige Leistungen gegen Entgelt erbracht werden mit Einnahmeerzielungsabsicht bzw. Leistung gegen Entgelt Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich! 19
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Aufgabenerledigung durch die Kommune auf öffentlichrechtlicher Grundlage auf privatrechtlicher Grundlage ohne größere Wettbewerbsverzerrung mit größerer Wettbewerbsverzerrung stets steuerbar nicht steuerpflichtig stets steuerbar 20
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung in 2b Abs. 2 UStG Teilbereich der Neuregelung für Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (2) Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen insbesondere nicht vor, wenn 1. der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 Euro jeweils nicht übersteigen wird oder 2. vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht ( 9) einer Steuerbefreiung unterliegen. 21
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Ausgeschlossen, soweit rein hoheitliche Leistung = Gemeinde kein Unternehmer größere Wettbewerbsverzerrung insbesondere gegeben, wenn Gleichartigkeit der Tätigkeit weite oder enge Auslegung? Befreiung vergleichbarer, privatrechtlicher Leistungen mit Möglichkeit zum Verzicht 17.500 Euro Umsatz aus gleichartiger Tätigkeit erreicht stets steuerpflichtig, soweit die Befreiung verzichtbar ist stets steuerbar 22
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung in 2b Abs. 3 UStG Teilbereiche der Neuregelung für interkommunale Zusammenarbeit (3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vor, wenn 1. die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen [ ] 2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird. [ ] 23
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung in 2b Abs. 3 UStG betrifft ausschließlich die Konstellationen der interkommunalen Zusammenarbeit Auslegung des Begriffes größere Wettbewerbsverzerrung im Zusammenhang mit der interkommunalen Zusammenarbeit regelt zwei unterschiedliche Tatbestände: Nr. 1 Aufgaben, die ausschließlich der öffentlichen Hand obliegen der Einfluss auf den Wettbewerb ist wegen Marktbeschränkung für Private per se nicht gegeben z. B. Standesämter, Einwohnermeldewesen, Vollstreckung, Friedhofswesen, Abwasser Nr. 2 keine ausschließliche Zuständigkeit der öffentlichen Hand, aber Erfüllung der Voraussetzungen nach Nr. 2 Buchst. a bis d 24
(3) Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand Neuregelung in 2b Abs. 3 UStG Teilbereiche der Neuregelung 2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn a) die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen, b) die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen, c) die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden und d) der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt. Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein! 25
(3) Prüfschema zur Umsatzsteuerpflicht Frage: Handelt die Körperschaft auf privatrechtlicher Basis oder im Rahmen der öffentlichen Gewalt? Handeln auf privatrechtlicher Basis (privatrechtlicher Vertrag)? Handeln auf öffentlich rechtlicher Grundlage (Satzung etc.)? Führt das Handeln auf öffentlichrechtlicher Grundlage zu größeren Wettbewerbsverzerrungen? Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen vor Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen nicht vor Unternehmerisches Handeln Nichtunternehmerisches Handeln 26
(4) Handlungsbedarf in 2016 Inkrafttreten der Neuregelung 27 Abs. 22 UStG Streichung 2 Abs. 3 UStG wird zum 1. Januar 2017 wirksam Neuregelung des 2b UStG gilt ab 1. Januar 2017 bei Leistungserbringung im Jahr 2016 kann sich die Kommune (noch) nicht auf die Neuregelung berufen; jedoch auf das für sie günstigere EU-Recht (z. B. bei Investitionen in künftig steuerpflichtige Bereiche) 27
(4) Handlungsbedarf in 2016 Inkrafttreten der Neuregelung 27 Abs. 22 UStG Bestimmung einer Übergangsregelung: Die jpdör kann dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie 2 Abs. 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. vgl. BMF- Schreiben vom 19.04.2016 28
(4) Handlungsbedarf in 2016 2016 2017 2018 2019 2020 2021 bisherige Regelung gilt weiter 2 Abs. 3 UStG Grundsatz neue Regelung nach 2b UStG Wahlrecht Anwendung der bisherigen Regelung nach 2 Abs. 3 UStG uneingeschränkte Anwendung der Neuregelung in 2b sowie Streichung von 2 Abs. 3 UStG 29
(4) Handlungsbedarf in 2016 Inkrafttreten der Neuregelung 27 Abs. 22 UStG kommunalfreundliche, lange Übergangsregelung Grundlage für einen geordneten Wechsel in das neue Recht Rechtssicherheit der Übergangsregelung fraglich, Verstoß gegen EU-Recht bleibt bis 2020 bestehen keine konkrete Regelung zum empfangsberechtigten Finanzamt für Kommunen eher weniger problematisch, da steuerlich nur bei einem Finanzamt geführt Erklärung kann formlos abgegeben werden Entscheidung kann nur einheitlich für die gesamte Kommune getroffen werden Erklärung kann nur mit Wirkung für die Zukunft (folgendes Steuerjahr) widerrufen werden nachträgliche Option zum alten Recht ist nicht möglich bei Option zum alten Recht bleiben bisherige BgA erhalten vgl. SLK 02/2016 30
Handlungsgebot in 2016 (4) Handlungsbedarf in 2016 Vorteilhaftigkeit der Behandlung nach altem oder neuem Recht muss in 2016 (abschließend) beurteilt werden!!! Identifikation bisher nicht relevanter, da vermögensverwaltender oder geringfügiger Betätigungen im kommunalen Haushalt und Fälle der interkommunalen Zusammenarbeit Abschätzung des künftigen Investitionsvolumens, worauf sich der Vorsteuerabzug positiv auswirken könnte 31
Handlungsgebot in 2016 (4) Handlungsbedarf in 2016 Analyse des gesamten kommunalen Haushaltes nach steuerbaren, steuerpflichtigen und steuerfreien Leistungen hinsichtlich umsatzsteuerbare Erträge vorsteuerabzugsfähige Aufwendungen Bewertung der Erträge hinsichtlich Steuerpflicht Ermittlung eines Steuervolumens Überprüfung bereits laufender/bestehender Projekte hinsichtlich der Verträge, künftiges Vertragsmanagement Absicherung der Entscheidung Anpassung in Verträgen (Aufnahme von Steuerklauseln) Anpassung von Satzungen, Entgeltverordnungen (Nicht)Abgabe der Erklärung gegenüber dem Finanzamt 32
(4) Chancen und Risiken der Neuregelung Handlungsgebot in 2016 Beispiel: Gemeinde entscheidet sich für die Behandlung nach altem Recht. Gemeinde baut eine Turnhalle neu, welche neben Vereinen auch der Nachbargemeinde zur Verfügung gestellt wird kein VSt-Abzug (wegen Anwendung altes Recht) ab 2021 unterliegen alle Nutzungsentgelte uneingeschränkt der Umsatzsteuer Abschätzung der umsatzsteuerlichen Belastung nach Auslaufen der Übergangsregelung bis 2020 Gesamtbetrachtung des Leistungsspektrums einer Kommune im Übergangszeitraum erforderlich 33
(4) Chancen und Risiken der Neuregelung Identifikation von Sachverhalten Beispiel: Gemeinde betreibt ein Schwimmbad mit folgender Zweckbestimmung Schulschwimmen der eigenen Schule Schulschwimmen der Nachbargemeinde gegen Kostenerstattung Öffentlicher Badebetrieb nach Entgeltordnung Überlassung an Verein im Schwimmbad gibt es eine Sauna, die nicht für das Schulschwimmen genutzt wird Wie sind die Leistungen nach UStG (Neuregelung) zu beurteilen? 34
(4) Chancen und Risiken der Neuregelung Lösung: Schulschwimmen der eigenen Schule hoheitliche Nutzung, keine Umsatzsteuer Schulschwimmen der Nachbargemeinde gegen Kostenerstattung IKZ nach 2b Abs. 3 UStG denkbar, aber: Leistungen nicht im Wesentlichen an andere jpdör erbracht (Vereine, Bürger) öffentlicher Badebetrieb nach Entgeltordnung privatrechtlicher Vertrag, steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz Überlassung an Verein privatrechtlicher Vertrag, steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz im Schwimmbad gibt es eine Sauna, die nicht für das Schulschwimmen genutzt wird privatrechtlicher Vertrag, keine Steuerbefreiung, Aufwendungen müssen mit Schlüssel zugeordnet werden 35
Hinweis auf weiterführende Veranstaltungen 21. Juni 2016 SSG-Workshop zur Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand in Dresden Nähere Informationen unter www.ssg-sachsen.de Veranstaltungen 36
Vielen Dank für s Zuhören! 37