Dialyse auf der Intensivstation
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- Georg Neumann
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1 Dialyse auf der Intensivstation.1 Indikationsstellung zur Nierenersatztherapie Klassische Indikationen Erweiterte Indikationen Welche Verfahren: kontinuierlich oder intermittierend? Dosierung der Nierenersatztherapie bei Intensivpatienten: Ist mehr besser? Kontinuierliche Nierenersatzverfahren (CRRT) SCUF (»slow continuous ultrafiltration«) und CAVH (»continuous arterio-venous hemofiltration«) Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH) 21.5 Hybridverfahren zwischen intermittierender Dialysebehandlung und kontinuierlichen Nierenersatzverfahren Filter und Membranen bei kontinuierlichen Verfahren Substitutionslösungen und Dialysierflüssigkeit Gefäßzugänge 223. Antikoagulation bei CRRT Heparin Regionale Antikoagulation mit Heparin Antikoagulationsfreie Durchführung der CRRT Regionale Zitratantikoagulation Prostazyklin Hypothermie bei CRRT 225 Literatur 226 S. Geberth, R. Nowack, Praxis der Dialyse, DOI / _, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
2 216 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation Akutes Nierenversagen bei Intensivpatienten führt zur drastischen Prognoseverschlechterung, die Mortalität steigt auf bis zu 50% an. Trotz umfassender Therapie die Nierenersatzverfahren eingeschlossen erholt sich die Nierenfunktion in bis zu 45% nicht mehr vollständig. Es bleiben 20% der Patienten chronisch dialysepflichtig. Die Prognose des akuten Nierenversagens war vor Jahrzehnten günstiger, offenbar weil sich die betroffene Patientengruppe anders zusammensetzte. Heute haben die Patienten ein höheres Alter und zahlreiche Begleiterkrankungen. Patienten mit septisch bedingten Multi-Organ-Dysfunktionssyndrom (MODS) benötigen in bis zu 70% eine Nierenersatztherapie (McCullough 17). Jüngere Patienten mit akutem Nierenversagen ohne chronische Begleiterkrankungen haben dagegen nach wie vor eine günstigere renale Prognose. > Definition Multi-Organ-Dysfunktionssyndrom (MODS): MODS ist ein seit 12 gebräuchlicher Begriff für die Dysfunktion von Organen schwerkranker Patienten. Die Beurteilung der Dysfunktion der Organe (Lungen, Kreislauf, Nieren, Blut, Gastrointestinaltrakt, ZNS) erfolgt häufig anhand des Multiple-Organ-Failure (MOF)-Scores. Die Mortalität des MODS nimmt mit der Anzahl der beteiligten Organe zu..1 Indikationsstellung zur Nierenersatztherapie.1.1 Klassische Indikationen Die klassischen Indikationen zur Nierenersatztherapie ( Kap. 1) gelten in gleicher Weise für Intensivpatienten mit akutem Nierenversagen wie für Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Klassische Indikationen für die Nierenersatztherapie bei akutem Nierenversagen Hyperkaliämie Offensichtliche urämische Organkomplikationen (Pleuritis, Perikarditis) Konservativ nicht korrigierbare metabolische Azidose Konservativ nicht beherrschbare Hyperhydratation.1.2 Erweiterte Indikationen Zusätzlich zu den klassischen und unstrittigen Indikationen werden für Intensivpatienten weitere Kriterien für einen frühzeitigeren Dialysebeginn postuliert, die der besonderen Situation des akuten Nierenversagens Rechnung tragen. Bei akutem Nierenversagen erfolgt der Anstieg der Urämietoxine vergleichsweise rasch. Der Organismus kann sich nicht wie bei chronischer Niereninsuffizienz an das veränderte Milieu adaptieren. Daher wird für ein vergleichbares Niveau der Nierenretentionswerte im Vergleich zum chronisch Niereninsuffizienten die schwerere Erkrankung für den Patienten mit akutem Nierenversagen angenommen. Speziell der katabole Stoffwechsel bei MODS führt zum vermehrten Anfall von Eiweißabbauprodukten, und ein urämisches Milieu entwickelt sich rasch. Intensivmediziner fordern daher, frühzeitiger, also bei niedrigeren Nierenretentionswerten als bei chronischer Niereninsuffizienz üblich, mit der Nierenersatztherapie zu beginnen. Die Richtigkeit dieser intuitiv einleuchtenden Überlegungen wird bisher nur durch wenige Studien an Patienten mit Sepsis gestützt. So wurde gezeigt, dass isovolämische Hämofiltration bei schwerer Sepsis und über 24 h andauernder Anurie völlig unabhängig von urämischen Zeichen zu einem Überlebensvorteil führt (Piccinni 2006). Für eine rein prophylaktische Hämofiltration bei Traumapatienten ohne renale Funktionsstörungen konnten dagegen keine Vorteile gefunden werden. Metaanalysen zu dieser Fragestellung kommen zur vorsichtigen Schlussfolgerung, dass eine frühe Nierenersatztherapie bei Intensivpatienten vermutlich Vorteile bringt. Klare Entscheidungskriterien können auf Basis der derzeitigen Datenlage allerdings nicht formuliert werden. Für septische Krankheitsbilder mit Nierenversagen wird vermutet, dass inflammatorische Zytokine mit mittlerem Molekulargewicht wie das Interleukin 1β, Interleukin 6 und Interleukin 8, durch hoch-permeable Filter über konvektiven Transport und Adsorption an die Filtermembranen soweit eliminiert werden können, dass sie die Prognose der Erkrankung verbessern. Die Belege für das Zutreffen dieser Hypothese sind bisher spärlich (Schindler 2002).
3 217.3 Dosierung der Nierenersatztherapie bei Intensivpatienten: Ist mehr besser? Für den Nutzen einer prophylaktischen Nierenersatztherapie bei Intensivpatienten ohne Nierenversagen gibt es in Studien keine Belege, für eine frühzeitige Therapie bei eingetretenem Nierenversagen sind die Daten widersprüchlich..2 Welche Verfahren: kontinuierlich oder intermittierend? Bei ambulanten Patienten stellt die intermittierende Dialysebehandlung (IHD) einen Kompromiss zwischen medizinischer Notwendigkeit zur möglichst langen und intensiven Nierenersatztherapie auf der einen Seite und dem Patientenwunsch nach behandlungsfreier Zeit sowie den organisatorischen Belangen der durchführenden Einrichtung auf der anderen Seite dar. Bei Intensivpatienten wird die Verfahrenswahl und -intensität durch zusätzliche medizinische Gesichtspunkte beeinflusst, die theoretisch für eine kontinuierliche Nierenersatztherapie sprechen. So sind die Patienten häufig hämodynamisch instabil, und der schonende, gleichmäßige Eingriff in den Volumen- und Stoffhaushalt durch kontinuierliche Nierenersatzverfahren sollte für sie tolerabler und damit prognostisch günstiger sein. Diese vermuteten Vorteile der kontinuierlichen Verfahren konnten in den wenigen durchgeführten prospektiven Studien gegenüber der IHD nicht bestätigt werden. So wurde kein Überlebensvorteil für die Intensivpatienten bei Einsatz kontinuierlicher Nierenersatztherapie gefunden (Vinsonneau 2006). Dies könnte daran liegen, dass mit den kontinuierlichen Verfahren auch spezifische Nachteile für Patienten verbunden sind. So ist eine Dauer- Antikoagulation (meist mit Heparin) erforderlich, und es besteht die Gefahr der Fehldosierung von Medikamenten, deren Elimination durch diese Verfahren nicht im Detail bekannt ist. Für die IHD liegen dagegen solide Dosierempfehlungen für die meisten Medikamente vor. Eine weitere Studie konnte als Teilerfolg eine bessere Erholung der Nierenfunktion durch kontinuierliche Verfahren im Vergleich zur IHD zeigen (Bell 2007). Im ökonomischen Vergleich kommen die kontinuierlichen Verfahren schlechter weg, da die benötigte sterile Dialysierflüssigkeit bzw. Substitutionslösung kostenintensiv sind. Neuerdings gibt es eine dritte Alternative, die die medizinischen Nachteile der IHD (Volumenschwankungen, Kreislaufinstabilität; rasche, aber nicht anhaltende Korrektur von Azidose und Urämie) durch lange, aber intermittierende Behandlungen mit niedrigen Blut/Dialysatflüssen relativiert, und die gleichzeitig den kontinuierlichen Verfahren ökonomisch überlegen ist. Dieses Hybridverfahren wird bei täglicher Durchführung auch als SLEDD (»slowextended daily dialysis«) bezeichnet und wird häufig mit der Genius-Tankniere durchgeführt..3 Dosierung der Nierenersatztherapie bei Intensivpatienten: Ist mehr besser? Wie für die Indikation zur Nierenersatztherapie und die Verfahrenswahl werden für die Dialysedosis bei akutem Nierenversagen Besonderheiten gegenüber dem chronischen Nierenversagen postuliert. Eine erhöhte Dialysedosis wird sowohl für den Einsatz der IHD als auch für den der kontinuierlichen Verfahren verbreitet als notwendig erachtet, vor allem bei Patienten mit septischem Nierenversagen. Dabei ist in Analogie zur Behandlung des chronischen Nierenversagens sicher eine Mindestdosis an Nierenersatztherapie erforderlich, damit die Patienten profitieren. Für die IHD wurde bei Patienten mit akutem Nierenversagen gezeigt, dass tägliche IHD gegenüber einer zweitäglichen IHD das Überleben der Patienten verbessert und die Erholung der Nierenfunktion befördert (Schiffl 2002). Für die kontinuierlichen Verfahren brachte eine höhere Hämofiltrationsdosis (CVVHF) (35 ml/kgkg/h) gegenüber einer Dosis von 20 ml/kgkg/h einen Überlebensvorteil in einer Studie an 400 Patienten (Ronco 2000). Eine Dosiserhöhung auf 45 ml/kgkg/h brachte keine weitere Verbesserung. Es bleibt unklar, ob die Ergebnisse in gleicher Weise für Patienten mit septischem Nierenversagen gültig sind, da diese Patientengruppe in den Studien kaum repräsentiert war. Ebensowenig ist bekannt, ob die Dosisempfehlungen auch für andere Verfahrensvarianten wie z. B. die CVVHDF anwendbar sind.
4 218 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation Zwei größere Studien zur Dialysedosis kamen bei Patientenkollektiven mit hohem Anteil an septischen ANV zu anderen Ergebnissen. Danach ist eine hochdosierte CVVHDF (in Prädilution) mit 35 ml/ kgkg/h einer Dosis von 20 ml/kgkg/h nicht überlegen. Bei Patienten, die mit IHD behandelt wurden, gab es keinen Unterschied zwischen täglicher und zweitäglicher Behandlung (The VA/NIH Acute Renal Failure Trial Network 2008, Tolwani 2008). z Überlegungen zur Dosis der Nierenersatz- therapie bei Intensivpatienten Auf Basis der vorliegenden Studienergebnisse können nur vorläufige Dosisempfehlungen gegeben werden. Die optimale Dosis der Nierenersatztherapie ist unbekannt und kann möglicherweise nicht einheitlich für alle Patientengruppen und Stadien des Nierenversagens formuliert werden. Intermittierende Dialyse. Sofern jede Behandlung ein Kt/V von 1,2 1,4 erreicht, lässt sich kein zusätzlicher Vorteil mit Steigerung der wöchentlichen Behandlungen von 3 auf 5 6 erreichen. Das heißt, 3 4 effiziente IHD sind ausreichend. Kontinuierliche Dialyse. Da für CVVH ein Vorteil eines Austauschs von mind. 35 ml/kg/h gegenüber 20 ml/kg/h nachgewiesen wurde, sollte dieser Wert angestrebt werden, auch wenn eine weitere Studie für die CVVHDF in Prädilution keinen Vorteil bei Steigerung des Filtratvolumens (Effluat) von 20 auf 35 ml/kg/h gezeigt hat. Übereinstimmend sprechen die Studienergebnisse gegen eine weitere Dosissteigerung auf 45 ml/kg/h, auch weil darunter Komplikationen wie Hypophosphatämie, Hypomagnesiämie und Hypokaliämie zunehmen..4 Kontinuierliche Nierenersatzverfahren (CRRT) Verschiedene Modalitäten der kontinuierlichen Nierenersatztherapie (»continuous renal replacement therapies«, CRRT) stehen zur Verfügung. Moderne CRRT-Geräte erlauben in der Regel die Durchführung sämtlicher Varianten. Die kontinuierlichen Blutreinigungsverfahren werden mit Kürzeln bezeichnet, an denen sich Tab..1 Abkürzungen für die Bezeichnung der kontinuierlichen Blutreinigungsverfahren C S A V H(F) HD HDF UF Kontinuierlich Spontan Arteriell Venös Hämofiltration Hämodialyse Hämodiafiltration Ultrafiltration wichtige Merkmale des Verfahrens wie Gefäßzugang (venös/arteriell) und eingesetztes Transportprinzip (Ultrafiltration (ohne Substitution), Hämofiltration, Hämodialyse, Hämodiafiltration) ablesen lassen ( Tab..1). Die Differenzialindikation der Verfahren hängt von der angestrebten Ultrafiltration und dem Clearance-Ziel für klein- und großmolekulare Toxine oder Pharmaka ab, gleichzeitig müssen die hämodynamische Situation des Patienten und der verfügbare Gefäßzugang berücksichtigt werden..4.1 SCUF (»slow continuous ultrafiltration«) und CAVH (»continuous arterio-venous hemofiltration«) Die technisch einfachsten Verfahren, die langsame Ultrafiltration (SCUF) und die kontinuierliche arteriovenöse Hämofiltration (CAVH), können unabhängig von einem technischen Gerät durchgeführt werden. Die Ultrafiltration bzw. Hämofiltration erfolgt allein aufgrund der arteriovenösen Druckdifferenz vor und nach dem Filter. Für diese spezielle pumpenunabhängige Variante wird neben dem venösen auch ein arterieller Shaldon-Katheter benötigt. Beide Verfahren werden heute beim akuten Nierenversagen auf Intensivstationen kaum noch eingesetzt, da sie keine adäquate Toxin-Clearance erzielen (Kramer 177). Bei der SCUF erfolgt ausschließlich die Ultrafiltration ohne Substitution. Damit ist das Verfahren
5 21.4 Kontinuierliche Nierenersatzverfahren (CRRT) Effluent Effluat Blutzufluss Access Blutrückfluss Return Filter SCUF Abb..1 Slow-continuous ultrafiltration (SCUF) ökonomisch zwar günstig, aber in seiner Anwendung auf die Volumenkorrektur hyperhydrierter Patienten beschränkt, denen ca. 3 5 l/tag Wasser entzogen werden kann. Wird die SCUF mit einem Hämofiltrationsgerät durchgeführt, so können auch bedeutend höhere Volumina filtriert werden. Für eine signifikante Toxinelimination über die reine Bilanzierung hinaus muss das Filtrationsvolumen soweit gesteigert werden, dass eine Substitution von Elektrolytlösung zur Aufrechterhaltung der Volumenhomöostase notwendig wird. Damit wandelt sich das Verfahren zur CAVH und wird gegenüber der SCUF kostenintensiver ( Abb..1). Maschinenunabhängige Durchführung von SCUF und CAVH: Besonderheiten im Aufbau Wegen der geringen Blutflüsse werden spezielle hochpermeable Filter mit kleiner Oberfläche (ca. 0,5 m 2 ), geringem Flusswiderstand und geringer Thrombogenität gewählt. Das Blutschlauchsystem wird ebenso zur Reduktion des Flusswiderstands kurz gehalten, und es enthält zur Vermeidung thrombogener Blut-Luft-Kontakte keinen Blasenfänger. Die Antikoagulation erfolgt direkt vor dem Filter. Der Blutfluss im Filter ist dem mittleren arteriellen Druck proportional, typische Blutflüsse liegen zwischen ml/min. Die Filtrationsrate wird durch den negativen Druck im Filtratkompartiment über die Höhe des Auffangbeutels für das Filtrat relativ zum Patienten reguliert. Je näher der Abtropfpunkt am Filterausgang liegt, desto geringer ist die Filtrationsleistung. Da die Verfahren auf spontaner Filtration basieren, sind sie bei Patienten mit niedrigem Blutdruck (systolisch <100 mmhg) nur bedingt einsatzfähig. Zur Steigerung der Filtratmengen können sie um eine Filtratpumpe aufgerüstet werden, die den Druck im Filtratkompartiment weiter negativiert. Damit steigt die Gefahr der Thrombenbildung im Dialysator, die wiederum durch eine Volumensubstitution in Prädilution vor dem Filter abgewendet werden kann..4.2 Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH) Die CVVH wird mit einem CRRT-Gerät durchgeführt. Das Verfahren basiert ausschließlich auf konvektivem Stofftransport durch Ultrafiltration, und die Clearance steigt mit dem erzielten Ultrafiltrationsvolumen. Das den notwendigen Volumenentzug übersteigende filtrierte Volumen muss durch physiologische Substitutionslösung ersetzt werden. Diese kann vor oder nach dem Filter (Prädilution vs. Postdilution) zugeführt werden. Am CRRT-Gerät steuert eine Pumpe den Blutfluss, die zweite Pumpe den Filtratfluss, die dritte die Substitutionsrate. Die CVVH ist theoretisch besonders zur Entfernung mittel-höhermolekularer Toxine wie z. B. von Zytokinen bei Sepsis geeignet. Typische Blutflüsse der CVVH liegen bei ml/min, für eine wirksame konvektive Blutreinigung muss eine Mindestfiltration erreicht werden. Für einen 70 kg schweren Patienten liegt die tägliche Filtrationsmenge (= Effluat) und damit das notwendige Substitutionsvolumen entsprechend den o. g. Empfehlungen (mind. 35 ml/kg/h) bei 5 l. Typische Einstellungen für die Substitutionsrate liegen korrespondierend bei 1 2 l/h ( Abb..2). Die für diese Austauschvolumina unverzichtbare Bilanzierungssicherheit wird über gravimetrische Ultrafiltrationsmessung und einen Prozessor erreicht, der die Förderleistung der Pumpen exakt steuert, d. h. das notwendige Substitutionsvolumen automatisch an die Filtration anpasst. Damit kann der Flüssigkeitsumsatz beliebig zur Erhöhung des
6 220 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation Blutzufluss Access Blutrückfluss Return Substitution Replacement (vor oder (pre nach or post dem filter) Filter) Dialysate Blutzufluss Access Blutrückfluss Return CVVH Effluent Effluat Abb..2 Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH) Effluent Effluat CVVHD konvektiven Transports gesteigert und der Patient dennoch ausgeglichen bilanziert werden. Die Filtratmenge entspricht dem dem Patienten entzogenen Ultrafiltrationsvolumen plus das Substitutionsvolumen. Die Substitution erfolgt meist im Verfahren der Postdilution hinter dem Filter. Vorteile der Prädilution, die allerdings ein höheres Substitutionsvolumen mit sich bringt, sind das geringere Thromboserisiko im Filter (geringerer Bedarf an Antikoagulanzien). Kontinuierliche venovenöse Hämodialyse (CVVHD) Bei der CVVHD wird mit der zweiten Pumpe des CRRT-Geräts Dialysierflüssigkeit im Gegenstrom zum Blut durch das Außenkompartiment des verwendeten Filters geleitet. Als Dialysierflüssigkeit wird eine bikarbonat- oder laktatgepufferte Hämofiltrationslösung oder Peritonealdialysat (Nachteil: hohe Glukosezufuhr) verwandt. Es erfolgt keine Substitution von Flüssigkeit. Der Stofftransport beruht überwiegend auf Diffusion, abgesehen von der geringen mit Ultrafiltration verbundenen Konvektion. Im Vergleich zur IHD mit ihren höheren Blut- und Dialysatflüssen erscheint das Verfahren zunächst ineffizient. Traditionell wurde bei einem Blutfluss von ml/min ein Dialysatfluss von etwa 20 ml/ min (1 2 l/h) gewählt. Das entspricht nur ca. 3% Abb..3 Kontinuierliche venovenöse Hämodialyse (CVVHD) des Dialysatflusses bei IHD. Mit diesem Fluss ist das im Gegenstrom abfließende Dialysat komplett mit Urämietoxinen aufgesättigt, und es wird durch die kontinuierliche Durchführung eine gute kleinmolekulare Stoffreinigung mit einer korrespondierenden Harnstoff-Clearance von ml/min erreicht. Studien haben inzwischen gezeigt, dass die Clearance durch Steigerung der Dialysatflüsse auf ml/min und sogar auf 200 ml/min verbessert werden kann (Brunet 1). Im Vergleich zur CVVH ist es schwieriger, den Patienten ausgeglichen zu bilanzieren. Die Effluatmenge entspricht dem dem Patienten entzogenen Volumen plus das Dialysat. Eine an sich zur Erhöhung der Clearance erwünschte Steigerung des Effluats kann schnell zur negativen Flüssigkeitsbilanz führen, weil eine Substitution von Flüssigkeit nicht automatisch im Verfahren implementiert ist ( Abb..3). Kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration (CVVHDF) Die CVVHDF kombiniert Hämodialyse mit Hämofiltration und kann mit modernen CRRT-Geräten durchgeführt werden. Hierzu wird eine vierte Pumpe in Betrieb genommen. Die Substitution erfolgt wahlweise vor oder nach dem Filter (Präoder Postdilution).
7 221.5 Hybridverfahren Dialysate Blutzufluss Access Blutrückfluss Return Substitution Replacement (vor oder (pre nach or post dem filter) Filter) Rep (pre Tab..2 Terminologie und Kürzel von Hybridverfahren PIRRT SLED SLEDD Prolonged (daily) intermittent renal replacement therapy Slow extended dialysis Sustained low efficiency dialysis Slow extended daily dialysis Sustained low efficiency (daily) dialysis Effluent Effluat CVVHDF Abb..4 Kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration (CVVHDF) SLEDD-f EDD SCD AVVH»SHIFT«Sustained low efficiency (daily) diafiltration Extended daily dialysis Slow continuous dialysis Accelerated venovenous hemofiltration Umgangssprachlich für Dialysebehandlung, die innerhalb einer pflegerischen Schicht durchgeführt wird Die CVVHD ist heute die verbreitetste Behandlungsmethode des Nierenversagens auf Intensivstationen, besonders bei Patienten mit Sepsis. Die Kombination konvektiven und diffusiven Transports führt zur effektiven Clearance von kleineren und mittelgroßen Toxinen. Durch ihren Verbrauch von Dialysat und Substitutionslösung ist es auch das kostspieligste Verfahren. Das Effluat entspricht dem Volumen, das dem Patienten entzogen wird, plus Dialysat und Substitutionslösung. Das Verfahren hat durch die obligate Substitution, die über den Prozessor automatisch an die Ultrafiltration angepasst wird, nicht das für die CVVHD beschriebene Bilanzierungsproblem ( Abb..4)..5 Hybridverfahren zwischen intermittierender Dialysebehandlung und kontinuierlichen Nierenersatzverfahren Inzwischen werden verschiedene Varianten von Hybridverfahren auf Intensivstationen eingesetzt, die eine schonende Blutreinigung mit geringen Blutflüssen und niedrigen Ultrafiltrationsraten bei langen Behandlungszeiten erreichen, aber dennoch intermittierend durchgeführt werden. Die Verfahrensvarianten werden mit einer verwirrenden Vielzahl von Kürzeln bezeichnet. Einige Kürzel werden synonym für verschiedene Begriffe gebraucht ( Tab..2). Die SLED (»slow extended dialysis«) ist eine schonende, verlängerte Dialysebehandlung, die bei täglicher Durchführung als SLEDD bezeichnet wird. Sie wird mit Blutflüssen von ml/h und Dialysatflüssen von ml/min über 6 12 h/tag durchgeführt. Die Behandlung kann mit jedem Dialysegerät erfolgen, das Dialysat wird on-line auf der Intensivstation mit einer mobilen Wasseraufbereitungsanlage für den jeweiligen Patienten maßgeschneidert hergestellt. Eine interessante Alternative, die große Akzeptanz findet, ist der Einsatz der Tankniere GENIUS bei Intensivpatienten. Die technischen Besonderheiten der Tankniere machen sie besonders für den flexiblen Einsatz in der Intensivmedizin geeignet. Das Dialysegerät wird elektrisch über einen Sicherheitstransformator aus dem 220-V-Stromnetz versorgt und intern mit 24 V betrieben. Ein Akkumulator ermöglicht den Weiterbetrieb bei Stromausfall. Die hohe Mobilität des auf großen Rollen montierten Dialysegerätes erlaubt eine Behandlung an jedem beliebigen Ort. Eine Wasseraufbereitung vor Ort mit einer Umkehrosmose ist nicht erforderlich. Der
8 222 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation Dialysierflüssigkeitstank von 75 l wird extern zur täglichen Behandlung mit der individuell zusammengesetzten Dialysierflüssigkeit befüllt. SLEDD führt mit seinen geringen Blutflüssen höchst selten zu Problemen mit dem Gefäßzugang, wie sie bei der IHD mit hohen Blutflüssen regelmäßig auftreten. Allerdings ist speziell bei Einsatz der Genius-Tankniere zu berücksichtigen, dass durch die einzelne Blutpumpe keine Single-needle-Dialyse möglich ist. In der Regel ist daher die Anlage eines Doppellumenkatheters erforderlich. Für blutungsgefährdete Patienten ist der gegenüber CRRT geringere Heparinverbrauch bei SLED von Vorteil. Im Vergleich zur CVVH und CVVHDF bietet die SLED ökonomische Vorteile, indem auf die teure, industriell gefertigte Substitutionslösung verzichtet werden kann. Erste kontrollierte Studien zeigen, dass diese Form der Behandlung gegenüber der klassischen CVVH bei vergleichbarer Kreislaufstabilität der Patienten eine ebenso hohe Effektivität bei kürzeren Behandlungszeiten bietet. Die Behandlung kann viele Stunden lang unterbrochen bleiben. Es entstehen Freiräume für notwendige medizinische Untersuchungen des Patienten. Außerdem entfällt die Dauerbetreuung des Blutreinigungsverfahrens durch das Intensivpersonal (Fliser u. Kielstein 2006)..6 Filter und Membranen bei kontinuierlichen Verfahren Für die blutpumpenunabhängigen SCUF und CAVH mit ihren niedrigen Blutflüssen müssen spezielle Filter mit kleinen Oberflächen um 0,5 m 2 gewählt werden (s. oben) Für die anderen Verfahren werden heute herkömmliche Hämodialysefilter eingesetzt. Speziell für die Verfahren mit konvektivem Transport kommen hochpermeable Filter, also High-flux-Dialysatoren oder Hämofilter, zum Einsatz. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Filters ist die Biokompatibilität der Dialysemembran ( Kap. 2). In der heutigen Praxis dominieren synthetische hochpermeable Dialysemembranen in Filtern mit großer Oberfläche, die neben einer exzellenten Clearance klein- bis mittelmolekularer Toxinen über Diffusion und Konvektion auch eine adsorptive Bindung von Zytokinen erlauben. Die Filter werden bei CRRT abhängig von den Erfahrungen des jeweiligen Zentrums nach h gewechselt. Eine nachlassende Filtrationsleistung ist am Anstieg des venösen Drucks erkennbar und kann vorübergehend durch Freispülen des Filters mit Kochsalzlösung verbessert werden..7 Substitutionslösungen und Dialysierflüssigkeit Bei der IHD und den Hybridverfahren werden die Substitutionslösung und die Dialysierflüssigkeit nicht anders als bei der ambulanten Dialyse on-line produziert, allerdings über eine mobile Wasseraufbereitungsanlage. Kommt eine Tankniere zum Einsatz, so wird die Dialysierflüssigkeit für die gesamte Behandlung in den 75 oder 0 l fassenden Tank in individueller Zusammensetzung eingefüllt und verbraucht. Für die CRRT werden kommerzielle, steril in Beuteln (Volumina von 2,5 7 l) abgefüllte Hämofiltrationslösungen verwandt, die sowohl als Substitutionslösung als auch als Dialysierflüssigkeit fungieren können. Auch Peritonealdialyselösungen können benutzt werden. Die Lösungen sind laktat- oder bikarbonatgepuffert ( Tab..3). Die bikarbonatgepufferte Lösung liegt als Doppelbeutel vor und wird erst nach Zusammenfügen beider Komponenten unmittelbar vor der Behandlung gebrauchsfertig. Laktatgepufferte Lösungen können die metabolische Azidose bei Leberversagen verschlechtern, da die metabolische Umwandlung zu Bikarbonat eingeschränkt ist (Cole 2003). Lösungen unterschiedlichster Elektrolytzusammensetzungen sind verfügbar, so dass individuelle Anpassungen an die Elektrolytkonstellation beim Patienten vorgenommen werden können. > Durch ihren kontinuierlichen Einsatz führen CRRT zu erheblichen Veränderungen des inneren Milieus beim Patienten, und die Plasmawerte für Elektrolyte, einschließlich von Magnesium und Phosphat müssen regelmäßig überwacht werden. Bei Antikoagulation mit Zitrat werden calziumfreie Substitutionslösungen eingesetzt.
9 223. Antikoagulation bei CRRT Tab..3 Beispiel für die Zusammensetzung einer kommerziellen bikarbonatgepufferten 4-mmol/l-Kaliumhämofiltrationslösung vor und nach dem Zusammenmischen der beiden Komponenten Saure Glukose-Elektrolytlösung (kleine Kammer) Alkalische Hydrogenkarbonatlösung (große Kammer) Gebrauchsfertige Lösung nach dem Mischen Kalium (K + ) [mmol/l] 80-4 Calzium (Ca ++ ) [mmol/l] 30-1,5 Magnesium (Mg ++ ) [mmol/l] 10 0,5 Chlorid (Cl - ) [mmol/l] , Natrium (Na + ) [mmol/l] - 147, Glukose (C 6 H 12 O 6 ) [mmol/l] 111-5,55 Bikarbonat (HCO 3- ) [mmol/l] - 36, Gefäßzugänge Für SCUF und CAVH wird neben dem venösen Gefäßzugang (zumeist ein Shaldon-Katheter) auch ein arterieller Shaldon-Katheter (meist in der Arteria femoralis) benötigt. Wegen der hohen Komplikationsrate des arteriellen Katheters stellt dies einen signifikanten Nachteil der auf spontaner Filtration beruhenden Verfahren dar. Bei Durchführung mit einem CRRT-Gerät werden heute meist ein Doppellumenkatheter oder alternativ zwei separate venöse Shaldon-Katheter gelegt; die Behandlung ist aber auch als Single-needle-(SN)-Verfahren möglich. Bei Einsatz der Genius-Tankniere kann allerdings keine SN-Dialyse durchgeführt werden.. Antikoagulation bei CRRT CRRT führen aufgrund der langen Kontaktzeiten des Bluts mit den künstlichen Oberflächen zur Dauerstimulation des Gerinnungssystems. Unterbrechungen der Behandlungen aufgrund von Thrombosierung des Systems sind häufig. So kommt es durchschnittlich zu komplikationsbedingten Unterbrechungen der Behandlung von 8 h/tag (Venkataraman et al. 2002). Andererseits kann eine systemische Antikoagulation bei Intensivpatienten mit ihrem zum Teil erhöhten Blutungsrisiko in besonderem Maße Komplikationen herbeiführen...1 Heparin Die Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin ist kostengünstig. Es liegen umfängliche Erfahrungen zu Dosierung und Monitoring vor, auch für den Einsatz bei blutungsgefährdeten Patienten. Die Antikoagulation mit Heparin wird entweder mit der aktivierten Gerinnungszeit (ACT) als Bedside-Methode oder mit der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aptt) monitorisiert. Die ACT (Koagulanz: Caolin) misst die plasmatische Gerinnung und die Thrombozytenfunktion, ihr Normwert ist s. Dabei gilt, dass alle Kontrollverfahren der Antikoagulation rein empirisch und unzuverlässig sind. > Um Therapieunterbrechungen durch Thrombosierung zu vermeiden, sollte immer zusätzlich ein regelmäßiger Koagel-Check in Filter, Luftfallen und Schlauchsystemen durchgeführt werden. Verschiedene Applikationsmethoden des Heparins sind gebräuchlich, häufig erfolgt die Heparinisierung in drei Schritten: 1. Zunächst wird das extrakorporale System mit heparinisierter Lösung gespült ( I.E./l). 2. Bei Behandlungsbeginn wird die Startdosis als Bolus (15 70 I.E./kg) gegeben. 3. Schließlich erfolgt die kontinuierliche Infusion von 3 20 I.E./kg/h.
10 224 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation Zielwerte der aptt sind das 1,5- bis 2fache des Normwertes und eine ACT von s. Bei blutungsgefährdeten Patienten sollten die aptt im oberen Normbereich und die ACT zwischen s liegen. Auch niedermolekulare Heparine können zur Antikoagulation eingesetzt werden. Dabei müssen ihre verlängerte Halbwertszeit bei Niereninsuffizienz ebenso wie ihre unbekannte Elimination über CRRT bedacht werden. Neben Blutungen ist auf die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) als sehr ernste Komplikation der Heparintherapie zu achten. Ihr Risiko lag in verschiedenen Untersuchungen zwischen 0,8 und 4,2%. Bei HIT muss auf andere Antikoagulanzien ausgewichen werden, z. B. auf die direkten Thrombininhibitoren Argatroban oder Lepirudin. Bei Blutungsgefahr muss entweder ohne Antikoagulation behandelt oder eine regionale Antikoagulation durchgeführt werden...2 Regionale Antikoagulation mit Heparin Die regionale Heparinisierung vermeidet die systemische Antikoagulation und reduziert damit die Blutungsgefahr. Heparin wird vor dem Dialysator in den extrakorporalen Kreislauf infundiert. Der Heparin-Antagonist Protamin wird nach dem Dialysator in das Schlauchsystem appliziert, um die Heparinwirkung vor Rückgabe des Bluts in den Kreislauf des Patienten wieder aufzuheben. Zur Steuerung der Dosierung muss die ACT bzw. aptt sowohl im peripheren Blut des Patienten als auch im extrakorporalen System nach der Heparin- und vor der Protamininfusion gemessen werden. Im peripheren Blut sollten die Parameter normwertig sein, im extrakorporalen System nach dem Filter sollte die aptt auf etwa 100 s verlängert sein. Erfahrungsgemäß ist dieses Verfahren schwierig zu steuern und erfordert ständige Anpassungen der Infusionsraten von Heparin und Protamin. Darüber hinaus wirkt Protamin selbst bei Überdosierung gerinnungshemmend und kann zu anaphylaktoiden Reaktionen führen...3 Antikoagulationsfreie Durchführung der CRRT Die Durchführung einer IHD oder von CRRT- Verfahren ohne Applikation eines Antikoagulanz kann bei stark blutungsgefährdeten Patienten z. B. unmittelbar postoperativ indiziert sein. Hierzu ist ein erheblicher personeller Aufwand erforderlich, da das extrakorporale System immer wieder mit physiologischer Kochsalzlösung (alle 20 min mit ml) gespült werden muss. Die Thrombosierungsgefahr wird durch Betreiben des Verfahrens mit dem höchstmöglichen Blutfluss und durch die Zufuhr von Substitutionslösung vor dem Filter als Prädilution reduziert. > Jegliche Stagnation des Bluts muss vermieden und der Blut-Luft-Kontakt auf ein Minimum reduziert werden. Falls verfügbar, können bei CRRT Schlauchsysteme ohne arterielle und venöse Luftfallen verwandt werden...4 Regionale Zitratantikoagulation Die Durchführung von CRRT mit regionaler Zitratantikoagulation setzt sich auf Intensivstationen immer mehr durch. Zitrat bindet calzium, einen Co-Faktor entscheidender Schritte der Gerinnungskaskade. Vor dem Dialysator wird Natriumzitrat in den extrakorporalen Kreislauf infundiert, um über eine Bindung des ionisierten Calziums die Blutgerinnung zu hemmen. Hinter dem Dialysator wird Calziumchlorid infundiert, und damit der antikoagulatorische Effekt des Zitrats aufgehoben. Die Monitorisierung der Antikoagulation erfolgt durch Messung des ionisierten Calziums. Zitrat hat eine dem Heparin vergleichbare Effizienz zur Offenhaltung des Dialysators, aber nur die Hälfte an Nebenwirkungen (kein HIT, keine systemische Antikoagulation und Blutungsgefährdung). Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Hypokalzämie und metabolische Alkalose, da Zitrat in der Leber zu Bikarbonat verstoffwechselt wird. Bei Leberversagen sollte eine Zitratantikoagulation deshalb nicht durchgeführt werden. Bei Zitratantikoagulation wird meist calziumfreies Dialysat und Substitutionslösung bevorzugt. Zitrat steht als Tri-
11 Hypothermie bei CRRT natriumzitrat (TSC) oder ACD-A-Zitrat zur Verfügung; beide können eingesetzt werden. Regionale Zitratantikoagulation ist bei CRRT im Vergleich zur Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin mit geringerer Mortalität und besserer Erholung der Nierenfunktion verknüpft (Oudemans 200). Dies könnte über unterschiedliche Auswirkungen von Zitrat und Heparin auf die Ausschüttung der Granula (besonders von Myeloperoxidase MPO) von Neutrophilen erklärt werden, die bei Verwendung von Zitrat geringer ist...5 Prostazyklin Prostazyklin wird vor dem Dialysator infundiert und darüber die Thrombozytenaggregation gehemmt. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit muss die Infusion kontinuierlich über die gesamte Dialyse erfolgen. Als Nebenwirkung kann es zu einer Flush-Symptomatik, Kopfschmerzen und Blutdruckabfällen kommen. Prostazyklin ist sehr teurer und wird heute kaum eingesetzt..10 Hypothermie bei CRRT Hypothermie ist eine Komplikation der CRRT, da ein Wärmeverlust über die ml extrakorporalen Bluts eintritt, und weil die Substitutionslösungen bei Raumtemperatur infundiert werden ( Tab..4). Um eine ernsthafte Auskühlung des Patienten zu vermeiden, sind Monitorisierung der Körpertemperatur, Verwendung wärmender De- Tab..4 Charakteristika von IHD, CRRT und Hybridverfahren im Vergleich IHD CRRT Hybridverfahren Behandlungszeit 3 5 h/tag; 3- bis 5-mal/ Woche Theoretisch 24 h/tag; 7 Tage/ Woche. Durch komplikationsbedingte Unterbrechung aber im Durchschnitt nur 18 h/tag 7 8 h/tag; 3- bis 5-mal/Woche oder täglich Technischer und personeller Aufwand Technisch aufwändige Bedienung des Dialysegeräts durch geschultes Dialysepersonal bei geringer Behandlungszeit Wasseraufbereitung vor Ort notwendig Einfache Bedienbarkeit der Geräte, keine Wasseraufbereitung erforderlich Bedienung durch Intensivpersonal möglich, allerdings keine behandlungsfreie Zeit Technisch aufwändige Bedienung des Dialysegeräts durch geschultes Dialysepersonal bei intermediärer Behandlungszeit Wasseraufbereitung vor Ort notwendig, bei Verwendung einer Tankniere kann darauf verzichtet werden Effizienz Bei Dialysen mit einem Kt/V von 1,2 1,4 sind 3 wöchentliche Behandlungen bereits ausreichend Geeignet zum raschen Volumenentzug bei akuter Überwässerung/Lungenödem und zur Korrektur lebensbedrohlicher Elektrolytentgleisungen wie Hyperkaliämie Für die CVVH sollte ein Austauschvolumen von mind. 35 ml/kg/h erreicht werden Effizienz ist ersten Studien zufolge gleichwertig mit CVVH Komplikationen Kreislaufinstabilität aufgrund intravasaler Volumenschwankungen bei hohen Ultrafiltrationsraten Gute Kreislaufstabilität bei niedrigen Blutflüssen und Ultrafiltrationsraten Konstanter Volumen- und Toxinentzug, geringe Schwankungen der Elektrolytkonzentrationen im Blut Gute Kreislaufstabilität bei niedrigen Blutflüssen und Ultrafiltrationsraten Konstanter Volumen- und Toxinentzug, geringe Schwankungen der Elektrolytkonzentrationen im Blut
12 226 Kapitel Dialyse auf der Intensivstation cken, Anhebung der Raumtemperatur und ggf. Verwendung eines im CRRT-Gerät implementierten Blutwärmers sowie Anwärmung von Dialysier-/Substitutionsflüssigkeiten wichtige Maßnahmen (Rickard 2004). Literatur Bell M, SWING, Granath F, Schön S, Ekbom A, Martling CR (2007) Continuous renal replacement therapy is associated with less chronic renal failure than intermittent haemodialysis after acute renal failure. Intensive Care Med. May;33(5): Brunet S, Leblanc M, Geadah D, Parent D, Courteau S, Cardinal J (1) Diffusive and convective solute clearances during continuous renal replacement therapy at various dialysate and ultrafiltration flow rates. Am J Kidney Dis. 34: Cole L, Bellomo R, Hart G, Journois D, Davenport P, Tipping P, Ronco C (2002) A phase II randomized, controlled trial of continuous hemofiltration in sepsis. Crit Care Med. Jan;30(1): Cole L, Bellomo R, Baldwin I, Hayhoe M, Ronco C (2003) The impact of lactat-buffered high-volume hemofiltration on acid-base balance. Intensive Care Med. Jul;2(7): Fliser D, Kielstein JT (2006) Technology Insight: treatment of renal failure in the intensive care unit with extended dialysis. Nat Clin Pract Nephrol. Jan;2(1):32 3 Kramer P, Wigger W, Reiger J, Matthaei D, Scheler F (177) Arteriovenous haemofiltration: a new and simple method for treatment of over-hydrated patients resistant to diuretics [in German]. Klin Wochenschr. 55: McCullough PA, Wolyn R, Rocher LL, Levin RN, O'Neill WW (17) Acute renal failure after coronary intervention: incidence, risk factors, and relationship to mortality. Am J Med. Nov; 103(5): Oudemans-van Straaten HM, Bosman RJ, Koopmans M et al. (200) Zitrate anticoagulation for continuous venovenous hemofiltration. Crit Care Med. Feb;37(2): Piccinni P, Dan M, Barbacini S et al. (2006) Early isovolaemic haemofiltration in oliguric patients with septic shock. Intensive Care Med. Jan;32(1):80 86 Rickard CM, Couchman BA, Hughes M, McGrail MR (2004) Preventing hypothermia during continuous venovenous haemodiafiltration: a randomized controlled trial. J Adv Nurs. 47: Ronco C, Bellomo R, Homel P, Brendolan A, Dan M, Piccinni P, La Greca G (2000) Effects of different doses in continuous veno-venous haemofiltration on outcomes of acute renal failure: a prospective randomised trial. Lancet. Jul 1;356(223):26 30 Schiffl H, Lang SM, Fischer R (2002) Daily hemodialysis and the outcome of acute renal failure. N Engl J Med. Jan 31; 346(5): Schindler R, Senf R, Frei U (2002) Influencing the inflammatory response of hemodialysis patients by cytokine elimination using large pore membranes. Nephrol Dial Transplant. 17:17 1 Seabra VF, Balk EM, Liangos O, Sosa MA, Cendoroglo M, Jaber BL (2008) Timing of renal replacement therapy initiation in acute renal failure: a meta-analysis. Am J Kidney Dis. Aug;52(2): The VA/NIH Acute Renal Failure Trial Network (2008) Intensity of renal support in critically ill patients with acute renal failure. N Engl J Med 35: 7 20 Tolwani AL et al. (2008) Standard versus high-dose CVVHDF for ICU-related acute renal failure. J Am Soc Nephrol 1: 1233 Venkataraman R, Kellum JA, Palevsky P (2002) Dosing patterns for continuous renal replacement therapy at a large academic medical center in the United States. J Crit Care 17: Vinsonneau C, Camus C, Combes A et al. (2006) Continuous venovenous haemodiafiltration versus intermittent haemodialysis for acute renal failure in patients with multiple-organ dysfunction syndrome: a multicentre randomised trial. Lancet. Jul 2; 368(533):37 385
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