Cabazitaxel (Jevtana )
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- Emma Hummel
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1 Cabazitaxel (Jevtana ) Mit Cabazitaxel (TXD-258, Jevtana ) erhielt neben den bereits etablierten Verbindungen Paclitaxel und Docetaxel ein weiteres Taxan die Zulassung. Es ist indiziert zur Behandlung des fortgeschrittenen hormonrefraktären Prostatakarzinoms, wenn eine Behandlung mit Docetaxel fehlgeschlagen ist. Bislang fehlte bei Docetaxel-resistenten Tumoren eine echte Therapieoption. Die Therapie mit Cabazitaxel in Kombination mit Prednison (oder Prednisolon) verlängert geringfügig die Überlebenszeit (de Bono et al. 20) Die Geschichte der Taxane als Zytostatika reicht bis in die frühen 1960er Jahre zurück als das National Cancer Institute (NCI) umfassende Untersuchungen an über Pflanzenproben durchführte und die zytostatische Aktivität eines Rohextraktes der Pazifischen Eibe Taxus brevifolia entdeckt wurde. In Deutschland dauerte es schließlich bis 1993 ehe Paclitaxel (Taxol ) - ein Inhaltsstoff der Pazifischen Eibe - zur Zweitlinientherapie des varialkarzinoms zugelassen wurde. Im Laufe der Jahre kamen weitere Indikationen hinzu. Mit Docetaxel (Taxotere ) wurde 1995 das zweite Taxan europaweit zugelassen zur Behandlung des Mammakarzinoms nach Versagen einer Anthracyclintherapie. Auch hier hat sich seit Markteinführung das Indikationsspektrum erweitert (Bartsch 2004). Im Gegensatz zum natürlich vorkommenden Paclitaxel sind Docetaxel und Cabazitaxel semisynthetische Analoga des nichttoxischen - Desacetylbaccatin, welches aus den Nadeln von Taxus baccata gewonnen wird (zur Gewinnung der Taxane s. Leistner 2005). Alle Taxane bestehen aus einem hochoxygenierten diterpenoiden trizyklischen Ringsystem (Ringe A, B und C: Tricyclo[ ]pentadecan) mit einem zusätzlichen viergliedrigen xetanring (Ring D). Die ydroxylgruppe an Position 13 des Taxanringes ist mit einem β-phenylisoserin verestert (Abbildung 1) A 9 B 2 8 C D 5 14 Abbildung 1: Taxanringsystem 1 CA
2 Docetaxel Strukturunterschiede zwischen Docetaxel und Cabazitaxel Cabazitaxel Strukturunterschiede zwischen Docetaxel und Paclitaxel 3' 2' 1' Paclitaxel Abbildung 2: Strukturformeln der drei Taxane Docetaxel, Cabzitaxel und Paclitaxel 2 CA
3 Paclitaxel und Docetaxel unterscheiden sich strukturell an zwei Positionen: 1. die freie ydroxylgruppe an Position des Docetaxels ist im Paclitaxel acetyliert und 2. die Seitenkette an Position 13 trägt im Docetaxel eine Butoxycarbonylgruppe am Stickstoff während im Paclitaxel dort ein Benzoatrest sitzt. Das neue Cabazitaxel ist ein Derivat des Docetaxels. Es unterscheidet sich von diesem lediglich an zwei Stellen im Molekül. Beim Cabazitaxel sind die freien ydroxylgruppen des Docetaxels an den Positionen und methyliert (Abbildung 2). Taxane gehören zur Arzneistoffklasse der Mitoseinhibitoren. Sie binden an die Mikrotubuli, die Fasern der Mitosespindel, und machen diese damit funktionsunfähig, was zur Unterbrechung der Zellteilung führt, da die verdoppelten Chromosomen nicht mehr getrennt werden können. Mikrotubuli bestehen aus Aneinanderreihungen von Tubulinmolekülen. Tubulin seinerseits ist ein lösliches eterodimer, das aus zwei verschiedenen Polypeptiden aufgebaut ist, dem α- und dem β-tubulin. Insgesamt gesehen stellen die Mikrtotubuli hochdynamische Fasern dar, die einem ständigen Aufbau (Anlagerung von Tubulin) und Abbau (Ablösung von Tubulin) unterliegen. Mitoseinhibitoren, die den Aufbau der Mikrotubuli stören und deren Zerfall fördern, werden als Mikrotubulidestabilisatoren bezeichnet. In diese Gruppe gehören zum Beispiel die Vinca-Alkaloide (z.b. Vinblastin, Vincristin), die Combretastatine oder das Colchicin. Im Gegensatz dazu gehören die Taxane zu den Mikrotubulistabilisatoren. Sie hemmen die Depolymerisation und blockieren somit das dynamische Gleichgewicht der Mikrotubuli (Schiff et al. 199, Schiff und orwitz 1980). Taxane binden bevorzugt an Mikrotubuli, nicht an freies Tubulin. Die genaue Bindungsstelle liegt auf der β-untereinheit des Tubulins (Nogales 1995) und unterscheidet sich von der Bindungsstelle der Vinca-Alakaloide oder des Colchicins (Sampath et al. 2003). Paclitaxel und Docetaxel besitzen dieselbe Bindungsstelle am β-tubulin (Nogales 1995, Jordan 2002, Jordan und Wilson 2004), wobei Docetaxel eine höhere Affinität zur Bindungsstelle besitzt (Diaz et al. 1998). Auch für Cabazitaxel werden dasselbe Bindungsverhalten am β-tubulin und derselbe Wirkungsmechanismus angenommen (Pal et al. 20). Was aber macht die neue Substanz aus? Warum wird ein strukturell zum Docetaxel kaum verändertes Taxan zugelassen, wo doch bislang underte von Taxananaloga synthetisiert und getestet worden sind? Die Begründung ist darin zu sehen, dass Cabazitaxel in Taxan-resistenten Tumoren wirksam ist (Pivot et al. 2008). Insbesondere bei Männern mit metastasiertem, hormonrefraktärem Prostatakarzinom und Docetaxelresistenz zeigt sich eine Wirksamkeit (Mita et al. 2009), was bedeutsam ist, da bislang für die Zweitlinientherapie nach Docetaxel kein zugelassener Behandlungsstandard existierte (Garmey et al. 2008, eidenreich 2011, Kim und Kim 2011). Die 3 CA
4 Grundlage für die Zulassung bildet die TRPIC-Studie (Phase III), bei der sich die Kombination aus Cabazitaxel plus Prednison gegenüber der Kombination aus Mitoxantron plus Prednison überlegen zeigte (de Bono et al. 20). Die Resistenz gegenüber Taxanen beruht auf verschiedenen Mechanismen. Neben Mutationen sowohl im α- als auch im β-tubulin (Berrieman et al. 2004), der Expression von β-tubulin-isotypen, die eine Taxanbindung erschweren bzw. eine wesentlich höhere Taxankonzentration zur Stabilisierung benötigen (Burkhart et al. 2001) oder einer verstärkten Mikrotubulusdynamik durch die Expression von veränderten MAPs (microtubule-associated proteins), (Goncalves et al. 2001), spielt die hohe Affinität der beiden bisher verfügbaren Taxane Paclitaxel und Docetaxel zum p-glykoprotein (p-gp) sicherlich eine entscheidende Rolle (van Ark-tte et al. 1998). P-GP ist ein Transportprotein, das eine äußerst geringe Substratspezifität aufweist. Das Protein ist insbesondere für die Resistenzen zahlreicher Zytostatika - darunter Paclitaxel und Docetaxel - verantwortlich, da es vermehrt in den Membranen zahlreicher Tumorzellen vorkommt. Dabei kann die Resistenz entweder konstitutiv vorhanden oder aber erst im Laufe einer Therapie erworben sein. P-GP pumpt unter ATP-Verbrauch entgegen einem Konzentrationsgradienten das entsprechende Zytostatikum aus der Zelle (eidenreich 2011). Cabazitaxel besitzt gegenüber Paclitaxel und Docetaxel den Vorteil, dass es eben nur ein sehr schlechtes Substrat für p-gp ist (Cisternino et al. 2003). Im Rahmen der Analyse von Struktur-Wirkungs-Beziehungen wurde geschlussfolgert, dass weder die Position noch die Position am Taxanringsystem Auswirkungen auf die Bindung am β-tubulin haben, dass Veränderungen an diesen beiden Positionen aber die Affinität zu p-gp verändern (Baumann 2005). In diesem Zusammenhang wurde zum Beispiel BMS entwickelt (Altstadt et al. 2001, Baumann 2005). Dieses Taxan ist der -Methylthiomethylether des Paclitaxels, wobei es allerdings nach wie vor ein Substrat für p-gp ist (Rowinsky 2002). -Methylthiomethylether des Paclitaxels S BMS Abbildung 3 4 CA
5 Eine weitere interessante Eigenschaft des Cabazitaxels, die sich auch aus der geringen Affinität zu p-gp ergibt, ist, dass dieses Taxan im Gegensatz zu Paclitaxel und Docetaxel die Blut-irn-Schranke überwindet (Cisternino et al. 2003). Inwiefern daraus aber ein klinischer Nutzen - etwa zur Therapie von irntumoren - gezogen werden kann, bedarf sicherlich weiterer Untersuchungen. Cabazitaxel wird wie das strukturverwandte Docetaxel vornehmlich in der Leber über CYP3A4/CYP3A5 metabolisiert und nur zu einem geringen Teil über CYP2C8 (Bouchet und Galmarini 20). Aktive auptmetaboliten entstehen durch Demethylierung an den Positionen und/oder, so dass aus Cabazitaxel auch Docetaxel entsteht. Demethylierungen ydroxylierung Cabazitaxel N N Abbildung 4: Cabazitaxel-Metabolismus 5 CA
6 Daneben kommt es entsprechend zum Docetaxel zur xidation (ydroxylierung) der t-butylgruppe in der Seitenkette an Position 13 des Ringsystems gefolgt von einer Zyklisierungsreaktion mit der Bildung eines xazolidinringes. Durch die Metabolisierung über CYP3A4 ist natürlich ein hohes Interaktionspotential gegeben. Die ydroxylierungsreaktion am Ring in Position 6 wie beim Paclitaxel spielt sowohl beim Docetaxel als auch beim Cabazitaxel keine Rolle (zum Metabolismus von Paclitaxel und Docetaxel siehe u.a. Cresteil et al. 2002, Simons und Jaehde 2005). Literatur: Adachi, K. et al. Bioorg Med Chem Lett 1992, 5, 853 Altstadt, T.J. J Med Chem 2001, 44, 45 Van Ark-tte, J. et al. ncol Rep 1998, 5, 249 Bartsch, V. Das Taxol -Buch, Georg Thieme Verlag 2004, 2. Aufl., Seiten 1-5 Bartsch, V. Pharm Unserer Zeit 2005, 34, 4 Baumann, K. Pharm Unserer Zeit 2005, 34, 1 Berrieman,.K. Lancet ncol 2004, 5, 158 de Bono, J.S. et al. Lancet 20, 36, 114 Bouchet, B.P. und Galmarini, C.M. Drugs of Today 20, 46, 35 Burkhart, C.A. Biochim Biophys Acta 2001, 141, 1 Cisternino, S. British J Pharmacol 2003, 138, 136 Cresteil, T. et al. Drug Metab Disp 2002, 30, 438 Diaz, J.F. J Biol Chem 1998, 23, Garmey. E.G. et al. Clin Adv ematol ncol 2008, 6, 118 und 12 Goncalves, A. et al. Proc Natl Acad Sci USA 2001, 98, 113 eidenreich, A. Thieme Drug Report 2011, 5, 1 Jordan, M.A. Curr Med Chem Anticancer Agents 2002, 2 1 Jordan, M.A. und Wilson, L. Nat Rev Cancer 2004, 4, 253 Kim, S.J. und Kim S.I. Korean J Urol 2011, 52, 15 Leistner, E. Pharm Unserer Zeit 2005, 34, 98 Mita, A.C. et al. Clin Cancer Res 2009, 15, 23 Nogales, E. Nature 1995, 35, 424 Pal, S.K. Clin Interv Aging 20, 5, 395 Pivot, X. et al. Ann ncol 2008, 19, 154 Rowinsky, E.K. Clin Cancer Res 2002, 8, 259 Sampath, D. Mol Cancer Ther 2003, 2, 83 Schiff, P.B. et al. Nature 199, 22, 665 Schiff, P.B. und orwitz, S.B. Proc Natl Acad Sci USA 1980,, 1561 Simons, S. und Jaehde, U. Pharm Unserer Zeit 2005, 34, CA
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