WS 2013/14. Methodenlehre. III. Moderne Komplikationen der auslegungsorientierten Methodik. Prof. Dr. Dr. Ino Augsberg
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- Friederike Messner
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1 Methodenlehre Prof. Dr. Dr. Ino Augsberg 1
2 Rationalisierung der Abwägung bereits bei Alexy durch Zahlenkalkül Aber: Bei Alexy keine reine Mathematisierung, sondern nur Hinweis auf im einzelnen begründungsbedürftige argumentativ zu rechtfertigende Abwägungspositionen 2
3 Anders numerische Abwägungstheorien: Versuch, Abwägungsposten zahlenmäßig zu konkretisieren Damit wird Abwägung zur bloßen Rechenoperation 3
4 Wie gelingt zahlenmäßige Bestimmung der Abwägungsgüter? Zuhilfenahme ökonomischer Verfahren der Bewertung Übergang von Abwägungslehre zur ökonomischen Analyse des 4
5 Grundintention: Bestimmung juristischer Entscheidungen aufgrund ökonomischen Kosten-Nutzen-Kalküls Versuch, die Ziele rechtlicher Regulierung ökonomisch d.h. als bezifferbare Werte zu fassen Damit auch etwaige Zielkonflikte näher bestimmbar 5
6 Grunddifferenzierung: Effektivität und Effizienz rechtlicher Maßnahmen Effektivität: Möglichst erfolgreiche Zielerreichung, ohne Rücksicht auf dabei entstehende Transaktionskosten Effizienz: Erreichung des gesetzten Ziels bei möglichst sparsamem Ressourceneinsatz 6
7 Sonderform der Effizienz: Sog. Paretooptimum (nach Vilfredo Pareto): Zustand, von dem aus Besserstellung einer Person nicht mehr möglich, ohne dass eine andere Person dadurch schlechter gestellt würde Relationales Optimum, ausgehend vom status quo der Besitzverhältnisse 7
8 Ziel des in ökonomischer Sicht. Maximierung der ökonomischen Effizienz Durch (u.a.): Senkung der Transaktionskosten ökonomischer Aktivitäten Unter Berücksichtigung, dass sowohl Markt wie system mit operationalen Kosten verbunden Aufgabe: die Ermittlung der jeweils effizientesten institutionellen Regelung 8
9 Anwendungsfälle etwa: Bestimmung von Sorgfaltsmaßstab i.s.v. zu vermeidender Fahrlässigkeit Wenn B (Kosten für Vorsichtsmaßnahmen) < P (Schadenswahrscheinlichkeit) x L (erwartete Schadenshöhe) Optimale Bestrafung: wenn gesamtgesellschaftliche Kosten von Kriminalität (einschließlich ihrer Ahndung) minimal 9
10 Beispielsfall: Eine Fabrik produziere Abwässer, die bei den Anwohnern Krebs verursachen können. Würden die Abwässer nicht gereinigt, entstünden dadurch Krankheitsschäden im Wert von voraussichtlich 10 Mio. Franken. Durch den Einbau einer Kläranlage mit nur einer Reinigungsstufe, die 4 Mio. Franken kosten würde, könnten die Krankheitsschäden um 5 Mio. Franken reduziert werden. Mit dem Einbau einer zweiten Reinigungsstufe, die weitere 4 Mio. Franken kostet, wäre eine weitere Reduktion der Krankheitsschäden um 3 Mio. Franken möglich. 10
11 Der Einbau der ersten Reinigungsstufe ist gesellschaftlich effizient: 4 Mio. Franken an Kosten stehen einer erwarteten Schadensreduktion von 5 Mio. Franken gegenüber, so dass netto ein Gewinn von 1 Mio. Franken resultiert. Die Investition in eine zweite Reinigungsstufe wäre aber ineffizient: Die erwartete zusätzliche Schadensreduktion von 3 Mio. Franken verursacht zusätzliche Kosten von 4 Mio. Franken und würde gesellschaftlich einen Wert von 1 Mio. Franken vernichten. (Klaus Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, Berlin, 2. Aufl. 2006, S. 82) 11
12 Beispiel zeigt nicht nur das Verfahren, sondern auch das damit verknüpfte Problem: (Auch) komplexe Wertungsentscheidungen werden zu monetären Posten verdichtet, um gegeneinander aufrechenbar zu sein (Neuere Perspektive: Umstellung von objektiv messbaren Faktoren auf subjektive Präferenzen) 12
13 Verallgemeinerung des Problems: Einseitige Privilegierung ökonomischer Rationalität über andere Formen sozialer Vernunft Damit Gefahr der Etablierung einer Art Naturrecht zweiter Potenz, bei dem wirtschaftliche Zusammenhänge als Maßstab für Gesamtgesellschaft und damit auch das Recht fungieren 13
14 Zudem: Komplizierung der Perspektive in neuerer ökonomischer Theorie selbst Verabschiedung des einfachen Leitbilds des rein rational handelnden homo oeconomicus? Behavioural Law & Economics 14
15 Klassische Methodik orientiert an judikativer Kontrollperspektive: Gleichlauf des Entscheidungsprogramms der Verwaltung und des Kontrollprogramms der Gerichte Typisch in Form von starrem Konditionalprogramm: Wenn x (Tatbestand), dann y (folge) c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft 15
16 Voraussetzung: Strenge Gesetzesbindung der Verwaltung keine eigenen Handlungsspielräume Sondern: Volle Überprüfbarkeit der administrativen anwendung durch die Gerichte (Juristisches Arg. dafür im Kontext des GG: Art. 19 Abs. 4 GG c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft Demokratieprinzip) 16
17 Methodische Annahme dahinter: Einheitlicher Gesetzestext, der entsprechend einheitliche Auslegung ermöglicht und fordert Konsequenz: Juristische Methodik = c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft 17
18 Aber: Schon nach traditioneller Vorstellung nicht alles Verwaltungshandeln eindeutig programmiert Vielmehr: (1) Ermessen (2) Beurteilungsspielraum bei Ausfüllung/Konkretisierung unbestimmter begriffe c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft 18
19 Neue Verwaltungswissenschaft knüpft hier an: Krise des Ordnungsrechts führt zu verstärkter Selbständigkeit der Verwaltung Diese muss ihrerseits methodisch angeleitet werden Erarbeitung der Vielzahl von Faktoren, die Verwaltungsentscheidung jenseits der Gesetzesbindung bestimmen steuerungstheoretischer Ansatz c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft 19
20 Juristische Methodik dann auch: Ordnung und Strukturierung dieser Faktoren, gezielter Einsatz Dazu zählen etwa: Realbereichsanalyse Folgenorientierung Weiche Entscheidungsfaktoren (Emotionen etc.) c) Erweiterung der Akteurs- Perspektive: Von der textorientierten Interpretationswissenschaft zur problemlösungsorientierten Entscheidungswissenschaft Ökonomische Aspekte 20
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