A. Trennungs- und Abstraktionsprinzip
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- Michaela Keller
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1 A. Trennungs- und Abstraktionsprinzip I. Verpflichtungen und Verfügungen Fall 1: A verkauft B seinen gebrauchten Mini für 5000,-. Da A den Wagen am Abend aber noch selbst benötigt, vereinbaren beide, dass sowohl der Wagen als auch das Geld am nächsten Tag übergeben werden sollen. 1. Verpflichtungen schaffen einen oder mehrere Ansprüche oder einen Rechtsgrund für das Behalten von Leistungen grds. alle im Schuldrecht geregelten Verträge (Ausnahmen: 398 ff. BGB und 397 BGB) 2. Verfügungen sollen die Einwirkung auf ein bestehendes subjektives Recht nicht erst durch Ansprüche vorbereiten, sondern diese unmittelbar vollziehen Definition: Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das auf ein bestehendes Recht einwirkt durch Übertragung, Aufhebung, Belastung oder Inhaltsänderung, z.b. Übereignung einer Sache, Abtretung einer Forderung 3. Unterschiede Verfügung und Verpflichtung: a. Bei Verfügungen gilt der Bestimmtheitsgrundsatz, vgl. 243 II BGB b. Verfügungsbefugnis bei Verfügungen nötig c. Für Verfügungen des Sachenrechts gilt das Publizitätsprinzip (Eintragung oder Übergabe) II. das Trennungsprinzip 1. strikte Trennung von schuldrechtlichen Verträgen und sachenrechtlichen Übertragungsgeschäften 2. schuldrechtliche Beziehungen haben zwischen zwei Personen bewirken keine Änderung der sachenrechtlichen Verhältnisse. Hierzu bedarf es weiterer Geschäfte. 1
2 Zum Fall: hier drei Rechtsgeschäfte: 1. Kaufvertrag, 433 BGB (Verpflichtungsgeschäft) 2. Die Einigung über den Übergang des Eigentums und Übergabe der Kaufsache, 929 S.1 BGB (1. Verfügungsgeschäft) 3. Die Einigung über den Übergang des Eigentums und Übergabe des Kaufpreises, 929 S.1 BGB (2. Verfügungsgeschäft) Beachte: Wird das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft geprüft, dürfen keine Ausführungen zum Verpflichtungsgeschäft (z.b. Kaufvertrag; Schenkung) erfolgen! Falsch, wenn im Rahmen der dinglichen Einigung folgende Satzteile stehen: Durch den Kaufvertrag wurde A Eigentümer des Autos; Indem das Auto an A verkauft wurde, wurde dieser Eigentümer; Durch die Schenkung des B an A wurde A Eigentümer. Für die dingliche Einigung bedarf es eines wirksamen Kaufvertrages III. Das Abstraktionsprinzip (baut auf dem Trennungsprinzip auf, geht aber darüber hinaus) Fall 2: K will von V einen antiken Kompass kaufen und macht ihm versehentlich ein schriftliches Angebot in Höhe von 250 ; er wollte eigentlich 150 schreiben. V ist über dieses Angebot erfreut und übereignet dem K am nächsten Tag den Kompass. Dabei vereinbaren sie, dass K mit der Zahlung des Kaufpreises (wobei in diesem Zeitpunkt über die Höhe nicht gesprochen wird) noch eine Woche warten kann, da dieser gerade knapp bei Kasse ist. Als V dann die 250,- verlangt, stellt sich der Irrtum des K heraus. Dieser ficht seine Erklärung sofort an. Kann V den Kompass zurückverlangen? 1. Verfügungen wirken unabhängig davon, ob ihnen eine wirksame Verpflichtung zugrunde liegt. (das BGB drückt dies dadurch aus, dass die Vorschriften über Verfügungen ( 398, 873, 929ff.) das Bestehen einer Verpflichtung nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung nennen) 2. Ist also das Verpflichtungsgeschäft unwirksam, berührt diese Unwirksamkeit grundsätzlich nicht die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts (es gilt Fehlerunabhängigkeit) 3. Sinn des Abstraktionsprinzips: Sicherheit im Rechtsverkehr 2
3 4. Der Eintritt der Rechtswirkungen des Verfügungsgeschäfts hängt nur davon ab, ob das Verfügungsgeschäft selbst wirksam zustande gekommen ist. 5. Um ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, hat der Gesetzgeber das schuldrechtliche Bereicherungsrecht entwickelt. Dieser Bereicherungsanspruch wirkt nur schuldrechtlich. Die Eigentumsübertragung in Erfüllung dieser Verbindlichkeit erfolgt dann wiederum nach 929 S. 1 BGB Grober Fehler: Die Übereignung könnte unwirksam sein, da der zugrunde liegende Kaufvertrag unwirksam ist, gemäß 107, 108 BGB. IV. Problemkonstellation Fehleridentität: Fall 3: Der 6-jährige S schenkt dem 5-jährigen F seine Spielkonsole. (Minderjährigenschutz) Fall 4: V täuscht K beim Kauf eines Gebrauchtwagens arglistig über die Unfallfreiheit des Kfz, also über eine verkehrswesentliche Eigenschaft ( 123 I Alt. 1 BGB). Nach der Abwicklung sowohl des Verpflichtungs- als auch des Verfügungsgeschäfts bemerkt K die Täuschung und ficht beide Erklärungen an. Hier wirkt sich das Abstraktionsprinzip nicht aus (es gilt aber nach wie vor), da derselbe Unwirksamkeitsgrund sowohl die Verpflichtung als auch die Verfügung betrifft. 3
4 B. Aufbau der wichtigsten Anspruchsgrundlagen bei Herausgabe: 985 BGB Obersatz: A könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Buches gemäß 985 BGB haben. Voraussetzungen: Dafür müsste A Eigentümer des Buches sein, B müsste Besitzer des Buches sein und ihm dürfte kein Recht zum Besitz im Sinne des 986 BGB zustehen. Beachte: Immer alle Voraussetzungen aufführen, die das Gesetz verlangt! So vergisst man nichts! I. Ist Anspruchsteller Eigentümer? Obersatz: A müsste Eigentümer des Buches sein. 1. Historischer Aufbau: War A zu irgendeinem Zeitpunkt Eigentümer? Falls (+) 2. Verlust des Eigentums durch Übereignung nach 929 S.1 BGB? Voraussetzungen der Übereignung: a. Einigung i. Rechtsnatur: formfreier, abstrakter dinglicher Vertrag, der sich nur auf die Eigentumsübertragung zu beziehen braucht ii. Zustandekommen der Einigung: Die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte sind anwendbar ( BGB), damit auch 145, 147 BGB Angebot und Annahme hinsichtlich des Eigentumsübergangs. Vorliegen der Tatbestandshandlungen Wirksamkeit der Willenserklärungen (P: Geschäftsfähigkeit) Wirksamkeit der dinglichen Einigung (P: Anfechtung des Vertrages) Beachte: hier darf auf keinen Fall etwas über den Kaufvertrag geschrieben werden. Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip! 4
5 b. Übergabe (Realakt) II. III. Ist Anspruchsgegner Besitzer? Hat Anspruchsgegner ein Recht zum Besitz? (Einwendung) 812 Abs.1 S.1 Alt. 1 BGB Obersatz: A könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Buches gemäß 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB haben. Voraussetzungen: B müsste etwas ohne Rechtsgrund durch Leistung erlangt haben. 1. Hat B etwas erlangt? a. Verbesserung der Vermögenslage (Vorteil) b. Achtung: Es ist genau zu bestimmen, was Gegenstand der Zuwendung/Erwerbs ist. (z.b. die Sache selbst, ihre Nutzungsmöglichkeit, Besitz, Eigentum) 2. Durch Leistung des A? a. Darunter versteht man, jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. b. Zweckgerichtet = causa solvendi Welche (vermeintliche) Verpflichtung sollte erfüllt werden? 3. Ohne Rechtsgrund? a. Hier Prüfung des schuldrechtlichen Vertrages a. Ist ein Vertrag zustandegekommen? b. Ist der Vertrag wirksam? 5
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