Analysis I. Vorlesung 27. Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in der Exponentialfunktion
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- Curt Simen
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1 Prof. Dr. H. Brenner Osnabrück WS 03/04 Analysis I Vorlesung 7 Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in der Exponentialfunktion Nachdem wir nun rationale Funktionen integrieren können, können wir auch für eine ganze Reihe von Funktionen eine Stammfunktion finden, die wir durch gewisse Standardsubstitutionen auf eine rationale Funktion zurückführen können. Lemma 7.. Es sei f eine rationale Funktion in der Exponentialfunktion, d.h. es gebe Polynome P,Q R[X], Q 0, derart, dass f(t) = P (et ) Q(e t ) gilt. Dann kann man durch die Substitution t = ln s das Integral f(t)dt auf das Integral einer rationalen Funktion zurückführen. Beweis. Bei der Substitution t = ln s ist dt = s ds, und für die Polynome P(e t ) und Q(e t ) ergeben sich P ( e t) = P ( e ln s) = P(s) und Q ( e t) = Q ( e ln s) = Q(s). Insgesamt ergibt sich also die rationale Funktion P(s). In deren Stammfunktion muss man dann s = e t einsetzen. sq(s) Im vorstehenden Lemma geht es um die zusammengesetzten Funktionen vom Typ U exp R wobei der Definitionsbereich U R durch festgelegt ist. P Q R, U = {z R Q(e z ) 0}
2 Beispiel 7.. Wir wollen eine Stammfunktion für die Funktion f(t) = e t +e 3t finden. Das in Lemma 7. beschriebene Verfahren führt auf die rationale Funktion (s+s 3 )s = s (s +) = s s +, so dass die Partialbruchzerlegung direkt vorliegt. Die Stammfunktion von dieser rationalen Funktion ist Die Stammfunktion von f ist daher arctan s. s e t arctan et. Neben dem Polynomring K[X] in einer Variablen über einem Körper K gibt es auch Polynomringe in mehreren Variablen, wobei wir im Folgenden nur den Polynomring in zwei Variablen benötigen. Man schreibt ihn als K[X, Y] und definiert ihn am einfachsten als (K[X])[Y], wobei der Grundring K[X] allerdings kein Körper ist. Jedenfalls besteht dieser Ring aus allen Polynomen in zwei Variablen, also aus Ausdrücken der Form a 00 +a 0 X +a 0 Y +a 0 X +a XY +a 0 Y +a 30 X 3 +a X Y +a XY +a 03 Y Entsprechend gibt es auch rationale Funktionen in zwei Variablen. Diese sind wiederum Quotienten aus zwei Polynomen in zwei Variablen. Wenn man in eine solche Funktion in zwei Variablen zwei Funktionen in einer Variablen einsetzt, so erhält man wieder eine Funktion in einer Variablen. Dies ist der Fall in den folgenden Situationen. Korollar 7.3. Es sei eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen sinh und cosh gegeben, d.h. es gebe zwei Polynome P und Q in zwei Variablen mit Q 0 derart, dass f(t) = gilt. Dann lässt sich das Integral P(sinh t, cosh t) Q(sinh t, cosh t) f(t)dt auf das Integral einer rationalen Funktion in der Exponentialfunktion zurückführen und damit lösen.
3 Beweis. Mit sinh t = et e t und cosh t = et +e t erhält man eine rationale Funktion in e t und e t = (e t ), so dass insgesamt eine rationale Funktion in der Eponentialfunktion vorliegt. Deren Stammfunktion lässt sich wie in Lemma 7. beschrieben finden. 3 Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in trigonometrischen Funktionen Lemma 7.4. Es sei eine rationale Funktion in den trigonometrischen Funktionen sin t und cos t gegeben, d.h. es gebe zwei Polynome P und Q in zwei Variablen mit Q 0 derart, dass f(t) = gilt. Dann führt die Substitution das Integral P(sin t, cos t) Q(sin t, cos t) t = arctan s f(t)dt auf das Integral einer rationalen Funktion zurück. Beweis. Bei der Substitution t = arctan s ist s = tan t und dt = ds. Aus den trigonometrischen Funktionen wird unter Verwendung von +s Satz.0 ( t sin t = sin + t ) ( ) ( ) t t = sin cos ( ) ( ) t t = tan cos ( ) t cos ( ) t = tan cos ( ) ( ) t + sin t ( ) t = tan + tan ( ) t = s +s. und ( t cos t = cos + t )
4 4 ) ) ( ( t t = cos sin ( ) t = cos = + tan ( ) t = +s = s +s. Da sowohl das Differential dt als auch die trigonometrischen Funktionen bei dieser Substitution rationale Ausdrücke in s sind, liegt nach dieser Substitution insgesamt eine rationale Funktion vor. Beispiel 7.. Die Stammfunktion von sin t berechnet sich unter Verwendung von Lemma 7.4 folgendermaßen. +s sin t dt = s +s ds = s ds. Die Stammfunktion von ist daher ln ( ) tan t sin t. Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in Wurzelfunktionen ax+b Lemma 7.6. Es sei f eine rationale Funktion in x und in n (mit rx+s a,b,r,s R, a,rx+s 0, n N + ), d.h. es gebe Polynome in zwei Variablen, P,Q R[x,y], Q 0, derart, dass ) P (x, n ax+b f(x) = Q (x, n gilt. Dann kann man durch die Substitution x = sun b a ru n rx+s ax+b rx+s die Berechnung von f(x)dx auf das Integral einer rationalen Funktion in u zurückführen. Beweis. Wir können sa rb 0 annehmen, da sonst Zähler und Nenner im Wurzelausdruck linear abhängig sind und man teilen könnte. Bei der )
5 angegebenen Substitution ist n ax+b rx+s b = n asun +b a ru n r sun b +s a ru n = n a(su n b)+b(a ru n ) r(su n b)+s(a ru n ) = n asun bru n rb+sa = u. Da die Ableitung der rationalen Funktion x = sun b nach u wieder eine a ru n rationale Funktion in u ist, ist das Gesamtergebnis nach dieser Substitution eine rationale Funktion in u. Lemma 7.7. Es sei f eine rationale Funktion in x und in ax +bx+c (mit a,b,c R, a 0 und so, dass ax +bx+c auch positive Werte annimmt), schreiben kann, d.h. es gebe Polynome in zwei Variablen, P,Q R[X], Q 0, derart, dass f(x) = P ( x, ax +bx+c ) Q ( x, ax +bx+c ) gilt. Dann kann man durch eine Substitution der Form x = αt+β (α,β R, α 0), die Berechnung von f(x)dx auf ein Integral der Form () R ( t, t ) dt, () R ( t, t ) dt, (3) R ( t, t + ) dt, zurückführen, wobei R wieder eine rationale Funktion in zwei Variablen ist. In diesen drei Fällen führen die Substitutionen () t = sin s, () t = cosh s, (3) t = sinh s, auf das Integral über eine rationale Funktion in trigonometrischen Funktionen bzw. in Hyperbelfunktionen Beweis. Durch eine Substitution der Form u = ax bzw. u = ax vereinfacht sich die Quadratwurzel zu u + bu+ c bzw. zu u + bu+ c. QuadratischesErgänzenführtzu v +ẽbzw. v +ẽ.durcheineweitere Substitution der Form w = v erhält man ẽ w + oder ẽ w ẽ
6 6 oder aber ẽ w +. Dies sind alles affin-lineare Substitutionen. Die Ergebnisse unter der Gesamtsubstitution sind von der angegebenen Art. Wenn es sich um ein Integral zu einer rationalen Funktion der Form R (t, ) t handelt, so führt t = sin s zu t = sin s = cos s = cos s und zu dt = (sin s) ds = cos sds, so dass sich eine rationale Funktion in den trigonometrischen Funktionen sin s und cos s ergibt. Bei einem Integral zu einer rationalen Funktion der Form ( R t, ) t führt t = cosh s (unter Verwendung von cosh s sinh s =, siehe Aufgabe 0.0) zu t = sinh s und zu dt = (cosh s) ds = sinh sds, so dass sich eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen sinh s und cosh s ergibt. Bei einem Integral zu einer rationalen Funktion der Form ( R t, ) t + führt t = sinh s zu t + = cosh s und zu dt = (sinh s) ds = cosh sds, so dass sich wieder eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen sinh s und cosh s ergibt. Beispiel 7.8. Wir wollen für die Funktion t t 3 eine Stammfunktion bestimmen. Mit der in Lemma 7.7 beschriebenen Substitution t = sin s und dt = cos sds werden wir auf die Funktion sin s cos 3 s cos s = sin s cos s Der Fall w ist nicht möglich, da dann die ursprüngliche Funktion für keine reelle Zahl definiert wäre.
7 geführt. Mit der in Lemma 7.4 beschriebenen Substitution s = arctan u, ds = u u +udu, sin s = und cos s = +u +u werden wir auf die rationale Funktion (+u ) (+u ) 4u ( u ) +u = (+u ) 3 u ( u) (+u) = u6 +3u 4 +3u + u 6 4u 4 +u geführt. Hierfür müssen wir die Partialbruchzerlegung finden. Die Division mit Rest ergibt u 6 +3u 4 +3u + = ( u 6 4u 4 +u ) +u4 +u +, so dass es also um die rationale Funktion + u4 +u + u 6 4u 4 +u geht. Diese Funktion ist eine rationale Funktion in v = u, so dass wir zuerst die Partialbruchzerlegung von bestimmen. Der Ansatz v +v + v 3 v +v = v +v + v(v ) v +v + v(v ) = a v + b v + c (v ) führt zu v +v + = a(v ) +bv(v )+cv. Einsetzen von v = 0, v = und v = führt zu und Daher ist bzw. Mit den Identitäten = a, 4 = c, = a+b+c = +b+8, also b =. v +v + v(v ) = u4 +u + = u (u ) v + v + 4 (v ) u + u + 4 (u ). u = u u+ 7
8 8 und 4 = ( (u ) u u+ ) = (u ) + (u+) (u )(u+) = (u ) + (u+) u + u+ ergibt sich schließlich u4 +u + u (u ) = Die Stammfunktion von ist daher Daher ist ( s ) tan tan ( ) s eine Stammfunktion von und ( ) arcsin t tan ist eine Stammfunktion von u + (u ) + (u+). + u4 +u + u 6 4u 4 +u u u u u+. tan ( ) s sin s cos s, tan ( ) arcsin t t t 3. tan ( ) arcsin t tan ( s ) + tan ( ) arcsin t +
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