11: Die Euler sche Polyederformel für planare Graphen
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- Dorothea Neumann
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1 Chr.Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 38 11: Die Euler sche Polyederformel für planare Graphen (11.1) BEM: a) Ein Polyeder (auch Vielflach oder Vielflächner) ist ein geometrischer Körper, der nur von ebenen Flächen begrenzt wird. Beispiele für Polyeder: Würfel, Quader, Pyramide, Prisma, Dodekaeder. Keine Polyeder sind etwa Kugel, Kegel, Zylinder. b) Der Euler sche Polyedersatz stellt eine Beziehung zwischen der Eckenzahl n, der Kantenzahl m und der Anzahl f der Begrenzungsflächen gewisser Polyeder her. Zunächst einige Beispiele: 1) Würfel: n m + f = = 2 2) Vierseitige Pyramide: n m + f = = 2 3) Ein nach oben hin unbegrenzter Quader: n m +f = = 1 4) Ein Polyeder mit einem Loch : P 2 P 1 n m + f = = 1 c) Ein Polyeder heißt beschränkt, wenn es mit einer Kugel eingeschlossen werden kann. d) Ein Polyeder P heißt konvex, wenn für je zwei Punkte von P die gesamte Verbindungsstrecke in P liegt. e) IndenBeispielen1)und2)sinddiePolyeder beschränktundkonvex, daspolyederin3)istkonvex aber nicht beschränkt und das in 4) ist beschränkt aber nicht konvex, da etwa die Verbindungsstrecke der beiden Punkte P 1 und P 2 nicht in dem Polyeder liegt.
2 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 39 (11.2) SATZ: Euler scher Polyedersatz Für ein beschränktes konvexes Polyeder mit n Ecken, m Kanten und f Flächen gilt n m +f = 2. (11.3) BEM: Diese Formel taucht zum ersten Mal in einem Brief von Leonhard Euler an den Mathematiker Christian Goldbach ( ) aus dem Jahre 1750 auf, allerdings hatte Euler zu dem Zeitpunkt noch keinen Beweis dafür. Später konnte er noch einen unvollständigen Beweis erbringen, aber erst A.M.Legendre veröffentlichte 1794 einen vollständigen Beweis. Wir können jetzt eine Zusammenhang zwischen Polyedern und planaren Graphen herstellen: (11.4) BEM: Eine geeignete Projektion eines beschränkten konvexen Polyeders auf eine Ebene liefert einen zusammenhängenden planaren Graphen. Beispiel: Die Projektion eines Hexaeders (Würfels) auf eine Ebene ergibt den sog. Hexaeder Graphen. Sei G ein zusammenhängender planarer Graph mit n Ecken, m Kanten und f Flächen. Wir wollen den Ausdruck n m + f in einigen Fällen bestimmen.
3 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 40 (11.5) BEISPIELE: a) Für den vollständigen Graphen K 4 gilt n = 4, m = 6 und f = 4, also n m + f = = 2 b) Für den Kreis Graphen C 7 gilt n = 7, m = 7 und f = 2, also n m + f = = 2 c) Für einen Baumgraphen mit n Ecken gilt m = n 1 und f = 1, also n m +f = n (n 1) +1 = n n +1+1 = 2 In all diesen Beispielen gilt derselbe Zusammenhang zwischen Ecken, Kanten und Flächenzahl wie bei den beschränkten konvexen Polyedern. Man kann dies sogar allgemein für zusammenhängende planare Graphen zeigen: (11.6) SATZ: (Euler, 1750) Sei G ein zusammenhängender planarer Graph. Es bezeichne n die Eckenzahl, m die Kantenzahl, f die Flächenzahl einer beliebigen ebenen Zeichnung von G. Dann gilt: n m + f = 2 Diese Formel heißt Euler sche Polyederformel (EPF) für zusammenhängende planare Graphen. Bew: durch vollständige Induktion (2. Variante) nach der Anzahl k der Kreise. (IA) k = 0 G ist ein zusammenhängender Graph ohne Kreise, also ein Baum Graph, für den nach (11.5c) die Behauptung gilt. (IV) Sei k Æ 0 eine beliebige feste natürliche Zahl, und für jeden zusammenhängenden planaren Graphen mit höchstens k Kreisen gelte die EPF. (IB) Ist G ein beliebiger zusammenhängender planarer Graph mit n Ecken, m Kanten, f Flächen und (k + 1) Kreisen, so gilt die EPF n m +f = 2.
4 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 41 (IS) Wegen k 0 ist k +1 1, so dass G einen Kreis besitzt. Sei α eine Kante dieses Kreises. Dann ist der Graph H := G α zusammenhängend (da eine Kante eines Kreises gelöscht wurde) und als Untergraph eines planaren Graphen wieder planar. Außerdem hat H weniger Kreise als G, also höchstens k Kreise. Folglich läßt sich die IV auf H anwenden. Da H eine Fläche weniger als G hat, gilt damit Setzt man E(H) = E(G) = n ( ) E(H) K(H) +(f 1) = 2. K(H) = K(G) 1 = m 1 in die Formel ( ) ein, so erhält man 2 = n (m 1) + (f 1) = n m f 1 = n m +f, womit alles bewiesen ist. (11.7) BEM: Planarität muss in(11.6) vorausgesetzt werden, um überhaupt den Begriff der Fläche (und damit den der Flächenzahl) zur Verfügung zu haben. Für nichtzusammenhängende planare Graphen gilt die Formel nicht. Für den Graphen H aus (10.9) gilt n m+f = = 3. Dagegen muss nicht vorausgesetzt werden, dass der Graph schlicht ist. (11.8) FOLG: Je zwei ebene Zeichnungen eines zusammenhängenden planaren Graphen haben dieselbe Anzahl von Flächen. (11.9) SATZ: G sei ein schlichter zusammenhängender planarer Graph mit n Ecken (n 3) und m Kanten. Dann gilt: a) m 3n 6 b) Besitzt G außerdem keine Dreiecke, so gilt m 2n 4. Die Bedingungen aus dem Satz (11.9) sind nur notwendig aber nicht hinreichend! Man kann also aus der Tatsache, dass für einen Graphen etwa m 3n 6 (oder m 2n 4) gilt, nicht schließen, dass der Graph planar ist!!!!
5 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 42 (11.10) SATZ: Sei G ein schlichter planarer Graph. Dann gilt: a) G enthält eine Ecke vom Grade 5. b) Besitzt G außerdem keine Dreiecke, so enthält G eine Ecke vom Grade 3. Wir können jetzt mit Hilfe von (11.9) beweisen (s. (10.4b) und (10.4c)): (11.11) SATZ: a) Der vollständige Graph K 5 ist nicht planar. b) Der vollständig bipartite Graph K 3,3 ist nicht planar. Mit (10.3b) erhält man damit: (11.12) BEM: Enthält ein Graph G den Graphen K 5 oder K 3,3 als Untergraphen, so ist G nicht planar. Beispiel: Der Graph K 6 ist nicht planar, da er K 5 als Untergraphen enthält. (11.12) lässt sich noch folgendermaßen verbessern : Aus einem gegebenen Graphen G kann man einen neuen Graphen H bilden, indem man in gewisse Kanten von G neue Ecken einfügt, die dann alle in dem Graphen H den Grad 2 haben. Man nennt dann H eine Unterteilung von G. Bei diesem Prozess ändert sich nichts an der Eigenschaft von G, planar zu sein oder nicht. G H In diesem Beispiel sind die beiden Graphen G und H planar. K 3,3 H Hier sind beide Graphen nicht planar.
6 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 43 (11.13) DEF: G und H seien Graphen. H heißt Unterteilung von G, wenn H aus G durch Einfügen neuer Ecken vom Grade 2 in Kanten von G entsteht. (11.14) SATZ: Enthält ein Graph G eine Unterteilung von K 5 oder K 3,3 als Untergraphen, so ist G nicht planar. (11.15) ANWENDUNG: Der Petersen Graph ist nicht planar. Es werden die beiden rot eingezeichneten Kanten gelöscht. In dem Untergraphen P entstehen dadurch 4 Ecken (rot gezeichnet) vom Grade 2. P : P : Entfernt man nun diese Ecken vom Grade 2, so entsteht der Graph P, der eine Darstellung des Graphen K 3,3 ist: P : K 3,3 : Folglich ist P eine Unterteilung von K 3,3. Damit enthält P einen Untergraphen, der eine Unterteilung von K 3,3 ist, und ist daher nach dem Satz (11.14) nicht planar. (11.16) SATZ: Kuratowski (1930) Für einen Graphen G sind folgende Aussagen äquivalent: a) G ist planar b) G enthält keine Unterteilung von K 5 oder K 3,3 als Untergraphen. Kazimierz Kuratowski, , polnischer Mathematiker. Bew: a) = b) Annahme: G enthält eine Unterteilung von K 5 oder K 3,3 als Untergraphen. Dann ist G nach (11.14) nicht planar. Widerspruch! b) b) = a) Der Beweis ist zu lang und kompliziert, als dass er hier geführt werden könnte.
7 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 44 (11.17) Platonische Graphen Ein platonischer Körper ist ein beschränktes konvexes Polyeder, dessen Begrenzungsflächen zueinander kongruente regelmäßige n Ecke sind. Diese Polyeder waren schon im Altertum bekannt. Sie werden in den Elementen von Euklid genau untersucht, und es wird da auch gezeigt, dass es nur 5 platonische Körper gibt. Platonische Körper sind: das Tetraeder, begrenzt von 4 gleichseitigen Dreiecken das Hexaeder (oder der Würfel), begrenzt von 6 Quadraten das Dodekaeder, begrenzt von 12 regelmäßigen 5 Ecken das Oktaeder, begrenzt von 8 gleichseitigen Dreiecken das Ikosaeder, begrenzt von 20 gleichseitigen Dreiecken. Eine geeignete Projektion eines platonischen Körpers auf eine Ebene liefert einen sog. platonischen Graphen mit dem entsprechenden Namen(auf Seite 39 ist die Entstehung eines Hexaeder Graphen dargestellt). Diese platonischen Graphen sind schlicht, zusammenhängend, planar, r regulär und s flächenregulär, wobei r und s folgende Werte annehmen können: Name r s n m f Tetraeder Graph Hexaeder Graph Dodekaeder Graph Oktaeder Graph Ikosaeder Graph Es lässt sich mit graphentheoretischen Methoden beweisen, dass es nur 5 platonische Graphen und damit auch nur 5 platonische Körper gibt. Bilder dieser Polyeder und Graphen sind auf der nächsten Seite zu sehen. Es gibt noch eine weitere Klasse von besonders gleichmäßig gebauten Polyedern, und zwar sind dies die archimedischen Körper. Bei diesen Polyedern werden die Begrenzungsflächen von mindestens 2 Arten zueinander kongruenter regelmäßiger Vielecke gebildet. Bei dem abgestumpften Ikosaeder z.b. sind die Seitenflächen regelmäßige 5 und 6 Ecke. Ein angenähertes Modell dafür ist ein Fußball (älterer Bauart). Es gibt insgesamt 13 archimedische Körper, aus denen sich durch geeignete Projektionen 13 archimedische Graphen ergeben.
8 Chr. Nelius: Graphentheorie (WS 2016/17) 45 Körper Platonische Graphen Tetraeder Hexaeder Oktaeder Dodekaeder Ikosaeder
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