Statistik für Ingenieure Vorlesung 5
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- Christel Junge
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1 Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik 28. November 2017
2 3.4 Wichtige stetige Verteilungen Exponentialverteilung Parameter: λ > 0. Zufallsgröße X mit Dichtefunktion f X bzw. Verteilungsfunktion F X f X (x) = { 0, x < 0, λe λx, x 0 ; F X (x) = { 0, x < 0, 1 e λx, x 0. Beispiele: λ = 0.5 (blau), λ = 1 (rot), λ = 5 (grün). Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
3 Exponentialverteilung Kenngrößen: EX = 1 λ, VarX = 1 λ 2 und x 0.5 = ln 2 λ λ. Bezeichnung: X Exp(λ). Exponentialverteilte Zufallsgrößen nehmen nur nichtnegative Werte an, daher sind sie prinzipiell zur Modellierung von zufälligen Lebensdauern oder Wartezeiten geeignet. Beispielaufgabe: Die zufällige Lebensdauer eines Bauteils sei exponentialverteilt, dabei betrage die erwartete Lebensdauer 3 Jahre. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Bauteil länger als 6 Jahre funktioniert? Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
4 Exponentialverteilung als Lebensdauerverteilung Wird die zufällige Lebensdauer eines Bauteils durch eine Exponentialverteilung modelliert, dann werden Alterungseffekte nicht mit berücksichtigt (sogenannte Gedächtnislosigkeit der Exponentialverteilung). Angenommen, das Bauteil hat schon das Alter x 0 > 0 erreicht. Dann gilt für die Restlebensdauer X x0 und x > 0 P(X x0 x) = P (X x 0 + x X x 0 ) = P(X x 0 + x) P(X x 0 ) = e λ(x 0+x) e λx 0 = e λx = P(X x). Damit kann die Exponentialverteilung als Lebensdauerverteilung nur dann ein gutes Modell sein, wenn äußere Ereignisse das Leben beenden und keine Alterung vorliegt. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
5 Zusammenhang von Exponential- und Poissonverteilung Es werden bestimmte Ereignisse betrachtet, die zu zufälligen Zeitpunkten T 1, T 2,... mit einer Intensität λ > 0 (mittlere Anzahl der Ereignisse pro Zeiteinheit) eintreten. Bezeichnet man mit N t die zufällige Anzahl der eingetretenen Ereignisse im Zeitintervall [0, t], dann sind die Zufallsgrößen N t für verschiedene Zeitpunkte t genau dann Poisson-verteilt mit Parameter µ = λt, falls die zufälligen Zeitabstände zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen stochastisch unabhängig und exponentialverteilt mit dem Parameter λ sind. Die zufälligen Zeitmomente T 1, T 2, T 3,... bilden dann einen sogenannten Poissonschen Ereignisstrom. Die Zufallsgrößen (N t, t 0) definieren dann einen sogenannten Poissonprozess. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
6 3.4.2 Normalverteilung (Gauß-Verteilung) Parameter: µ R, σ 2 > 0. Zufallsgröße X mit Dichtefunktion f X bzw. Verteilungsfunktion F X f X (x) = 1 2πσ e (x µ)2 2σ 2, F X (x) = 1 2πσ x e (t µ)2 2σ 2 dt, x R. Kenngrößen: EX = µ und VarX = σ 2. Bezeichnung: X N(µ, σ 2 ). Die Dichtefunktion ist symmetrisch bezüglich der Geraden x = µ, deshalb gilt für den Median auch x 0.5 = µ. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
7 Dichtefunktion Normalverteilung Quelle: xl.jpg Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
8 Dichte- und Verteilungsfunktionen Normalverteilung links: µ = 0, σ = 0.5 (blau), σ = 1 (rot), σ = 2 (grün) ; rechts: µ = 2, σ = 0.5 (blau), µ = 0, σ = 1 (rot), µ = 1, σ = 2 (grün). Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
9 Standardnormalverteilung Die Zufallsgröße X ist standardnormalverteilt, falls X normalverteilt ist und µ = EX = 0 sowie σ 2 = VarX = 1 gelten, d.h. X N(0, 1). Die Dichte-bzw. Verteilungsfunktion sind dann φ(x) = 1 2π e x2 2 bzw. Φ(x) = 1 2π x e t2 2 dt, x R. Ist die Zufallsgröße X normalverteilt mit Erwartungswert µ und Varianz σ 2, dann ist die standardisierte Zufallsgröße Z := X µ σ standardnormalverteilt, d.h. normalverteilt mit Erwartungswert 0 und Varianz 1. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
10 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten Geg.: X N(µ, σ 2 ), a < b. Ges.: P(a X b). Wegen Z = X µ N(0, 1) gilt σ ( a µ P(a X b) = P X µ b µ ) σ σ σ ( a µ = P Z b µ ) σ σ ( ) ( ) b µ a µ = Φ Φ. σ σ Die Funktionswerte von Φ können aus einer Tabelle abgelesen werden oder mit einem Taschenrechner o.ä. berechnet werden. Es gilt Φ( x) = 1 Φ(x) für beliebige reelle Zahlen x. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
11 Tabelle zur Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung Die folgende Tabelle enthält Werte der Verteilungsfunktion Φ(x) = 1 2π x e z2 2 dz der Standardnormalverteilung für Argumente x = 0.00, 0.01,..., Werte von Φ für entsprechende negative Argumente erhält man über die Beziehung Φ( x) = 1 Φ(x). Zum Beispiel gilt (näherungsweise) Φ(1.96) = und entsprechend Φ( 1.96) = = Zur Bestimmung eines Quantils Φ 1 (p) suche man den gegebenen Wert p der Verteilungsfunktion Φ (bzw. einen möglichst naheliegenden) im Tabellenkörper und bestimme das zugehörige Argument x. Zum Beispiel ist das 99%-Quantil Φ 1 (0.99) ungefähr Φ 1 (0.9901) = Quelle Formelsammlung Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
12 Rechenbeispiel Normalverteilung Geg.: X N(30, 25). Ges.: P(28 X 35). Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
13 k σ Regeln für Normalverteilung Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wert einer Zufallsgröße X N(µ, σ 2 ) um mehr als 3 σ vom Erwartungswert ( Sollwert ) µ abweicht? Antwort: ( X µ P( X µ > 3σ) = P σ ) > 3 = P( Z > 3) = 2 P(Z > 3) = 2 (1 Φ(3)) = 2 ( ) = Folglich und analog gilt: 3 σ Regel: Innerhalb von µ ± 3σ liegen ca % der Messwerte. 2 σ Regel: Innerhalb von µ ± 2σ liegen ca. 95.5% der Messwerte. 1 σ Regel: Innerhalb von µ ± σ liegen ca. 68.3% der Messwerte. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
14 Umgekehrte Fragestellung Frage: In welchem Intervall I = [µ c; µ + c] liegen im Mittel (z.b.) 90% der Messwerte für X N(µ, σ 2 )? Ges.: c, so dass P( X µ c) = 0.9. Lsg: ( X µ 0.9 = P( X µ c) = P c ) σ σ ( = P Z c ) ( = P c σ σ Z c ) ( c ) = 2Φ 1 σ σ ( c ) Φ = = 0.95 σ 2 c σ = z 0.95 = (0.95-Quantil) c = σ. D.h., zwischen µ 1.645σ und µ σ liegen im Mittel 90% der Messwerte. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
15 Quantile zp der Standardnormalverteilung N (0, 1) Hier gilt zp = z1 p, so ist z.b. z 0.05 = z 0.95 = p zp p zp p zp p zp Quelle: Formelsammlung Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
16 Unabhängigkeit von Zufallsgrößen Die Zufallsgrößen X 1,..., X n heißen (stochastisch) unabhängig, wenn für beliebige reelle Zahlen a 1 < b 1,..., a n < b n gilt P(a 1 X 1 < b 1,..., a n X n < b n ) = P(a 1 X 1 < b 1 )... P(a n X n < b n ). Zufallsgrößen, die z.b. zu unterschiedlichen, sich nicht beeinflussenden Teilversuchen gehören, können als unabhängig angesehen werden. Oft wird die Unabhängigkeit von Zufallsgrößen aber auch angenommen, um überhaupt etwas berechnen zu können. Sind zwei Zufallsgrößen X und Y stochastisch unabhängig, dann gilt E(X Y ) = EX EY. Satz: Sind zwei Zufallsgrößen X und Y stochastisch unabhängig, dann gilt für deren Summe Var(X + Y ) = VarX + VarY. Diese Eigenschaft gilt aber im Allgemeinen nicht für abhängige Zufallsgrößen! Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
17 Summen von unabhängigen normalverteilten Zufallsgrößen Eigenschaft: X 1 N(µ 1, σ 2 1 ), X 2 N(µ 2, σ 2 2 ), unabhängig, a 1, a 2 R a 1 X 1 + a 2 X 2 N(a 1 µ 1 + a 2 µ 2, a 2 1 σ2 1 + a2 2 σ2 2 ) (Additionssatz). X i i=1 Die Summe S n = n Zufallsgrößen X 1,..., X n nµ und Varianz nσ 2. von n unabhängigen N(µ, σ 2 )-verteilten ist normalverteilt mit Erwartungswert Näherungsweise gilt eine ähnliche Aussage auch für Zufallsgrößen mit anderen Verteilungen. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
18 Zentraler Grenzwertsatz Häufig ergeben sich Zufallsgrößen (z.b. Messfehler) durch (additive) Überlagerung vieler kleiner stochastischer Einflüsse. Der zentrale Grenzwertsatz bewirkt dann, dass man diese Größen (näherungsweise) als normalverteilt ansehen kann. Für unabhängige, identisch verteilte Zufallsgrößen X 1, X 2,... mit EX i = µ, VarX i = σ 2 > 0 konvergiert die Verteilung der standardisierten Summe gegen die Standardnormalverteilung, d.h. es gilt für z R P ( Sn ES n VarSn bzw. für große n gilt: P (S n < x) Φ ) ( ) Sn nµ < z = P < z Φ(z), nσ 2 n ( ) x nµ. nσ 2 Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
19 Spezialfall: Satz von Moivre-Laplace Sind X 1,..., X n identisch Bernoulli-verteilt, d.h. X i Bin(1, p), so gilt für die Summe S n Bin(n, p) und nach dem zentralen Grenzwertsatz gilt für z R : bzw. für große n ( ) S n np P < z np(1 p) ( ) n > 9 p(1 p) gilt n Φ(z), ( ) x np P (S n < x) Φ np(1 p) (Satz von Moivre-Laplace). Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
20 Beispiel Zentraler Grenzwertsatz Eine Weinkellerei lädt 200 Kunden zur Weinverkostung ein. Es kommt erfahrungsgemäß mit 60% der Kunden zu einem Verkaufsabschluss. Wie groß sind die Wahrscheinlichkeiten, dass genau 130 bzw. mehr als 130 Kunden abschließen? ZG X = Anzahl der Abschlüsse Bin(200, 0.6) E(X ) = 120, Var(X ) = 48. P(X = 130) = ( ) = , P(X > 130) = Approximation mittels Normalverteilung P(X = 130) = P(129.5 < X < 130.5) ( ) ( ) Φ Φ ( ) P(X > 130) = 1 P(X < 130.5) 1 Φ Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik für Ingenieure Vorlesung 5 Geändert: 24. November
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