4.2 Moment und Varianz
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- Kristian Geiger
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1 4.2 Moment und Varianz Def Es sei X eine zufällige Variable. Falls der Erwartungswert E( X p ) existiert, heißt der Erwartungswert EX p p tes Moment der zufälligen Variablen X. Es gilt dann: EX p = + i N x p f(x) dx, falls X stetig ist x p i p i, falls X diskret ist Def Es sei X eine zufällige Variable. Wir nennen den Erwartungswert E(X EX) p p tes zentrales Moment der Zufallsgröße X. Das zweite zentrale Moment E(X EX) 2 nennen wir auch Streuung oder Varianz der Zufallsgröße X. Wir Bez. 6 VarX oder σ 2 X. 154 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
2 Def Die Größe σ = V ar(x) heißt Standardabweichung der Zufallsvariablen X. Bez.: σ,σ X. Sei µ = EX. Bem.: : Var (X): mittlere quadratische Abweichung zwischen X und EX. Def Es seien X 1 und X 2 zwei zufällige Variablen. Wir nennen den Erwartungswert cov (X 1, X 2 ) := E((X 1 EX 1 ) (X 2 EX 2 )) die Kovarianz der zufälligen Variablen X 1 und X 2. Def.: Zwei Zufallsvariablen X 1 und X 2 heißen unabhängig, falls P(X 1 < x 1,X 2 < x 2 ) = P(X 1 < x 1 ) P(X 2 < x 2 ) für alle x 1, x 2 R. 155 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
3 Satz 2.6 (Eigenschaften der Varianz) 1. Für beliebige c R gilt: Ist P(X = c) = 1, so folgt VarX = 0. Ist umgekehrt VarX = 0, so existiert ein c R, so daß gilt: P(X = c) = Für beliebige c R gilt: Var (X + c) = VarX. 3. Für beliebige a R gilt: Var (a X) = a 2 Var X. 4. Für zwei zufällige Variablen X 1 und X 2 gilt: Var (X 1 +X 2 ) = VarX 1 +Var X 2 +2 cov (X 1,X 2 ). Beweis: Es seien X, X 1 und X 2 beliebige zufällige Variablen. a,c R seien ebenfalls beliebig gewählt. 1. Es gelte: P(X = c) = 1. Nach Satz 2.4 folgt daraus: EX = c. Dann gilt: Var X = E(X EX) 2 = E(X c) 2 = E(c c) 2 = W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
4 Es sei nun Var X = 0 = E(X EX) 2 = 0. Allgemein gilt für c R: E(X c) 2 0. Also, P(X EX = 0) = 1. c := EX leistet das Verlangte. 2. Es gilt mit Satz 2.4: Var (X + c) = E(X + c E(X + c)) 2 = E(X + c EX Ec) 2 = E(X + c EX c) 2 = E(X EX) 2 = Var X 3. Es gilt mit Satz 2.4: Var (a X) = E(a X E(a X)) 2 = E(a X a EX) 2 = E(a (X EX)) 2 = E ( a 2 (X EX) 2) = a 2 E(X EX) 2 = a 2 Var X 157 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
5 4. Es gilt mit Satz 2.4: Var (X 1 + X 2 ) = E(X 1 + X 2 E(X 1 + X 2 )) 2 = E(X 1 + X 2 EX 1 EX 2 ) 2 = E((X 1 EX 1 ) + (X 2 EX 2 )) 2 = E ( (X 1 EX 1 ) 2 + (X 2 EX 2 ) 2) +2 (X 1 EX 1 ) (X 2 EX 2 ) = E(X 1 EX 1 ) 2 + E(X 2 EX 2 ) 2 +2 E((X 1 EX 1 ) (X 2 EX 2 )) = Var X cov (X 1, X 2 ) + Var X W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
6 Lemma 2.7 Es seien X 1 und X 2 zwei unabhängige Zufallsgrößen. Dann gilt: cov (X 1, X 2 ) = 0. Beweis: Wir betrachten den zufälligen Vektor X = (X 1, X 2 ) T. Wir führen den Beweis nur für den Fall, daß die beiden Zufallsgrößen X 1 und X 2 und damit der Vektor X stetig sind. Für den diskreten Fall verfährt man analog. Es sei f die Dichtefunktion des zufälligen Vektors X. Wir definieren eine Funktion g: R 2 R durch: g(x 1,X 2 ) := (X 1 EX 1 ) (X 2 EX 2 ). Offenbar, cov (X 1,X 2 ) = Eg(X 1,X 2 ). Außerdem ist: Eg(X 1,X 2 ) = (x 1 EX 1 ) (x 2 EX 2 ) f(x 1, x 2 ) dx 1 dx 2. R W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
7 Nach Voraussetzung sind die zufälligen Variablen X 1 und X 2 unabhängig, also f(x 1, x 2 ) = f X1 (x 1 ) f X2 (x 2 ). Somit gilt dann: cov (X 1,X 2 ) = = (x 1 EX 1 ) (x 2 EX 2 ) f X1 (x 1 ) f X2 (x 2 ) dx 1 dx 2 R 2 = (x 1 EX 1 ) f X1 (x 1 ) dx 1 (x 2 EX 2 ) f X2 (x 2 ) dx 2 R = E(X 1 EX 1 ) E(X 2 EX 2 ) = 0 R Das ist die Aussage. Bem. 4 Wir haben beim Beweis des Satzes zwei Aussagen verwendet, die erst im Abschnitt Unabhängigkeit behandelt werden. 160 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
8 Die Umkehrung der Aussage von Lemma 2.7 gilt im allgemeinen nicht, wie das folgende Beispiel zeigt: Bsp Es sei X 1 eine über dem Intervall [0, π[ gleichverteilte Zufallsgröße, X 1 R(0, π)) mit der Dichtefunktion f X1 (x) = 1 π, falls 0 x < π 0, sonst. Die Zufallsgröße X 2 definieren wir durch X 2 = sinx 1. Offenbar, X 1 und X 2 sind streng abhängig. Für die Kovarianz der beiden Zufallsgrößen gilt: cov (X 1,X 2 ) = = E((X 1 EX 1 ) (X 2 EX 2 )) = E(X 1 X 2 X 1 EX 2 X 2 EX 1 + EX 1 EX 2 ) = E(X 1 X 2 ) E(X 1 EX 2 ) E(X 2 EX 1 ) + EX 1 EX 2 = E(X 1 X 2 ) EX 1 EX W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
9 Nun gilt für die Erwartungswerte EX 1 und EX 2 : EX 1 = + = 1 π x f X1 (x)dx = [ π ] π x 2 2 = 1 0 π π2 2 = π 2 0 x 1 π dx EX 2 = E(sin X 1 ) = + sin x f X1 (x)dx = π 0 sinx 1 π dx = 1 π [ cos x]π 0 = 2 π Für den Erwartungswert E(X 1 X 2 ) gilt nach dem Transformationssatz E(X 1 X 2 ) = E(X 1 sin X 1 ) = π = [ 1 π x cos x] π π = 1 π ( 1)π) = 1 0 x sin x 1 π dx π cos xdx 0 } {{ } =0 162 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
10 Wir setzen alle diese Werte in die Ausgangsgleichung ein und erhalten: cov (X 1,X 2 ) = E(X 1 X 2 ) EX 1 EX 2 = 1 π 2 2 π = 0 Trotz der Abhängigkeit der beiden Zufallsgrößen X 1 und X 2 ist ihre Kovarianz gleich Null. Folglich läßt sich die Aussage von Lemma 2.7 nicht umkehren. Folg. 5 Falls zwei zufällige Variablen X 1 und X 2 unabhängig sind, gilt für die Varianz ihrer Summe: Var (X 1 + X 2 ) = Var (X 1 ) + Var (X 2 ). 163 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
11 Beispiele a) Poisson-Verteilung, X P oi(λ). p i = P(X = i) = λi i! e λ, i = 0, 1, 2,... Var (X) = E(X EX) 2 = = i (i 1)p i + i=2 2λ = λ 2 = λ. i=2 (i λ) 2 p i i=0 ip i i=0 ip i + λ 2 i=0 b) Binomialverteilung, X B(n, p). i=0 p i λ i 2 (i 2)! e λ + λ 2λ 2 + λ 2 (ohne Beweis, ÜA) Var (X) = np(1 p). 164 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
12 c) Gleichverteilung auf (a, b), X R(a, b). 1 x (a,b) b a f(x) = 0 sonst. EX = a + b 2. EX 2 = b a x 2 1 b a dx = 1 3 x3 b a = b3 a 3 3(b a) = a2 + ab + b 2. 3 Var (X) = EX 2 (EX) 2 = 1 12 (4a2 + 4ab + 4b 2 3a 2 6ab 3b 2 ) = 1 12 (a2 2ab + b 2 ) = 1 b a (b a) W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
13 d) Exponentialverteilung λe λ x falls x 0, f(x) = 0 sonst. EX = 1 λ. EX 2 = 0 x 2 λe λ x dx = 2 λ 2 (ÜA). Var (X) = 1 λ W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
14 e) Normalverteilung f(x) = E(X µ) 2 = 1 e 1 2 (x µ 2πσ = σ 2 σ )2 dx (x µ) 2 1 2πσ e 1 2 (x µ σ )2 dx t 2 1 2π e t2 2 dt = σ 2 1 ( t)( t e t2 2 )dt 2π = σ2 ( te t 2 /2 2π ) ( 1)e t2 2 dt = σ2 2π = σ 2. t = x µ σ, e t2 2 dt σ dt = dx Bei Normalverteilung sind also die Parameter µ und σ 2 Erwartungswert und Varianz. 167 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
15 4.3 Schiefe und Exzeß Angenommen, das 4. Moment existiert. Schiefe σ X = V ar(x) (Standardabweichung) E(X EX)3 γ 1 = (VarX) 3/2 Kurtosis γ 2 = E(X EX)4 (VarX) 2 γ 1 > 0: rechtsschiefe Verteilung γ 1 = 0: symmetrische Verteilung γ 1 < 0: linksschiefe Verteilung γ 2 > 3: starke Tails γ 2 = 3: Wölbung wie bei NV γ 2 < 3: schwache Tails Bem.: Diese Klassifikation ist recht vage. Es gibt mehrere Verteilungen mit gleicher Kurtosis, die aber recht unterschiedlich aussehen. 168 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin
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