LMU Fakultät für Physik. T2p Quantenmechanik. Dr. Michael Haack

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Transkript:

LMU Fakultät für Physik T2p Quantenmechanik Dr. Michael Haack zuletzt erstellt am 1. Dezember 2013

Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 1 1.1. Die Quantenmechanik im Alltag................................ 1 1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus.................................. 2 1.3. Das Doppelspaltexperiment................................... 4 2. Die Schrödingergleichung 6 2.1. Wahrscheinlichkeiten....................................... 6 2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation..................... 8 2.3. Schrödingergleichung plausibel gemacht............................ 9 2.4. Impuls............................................... 10 2.5. Unschärferelation Teil 1..................................... 11 2.6. Die zeitunabhängige Schrödingergleichung........................... 12 3. 1-dimensionale Anwendung 16 3.1. Unendlicher Potentialtopf.................................... 16 3.2. Harmonischer Oszillator..................................... 18 3.3. Das freie Teilchen......................................... 22 3.4. Das Delta Potential....................................... 27 3.4.1. Gebundene Zustände und Streuzustände........................ 27 3.4.2. Deltafunktionspotential................................. 28 4. Der Formalismus der Quantenmechanik 33 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 33 6. Das Wasserstoffatom 33 7. Die Störungsrechnung 33 8. Identische Teilchen 33 9. Philosophischer Epilog 33 Seite

1.1. Die Quantenmechanik im Alltag a. Transistor (im Computer etc.) b. Laser (im DVD-Player, Scanner, Drucker etc.) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 1. Einführung c. Kernspintomographie (Eiweißverteilung im Körper wird anhand des Spins der Atomkerne in Magnetfeldern ermittelt) d. Atomuhr (GPS funktioniert nur dank hoher Zeitmessgenauigkeit) e. Verständnis der Festkörperphysik und der Chemie: Warum gibt es Leiter, Halbleiter und Nichtleiter? Nebenbemerkung zur Bandstruktur: erster wichtiger Bestandteil zum Verständnis von Festkörperphysik: Abbildung 1.1: Energiebänder zweiter wichtiger Bestandteil: Pauli-Prinzip: Elektronen können nicht alle diesselbe Energie haben Abbildung 1.2: Pauli-Prinzip Materialeigenschaften Periodensystem Stabilität der Materie f. für das Verständnis der Struktur des Universums Seite 1

1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus In der klassischen Physik gibt es eine klare Trennung zwischen Teilchen und Wellen. Mechanik: Teilchen der Masse m: m r = F Elektrodynamik: Maxwellgleichung im Vakuum Wellengleichung: 2 t 2 E c 2 E = 0 = 2 t 2 B c 2 B, mit = 3 2 x 2 i=1 i (1.1) Eine einfache Lösung sind ebene elektromagnetische Wellen: E = Re[ E 0 e i( k r ωt) ], (1.2) mit k: Wellenvektor (Wellenlänge λ = 2π k ) ω: Kreisfrequenz (Frequenz ν = ω 2π ) Dispersionsrelation: Energiedichte: ω = k c (1.3) u = 1 2 ɛ 0 E 0 2 (1.4) Historische Experimente, die Probleme mit dem klassischen Weltbild aufgezeigt haben, sind: Strahlung eines schwarzen Körpers: Abbildung 1.3: Schwarzkörperstrahlung [Quelle: Wikipedia] Planck, 1900: Energiedichte der Strahlung ist quantisiert, also nicht kontinuierlich. Seite 2

photoelektrischer Effekt: Abbildung 1.4: Versuchsaufbau zum photoelektrischen Effekt [Quelle: Wikipedia] Elektronen werden herausgelöst, wenn die Frequenz des Lichts großgenug ist, unabhängig von der Intensität des Lichts. Einstein, 1905: Licht hat Teilcheneigenschaften, Photonen haben Energie und Impuls E 2 = p 2 c 2 + m 2 c 4 E = h ν (1.5) Impuls p = E c = hν c = h λ (1.6) p = h λ (1.7) Comptoneffekt (1923): Abbildung 1.5: Comptoneffekt [Quelle: Wikipedia] Seite 3

Das Photon überträgt einen Teil seines Impulses auf das Elektron. Wegen λ = h p (1.7) folgt daraus, dass λ > λ. Dem klassischen Verständnis nach müsste das gestreute Licht dieselbe Wellenlänge haben. Atomspektren Wärmekapazität bei niedrigen Temperaturen 1.3. Das Doppelspaltexperiment a) mit Kugeln: Abbildung 1.6: Doppelspalt mit Kugeln Ergebnis: (i) P 12 (X) = P 1 (X) + P 2 (X) (ii) Kugeln treffen als Einheiten auf, Wahrscheinlichkeitsverteilung baut sich langsam auf b) mit Wasser- oder Lichtwellen: Abbildung 1.7: Doppelspalt mit Wellen Ergebnis: Seite 4

(i) Interferenz findet statt. I 1 (X) = A 1 (X) 2 (nur 1. Spalt offen) I 2 (X) = A 2 (X) 2 (nur 2. Spalt offen) I 12 (X) = A 1 (X) + A 2 (X) 2 (beide Spalte offen) = I 1 (X) + I 2 (X) + 2 I 1 (X)I 2 (X) cos δ(x) δ(x): Phasenverschiebung (ii) Die Verteilung ist sofort sichtbar. c) mit Elektronen. Ergebnis: (i) Elektronen kommen einzeln und lokalisiert an (wie Kugeln). (ii) nach Auftreffen sehr vieler Elektronen bildet sich eine Intensitätsverteilung wie bei Wellen. (iii) Bei Beobachtung, welchen Spalt das Elektron nimmt (Beobachtung beispielsweise durch eine Lichtquelle), verschwindet das Interferenzmuster und es bildet sich eine Verteilung auf dem Schirm wie bei Kugeln, Abbildung 1.6 Interpretation Ψ( r, t) (komplexwertige) Wellenfunktion des Elektrons Ψ( r, t) 2 dv gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Elektron in Volumen dv bei r zu finden man kann also sagen Ψ( r, t) : Ψ( r, t) 2 : Wahrscheinlichkeitsamplitude Wahrscheinlichkeitsdichte Muster durch Interferenz von Ψ Bemerkung: (i) Experiment wurde auch durchgeführt mit Neutronen C 60 -Fullerenmolekülen C 30 H 12 F 30 N 2 O 4 -Molekülen Photonen (ii) Wellenphänomene relevant, wenn Abmessungen der Apparatur (z.b. Spaltbreite) mit Wellenlänge vergleichbar sind. debroglie, 1923 : Materiewellen λ = h p λ = h p = 2π p λ= 2π k = p = k (1.8) vektoriell: p = k E = ω = hν mit = h 2π = 1.05 10 34 Js ( Planck sches Wirkungsquantum ) z.b.: Elektron, das von 100V beschleunigt wird: v = 5.9 10 6 m s, λ = 1.2 10 10 m = 0.12nm 20g Kugel mit v = 15 m s : λ = 2.2 10 34 m (1.9) Seite 5

2. Die Schrödingergleichung 2.1. Wahrscheinlichkeiten Beispiel (aus Griffiths): Raum mit 14 Personen: 1 Person mit 14 Jahren 1 Person mit 15 Jahren 3 Personen mit 16 Jahren 2 Personen mit 22 Jahren 2 Personen mit 24 Jahren 5 Personen mit 25 Jahren N(j): Anzahl der Personen, die j Jahre alt sind (1) Gesamtzahl der Personen im Raum: N = N(j) = 14 (2.1) (2) Wahrscheinlichkeit, bei zufälliger Wahl eine Person mit Alter j zu wählen: j=0 P(j) = N(j) N P(j) = 1 j=0 (2.2) (2.3) (3) Wahrscheinlichstes Allter: j mit maximalem P(j), d.h. j = 25 (4) Medianwert des Alter (gleich viele Personen älter wie jünger): j = 23 (5) mittleres Alter oder Durchschnittswert der Alters: j = jp(j) = 21 (2.4) j=0 (6) Mittelwert einer Funktion f(j) (z.b. f(j) = j 2 ): f(j) = f(j)p(j) (2.5) Bemerkung: (i) Niemand in der Stichprobe muss Medianwert oder Durchschnittswert wirklich haben (ii) in der Quantenmechanik heißt der Durchschnittswert auch Erwartungswert j=0 (iii) im Allgemeinen: j 2 j 2 (2.6) Seite 6

Betrachte: Abbildung 2.1: Histogramme mit gleichem Median, Mittelwert, wahrscheinlichstem Wert, Gesamtzahl Beide Histogramme in Abbildung 2.1 stimmen überein in: Median, Mittelwert, wahrscheinlichster Wert, Gesamtzahl. Maß für Breite der Verteilung? Definiere j = j j. j = (j j )P(j) = jp(j) j P(j) = j j = 0 (2.7) j=0 j=0 } {{ } = j j=0 }{{} = j P(j) }{{} =1 Betrachte daher mit σ: Standardabweichung Es gilt: (d.h. j 2 j 2 ) σ 2 ( j) 2 Varianz (2.8) σ 2 = j 2 j 2 s. Übung, (2.9) kontinuierliche Zufallsvariablen: ρ(λ): Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen λ (z.b. λ = x oder λ = p) Dann: (i) (ii) (iii) (iv) P ab = b dλρ(λ) Wahrscheinlichkeit, dass λ zwischen a und b liegt (2.10) a λ = f(λ) = dλρ(λ) = 1 (2.11) dλλρ(λ) (2.12) dλf(λ)ρ(λ) (2.13) Seite 7

(v) σ 2 = ( λ) 2 = λ 2 λ 2 (2.14) 2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation i 2 Ψ(x, t) = t 2m 2 Ψ(x, t) + V (x, t)ψ(x, t) (2.15) x2 (zeitunabhängige) Schrödingergleichung (in 1 Dimension)), V : Potential Ψ(x, t) 2 = ρ(x, t): Wahrscheinlichkeitsdichte für Position x (zur Zeit t) b a dx Ψ(x, t) 2 : Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zur Zeit t zwischen a und b zu finden Abbildung 2.2: Teilchen wahrscheinlich in der Nähe von A und unwahrscheinlich in der Nähe von B vor einer Messung hat Teilchen keinen bestimmten Ort 2.2 Misst man Teilchen, z.b bei C, kollabiert die Wellenfunktion Abbildung 2.3: Wellenfunktion kollabiert; Teilchen bei C Seite 8

Direkt nachfolgende Messung ergibt wieder C, s. Abb. 2.3. D.h. x = dx x Ψ(x, t) 2 ist Mittelwert von wiederholten Messungen an einem Ensemble von identisch präparierten Teilchen, nicht der Mittelwert von wiederholten Messungen am selben Teilchen Normierung: für alle t dx Ψ(x, t) 2! = 1 (2.16) (i) Falls dx Ψ(x, t = 0) 2 = 1, dann gilt dx Ψ(x, t) 2 = 1 für alle t, wenn Ψ eine Lösung der Schrödingergleichung ist (s. Übung). (ii) Lösungen Ψ(x, t) mit dx Ψ 2 < heißen quadratintegrabel. Sie sind normierbar und entsprechen physikalisch realisierbaren Zuständen. [Ψ(x, t) Lösung der Schrödingergleichung AΨ(x, t) ebenfalls Lösung mit Konstanten A C. Wähle A so, dass die Normierungsbedingung (s.o.) erfüllt ist. Dies legt nur Betrag von A fest, Phase ist unphysikalisch und daher beliebig, siehe später.] 2.3. Schrödingergleichung plausibel gemacht Benutze 1) Energie-Impuls-Relation (für kräftefreies Teilchen): E = p2 2m 2) De-Broglie-Relationen: E = ω, p = k 1) & 2) ω = 2 k 2 Suche Gleichung, deren Lösung ebene Wellen sind, z.b. 2m (2.17) Ψ = Ψ 0 e i(kx ωt), Ψ 0 C konstant (2.18) Betrachte Einsetzen in (2.17): t Ψ = t Ψ = iωψ 0e i(kx ωt) = iωψ (2.19) ω = 2 xψ = k 2 Ψ (2.20) iψ tψ =! 2 k 2 2m = 2 2m ( 1 Ψ 2 xψ) (2.21) Mit Potential V (in Analogie zu E = p2 2m + V ). i t Ψ = 2 2m 2 xψ (2.22) i t Ψ(x, t) = 2 2m 2 xψ(x, t) + V (x, t)ψ(x, t) (2.23) zeitabhängige Schrödingergleichung Seite 9

Bemerkung: i. ii. in 3 Dimensionen: i Ψ = ĤΨ mit Hamiltonoperator (2.24) t Ĥ = 2 2m 2 x + V (x, t) (2.25) [ ] i t Ψ( r, t) = ĤΨ( r, t) = 2 + V ( r, t) Ψ( r, t) (2.26) 2m 2.4. Impuls d x dt = (s. Übungen) = i 2m (partielle Integration) = i 2m (part. Int. d. 2. Terms) = i m dx x Ψ(x, t) 2 t dx x x ( Ψ Ψ ) x Ψ x Ψ dx (Ψ Ψ x Ψ x Ψ) dx Ψ Ψ x Randterme verschwinden, wenn x Ψ 0 und x x Ψ 0 für x m d x dt = i dx Ψ Ψ x (2.27) In der Quantenmechanik gilt p = mẋ immer noch für Erwartungswerte (Beispiel für Ehrenfesttheorem, s. später), d.h. p = m d x (2.28) dt Somit p = x = dx Ψ ( i dx Ψ x Ψ (2.29) ) Ψ (2.30) x Allgemein gilt (später mehr dazu): Messgrößen werden durch Operatoren ˆQ repräsentiert (Differentialoperator beziehungsweise Multiplikationsoperator), die auf Wellenfunktionen wirken. Es gilt: Beispiel: Messgrößentabelle Q = Messgröße Operator x x p x Q(x, p) T = p2 2m L = r p dx Ψ ˆQ Ψ (2.31) i x ˆQ(x, i x ) h2 2 2m x 2 r i Seite 10

2.5. Unschärferelation Teil 1 Vergleiche folgende Wellen: Abbildung 2.4: hat relativ wohldefinierte Wellenlänge, aber ist sehr ausgebreitet Abbildung 2.5: hat nicht gut definierte Wellenlänge, aber ist gut lokalisiert Beispiel: Wir nehmen für das Wellenpaket zum Zeitpunkt t = 0 die folgende Form an (wobei ein a-abhängiger Normierungsfaktor unterdrückt wurde): Ψ(x, t = 0) e a 2 x2 +ik 0x, a, k 0 R. (2.32) Der Realteil und der Absolutwert ( Ψ = e a 2 x2 ) sind für zwei verschiedene Werte von a und für k 0 = 1 in Bild 2.6 gezeigt. Offenbar ist der Ort im 1. Fall präziser bestimmt als im 2. Fall. Abbildung 2.6: Realteil (rot, oszillierend) und Betrag (blau, einhüllend) des Wellenpaketes (2.32) für k 0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts). Die Wellenpakete sind Überlagerungen von Wellen mit unterschiedlichen Wellenlängen (was nach de Broglie unterschiedlichen Impulsen entspricht gemäß p = k = 2π λ ). Konkret gilt die Fourierentwicklung Ψ(x, t = 0) = 1 2π dk Φ(k)e ikx, (2.33) Seite 11

Abbildung 2.7: Φ(k) für k 0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts). mit der Fouriertransformierten Φ(k) = 1 2π dx Ψ(x, t = 0)e ikx e (k k 0 )2 2a. (2.34) Sie ist wieder für die beiden Fälle in Bild 2.7 dargestellt (ebenfalls unnormiert). Offenbar ist der Impuls im 2. Fall präziser bestimmt, als im 1. Fall (im Gegensatz zur Position). Heisenberg sche Unschärferelation (bzw. Unbestimmtheitsrelation) σ x σ p 2 (2.35) 2.6. Die zeitunabhängige Schrödingergleichung Häufig: V = V (x) zeitunabhängig Dann: Lösung durch Separation der Variablen Ansatz: Ψ(x, t) = ψ(x) ϕ(t) Bemerkung: sehr spezielle Lösungen i Ψ t = 2 2m 2 xψ + V Ψ (2.36) Aber: man kann die allgemeinste Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung aus diesen separierbaren Lösungen konstruieren. Einsetzen des Produktansatzes in die Schrödingergleichung ergibt: beide Seiten konstant = E 1 ψϕ i 1 i ψ dϕ dt = d 2 ψ 2 2m dx 2 ϕ + V ψ ϕ (2.37) dϕ(t) dt ϕ(t) }{{} hängt nur von t ab = 2 1 d 2 ψ(x) 2m ψ(x) dx 2 + V (x) }{{} hängt nur von x ab (2.38) Seite 12

(i) (ii) dϕ dt = ie ϕ (2.39) 2 d 2 ψ(x) 2m dx 2 + V (x)ψ(x) = Eψ(x) (2.40) zeitunabhängige Schrödingergleichung bzw. Ĥψ = Eϕ Bemerkung: (i) Gleichung (2.39) hat Lösung ϕ(t) = e ie t (ii) Gleichung (2.40) hat nicht für beliebige Werte von E normierbare Lösungen Einschub: vgl. Eigenwertgleichung für Matrizen: ( ) 0 1 1 0 v = λ v Normierung {}}{ ( ) 1 1 λ 1 = +1 v 1 = 2 1 ( 1 1 λ 2 = 1 v 2 = 2 1) }{{} Normierung (2.41) (iii) E reell, da Eigenwerte des Hamiltonoperators reell sind (siehe später) Warum sind separierbare Lösungen interessant? 1. Sie sind stationäre Zustände Ψ(x, t) 2 = Ψ Ψ E reell = ψ e ie t ψe ie t = ψ(x) 2 (2.42) Wahrscheinlichkeitsdichte zeitunabhängig, ebenso alle Erwartungswerte. Q(x, p) = Insbesondere x zeitunabhängig 2. Sie haben wohldefinierte Energie Außerdem: H = dx Ψ ˆQ(x, i p = m d x dt dx ψ Ĥψ Ĥψ=Eψ = E x )Ψ = dx ψ ˆQψ (2.43) = 0 (2.44) dx ψ ψ = E dx Ψ 2 = E (2.45) Ĥ 2 ψ = Ĥ(Ĥψ) = Ĥ(Eψ) = EĤψ = E2 ψ (2.46) H 2 = dx ψ Ĥ 2 ψ = E 2 dx ψ 2 = E 2 (2.47) σ 2 H = H 2 H 2 = E 2 E 2 = 0 (2.48) Seite 13

3. allgemeine Lösung der Schrödingergleichung ist Linearkombination von separierbaren Lösungen, z.b. falls Menge der separierbaren Lösungen Ent i = {Ψ m (x, t) = ψ n (x)e, n N} (2.49) Jede Linearkombination ist ebenfalls Lösung der Schrödingergleichung, d.h. Ψ(x, t) = c n ψ n (x)e ien t (2.50) n=1 Behauptung: Jede normierbare Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung ist von der Form (2.50) (ohne Beweis, Beispiel später). {c n C, n N} müssen durch Anfangsbedingungen Ψ(x, t = 0) bestimmt werden. D.h. Ψ(x, 0)! = n=1 c nψ n (x). Bemerkung: (i) Linearkombinationen von separierbaren Lösungen sind nicht stationär [Z.B. Ψ(x, t) = c 1 ψ 1 (x)e ie 1 t + c 2 ψ 2 (x)e ie 2 t mit c 1, c 2 R Ψ 2 =... = c 2 1ψ 2 1 + c 2 2ψ 2 2 + c 1 c 2 ψ 1 ψ 2 2 cos((e 1 E 2 ) t ) t-abhängig, falls E 1 E 2 ] (ii) E Minimum von V (x), damit Ψ normierbar ist [Denn: d2 ψ dx = 2m 2 (V (x) E)ψ 2 Annahme: E < V min V (x) E > 0 ψ und ψ haben immer selbes Vorzeichen ψ ist nicht normierbar] Abbildung 2.8: ψ ist nicht normierbar (iii) ψ, ψ stetig (für beschränktes Potential) [ψ = 2m (V (x) E)ψ 2 Falls rechte Seite bei x = x 0 unstetig ist ψ bei x = x 0 unstetig ψ bei x = x 0 stetig ψ bei x = x 0 stetig] Beispiel: Seite 14

Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Abbildung 2.9: Die Stammfunktion einer unstetigen Funktion ist stetig. Seite 15

3. 1-dimensionale Anwendung 3.1. Unendlicher Potentialtopf Der unendliche Potentialtopf ist ein Modell für stark gebundene Leitungselektronen eines Metalls (die Bindung ist proportional zur Austrittsarbeit: Bindung Austrittsarbeit) { 0 0 x a V (x) = sonst (3.1) Abbildung 3.1: unendlicher Potentialtopf 0 x a: 2 d 2 ψ 2m dx 2 = Eψ(x) ψ (x) = 2mE 2 ψ (3.2) sonst ψ(x) 0. Stetigkeit Randbedingungen: ψ(0) = 0 und ψ(a) = 0 (vgl. Grenzwert V des endlichen Potentialtopfes, s. später). Allgemeine Lösung von Gleichung (3.2): ψ(x) = A sin(kx) + B cos(kx) mit k = 2mE 2 E = k2 2 2m (3.3) ψ(0) = 0 B = 0 ψ(x) = A sin(kx) (3.4) ψ(a) = A sin(ka)! = 0 k n = nπ a n = 1, 2, 3,... (3.5) n = 0 ist nicht erlaubt, da sonst ψ 0 ist. n < 0 gibt nichts Neues, da sin( θ) = sin(θ). Somit: Erlaubte Energien: Normierte Lösung: E n = 2 k 2 n 2m = n2 π 2 2 2ma 2 (3.6) ψ n (x) = 2 a sin(nπ a x) (3.7) Seite 16

ψ 1 : Grundzustand ψ n, n > 1: angeregte Zustände Abbildung 3.2: ψ(x) und ρ(x) im unendlichen Potentialtopf Bemerkung: (i) Energie ist quantisiert, d.h. es sind nur diskrete Werte möglich (ii) tiefster Energiewert E 1 = π2 2 2ma > 0 ( Nullpunktsenergie ) 2 [Beachte: Für ψ n gilt: p = 0, p 2 = 2mE n denn p 2 = 2m p2 2m = 2m H, d.h. wäre E 1 = 0 p 2 = 0 p =0 σ p = 0 σ x a σ x σ p = 0 < 2 Widerspruch zu Heisenberg scher Unschärferelation.] (iii) Jeder Energiewert kommt nur 1 mal vor (keine Entartung der Energiewerte, vgl. Übung) (iv) ψ n abwechselnd gerade und ungerade bezüglich x = a 2 (vgl. Übung) (v) Zustände mit höherer Energie haben mehr und mehr Knoten, d.h. Nulldurchgänge (vi) ψ n paarweise orthonormal bzw. a 0 dx ψ m(x)ψ n (x) = δ mn mit Kronecker-Delta { 0 m n δ mn = 1 m = n (3.8) (vii) ψ n vollständig, d.h. jede quadratintegrable Funktion f(x) mit f(0) = 0 = f(a) lässt sich als Linearkombination schreiben: 2 ( nπ ) f(x) = c n ψ n (x) = c n sin a a x (3.9) n=1 Folgt aus dem Satz über die Fourierzerlegung. Koeffizienten: c n = a 0 n=1 dx ψ n(x)f(x) (3.10) Seite 17

[ a ] a dx ψn(x)f(x) = c m dx ψn(x)ψ m (x) = c m δ nm = c n 0 m=1 0 m=1 (3.11) Eigenschaft (i) gilt immer falls V (x) x, dann hat man nur lokalisierte (d.h. gebundene), normierbare Zustände (iv) gilt, falls V symmetrisch um x = a 2 (ii), (v), (vi), (vii) sind sehr allgemein 2 nπ stationäre Zustände Ψ m (x, t) = a sin( n 2 π 2 a x)e i 2ma 2 t Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung: Ψ(x, t) = n=1 c n 2 a sin ( nπ a x ) e i n2 π 2 2ma 2 t (3.12) mit Interpretation der c n? c n = 2 a a 0 ( nπ ) dx sin a x Ψ(x, 0) (3.13) H = dx Ψ ĤΨ = dx ( m c mψ m e iemt ) Ĥ( n c nψ n e ient ) = m,n e i(em En)t c mc n dx ψ m Ĥψ n }{{} dx ψ m ψn=δmn = E nψ n m,n e i(em En)t c mc n E n δ mn (3.14) = n c n 2 E n c n 2 : Wahrscheinlichkeit, dass eine Messung der Energie den Wert E n ergibt. Bemerkung: n=1 c n 2 = 1 3.2. Harmonischer Oszillator Klassisch: F = kx = m d2 x dt 2 x(t) = A sin(ωt) + B cos(ωt) mit ω = Potential: V = 1 2 kx2 F = V = kx Wichtiges Beispiel, weil fast jedes Potential in der Nähe eines Minimums annähernd parabelförmig ist. Taylor-Entwicklung um Minimum bei x = x 0 : V (x) = V (x 0 ) }{{} irrelevante Konstante + V (x 0 ) }{{} =0, da x 0 Minimum (x x 0 ) + 1 2 V (x 0 )(x x 0 ) 2 + O((x x 0 ) 3 ) 1 2 V (x 0 )(x x 0 ) 2 harmonische Oszillation um x = x 0 mit k = V (x 0 ) Bemerkung: (i) Annahme über das Potential: V (x 0 ) 0 da x0 Minimum > 0 (ii) Gleichung (3.15) ist nur für kleine Schwingungen eine gute Näherung, da O((x x 0 ) 3 )-Terme vernachlässigt werden k m Seite 18

Löse nun: Lösungsmethoden: (i) Potenzreihenansatz 2 2m ψ + 1 2 mω2 x 2 ψ = Eψ (3.16) (ii) Algebraische Methode Hier in der Vorlesung wird nur (ii) behandelt. 1. Schritt: Faktorisiere Ĥ = 1 2m (ˆp2 + (mωˆx) 2 ) Für Zahlen gilt Versuche u 2 + v 2 = (iu + v)( iu + v) (3.17) â ± 1 2 mω ( iˆp + mωˆx) (3.18) Damit â â + = 1 2 mω (iˆp + mωˆx)( iˆp + mωˆx) = 1 2 mω (ˆp 2 + (mωˆx) 2 imω(ˆxˆp ˆpˆx) ) (3.19) Kommutator: = 1 2 mω gibt an, wie sehr  und ˆB nicht kommutieren. [ˆx, ˆp] =? Anwendung auf Testfunktion f(x): Damit: Analog: [ˆx, ˆp]f(x) = ( x i d dx f i (ˆp 2 + (mωˆx) 2) i 2 [ˆx, ˆp] [Â, ˆB] =  ˆB ˆB (3.20) ) d dx (xf) = ( x df i dx x df ) dx f = if(x) (3.21) [ˆx, ˆp] = i kanonische Vertauschungsrelation (3.22) â â + = 1 ω Ĥ + 1 2 bzw. Ĥ = ω(â â + 1 2 ) (3.23) â + â = 1 ω Ĥ 1 2 bzw. Ĥ = ω(â + â + 1 2 ) (3.24) Nebenbemerkung: [â, â + ] = 1 Entscheidende Beobachtung: Ĥψ = Eψ Ĥ(â +ψ) = (E + ω)(â + ψ) und Ĥ(â ψ) = (E ω)(â ψ) (3.25) Ĥ(â + ψ) = ω(â + â + 1 2 )(â +ψ) = ω(â + â â + + 1 2â+)ψ = ωâ + ( â â + + 1 }{{} 2 )ψ = â +(Ĥ + ω)ψ â â + 1 2 + 1 2 Ĥψ=Eψ = â + (E + ω)ψ = (E + ω)(â + ψ) (3.26) Ĥ(â ψ) = ω(â â + 1 2 )(â ψ) =... = (E ω)(â ψ) Seite 19

Daher: â + â â ± : Aufsteigeoperator : Absteigeoperator : Leiteroperatoren (3.27) Jetzt: Wendet man â auf ψ mit Ĥψ = Eψ oft genug an, kommt man zu einem Zustand mit Energie < 0. Dies würde einen Widerspruch zu E V min = 0 darstellen, wenn alle Zustände, die man durch Anwendung von â bekommt, normierbar wären. Erklärung: â ψ 0 muss nicht normierbar sein (wobei ψ 0 der letzte Zustand mit nichtnegativer Energie ist, den man durch sukzessive Anwendung von â ψ 0 bekommt). D.h. â ψ 0 hat entweder unendliche Norm oder es ist null. Tatsächlich: â ψ 0 = 0 (s.u.). Also: â ψ 0 = 1 2mω ( d dx + mωx)ψ 0 = 0 dψ0 dx = mω xψ 0 dψ 0 ψ 0 = mω dx x ln ψ 0 = mω 2 x2 + const (3.28) ψ 0 = A e mω 2 x2 Energie von ψ 0? Normierung: ψ 0 (x) = ( mω ) 1 4 e mω 2 x2 π Ĥψ 0 = ω(â + â + 1 2 )ψ 0 = ω 2 ψ 0 E 0 = 1 2 ω (3.29) ψ n (x) = A n (â + ) n ψ 0 (x), E n = ω( 1 + n) (3.30) 2 Normierung: A n = 1 n! Konkret (s. Abb. 3.3 für die niedrigsten angeregten Zustände): ( mω ) 1 4 1 ψ n (x) = π 2n n! H n(ξ)e ξ2 mω 2 mit ξ = x (3.31) H n (ξ): Hermite sche Polynome H 0 (ξ) = 1, H 1 (ξ) = 2ξ, H 2 (ξ) = 4ξ 2 2, H 3 (ξ) = 8ξ 3 12ξ,... Eigenschaften: (i) Abwechselnd gerade und ungerade, d.h. H n ( ξ) = ( 1) n H n (ξ) (überträgt sich auf ψ n ) (ii) H n (0) 0 für n gerade Seite 20

Abbildung 3.3: Die niedrigsten Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators. Noch zu zeigen: â ψ 0 hat endliche Norm. Zunächst gilt für beliebige Funktionen f(x), g(x) mit f (x) g(x) x 0 d.h. Damit: dx f (â ± g) = dx (â f) g (3.32) â hermite sch konjugiert zu â ± (3.33) dx f 1 (â ± g) = 2 mω dx f ( d dx + mωx)g P.I. 1 = 2m ω dx [ (± d dx + mωx)f] g = dx (â f) g (3.34) dx (â ψ 0 ) (â ψ 0 ) = wobei ψ 0 als normiert angenommen wurde. Bemerkung: (i) â + â ψ n = nψ n ( â + â ψ n = dx ψ0( â + â ψ 0 ) = 1 }{{} ω E 0 1 2 <, (3.35) 1 ω Ĥ 1 2 1 ω Ĥ 1 2 â â + ψ n = (n + 1)ψ n ) ψ n = nψ n (ii) ψ m orthonormiert, d.h. dx ψ nψ m = δ nm dx ψ n(â + â )ψ m = m dx ψ nψ m = dx (â +â ψ n ) ψ m = n dx ψ nψ m (3.36) (3.37) Seite 21

(iii) ψ n vollständig, d.h. für jede quadratintegrable Funktion f(x) mit f x mit c n = dx ψ n(x)f(x) c n 2 : Wahrscheinlichkeit, bei Energiemessung E n zu messen. (iv) (a) Höhere Energie mehr Knoten (b) keine Entartung (c) Aufenthaltswahrscheinlichkeit ungleich Null für E < V! (klassisch verboten) 0 gilt f(x) = n=0 c nψ n (x) 3.3. Das freie Teilchen Die zeitunabhängige Schrödingergleichung nimmt eine sehr einfache Form an: Lösung: keine Randbedingungen 2 d 2 ψ 2m dx = Eψ 2 d2 ψ dx 2 = k 2 ψ, k 2mE > 0 (3.38) ψ(x) = A e ikx + B e ikx (3.39) keine Einschränkungen an mögliche Werte für E (außer E > 0) Multiplikation mit e iet Ψ(x, t) = A rechtslaufende Welle {}}{ k ik(x e 2m t) +B linkslaufende Welle {}}{ k ik(x+ e 2m )t (3.40) Allgemein: f(x ± vt) mit beliebiger Funktion f beschreibt links- bzw. rechtslaufende Welle mit Geschwindigkeit v > 0 Z.B. f(z) = e z2 t = 0 : f(x ± v 0) = f(x) t > 0 : Seite 22

Einheitliche Beschreibung durch k2 i(kx 2mE Ψ k (x, t) = A e 2m t) mit k = ± wobei { k > 0 rechtslaufend k < 0 linkslaufend (3.41) Dies sind die stationären Lösungen des freien Teilchen. 2 Probleme: (i) Ψ k sind nicht normierbar (ii) dx Ψ kψ k = A 2 dx = (3.42) d.h. ein freies Teilchen kann sich nicht in einem stationären Zustand befinden, bzw. es hat keine wohldefinierte Energie klassisch gilt: E = 1 2 mv2 2E v klass = m = 2v QM v QM v QM = k E 2m = 2m (3.43) Aber: allgemeine Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung immer noch Linearkombination der separierbaren Lösungen: Ψ(x, t) = 1 k2 i(kx dk φ(k) e 2m t) (3.44) 2π nach Satz über Fourierzerlegung mit φ(k): Fouriertransformierte von Ψ(x, 0). φ(k) = 1 2π dx Ψ(x, 0) e ikx (3.45) Linearkombinationen der Ψ k können (für geeignete Wahl der Koeffizientenfunktion φ(k)) aufgrund von Interferenzen normierbar sein. Sie heißen Wellenpakete. Beispiel: Ψ(x, 0) = { A x [ a, a] 0 sonst (3.46) Seite 23

Normierung: A = 1 2a Frage: Ψ(x, t)? φ(k) = 1 2π a a dx 1 2a e ikx = 1 2 aπ e iλ =cos λ+i sin λ = 1 πa sin ka k Damit Ψ(x, t) = 1 π dk 2a Integral kann nur numerisch gelöst werden: e ikx ik sin ka k a a ( = 1 k πa ) e ika e ika 2i (3.47) k2 i(kx e 2m t) (3.48) Grenzfälle: i) a sehr klein sin ka ka für ka << 1 φ(k) a π Seite 24

ii) a sehr groß Dies ist ein weiteres Beispiel für Heisenbergs Unschärferelation. Zurück zur Geschwindigkeit: grobe Erklärung: Betrachte typisches Wellenpaket, z.b. ReΨ(x, t) (ImΨ ähnlich) für feste Zeit Einhüllende Ψ(x, t), denn Ψ(x, t) = Ψ(x, t) e iarg(ψ(x,t)) = Ψ cos arg(ψ) + i Ψ sin arg(ψ) v p : Phasengeschwindigkeit v g : Gruppengeschwindigkeit i. A.: v p v g, klassische Geschwindigkeit entspricht v g Frage: Was ist die Gruppengeschwindigkeit eines Wellenpaketes Ψ = 1 2π dk φ(k) e i(kx ωt) ( für uns ω = k2 2m )? (3.49) Annahme: φ(k) nur in enger Umgebung von k = k 0 ungleich Null (damit v p, v g des Wellenpaketes wohldefiniert sind). Seite 25

Z.B. Wir brauchen ω(k) nur in der Nähe von k = k 0 zu kennen. Variablentransformation k = k 0 + s ω(k) ω(k 0 ) }{{} ω 0 + Ψ(x, t) 1 2π t = 0 : Ψ(x, 0) = 1 2π ds φ(k 0 + s) e i(k0+s)x dω dk (k 0) (k k 0 ) +... (3.50) }{{} ω 0 ds φ(k 0 + s) e i((k0+s)x (ω0+ω 0 s)t) (3.51) t 0 : Ψ(x, t) e i( ω0t+k0ω 0 t) 1 ds φ(k 0 + s) e i(k0+s)(x ω 0 t) 2π }{{} Ψ(x ω 0 t,0) Ψ(x, t) 2 Ψ(x ω 0t, 0) 2 Aufenthaltswahrscheinlichkeit bewegt sich mit Geschwindigkeit (3.52) Phasengeschwindigkeit v g = dω dk (k 0) (3.53) v p = ω (3.54) k k=k0 Für uns: ω = k2 2m v p = ω = k 0 k k=k0 2m, d.h. v klass = v g = 2v p. Bemerkung: aber v g = dω dk (k 0) = k 0 m (3.55) (i) konsistent mit de Broglie v klass = k m mv klass = p klass = k (ii) streng genommen hat jede Komponente des Wellenpaketes seine eigene Phasengeschwindigkeit, d.h. v p = k 2m hängt von k ab Wellenpaket zerfließt mit der Zeit Seite 26

(iii) Vergleich mit elektromagnetischen Wellen (im Vakuum) ω = ck v g = dω dk = c = ω k = v p (iv) zu allen Energiewerten E = 2 k 2 2m > 0 gibt es zwei Lösungen: linkslaufende und rechtslaufende Wellen 2-fache Entartung der separierbaren Lösungen (möglich, da Lösungen nicht normierbar sind) (v) für E < 0 hat die Schrödingergleichung 2 2m ψ (x) = Eψ die Lösung ψ = A e κx + B e κx mit κ = 2mE > 0. Dies ist nicht normierbar und auch alle Linearkombinationen sind nicht normierbar physikalisch irrelevant 3.4. Das Delta Potential 3.4.1. Gebundene Zustände und Streuzustände Quantenmechanik: normierbare Lösungen der zeitunabhängigen Schrödingergleichung mit diskretem Index oder nicht normierbare mit kontinuierlichem Index. Vergleiche mit klassischer Mechanik mit zeitunabhängigem V = V (x): zwei unterschiedliche Bewegungsformen (a) gebundener Zustand (entspricht den normierbaren Lösungen) Seite 27

(b) Streuzustände (entspricht Situation, die in der Quantenmechanik auf nicht normierbare Lösungen führt) (c) klassisch: gebundener Zustand quantenmechanisch: Streuzustand, da das Teilchen in den Bereich x < x 0 tunneln kann (s.u.) D.h. Quantenmechanik: E < [V () und V (+ )] gebundener Zustand E > [V () oder V (+ )] Streuzustand Beispiele: (i) unendlicher Potentialtopf und harmonischer Oszillator: nur gebundene Zustände (ii) freies Teilchen: nur Streuzustände (iii) i.a. beide Arten 3.4.2. Deltafunktionspotential Dirac sche Deltafunktion d.h. δ(x) = { 0 x 0 x = 0 so dass dx δ(x) = 1 (3.56) Seite 28

Verallgemeinerte Funktion bzw. Distribution Damit: Beachte f(x)δ(x a) = f(a)δ(x a) (3.57) dx f(x)δ(x a) = f(a) dx δ(x a) = f(a) (3.58) dx δ(x a) = a+ɛ a ɛ Betrachte nun Potential V (x) = αδ(x), α > 0. dx δ(x a) = 1, ɛ > 0 (3.59) Schrödingergleichung, die gelöst werden muss: 2 d 2 ψ αδ(x)ψ = Eψ (3.60) 2m dx2 Hat sowohl gebundene Zustände (E < 0) als auch Streuzustände (E > 0). (1) Gebundene Zustände (E < 0) x < 0 V (x) = 0 Allgemeine Lösung: d 2 ψ 2mE dx 2 = 2mE 2 ψ = κ2 ψ mit κ ψ(x) = > 0 (3.61) } A e {{ κx } +B e κx (3.62) divergiert für x Seite 29

für Normierbarkeit: A = 0 ψ(x) = B e κx (x < 0) x > 0 V (x) = 0 ψ(x) = F e κx + G }{{ e κx } divergiert für x + (3.63) Normierbarkeit: G = 0 ψ(x) = F e κx (x > 0) (3.64) Randbedingungen bei x = 0 führen zu Beziehungen zwischen B und F und Bedingung an κ. (i) ψ stetig bei x = 0 B = F, somit ψ(x) = { B e κx (x 0) B e κx (x 0) (3.65) Normierung: (ii) Üblicherweise dψ dx Hier: Damit: dx ψ(x) 2 = 2 B 2 ( ) ( dψ dx = lim ɛ 0 0 dx e 2κx = 2 B 2 1 stetig wo V (x) endlich. Hier? 2κ e 2κx 0 ɛ 2 2m ɛ dx d2 ψ(x) dx + ɛ ɛ 2 ɛ dx V (x)ψ(x) = dψ dx ) dψ +ɛ ɛ dx ɛ = B 2 κ dx Eψ(x) } {{ } ɛ 0! 1 = 2m ɛ lim 2 ɛ 0 dx V (x)ψ(x) = ɛ x > 0 : dψ dx = κ 3 2 e κɛ κ 3 2 +ɛ ɛ 0 x < 0 : dψ = κ 3 2 e κɛ ɛ dx ɛ 0 κ 3 2 B = κ 2mα V = αδ(x) 2 (3.66) ψ(0) (3.67) (3.68) 2κ 3! 2 = 2mα mα κ κ = 2 2 (3.69) D.h. E = 2 κ 2 2m = mα2 2. 2 Insgesamt: Genau 1 gebundener Zustand (für jeden Wert von α > 0) mα mα x ψ(x) = e 2, E = mα2 2 2 (3.70) Seite 30

(2) Streuzustände: x < 0 : d2 ψ dx = k 2 ψ, k = 2mE 2 ψ(x) = A e ikx + B e ikx (3.71) (i) Stetigkeit bei x = 0 Analog für x > 0 : ψ(x) = F e ikx + G e ikx F + G = A + B (3.72) (ii) ( ) dψ dx = ik(f G A + B) =! 2mα ψ(0) = 2mα 2 (A + B) 2 F G = A(1 + 2iβ) B(1 2iβ) (3.73) mit β mα 2 k. Zur Interpretation: z.b. x < 0 : Ψ(x, t) = A e i(kx E t) }{{} x > 0 analog. rechtslaufende Welle + B e i(kx+ E t) }{{} linkslaufende Welle Streuung von links (rechts): G = 0 (A = 0) Damit (Streuung von links): A: Amplitude der einlaufenden Welle B: Amplitude der reflektierten Welle F : Amplitude der transmittierten Welle Löse (3.72) und (3.73) auf für G = 0 B = iβ 1 iβ A, F = 1 1 iβ A (3.74) Seite 31

Wahrscheinlichkeit, dass ein einlaufendes Teilchen reflektiert wird? R J r J e Reflexionskoeffizient (3.75) mit J e : einlaufender Wahrscheinlichkeitsstrom, J r : reflektierter Wahrscheinlichkeitsstrom. J(x) = i ( ) Ψ Ψ Ψ Ψ 2m x x (3.76) wobei k = 2mE benutzt wurde. Wahrscheinlichkeit für Transmission: Ψ e = A e ikx ie t Ψ r = B e ikx ie t R = B 2 A 2 = J e = k m A 2 (3.77) J r = k m B 2 (3.78) β2 1 + β 2 β mα 2 k = 1, (3.79) 1 + 2 2 E mα 2 T J t J e Transmissionskoeffizient (3.80) J t : transmittierter Wahrscheinlichkeitsstrom Hier: J t = k m F 2 F 2 T = A 2 = 1 1 + β 2 = 1 R = 1 1 + mα2 2 2 E Bemerkungen: (3.81) (i) T = Übg.) F 2 A 2 nur wenn Potential vor und nach dem Hindernis den gleichen Wert annimmt (vgl. (ii) Je höher E, desto größer T (iii) R, T gelten näherungsweise, da man eigentlich normierbare Wellenpakete betrachten müsste (die einen Bereich von E umfassen) (iv) α > 0: Potentialbarriere (a) kein gebundener Zustand (b) R, T unverändert (hängen nur von α 2 ab) T 0. Dies ist ein Beispiel für den Tunneleffekt Seite 32

4. Der Formalismus der Quantenmechanik 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 6. Das Wasserstoffatom 7. Die Störungsrechnung 8. Identische Teilchen 9. Philosophischer Epilog Seite 33