und Umwelt Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsförderung RGU-GVO 6

Transkript

1 Telefon: Telefax: Seite Referat 1 von 5für Gesundheit und Umwelt Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsförderung RGU-GVO 6 Psychosoziale Beratung zu Pränataldiagnostik in München Bericht 4 Anlagen Bekanntgabe in der Sitzung des Gesundheitsausschusses vom Öffentliche Sitzung I. Vortrag des Referenten Es ist Aufgabe der Fachstelle Frau & Gesundheit, kritische Gesundheitsthemen aufzugreifen, Bedarfe aufzuzeigen und durch Vernetzung der Fachkräfte wie auch durch Information der Öffentlichkeit auf eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Münchner Frauen hinzuwirken. Mit Beschluss des Gesundheitsausschusses am zu Chancen und Risiken der Gen- und Reproduktionstechnologie wurde das RGU u. a. beauftragt, gemeinsam mit VertreterInnen der Ärzteschaft und dem Arbeitskreis Pränataldiagnostik darauf hinzuwirken, dass adäquate Informations- und psychosoziale Beratungsangebote zu Fragen der Pränataldiagnostik geschaffen bzw. bekannt gemacht werden. Denn diese vorgeburtlichen Untersuchungen nicht-invasiver wie invasiver Art können die betroffenen Mütter und Vater verunsichern und in erhebliche Entscheidungskonflikte bringen, auch wenn Untersuchungen weit überwiegend zu einem unauffälligen Befund führen. Psychosoziale Beratung kann dazu verhelfen, eine Entscheidung zu treffen, die mit der persönlichen Lebenssituation, den Werten und bisherigen Erfahrungen der Betroffenen im Umgang mit Herausforderungen übereinstimmt, und sie kann ihnen ein Gefühl von Selbstwirksamkeit vermitteln sowie ihr Vertrauen in die Zukunft unterstützen. Seit der Beauftragung durch den Stadtrat gehören Pränataldiagnostik und Pränatalmedizin fest in das Themenspektrum der Fachstelle Frau & Gesundheit, das sie im Rahmen ihrer zeitlichen und personellen Ressourcen begleitet. So beteiligt sich die Fachstelle Frau & Gesundheit neben der städtischen Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen an dem seit 1995 existierenden Münchner Arbeitskreis Pränataldiagnostik und hat für den Arbeitskreis ein Faltblatt zu Angeboten der psychosozialen Beratung zu Pränataldiagnostik in München herausgegeben. Letzteres wurde in einer Sitzung des Bezirksverbands des Berufsverbands der Frauenärzte wie auch in den Münchner Ärztlichen Anzeigen vorgestellt und anschließend fortlaufend an gynäkologische Praxen verschickt.

2 Seite 2 von 5 Es ist in der Folgezeit eine berufliche Vernetzung von Fachkräften entstanden, die sich an Informationsaustausch und Fachgesprächen rund um Schwangerschaft, Pränataldiagnostik und Geburt beteiligen, in ihrer Alltagspraxis interdisziplinär zusammenarbeiten und die Moderationstätigkeit der Fachstelle Frau & Gesundheit in Anspruch nehmen. An dieser Vernetzung nimmt nun auch die zuständige Fachaufsicht der Münchner Schwangerenberatungsstellen, die Regierung von Oberbayern, punktuell teil. Es wird auf den ausführlichen Bericht zu allen Aktivitäten der Fachstelle Frau & Gesundheit in Anlage 1 verwiesen. Seit zwölf Jahren fördert das RGU die deutschlandweit einzigartige und bekannte Fachstelle Pränataldiagnostik, welche unabhängige Beratung für Frauen und ihre Partner vor, während und nach Pränataldiagnostik anbietet, zuletzt mit einer Jahressumme von ,--. Diese Fachstelle hat aufgrund ihrer Ausstattung mit Expertinnen bereits frühzeitig qualifiziert an der Diskussion in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen teilnehmen und die Sichtweisen der betroffenen Frauen engagiert vertreten können. Sie hat wesentlich zu Fortbildungen anderer Beratungsstellen beigetragen und seit ihrem Bestehen annähernd 2500 Einzelberatungen für Münchner Frauen und Männer in Schwangerschaftskonflikten nach Pränataldiagnostik durchgeführt. Im vergangenen Jahr wurde das RGU in einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste u. a. gebeten, ein interdisziplinäres Fachgespräch Pränataldiagnostik zu veranstalten. Der Antrag wurde als Geschäft der laufenden Verwaltung behandelt und ein Bericht zugesichert, der hiermit vorgelegt wird. Das Fachgespräch Pränataldiagnostik wurde vom AK Pränataldiagnostik München inhaltlich vorbereitet und fand am statt. Das Impulsreferat Psychosoziale und medizinische Beratung zu Pränataldiagnostik wurde von Frau Dr. Woopen, Ärztin am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin e.v., Universität Köln und stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Ethikrates, gehalten (Kurzfassung in Anlage 2). Die Teilnehmenden aus allen Professionen werteten es einhellig als hervorragenden fachlichen Input, als Unterstützung der Arbeit von Pränataldiagnostikzentren und Anbietern psychosozialer Beratung in München sowie als ideale Voraussetzung für einen Dialog zwischen medizinischen und psychosozialen Professionen. Da alle Schwangerenberatungsstellen, welche in München psychosoziale Beratung zu Pränataldiagnostik anbieten, sowohl an der Vorbereitung als auch an der Durchführung des Fachgesprächs beteiligt waren, entstand für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem medizinischen Sektor ein Überblick über die in München bestehenden unabhängigen Beratungsmöglichkeiten und -stellen.

3 Seite 3 von 5 Alle Anwesenden begrüßten den Dialog und das wechselseitige Kennenlernen als Voraussetzung der Kooperation. Es wurde angeregt, die Möglichkeiten für eine wechselseitige Information und Zuweisung bei gemeinsamen Klientinnen zu prüfen und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu entwickeln, einschließlich des Angebots der Kontaktnahme mit Selbsthilfegruppen der Familien mit behinderten Kindern. Zu Einzelheiten wird auf das ausführliche Protokoll des Fachgesprächs in Anlage 3 verwiesen. Am fand ein auswertendes Gespräch des AK Pränataldiagnostik zum Fachgespräch statt. Die Schwangerenberatungen berichteten überwiegend, dass es ihnen in der Folge des Fachgesprächs einfacher geworden sei, Kontakte zu Pränataldiagnostik- Zentren und Praxen in München aufzunehmen. Zum Teil berichteten sie von inzwischen zur Regel gewordenen zügigen fachlichen Verweisungen der Pränataldiagnostiker an sie. Insbesondere die Fachstelle Pränataldiagnostik Häberlstraße bestätigte, dass mit einigen medizinischen Kooperationspartnerinnen und -partnern die gemeinsame Betreuung der betroffenen Familie bereits zur Selbstverständlichkeit geworden sei. Fronten und Misstrauen hätten sich aufgelöst. Ausblick Hauptanliegen der Fachstelle Frau & Gesundheit bezüglich des Themenschwerpunktes Pränataldiagnostik ist es, gegenüber der Fokussierung auf das Prinzip Risiko das Prinzip der guten Hoffnung in den Vordergrund zu rücken und ihm wieder mehr Gewicht zu geben. Es ist für werdende Mütter wichtig zu wissen, dass etwa 97 % aller Kinder vollkommen gesund geboren werden und nur ein Bruchteil der Behinderungen zum Geburtszeitpunkt genetisch bedingt ist. Schwangerschaft sollte in der Öffentlichkeit weiterhin als Zeit des langsamen Reifens und des sorgsamen Aufbaus einer lebenslangen Beziehung gesehen werden können. Schwangere sind so zu begleiten, dass sie sich nicht überwältigt fühlen von einer selbstbestimmten Verpflichtung zum Risiko-Management am eigenen Körper (so Prof. Barbara Duden zum 25-jährigen Jubiläum des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.v.), sondern eine persönliche, nachhaltig von ihnen getragene Entscheidung für ihr Leben treffen können. Dazu gehört es auch, ihr das Recht auf Nichtwissen bezüglich durch Diagnostik feststellbarer genetischer Auffälligkeiten des Fötus zu vermitteln. Dieses Recht hat der Bundestag im neuen Gendiagnostik-Gesetz (GenDG) gestärkt, das am verabschiedet wurde. Es legt erstmals verbindliche Regeln und hohe Hürden bei genetischen Untersuchungen fest (Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom , siehe Anlage 4). Heimliche Vaterschaftstests sowie pränataldiagnostische Tests aus nicht-medizinischen Gründen wie zum Beispiel zur Geschlechtsbestimmung werden verboten, ebenso genetische Untersuchungen auf Krankheiten, die

4 Seite 4 von 5 erst im Erwachsenenalter ausbrechen können (spätmanifestierende Krankheiten). Genetische Untersuchungen dürfen nur mit Einwilligung der Betroffenen oder ihrer Vertreterinnen und Vertreter durchgeführt werden. Ein Ziel des Gesetzes sei es, so die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, zu verhindern, dass diese sensiblen Daten missbraucht oder Menschen aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften diskriminiert werden. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte haben Schwangeren wie allen Betroffenen gegenüber ein Beratungsangebot vor und nach der Untersuchung zu machen und eine angemessene Bedenkzeit vor Durchführung der Untersuchung zu gewähren. Diagnostische und prädiktive genetische Untersuchungen sind ebenso wie die vorab notwendigen genetischen Beratungen ( 10 I und II GenDG) durch Ärzte durchzuführen. Gegenstand der Beratungen ist laut Gesetz die eingehende Erörterung der mit der Untersuchung einhergehenden möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen; eine weitere sachverständige Person kann mit Zustimmung der Betroffenen mitberatend hinzugezogen werden ( 10 III GenDG). Ergänzend ist ärztlicherseits auf die Beratung gemäß 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz hinzuweisen, die auch Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft und physische wie psychische Folgen eines Abbruchs zum Inhalt haben kann. Der Inhalt der vorgeburtlichen genetischen Beratung samt Verweisung auf die psychosoziale Beratung ist zu dokumentieren ( 10 III und IV GenDG). In dem am verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hat der Bundestag nunmehr auch eine Pflicht des Arztes normiert, der Schwangeren eine psychosoziale Beratung anzubieten. Anderenfalls droht ihm ein Bußgeld. Zwischen Diagnose und Abtreibung muss eine Dreitages-Frist eingehalten werden. Diesem Gesetz muss vor Inkrafttreten noch der Bundesrat zustimmen. Aufgrund beider Gesetze ist es für die Münchner Ärztinnen und Ärzte, welche genetische Beratungen durchführen, in Zukunft von noch größerem Interesse, die Kooperation mit den Schwangerenberatungsstellen und der Fachstelle Pränataldiagnostik zu suchen und die Hinweise auf die psychosoziale Beratung zum Inhalt ihrer Beratungstätigkeit zu machen. Das veranstaltete Fachgespräch bot den beteiligten Ärztinnen und Ärzten für Gendiagnostik hierfür gute Voraussetzungen. Ein Artikel in den Münchner Ärztlichen Anzeigen aus Anlass der Verabschiedung des GenDG mit einem Bericht vom Fachgespräch 2008 und der Darstellung der in München vorhandenen Beratungsangebote und Kooperationen ist geplant. Die Fachstelle wird trotz begrenzter Ressourcen und der Vielfalt zu bearbeitender Themen über ihre Mitarbeit und über ihren Tätigkeitsschwerpunkt Rund um die Geburt den AK Pränataldiagnostik weiterhin in seinen Kooperationsbemühungen punktuell unterstützen und an der Verbreitung des Themas mitwirken. An die Fortsetzung des interdisziplinären Dialogs zu Pränataldiagnostik in Form eines weiteren Fachtags im RGU, veranstaltet vom AK Pränataldiagnostik, ist gedacht.

5 Seite 5 von 5 Als Ergebnis der bisherigen Arbeiten und Entwicklungen kann festgehalten werden, dass bei Ausweitung der Anwendung der Pränataldiagnostik das Bewusstsein für die Notwendigkeit der psychosozialen Beratung zu Pränataldiagnostik gewachsen ist. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat die Versorgungslage für Frauen in einer Krise nach positivem pränataldiagnostischem Befund grundsätzlich verbessert. Das RGU hat mit seinen Aktionen in München gute Voraussetzungen für die Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben geschaffen. Die Vorlage ist mit der Gleichstellungsstelle für Frauen abgestimmt. Der Korreferent des Referates für Gesundheit und Umwelt, Herr Stadtrat Klaus Peter Rupp, die zuständige Verwaltungsbeirätin, Frau Stadträtin Eva Maria Caim, sowie die Stadtkämmerei haben einen Abdruck der Vorlage erhalten. II. Bekannt gegeben Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der Vorsitzende Der Referent Ober-/Bürgermeister Joachim Lorenz Berufsmäßiger Stadtrat III. Abdruck von I. mit II. über den stenographischen Sitzungsdienst an das Revisionsamt an die Stadtkämmerei an das Direktorium Dokumentationsstelle an das Direktorium Frauengleichstellungsstelle an das Referat für Gesundheit und Umwelt RGU-GVO an das Referat für Gesundheit und Umwelt RGU-GVO 6 an das Referat für Gesundheit und Umwelt RGU-S-SB an das Referat für Gesundheit und Umwelt RGU-S-L IV. Wv Referat für Gesundheit und Umwelt RGU-GVO 6